Intensivmedizin up2date 2007; 3(3): 173-188
DOI: 10.1055/s-2007-966656
Internistische Intensivmedizin

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Diagnose, Prävention und Therapie des akuten Nierenversagens

Jan  T.  Kielstein, Danilo  Fliser
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Publication Date:
16 August 2007 (online)

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Kernaussagen

Das ANV ist ein lebensbedrohliches Krankheitsbild mit hoher Mortalität. Daher kommt der frühzeitigen Erkennung einer Risikokonstellation für ein ANV eine große Bedeutung zu. Spätestens bei einer Verdopplung des Serumkreatinins sollte von einem beginnenden ANV ausgegangen werden, auch wenn die Werte sich noch innerhalb des „Normalbereichs” befinden. Kernpunkte der konservativen Behandlung des ANV sind neben einer kausalen Therapie insbesondere die Suche nach und Korrektur von prä- und postrenalen Faktoren, die Optimierung von systemischem Blutdruck und renalem Blutfluss sowie das Vermeiden von Komplikationen. Bei Niereninsuffizienz haben viele Medikamente eine verlängerte Halbwertszeit bzw. Wirkdauer, die bei ihrer Auswahl und Dosierung berücksichtigt werden muss. Die Dosierung nierengängiger Medikamente muss engmaschig überprüft werden und bei Verbesserung der Nierenfunktion oder unter Nierenersatztherapie angepasst werden.

Die Indikation zur Einleitung einer Nierenersatztherapie besteht bei manifesten Urämiesymptomen, lebensbedrohlicher Hyperkaliämie, massiver Hyperhydratation und bei schwerer metabolischer Azidose. Eine relative Indikation zur „prophylaktischen” Dialyse besteht bei stark erhöhtem Serum-Harnstoffwert (etwa über 200 mg/dl). Die Domäne der intermittierenden Hämodialyse ist das isolierte ANV oder das ANV beim stabilen Patienten auf der Intensivstation, der sich in der Mobilisierungsphase befindet.

Es gibt jedoch eine Gruppe Schwerstkranker, bei denen aufgrund hämodynamischer und respiratorischer Instabilität kontinuierliche Therapieverfahren in Frage kommen. Prinzipiell gilt es jedoch immer, die Vor- und Nachteile der einzelnen Verfahren gegeneinander abzuwägen. Bei Patienten mit lebensbedrohlicher Hyperkaliämie kommt im Notfall ausschließlich die IHD zum Einsatz. Andere Maßnahmen wie z. B. die Gabe von Calciumgluconat sollten jedoch auch bei geplanter Dialyse unverzüglich durchgeführt werden.

Ein frühzeitiger Therapiebeginn hilft möglicherweise, die hohe Letalität der des ANV günstig zu beeinflussen. Die Dialyse bei Patienten auf der Intensivstation muss in der Regel täglich durchgeführt werden. Bei den kontinuierlichen Therapieverfahren ist ein Austauschvolumen von 35 ml/kgKG/h anzustreben. Von entscheidender Bedeutung ist auch, dass eine Therapie eingesetzt wird, in welcher der Therapeut und die Intensivstation ein ausreichendes Maß an Erfahrung aufweisen.

Im klinischen Alltag setzt sich heute auf den Intensivstationen, denen sowohl intermittierende als auch kontinuierliche Therapieformen zur Verfügung stehen, folgendes Vorgehen durch: Initial werden die kritisch Kranken mit einem kontinuierlichen Verfahren behandelt. In der Phase der Besserung wird dann auf eine intermittierende Dialyse umgestellt, um klinische Abläufe wie eine zunehmende Mobilisierung oder die Entwöhnung vom Respirator zu erleichtern. Die Wiederentdeckung der erstmals vor 6 Jahrzehnten von Kolff beschriebenen lang dauernden Dialyse (SLED) ist eine Bereicherung und kostengünstige Alternative bei der Therapie des ANV [33].

Literatur

Prof. Dr. med. Danilo Fliser

Abteilung Nephrologie - OE 6840

Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Straße 1

30625 Hannover

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Email: fliser.danilo@mh-hannover.de