Dialyse aktuell 2007; 11(1): 46-47
DOI: 10.1055/s-2007-983911
Markt und Forschung

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Neue Studien geben die Antwort - Welches ist das optimale immunsuppressive Regime nach Nierentransplantation?

Further Information

Publication History

Publication Date:
06 June 2007 (online)

Table of Contents

Eine immunsuppressive Therapie ist notwendig, um das Transplantat vor Abstoßungen zu schützen und ein optimales langfristiges Transplantatüberleben zu sichern. Mit neuen Immunsuppressiva ist es gelungen, die Abstoßungsraten deutlich zu senken und damit Voraussetzungen für ein verlängertes Transplantatüberleben zu schaffen.

Allerdings haben Immunsuppressiva bekanntermaßen auch unerwünschte Wirkungen auf das transplantierte Organ und den Stoffwechsel, die bei der erforderlichen langfristigen Einnahme dieser Medikamente das Transplantat schädigen und seine Funktion beeinträchtigen können. Ziel der modernen Immunsuppression ist es nun, durch neue Regime die optimale Balance zwischen immunsuppressiver Wirkung und Toxizität zu finden, um das Leben von Patienten und transplantierten Organen weiter zu verlängern.

#

Cochrane-Metananalyse zeigt - Patienten profitieren von Tacrolimus

Eine der jüngeren Substanzen ist Tacrolimus. Wie mehrere große Vergleichsstudien gezeigt haben, weist dieser Calcineurininhibitor hinsichtlich verschiedener Wirksamkeits- und Verträglichkeitskriterien Vorteile gegenüber Ciclosporin auf [2] [3] [5] [6] [7] [8] [10]. Dass diese Ergebnisse den strengen Kriterien der Cochrane Collaboration (CC) standhalten, dokumentierte deren kürzlich publizierte Metaanalyse. Hierin wurden Kriterien der Wirksamkeit und Verträglichkeit von Tacrolimus und Ciclosporin in verschiedenen gebräuchlichen Kombinationen an insgesamt 4102 nierentransplantierten Patienten aus 30 randomisierten Vergleichsstudien systematisch verglichen [11].

Hinsichtlich der beiden primären Wirksamkeitsendpunkte „Abstoßungen” und „Transplantatverlust” erwies sich Tacrolimus dem Ciclosporin (alte Formulierung und Mikroemulsion) als überlegen. Im ersten Jahr war unter der Immunsuppression mit Tacrolimus das Risiko für akute biopsiebestätigte Abstoßungen um 39 % (relatives Risiko 0,61) reduziert, das für steroidresistente Abstoßungen war halbiert (Risikoreduktion um 51 %; relatives Risiko 0,49) [11].

Tacrolimus verbesserte sowohl das kurz- als auch das langfristige Überleben der Transplantate. Das Risiko für frühe Transplantatverluste innerhalb der ersten sechs Monate war signifikant um 44 % verringert (relatives Risiko 0,56; p < 0,008). Und auch nach drei Jahren verloren signifikant weniger Patienten, die eine Immunsuppression mit Tacrolimus erhielten, ihr Transplantat (Risikoreduktion um 29 %, relatives Risiko 0,71; p < 0,03) [11].

Bei primärer Einstellung der Nierentransplantierten auf Tacrolimus bleibe zwölf von 100 Patienten eine akute Abstoßung und zwei von 100 Patienten ein Transplantatverlust erspart, schlossen die Autoren aus den Ergebnissen dieser Metaanalyse .

#

EliTE-SYMPHONY-Studie - Regime mit Tacrolimus bietet besten Nierenschutz

Eine Antwort auf die Frage, welches der derzeit nach Nierentransplantation angewandten immunsuppressiven Regime die besten Voraussetzungen für eine Verbesserung des langfristigen Überlebens bietet, sollte die EliTE[1]-SYMPHONY-Studie liefern. Deren Ergebnisse stellte Prof. Jürgen Klempnauer, Hannover, auf der 15. Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft in München vor [4].

In der mit 1645 Patienten nach De-novo-Nierentransplantation bislang größten prospektiven, randomisierten, offenen Multizenterstudie wurde erstmals eine Immunsuppression mit üblichen Dosen von Ciclosporin (Ziel-Talspiegel 150-300 ng/ml während der ersten drei Monate, danach 100-200 ng/ml) in Kombination mit Mycophenolat Mofetil (MMF) und Kortikosteroiden mit drei neueren Therapieregimen verglichen. Diese bestanden aus einer Daclizumab-Induktion (2 mg/kg, gefolgt von viermal 1mg/kg alle zwei Wochen), MMF (zweimal täglich 1g) und Kortikosteroiden, jeweils kombiniert mit spiegeladaptiertem niedrig dosiertem Ciclosporin (50-100 ng/ml), Tacrolimus (3-7 ng/ml) oder Sirolimus (4-8 ng/ml) [4].

#

Tacrolimus/MMF - Bestmögliche Balance zwischen Effizienz und Toxizität

Der primäre Endpunkt war die Nierenfunktion (GFR) nach zwölf Monaten. Sekundäre Endpunkte waren die Rate bioptisch bestätigter akuter Abstoßungsreaktionen (BPAR), Patienten- und Transplantatüberlebensraten und das Nebenwirkungsprofil. Die Patienten, die mit Tacrolimus in Kombination mit MMF behandelt wurden, hatten nach einem Jahr sowohl die beste Nierenfunktionen mit der höchsten GFR [Abb. 1], als auch die wenigsten durch Biopsie verifizierten akuten Abstoßungen [Abb. 2] gegenüber allen anderen Regimen. Damit assoziiert war bei diesen Patienten ein signifikant besseres Transplantatüberleben (94 % nach einem Jahr) im Vergleich zu normal dosiertem Ciclosporin (p = 0,0143) und niedrig dosiertem Sirolimus (p = 0,0147) [Abb. 3].

Hinsichtlich verschiedener anderer Parameter wie Cytomegalie-Virus- (CMV) oder anderer Infektionen, Lymphozelen oder Wundheilungsstörungen wies das Tacrolimus-Regime Vorteile auf, oder war mit den anderen Regimen vergleichbar. Die häufigsten Nebenwirkungen in der Tacrolimus-Gruppe waren Diarrhö (25 versus 13-19 % in den anderen Gruppen) und Diabetes (11,5 versus 5,7-8,6 % in den anderen Gruppen). In der Sirolimus-Gruppe hingegen fielen eine höhere Rate an Lymphozelen (14 versus 4-6 % in den anderen Gruppen) und Wundheilungsstörungen innerhalb der ersten zwei Wochen (16 versus 9,5-11,3 %) auf [4].

Die SYMPHONY-Studie zeigt, so Klempnauer, dass „Low-Dose”-Tacrolimus in Kombination mit MMF, Steroiden und eine Induktion mit Daclizumab zu einer exzellenten Funktion und einem exzellenten Überleben der transplantierten Niere führt. Dieses Regime bietet unter den vier untersuchten Regimen die bestmögliche Balance zwischen Effizienz und Toxizität [4].

Zoom Image

Abb. 1 Glomeruläre Filtrationsrate (berechnet nach Cockcroft-Gault) unter den verschiedenen Regimen nach zwölf Monaten

Zoom Image

Abb. 2 Biopsiebestätigte akute Abstoßungen (BPAR) während des ersten Jahres nach der Transplantation

Zoom Image

Abb. 3 Ein-Jahres-Transplantatüberleben

#

Tacrolimus/MMF in den USA bereits das führende Regime

Einhergehend mit den Erkenntnissen aus verschiedenen Studien verändert sich die klinische Routine. Die Situation in den USA spiegelt das SRTR (Scientific Registry of Transplant Recipients) wider, in dem alle wichtigen Patientendaten erfasst werden. Dort hat Tacrolimus das ältere Ciclosporin weitgehend ersetzt und die große Mehrzahl der nierentransplantierten Patienten wird initial auf eine Immunsuppression mit Tacrolimus eingestellt (72 versus 21 % im Jahr 2004).

Die Kombination Tacrolimus/MMF ist das immunsuppressive Erhaltungsregime, auf das in den USA die meisten Patienten eingestellt werden (60 % in 2004), während zunehmend weniger als Erst-Immunsuppression Ciclosporin/MMF erhalten [Abb. 4]. Evident ist auch, dass immer häufiger auf Kortikosteroide verzichtet wird. So wurden in den USA im Jahr 2004 bereits 23 % der Patienten mit einer steroidfreien Immunsuppression nach der Transplantation aus der Klinik entlassen. Einstellungen auf ein Regime mit Sirolimus in Kombination mit MMF oder einem Calcineurininhibitor sind ebenfalls rückläufig. Im Jahr 2004 bekamen lediglich 12 % der Patienten eine Kombination mit Sirolimus (versus 21 % im Jahr 2001) (9).

Diesen Daten zufolge hat sich die Evidenz der Metaanalyse der Cochrane Collaboration und der Symphony-Studie bereits im klinischen Alltag der USA niedergeschlagen. Hedwig Weisser, München

Zoom Image

Abb. 4 Entwicklung der primären Erhaltungs-Immunsuppression nach Nierentransplantation in den USA (1995-2004)

#

Literatur

  • 1 Blackstock T.. Tacrolimus music to transplant recipient's ears: the SYMPHONY trial. Inpharma 2006: 15-19
  • 2 Ciancio G, Burke GW, Gaynor JJ. et al. . A randomized long-term trial of tacrolimus and sirolimus versus tacrolimus and mycophenolate mofetil versus cyclosporine (NEORAL) and sirolimus in renal transplantation. I. Drug interactions and rejection at one year.  Transplantation. 2004;  77 244-251
  • 3 Gonwa T, Johnson C, Ahsan N. et al. . Randomized trial of tacrolimus + mycophenolate mofetil or azathioprine versus cyclosporine + mycophenolate mofetil after cadaveric kidney transplantation: results at three years.  Transplantation. 2003;  75 2048-2053
  • 4 Klempnauer J. et al. . Transplantationsmedizin - (15. Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft am 21. München). 2006;  18 48-49
  • 5 Krämer BK, Zulke C, Kammerl MC. et al. . Cardiovascular risk factors and estimated risk for CAD in a randomized trial comparing calcineurin inhibitors in renal transplantation.  Am J Transplant. 2003;  3 982-987
  • 6 Ligtenberg G, Hene RJ, Blankestijn PJ, Koomans HA.. Cardiovascular risk factors in renal transplant patients: cyclosporin A versus tacrolimus.  J Am Soc Nephr. 2001;  12 368-373
  • 7 Margreiter R. et al. . Efficacy and safety of tacrolimus compared with ciclosporin microemulsion in renal transplantation: a randomised multicentre study.  Lancet. 2002;  359 741-746
  • 8 Mayer AD.. Chronic rejection and graft half-life: five-year follow-up of the European Tacrolimus Multicenter Renal Study.  Transplant Proc. 2002;  34 1491-1492
  • 9 Meier-Kriesche HU, Li S, Gruessner RW. et al. . Immunosuppression: evolution in practice and trends, 1994-2004.  Am J Transplant. 2006;  6 1111-1131
  • 10 Vincenti F, Jensik SC, Filo RS. et al. . A long-term comparison of tacrolimus (FK506) and cyclosporine in kidney transplantation: evidence for improved allograft survival at five years.  Transplantation. 2002;  73 775-782
  • 11 Webster AC, Woodroffe RC, Taylor RS. et al. . Tacrolimus versus ciclosporin as primary immunosuppression for kidney transplant recipients: meta-analysis and meta-regression of randomised trial data.  BMJ. 2005;  331 810-814

1 Efficacy Limiting Toxicity Elimination

#

Literatur

  • 1 Blackstock T.. Tacrolimus music to transplant recipient's ears: the SYMPHONY trial. Inpharma 2006: 15-19
  • 2 Ciancio G, Burke GW, Gaynor JJ. et al. . A randomized long-term trial of tacrolimus and sirolimus versus tacrolimus and mycophenolate mofetil versus cyclosporine (NEORAL) and sirolimus in renal transplantation. I. Drug interactions and rejection at one year.  Transplantation. 2004;  77 244-251
  • 3 Gonwa T, Johnson C, Ahsan N. et al. . Randomized trial of tacrolimus + mycophenolate mofetil or azathioprine versus cyclosporine + mycophenolate mofetil after cadaveric kidney transplantation: results at three years.  Transplantation. 2003;  75 2048-2053
  • 4 Klempnauer J. et al. . Transplantationsmedizin - (15. Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft am 21. München). 2006;  18 48-49
  • 5 Krämer BK, Zulke C, Kammerl MC. et al. . Cardiovascular risk factors and estimated risk for CAD in a randomized trial comparing calcineurin inhibitors in renal transplantation.  Am J Transplant. 2003;  3 982-987
  • 6 Ligtenberg G, Hene RJ, Blankestijn PJ, Koomans HA.. Cardiovascular risk factors in renal transplant patients: cyclosporin A versus tacrolimus.  J Am Soc Nephr. 2001;  12 368-373
  • 7 Margreiter R. et al. . Efficacy and safety of tacrolimus compared with ciclosporin microemulsion in renal transplantation: a randomised multicentre study.  Lancet. 2002;  359 741-746
  • 8 Mayer AD.. Chronic rejection and graft half-life: five-year follow-up of the European Tacrolimus Multicenter Renal Study.  Transplant Proc. 2002;  34 1491-1492
  • 9 Meier-Kriesche HU, Li S, Gruessner RW. et al. . Immunosuppression: evolution in practice and trends, 1994-2004.  Am J Transplant. 2006;  6 1111-1131
  • 10 Vincenti F, Jensik SC, Filo RS. et al. . A long-term comparison of tacrolimus (FK506) and cyclosporine in kidney transplantation: evidence for improved allograft survival at five years.  Transplantation. 2002;  73 775-782
  • 11 Webster AC, Woodroffe RC, Taylor RS. et al. . Tacrolimus versus ciclosporin as primary immunosuppression for kidney transplant recipients: meta-analysis and meta-regression of randomised trial data.  BMJ. 2005;  331 810-814

1 Efficacy Limiting Toxicity Elimination

Zoom Image

Abb. 1 Glomeruläre Filtrationsrate (berechnet nach Cockcroft-Gault) unter den verschiedenen Regimen nach zwölf Monaten

Zoom Image

Abb. 2 Biopsiebestätigte akute Abstoßungen (BPAR) während des ersten Jahres nach der Transplantation

Zoom Image

Abb. 3 Ein-Jahres-Transplantatüberleben

Zoom Image

Abb. 4 Entwicklung der primären Erhaltungs-Immunsuppression nach Nierentransplantation in den USA (1995-2004)