Dialyse aktuell 2007; 11(2): 52-54
DOI: 10.1055/s-2007-983932
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ergebnisse der RIND-Studie erbringen den Nachweis - Klarer Überlebensvorteil für Dialysepatienten bei kalziumfreier Phosphatbindertherapie

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Publication Date:
06 June 2007 (online)

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Wie die kürzlich im Journal „Kidney International” publizierten Ergebnisse der RIND[1]-Studie [2] zeigen, weisen Patienten, die mit Sevelamer (Renagel®) therapiert werden, eine signifikant geringere Mortalität auf als Patienten, denen kalziumhaltige Phosphatbinder verabreicht werden. Damit liefern die Daten den Nachweis für eine direkte Korrelation zwischen Kalzifizierung, Mortalität und Phosphatbindertherapie.

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Einfluss auf das klinische Outcome nachgewiesen

Das Problem der Kalzifizierung von Dialysepatienten in Form der Mönckeberg'schen Mediasklerose ist in der Literatur umfassend beschrieben worden [8] [11] [12]. Auch ist hinlänglich bekannt, dass Störungen im Mineralstoffmetabolismus dieses Krankheitsbild verursachen und verstärken können. Ein direkter Zusammenhang zwischen erhöhten Werten von Serumphosphat, Serumkalzium sowie Kalzium-Phosphat-Produkt und der Mortalität wurde im Rahmen verschiedener Studien belegt [4] [13].

Gezeigt werden konnte auch, dass Sevelamer das Fortschreiten der Kalzifikation im Vergleich zu herkömmlichen kalziumhaltigen Phosphatbindern signifikant reduziert [7]. Sevelamer ist somit die einzige Substanz, die nachweislich bei effektiver Phosphatsenkung dieser gefährlichen Form der Gefäßverkalkung Einhalt gebietet. Bislang fehlte jedoch noch der Nachweis, dass der metall- und kalziumfreie Phosphatbinder Sevelamer auch das klinische Outcome, die Mortalität, positiv beeinflusst. Dieser Nachweis ist nun, seit dem Vorliegen der RIND-Daten, erbracht.

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Die RIND-Studie - kalziumhaltige versus kalziumfreie Phosphatbindertherapie

Bei der RIND-Studie handelt es sich um eine randomisierte Open-Label-Studie, in der untersucht wurde, ob unterschiedliche Phosphatbindertherapien (kalziumhaltig versus kalziumfrei) Auswirkungen auf die Kalzifikation (gemessen mit Elektronenstrahl-Computertomografie, EBCT) und auf die Mortalität der Patienten haben. Primärer Endpunkt der Studie war der Grad der Koronararterienkalzifikation nach einer Behandlungsdauer von 18 Monaten. Die allgemeine Mortalität wurde als sekundärer Endpunkt definiert. Die Studie schloss 127 Neu-Dialysepatienten aus fünf Dialysezentren in den USA ein. Die Patienten wurden randomisiert und erhielten entweder Sevelamer oder einen kalziumhaltigen Phosphatbinder über einen Zeitraum von 18 Monaten. Die Auswertung des sekundären Endpunktes erfolgte nach median 44 Monaten.

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Unterschied in der Progression der Kalzifikation statistisch signifikant

Die Studienergebnisse zum primären Endpunkt wurden schon im letzten Jahr publiziert [5], und die Daten zeigten bereits hier einen statistisch signifikanten Unterschied zugunsten von Sevelamer gegenüber den kalziumhaltigen Phosphatbindern. Wie zum einen gezeigt wurde, hatte die Basiskalzifikation zu Beginn der Studie einen entscheidenden Einfluss auf das Fortschreiten der Erkrankung - bei den Patienten mit hohen Ausgangswerten schritt die Kalzifikation wesentlich rasanter fort als bei Patienten ohne oder mit nur minimaler Basiskalzifikation. Wie zudem jedoch deutlich wurde, profitieren die Patienten von einer Behandlung mit Sevelamer: Der mediane Anstieg der Kalzifikation der Koronararterien war nach 18 Monaten in der mit kalziumhaltigen Phosphatbinder behandelten Patientengruppe um den Faktor elf höher als in der „Sevelamer-Gruppe”.

Der Unterschied zwischen den beiden Therapieoptionen ist auch markant, wenn man sich die prozentuale Entwicklung der Gefäßkalzifikation ansieht. In der Gruppe mit kalziumhaltigen Phosphatbindern sind nach 18 Monaten 93 % der Patienten vom Fortschreiten der Kalzifikation betroffen (das Fortschreiten wurde definiert als Zuwachs der Kalzifikation um mindestens 15 % im Vergleich zum Ausgangswert), in der „Sevelamer-Gruppe” sind es lediglich 60 % [Abb. 1.] Somit zeigten die Daten der RIND-Studie, dass unter Sevelamer die Progression der Kalzifikation deutlich reduziert werden kann, und sie bestätigen damit die Ergebnisse der „Treat-to-Goal-Studie” [7] (TTG) und ihrer europäischen Fortführung durch Asmus et al. [1].

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Abb. 1 Verhältnis zwischen Patienten, die eine progrediente koronare Gefäßkalzifikation aufweisen und Patienten, bei denen die Gefäßkalzifizierung nicht voranschreitet ausgehend von einem Basisverkalkungsscore > 30

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Höhere Koronarkalzifikation mit höherer Mortalität vergesellschaftet

Es stellt sich die Frage, ob das Eindämmen der Progression auch Auswirkungen auf den „harten Endpunkt” Mortalität hat - und hier konnten die jüngst publizierten Ergebnisse der RIND-Studie Aufschluss geben. Während der 44-monatigen Behandlungsdauer verstarben insgesamt 34 Patienten, 23 aus dem Studienarm, der mit kalziumhaltigen Phosphatbindern therapiert wurde, elf aus dem „Sevelamer-Arm”. Der Unterschied zwischen beiden Behandlungsgruppen hinsichtlich der Mortalität war statistisch signifikant (p = 0,05). Nach Adjustierung verschiedener Einflussgrößen wie Alter, ethnische Zugehörigkeit, Geschlecht und medizinische Basiswerte, vergrößerte sich die Differenz zwischen den beiden Therapieregimen sogar noch weite(p = 0,016).

„Diese Ergebnisse sind von großer Bedeutung, weil erstmalig der Nachweis erbracht wurde, dass ein höherer Kalzifikationsgrad der Koronararterien mit einer höheren Mortalität bei Dialysepatienten vergesellschaftet ist”, kommentierte Studienleiter Dr. Geoffrey Block, Denver, Colorado (USA). Die Daten sind aber auch von zentralem Wert, weil sie zeigen, dass unter Sevelamer nicht nur die progrediente Kalzifikation der Koronararterien aufgehalten wird, sondern das Präparat darüber hinaus die Mortalitätsrate günstig beeinflusst. Die Tatsache, dass die Basiskalzifikation für die Krankheitsgenese eine entscheidende Rolle spielt, zeigt zudem, wie wichtig eine frühzeitige Intervention ist. Kalzifikationen dürfen nach Möglichkeit gar nicht erst entstehen.

Richard Moscicki, Chief Medical Officer der Firma Genzyme, fasst zusammen: „Die RIND-Studie gibt neue, wichtige Aufschlüsse. Sie unterstreicht auch die Vorteile einer frühzeitigen Behandlung mit Sevelamer, gleich zu Beginn der Dialysepflicht”. In Amerika ist die kalzium- und metallfreie Phosphatbindertherapie bereits die am häufigsten verordnete Therapie zur Phosphatsenkung bei Dialysepatienten. Dr. Bettina Albers, Weimar

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Literatur

  • 1 Asmus HG, Braun J, Krause R. et al. . Two year comparison of sevelamer and calcium carbonate effects on cardiovascular calcification and bone density.  Nephrol Dial Transplant. 2005;  20 1653-1661
  • 2 Blacher J, Guerin AP, Pannier B, Marchais SJ, London GM.. Arterial calcifications, arterial stiffness, and cardiovascular risk in end-stage renal disease.  Hypertension. 2001;  38
  • 3 Block GA. et al. .Effect of coronary calcification and phosphate binder. Kidney(Online-Version: ) 2007
  • 4 Block GA, Klassen PS, Lazarus JM. et al. . Mineral metabolism, mortality, and morbidity in maintenance hemodialysis.  J Am Soc Nephrol. 2004;  15 2208-2218
  • 5 Block GA, Spiegel DM, Ehrlich J. et al. . Effects of sevelamer and calcium on coronary artery calcification in patients new to hemodialysis.  Kidney Int. 2005;  68 1815-1824
  • 6 Braun J, Asmus HG, Holzer H. et al. . Long-term comparison of a calcium-free phosphate binder and calcium carbonate-phosphorus metabolism and cardiovascular calcification.  Clin Nephrol. 2004;  62 104-115
  • 7 Chertow GM, Burke SK, Raggi P.. Sevelamer attenuates the progression of coronary and aortic calcification in hemodialysis patients.  Kidney Int. 2002;  62 245-252
  • 8 Foley RN, Parfrey PS, Sarnak MJ.. Clinical epidemiology of cardiovascular disease in chronic renal disease.  Am J Kidney Dis. 1998;  32 112-119
  • 9 Goodman WG, Goldin J, Kuizon BD. et al. . Coronary-artery calcification in young adults with end-stage renal disease who are undergoing dialysis.  N Engl J Med. 2000;  342 1478-1483
  • 10 Groß. et al. .ASN 2005/Abstract
  • 11 Guérin AP, London GM, Marchais SJ, Metivier F.. Arterial stiffening and vascular calcification in end-stage renal disease.  Nephrol Dial Transplant. 2000;  15 1014-1021
  • 12 London GM, Guérin AP, Marchais SJ. et al. . Arterial media calcification in end-stage renal disease: Impact on all cause and cardiovascular mortality.  Nephrol Dial Transplant. 2003;  18 1731-1740
  • 13 Young EW, Akiba T, Albert JM. et al. . Magnitude and impact of abnormal mineral metabolism in hemodialysis patients in the Dialysis Outcomes and Practice Patterns Study (DOPPS).  Am J Kidney Dis. 2004;  44 34-38
  • 14 Young EW, Albert JM, Satayathum S. et al. . Predictors and consequences of altered mineral metabolism: the Dialysis Outcomes and Practice Patterns Study.  Kidney Int. 2005;  67 1179-1187

1 Renagel in New Dialysis

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Literatur

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1 Renagel in New Dialysis

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Abb. 1 Verhältnis zwischen Patienten, die eine progrediente koronare Gefäßkalzifikation aufweisen und Patienten, bei denen die Gefäßkalzifizierung nicht voranschreitet ausgehend von einem Basisverkalkungsscore > 30