Notfall & Hausarztmedizin 2007; 33(6): 339
DOI: 10.1055/s-2007-985006
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fortschritte bei kardiologischen Erkrankungen - Innovative Konzepte mit neuen und bewährten Substanzen

Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
13. Juli 2007 (online)

 
Inhaltsübersicht

Bei mehreren kardiologischen Krankheitsbildern gibt es verschiedene therapeutische Fortschritte zu verzeichnen. Dies zeigte ein von Bayer Vital initiiertes Symposium im Rahmen der 73. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung in Mannheim.

#

Blutdrucksenkung und Umverteilung des Fettgewebes

Wie Prof. Jürgen Scholze aus Berlin veranschaulichte, senkt der AT1-Blocker Telmisartan bei Hypertonie-Patienten nicht nur zuverlässig über 24 Stunden den Blutdruck sowie den Pulsdruck. Darüber hinaus zeigte das Sartan in Studien neben seiner antihypertensiven Wirksamkeit auch günstige metabolische Begleiteffekte. Dies erläuterte Scholze unter anderem anhand einer Studie, in der 57 Hypertoniker mit metabolischem Syndrom 24 Wochen lang mit Amlodipin (2,5 bis 5 mg) oder Telmisartan (20 bis 40 mg) behandelt wurden. In beiden Gruppen zeigte sich eine vergleichbare Blutdrucksenkung. Jedoch kam es unter dem Sartan zusätzlich zu einem signifikanten Rückgang des viszeralen Fettgewebes. Der Bauchumfang der Studienteilnehmer unter Telmisartan nahm im Mittel um 5 cm ab, während er unter dem Kalziumantagonisten sogar um 3 cm zulegte. Daneben bewirkte Telmisartan zudem eine Reduktion der Nüchterninsulinspiegel und des HOMA-Index als Ausdruck einer gesteigerten Insulinaktivität. Laut Scholze ist dafür vermutlich die Aktivierung von PPAR-γ-Rezeptoren (Peroxisome Proliferator Activated Receptor-γ) verantwortlich. Im Vergleich zu anderen AT1-Antagonisten induzierte Telmisartan die stärkste PPAR-γ-Aktivierung in der Gruppe der ARBs. Diese Effekte bezeichnete Scholze als bedeutend, da sich eine Hypertonie nicht isoliert, sondern meist im Zuge einer viszeralen Adipositas oder eines metabolischen Syndroms entwickelt. "Die körperliche Leistungsfähigkeit soll möglichst nicht behindert werden", forderte Scholze und plädiert daher dafür, pathophysiologisch sinnvolle Antihypertensiva einzusetzen, die den Rückgang des hochatherogenen viszeralen Fettgewebes unterstützen.

#

Gerinnungshemmung über Faktor Xa

Fortschritte deuten sich auch im Bereich der Gerinnungshemmung an. "Rivaroxaban ist etwas ganz Neues", erläuterte Prof. Christoph Bode aus Freiburg. Der Wirkstoff hemmt in der Gerinnungskaskade direkt den Faktor-Xa und unterbindet damit effektiv die Entstehung von Thrombin. Laut Bode besitzt die Substanz ein deutlich breiteres therapeutisches Fenster als die Heparine und Vitamin-K-Antagonisten, womit ein Monitoring zur Therapiesicherheit nicht erforderlich ist, zudem entsteht kein Heparin-induziertes Thrombozytopenie(HIT)-Risiko. "Ein hocheffizienter Mechanismus", wie Bode betonte, auch die orale Verfügbarkeit sei ein entscheidender Vorteil.

Derzeit wird Rivaroxaban bei verschiedenen Indikationen untersucht. Als Phase-III-Studien testen die RECORD-Studien den Einfluss des neuen Wirkstoffs auf die Thrombose- und Lungenemboliehäufigkeit nach größeren orthopädischen Eingriffen. In der Therapie der tiefen Beinvenenthrombose vergleichen drei Phase-III-Studien Rivaroxaban mit der derzeitigen Standardtherapie. Die ROCKET AF-Studie prüft die Substanz derzeit in der Prävention des Schlaganfalls bei Vorhofflimmern gegen Warfarin. Ferner prüft die ATLAS-Studie die Indikation von Rivaroxaban in der Sekundärprophylaxe nach akutem Koronarsyndrom. Insgesamt sind mehr als 35 000 Patienten in dieses Prüfprogramm eingeschlossen. "Auch ohne die Phase-III-Studien sind die Studienergebnisse bereits bemerkenswert", fasste Bode zusammen.

#

Geringere Restenoserate bei AVK

Eine der Hauptlimitationen in der bisherigen Therapie der arteriellen Verschlusskrankheit (AVK) mit Stents sieht Prof. Gunnar Tepe aus Tübingen in der nicht unerheblichen Restenoserate. Einen anderen Ansatz verfolgt daher seine Arbeitsgruppe in der Erprobung medikamentenbeschichteter Ballons. Mithilfe geeigneter Wirkstoffe wie Paclitaxel können diese laut Tepe über den Ballon und den kurzzeitigen Kontakt mit den Zellen proliferierende Zellen im Gefäßsystem eliminieren. "Das sind genau die Zellen, die sehr schnell eine Restenose verursachen können", verdeutlichte Tepe. Erste tierexperimentelle Befunde waren bereits vielversprechend, aber auch die Daten einer ersten Investigator-initiierten prospektiven Studie seien positiv. Die verblindete Studie untersuchte anhand von Angiographien die Behandlung mit Paclitaxel-beschichteten Ballons gegenüber unbeschichteten Ballons bei PAVK-Patienten. Nach sechs Monaten ergab die Auswertung der Ergebnisse über ein Core-Lab eine eindeutig geringere Restenoserate für die Therapie mit medikamenten-beschichteten Ballons. Die Zulassung der Paclitaxel-beschichteten Ballons bei Gefäßverschlüssen im Rahmen einer AVK wird gegen Ende diesen Jahres erwartet.

#

Verbesserung der Sechs-Minuten-Gehstrecke bei der PAH

Aufgrund ihrer unspezifischen Symptomatik wird die pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH) häufig erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Wie Prof. Joachim Meyer aus Heidelberg darlegte, sind derzeit bei Patienten im NYHA-Stadium III verschiedene Therapieprinzipien möglich. Als orale Medikamente werden ein Endothelinrezeptor-Antagonist oder ein Phosphodiesterasehemmer eingesetzt. Zur Beeinflussung des Prostazyklinwegs wird Iloprost mittels eines Ultraschallverneblers inhaliert. "Eine Monotherapie ist allerdings nur selten dauerhaft ausreichend", unterstrich Meyer und empfiehlt bei klinischen Verschlechterungen, rasch auf eine Kombinationstherapie, beispielsweise mit Iloprost, überzugehen. "Der Wirkstoff bewirkt in Studien eine signifikante Verbesserung der Sechs-Minuten-Gehstrecke", sagte Meyer, zusätzlich registrierten die Patienten eine deutliche Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit. Weitere Therapiefortschritte sieht Meyer aber nicht nur in gefäßdilatierenden sondern auch in antiproliferativen Ansätzen. Als Beispiel nannte er Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Imatinib, das derzeit in einer ersten Therapiestudie bei PAH untersucht wird.

ts

Quelle: Symposium im Rahmen der 73. Jahrestagung der DGK, 13. April in Mannheim.

Mit freundlicher Unterstützung der Bayer Schering Pharma.