Liebe Leserinnen, liebe Leser,
passend zum Beginn der Ferienzeit, die viele von Ihnen evtl. auch mit einem wohlverdienten
Urlaub im Ausland verbinden werden, möchte ich mit diesem Schwerpunktheft zur „Bewegungs-
und Sporttherapie im internationalen Raum” Ihren Blick auf einige der dortigen Bedingungen,
Ausbildungsangebote, Konzepte oder Arbeitsfelder lenken. Im Zuge der zunehmenden Öffnung
und Vernetzung der Arbeitswelt sowie der angestrebten stärkeren Vereinheitlichung
von Ausbildungsgängen und -abschlüssen wird dieses Thema auch für unser Berufsfeld
von wachsendem Interesse sein, um die damit verbundenen Chancen für Bewegungs- und
Sporttherapeuten sichtbar zu machen und um ggf. beruflich im Ausland tätig werden
zu können. Auf der universitären Ebene wird diese Entwicklung zur größeren Harmonisierung
und Vergleichbarkeit von Studiengängen sowie der intensiven Zusammenarbeit mit ausländischen
Universitäten durch den sog. Bologna-Prozess forciert; im Jahre 1999 wurden diese
Reformen in Bologna auf der europäischen Bildungsministerkonferenz beschlossen. Die
Umstellung bisheriger Studienabschlüsse zugunsten des Bachelor- oder Masterabschlusses
sind u. a. Ausdruck dieser Entwicklung. Hiervon sind auch die sportwissenschaftlichen
Studiengänge betroffen, wobei sich zunehmend mehr Universitäten den Bereichen Prävention,
Gesundheitssport und Bewegungs- und Sporttherapie zuwenden. Insofern muss man auch
kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass sich in Zukunft auf neu geschaffene oder
frei werdende Therapeutenstellen wahrscheinlich auch vermehrt gut qualifizierte europäische
Absolventen bewerben werden. Umgekehrt jedoch werden auch deutsche Absolventen ihren
Arbeitsplatz im Ausland suchen, v. a. wenn das Studium ihnen ein Auslandssemester
ermöglicht.
An dieser Stelle möchte ich noch einen weiteren Gedanken anfügen: Soll das Konzept
der Bewegungs- und Sporttherapie, wie es im DVGS e. V. verstanden und vertreten wird,
über den deutschsprachigen Raum hinaus Verbreitung finden, ist es sinnvoll, die Mitgliedschaft
auch für ausländische Absolventen zu öffnen, um ihnen Zugang zu den Fortbildungsangeboten
zu ermöglichen bzw. qualitative Standards im europäischen Raum anzusteuern. Im Einzelfall
ist dies schon geschehen. Vorstellbar wäre weiterhin die Gründung einer europäischen
Sektion. Inwieweit jedoch eine Harmonisierung auf europäischem Niveau letztlich erreicht
werden kann, bleibt kritisch abzuwarten; in der Unterschiedlichkeit von Konzepten
und Ideen steckt andererseits ja auch eine Bereicherung.
Dass ein Heft zu dieser Thematik nicht in der Lage sein wird, all die unterschiedlichen
europäischen oder internationalen Bedingungen, Facetten und Besonderheiten im Präventions-
und Rehabilitationsbereich abzudecken, dürfte einsichtig sein. Aus diesem Grund erfolgt
in einer ersten Runde ein Blick auf unsere Nachbarländer Österreich, Schweiz und Spanien.
Schon hier wird deutlich, dass sich alle drei Länder bezüglich der Ausbildungsmöglichkeiten
oder der Verankerung der Bewegungs- und Sporttherapie im klinischen Bereich erheblich
voneinander unterscheiden. Clemens Ley beschreibt die verschiedenen universitären
Angebote in Spanien, die jedoch noch nicht in einem eigenständigen Berufsabschluss
für unseren Bereich gemündet sind; dementsprechend steckt die Bewegungs- und Sporttherapie
im klinischen Sektor dort noch in den Anfängen. In Österreich scheint dieser Bereich
noch überwiegend von der Physiotherapie abgedeckt zu werden, wie die Untersuchung
von Ruth Kleinagel zeigt - zumindest in der Psychiatrie! Hingegen findet sich in der
Schweiz doch eine gute Positionierung durch akademisch ausgebildete Bewegungs- und
Sporttherapeuten mit teilweise bewegungspsychotherapeutischen Weiterbildungen; ebenso
weisen die personellen und organisatorischen Bedingungen (Patienten-Therapeuten-Relation,
Supervisionsangebote, räumliche Bedingungen) auf einen guten Versorgungsstandard hin.
In loser Folge sollen demnächst weitere Einblicke in verschiedene andere europäische
Länder vorgenommen werden. Leser, die vielleicht selbst einige Zeit beruflich im Ausland
tätig waren, möchte ich ermuntern, ihre Erfahrungen und Eindrücke darüber zu veröffentlichen.
Die Redaktion wünscht sich aktive Mitglieder zur Gestaltung unserer Zeitschrift.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine erholsame Ferienzeit!
Ihr Hubertus Deimel