Frauenheilkunde up2date 2007; 1(4): 299-302
DOI: 10.1055/s-2007-981277
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Polkörperdiagnostik als Erfolg versprechende deutsche Alternative zur Präimplantationsdiagnostik

M. Bals-Pratsch1 , B. Seifert1 , T. Buchholz2 , A. Hehr3 , U. Hehr3
  • 1Kinderwunschzentrum Regensburg
  • 2Zentrum für Polkörperdiagnostik, München
  • 3Zentrum für Humangenetik Regensburg
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Publication History

Publication Date:
30 August 2007 (online)

Präimplantationsdiagnostik (PID)

Indikationen

Die Präimplantationsdiagnostik (PID) oder „Preimplantation Genetic Diagnosis” (PGD) ist die früheste Form der Pränataldiagnostik (PND) und bereits seit 1990 verfügbar [1].

Monogene Erkrankungen und Chromosomenstörungen. PID wird weltweit durchgeführt, um Paaren mit einem hohen Risiko für eine monogene Erkrankung oder Chromosomenstörung die Geburt eines Kindes ohne die familienspezifische monogene Erkrankung oder die untersuchte Chromosomenstörung zu ermöglichen. So kann den betroffenen Paaren die psychisch belastende „Schwangerschaft auf Probe” erspart werden. Bei der PID werden einem Embryo im 6- bis 8-Zellstadium 1-2 Blastomeren zur genetischen Diagnostik entnommen ([Abb. 1]).

Abb. 1 (mit freundlicher Genehmigung Ruiz Jorro, Valencia) Bei der PID wird bei einem 8-Zell-Embryo eine Blastomere biopsiert.

Aneuploidie-Screening. Diese Methode wurde in den letzten Jahren zunehmend auch bei Paaren angewendet, um durch ein Aneuploidiescreening (Ausschluss von Chromosomenfehlverteilungen) die Implantationsrate, insbesondere bei fortgeschrittenem reproduktionsbiologischem Alter der Frau zu erhöhen und gleichzeitig das Fehlgeburtenrisiko zu reduzieren. Besonders durch die mit steigendem Alter zunehmende Häufigkeit von Chromosomenfehlverteilungen steigt die Aneuploidierate der menschlichen Eizellen bei 40-jährigen Frauen auf über 50-70 % an. Allerdings ist die numerische Chromosomenanalyse an Einzelzellen bisher nicht für alle 23 Chromosomen möglich, sondern mit den in der Routine einsetzbaren Methoden auf maximal 5-10 Chromosomen beschränkt. Mit den derzeit kommerziell verfügbaren Testsystemen erfolgt die Aneuploidiediagnostik für die Chromosomen, die am häufigsten als fehlverteilt bei Spontanaborten gefunden werden (z. B. Chromosomen 1, 2, 7, 8, 13, 15, 16, 17, 18, 21, 22, X, Y). Das Aneuploidiescreening ist mit 57 % inzwischen die häufigste Indikation für die PID geworden, die im englischen Schrifttum auch als PGS (Preimplantation Genetic Screening) bezeichnet wird [2].

Ergebnisse

Geringe Erfolgsraten. In der European Society of Human Reproduction and Embryology (ESHRE) sind seit 10 Jahren PID-Zentren zum „ESHRE PGD Consortium” zusammengeschlossen (www.eshre.com/emc.asp?pageId=390). Die Hauptaufgabe stellt bisher die Datensammlung und -auswertung der PID-Zyklen mit nachfolgender Publikation dar. Zentren aus Europa wie auch aus Australien, USA, Korea, Taiwan, Argentinien and Israel beteiligen sich an der Datensammlung, die 2003 bereits 6 200 Zyklen aus 50 Zentren umfasste. Die Erfolgsraten sowohl bei der PID für monogene Erkrankungen oder Chromosomenstörungen bei einem Partner als auch beim Aneuploidiescreening sind bisher enttäuschend niedrig. So beträgt die Schwangerschaftsrate pro Follikelpunktion über alle Indikationen nur 18 % und pro Embryotransfer 24-26 % [2].

Mögliche Ursachen. Möglicherweise ist die geringe Erfolgsrate der PID beim Aneuploidiescreening auf die unzureichende Anzahl und Auswahl der Chromosomen zurückzuführen, weil dadurch die Möglichkeiten begrenzt sind, einen tatsächlich entwicklungsfähigen Embryo mit normalem diploidem Chromosomensatz für den Embryotransfer selektieren zu können. Zunehmend stellt sich auch die Frage, ob die bei der PID untersuchten Blastomeren überhaupt den Chromosomensatz des restlichen Embryos repräsentieren. Sog. Mosaikbefunde können sowohl falsch-positive als auch falsch-negative Ergebnisse liefern und kontraproduktive Konsequenzen haben (Verwerfen eines sonst unauffälligen Embryos bei Aneuploidie einer Zelle, Transferieren eines sonst aneuploiden Embryos bei unauffälliger Blastomere für die untersuchten Chromosomen). Denkbar ist auch, dass durch die Blastomerbiopsie die Integrität und damit die Implantationsfähigkeit eines Embryos reduziert wird. Diese Hypothese wird durch die kürzlich publizierten Daten von Mastenbroek et al. unterstützt [3]. In einer prospektiv-randomisierten Studie an über 400 Patientinnen (36-41 Jahre) in mehr als 800 Zyklen war die Rate fortlaufender Schwangerschaften nach PID nur 25 %, während in der Kontrollgruppe 37 % eine fortlaufende Schwangerschaft erzielten.

Rechtliche Problematik. In Deutschland ist die PID nicht mit dem Embryonenschutzgesetz (ESchG) vereinbar. Als strafbegründende Handlungen im Sinne des ESchG gelten im Zusammenhang mit der PID insbesondere die Entnahme und der Verbrauch einzelner Zellen zu Diagnosezwecken sowie die Verwerfung des Restembryos nach erfolgter Untersuchung.

Literatur

  • 1 Handyside A H, Kontogianni E H, Hardy K. et al . Pregnancies from biopsied human preimplantation embryos sexed by Y-specific DNA amplification.  Nature. 1990;  344 768-770
  • 2 Sermon K D, Michiels A, Harton G. et al . ESHRE PGD Consortium data collection VI: cycles from January to December 2003 with pregnancy follow-up to October 2004.  Hum Reprod. 2007;  22 323-336
  • 3 Mastenbroek S, Twisk M, van Echten-Arends J. et al . In vitro fertilization with preimplantation genetic screening.  N Engl J Med. 2007;  357 9-17
  • 4 Verlinsky Y, Ginsberg N, Lifchez A. et al . Analysis of the first polar body: preconception genetic diagnosis.  Hum Reprod. 1990;  5 826-829
  • 5 Buchholz T, Vogt U, Clement-Sengewald A. Polkörperdiagnostik in Deutschland - Erfahrungen und neue Entwicklungen.  J Reproduktionsmed Endokrinol. 2006;  3 215-218
  • 6 Montag M, van der Ven K, van der Ven H. et al .Polkörperdiagnostik zur Aneuploidie-Testung. In: Felberbaum RE, Bühler K, Ven H van der (Hrsg). Das Deutsche IVF-Register 1996-2006. 10 Jahre Reproduktionsmedizin in Deutschland. Springer, Berlin 2006; 113-117
  • 7 Hehr A, Gross C, Bals-Pratsch M. et al .Polkörperdiagnostik für monogene Erkrankungen als deutsche Alternative zur Präimplantationsdiagnostik. In: Felberbaum RE, Bühler K, Ven H van der (Hrsg). Das Deutsche IVF-Register 1996-2006. 10 Jahre Reproduktionsmedizin in Deutschland. Springer, Berlin 2006; 97-101

Priv.-Doz. Dr. med. M. Bals-Pratsch

Kinderwunschzentrum Regensburg

Hemauer Straße 1

93047 Regensburg

Email: PDBalsPratsch@aol.com

URL: http://www.kinderwunsch-regensburg.de

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