Liebe Leserin, lieber Leser,
am 03.07.2007 hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
sein aktuelles Gutachten der Bundesgesundheitsministerin übergeben; der Titel: „Kooperation
und Verantwortung. Voraussetzungen einer zielorientierten Gesundheitsversorgung”.
Das Gremium der sieben Mitglieder des Sachverständigenrats beschäftigt sich auf mehr
als 1 000 Seiten mit den folgenden Aspekten:
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Neben den Finanzierungsproblemen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sollen
Aspekte der Ausgabenseite betrachtet werden, insbesondere die Über-, Unter- und Fehlversorgung
in der Gesundheitsversorgung (Effizienz- und Effektivitätsreserven).
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Eine flächendeckende Versorgung der Patienten auf hohem Niveau: indikationsübergreifende
populationsbezogene Versorgungsnetze.
Eine vom Rat intendierte zielorientierte Gesundheitsversorgung müsse umfassen:
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Entwicklung der Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe,
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integrierte Versorgung in der GKV,
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Weiterentwicklung des G-DRG-Systems (Krankenhausplanung),
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Patientensicherheit,
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Primärprävention / Gesundheitsförderung,
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Verstärkung der Versorgungsforschung.
Dabei werden erneut die Defizite des Gesundheitswesens aufgezeigt: einerseits die
fehlende Zielorientierung im Gesundheitswesen, andererseits die mangelnde Eigenverantwortlichkeit
der Patienten. Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang die Forderung nach engerer
Kooperation und neuer Aufgabenteilung der Berufsgruppen in Anbetracht steigender Erwartungen
von Versicherten und Patienten, demografischer Entwicklung und Veränderungen im Morbiditätsspektrum
sowie medizinisch-technischer Errungenschaften. Zur optimalen Ressourcenallokation
im Gesundheitswesen ist deshalb eine höhere Ausnutzung der Potenziale aller Berufsgruppen
erforderlich. Diese Diskussion bezieht auch die engere Zusammenarbeit ärztlicher und
nichtärztlicher Berufsgruppen ein, ebenso wie die Befürwortung einer Akademisierung
nichtärztlicher Berufsgruppen.
Bei genauer Betrachtung des Gutachtens wird deutlich, wie frühzeitig der DVGS als
Berufs-, aber insbesondere auch als Fachverband auf die nun offensichtlichen Anforderungen
des Gesundheitswesens reagiert hat. Im gesundheitspolitischen Kontext wird „Bewegung
und Verhaltensorientierung” zunehmend wichtig werden - in Konzeption, Realisation
und Evaluation. Gerade die wissenschaftliche Begründung (epidemiologische Begründung
und Evidenzbasierung), Professionalisierung und Qualitätssicherung waren Zielsetzungen
des DVGS seit seiner Gründung 1983. Die sehr enge Kooperation mit den Ausbildungsstätten
war hier sicherlich ein wichtiger Schritt.
Im Vorfeld des nächstjährigen Silberjubiläums des DVGS wird auch die seit der Gründung
formulierte Anforderung an Interdisziplinarität und Mehrfachqualifikation der Sport-
und Bewegungstherapeuten Früchte tragen. Möglicherweise wird auch der „Gesundheitssport”
bei Neuauflage eines Präventionsgesetzes zu neuen Ehren gelangen.
Die Förderung der Prävention und Gesundheitsförderung, aber auch die Verbesserung
der Versorgungsqualität in der Akutversorgung, Rehabilitation und Pflege, wird im
Wesentlichen vom Mut des Gesetzgebers zu offenen Diskussionen und notwendigen Neuerungen
abhängen. Erörterungen der finanziellen und moralischen Aspekte einer Gesundheitsversorgung
werden teilweise noch hinter verschlossener Tür geführt.
Im Qualitätsmanagement beschreibt dies der „Konflikt der Interessenspartner”: Einrichtungsbetreiber,
Berufsgruppen und Patienten, Kostenträger, aber auch gesellschaftlich-ethische Aspekte
müssen bei der Entwicklung im Gesundheitswesen sorgsam abgewogen werden. Wir werden
von diesen aktuellen Entwicklungen an dieser Stelle weiter berichten.
Ihre Angelika Baldus