Das persistierende ARDS ist gekennzeichnet durch überschießende Fibroproliferation,
fortgesetzte Entzündung, prolongierte Beatmung und hohe Mortalität. Da frühere Untersuchungen
auf eine Verbesserung des Überlebens durch Corticosteroide hindeuteten, wurde nun
von K.P. Steinberg et al. eine multizentrische, randomisierte, plazebokontrollierte
Doppelblindstudie zur Behandlung von ARDS-Patienten mit Steroiden vorgenommen. N Eng J Med 2006; 354: 1671-1684
Eingeschlossen wurden 180 Patienten, bei denen seit mindestens 7 Tagen ein Acute Respiratory
Distress Syndrome (ARDS) vorlag. Diese erhielten entweder Methylprednisolon (einmalige
Dosis 2 mg/kg KG, anschließend 0,5 mg/kg KG 4-mal täglich, für 14 Tage) oder Plazebo.
Die Mortalität in beiden Untersuchungsgruppen nach 60 und 180 Tagen unterschied sich
nicht (nach 60 Tagen: Methylprednisolongruppe 29,2%, Plazebogruppe 28,6%, p = 1,0,
nach 180 Tagen: Methylprednisolongruppe 31,5%, Plazebogruppe 31,9%, p = 1,0). Interessanterweise
lag bei Patienten, die die Methylprednisolontherapie erst 14 oder mehr Tage nach Auftreten
des ARDS begannen, die Mortalität sowohl nach 60 als auch nach 180 Tagen signifikant
höher als in der Plazebogruppe. In der Methylprednisolongruppe wurden bessere Ergebnisse
für zahlreiche kardiorespiratorische Messwerte wie die Zahl der beatmungsfreien und
schockfreien Tage, die Oxygenierung, die Compliance, den Blutdruck und die Zahl der
katechol-aminpflichtigen Tage erreicht. Die Rate der infektiösen Komplikationen war
in der Methylprednisolongruppe nicht erhöht, wohl aber die Rate von neuromuskulärer
Schwäche.
Methylprednisolgabe erhöht scheinbar Mortalität
Die Autoren folgern, dass diese Daten trotz der Verbesserung kardiorespiratorischer
Werte den Einsatz von Steroiden beim persistierenden ARDS nicht unterstützen. Der
Beginn einer Methylprednisolongabe 14 oder mehr Tage nach Beginn des ARDS schien die
Mortalität sogar zu erhöhen.
Referiert und bewertet von H. Biller, Freiburg