Geburtshilfe Frauenheilkd 2007; 67(9): 1009-1017
DOI: 10.1055/s-2007-965523
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Etablierung der In-vitro-Maturation als neue Variante der assistierten Reproduktion - Erfahrungen der Lübecker Arbeitsgruppe

Establishment of In-Vitro Maturation as an Alternative Treatment Option in Assisted Reproduction - the Experience of the Lübeck Working GroupS. von Otte1 , G. Griesinger1 , A. Schultze-Mosgau1 , C. Härtel2 , S. Al Hasani1 , B. Schöpper1 , K. Diedrich1
  • 1Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
  • 2Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Further Information

Publication History

eingereicht 22.4.2007 revidiert 29.5.2007

akzeptiert 18.6.2007

Publication Date:
19 September 2007 (online)

Preview

Zusammenfassung

Fragestellung: Die Entwicklung neuer Methoden der Follikelaspiration in Kombination mit innovativen Techniken zur In-vitro-Kultur unreifer Oozyten (In-vitro-Maturation, IVM) eröffnet die interessante Perspektive der Gewinnung multipler Eizellen zur assistierten Reproduktion unter Verzicht auf eine hochdosierte Hormonbehandlung und damit vollständiger Vermeidung des Risikos eines ovariellen Überstimulationssyndroms. Das Ziel der IVM ist die Reifung von Eizellen vom Germinalvesikelstadium zur Metaphase der zweiten meiotischen Reifungsteilung in vitro unter Verzicht auf eine hochdosierte Gonadotropinstimulation. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie wurde diese neue Technik an der Universitätsfrauenklinik Lübeck etabliert und evaluiert. Material und Methodik: Beim vorgestellten Kollektiv wurde ein einheitliches Behandlungsprotokoll mit niedrig dosiertem Gonadotropinpriming sowie einer Ovulationsinduktion bei Erreichen einer Leitfollikelgröße von 10 - 12 mm angewandt. Alle kleinen antralen Follikel wurden mittels hoch auflösendem Ultraschall aspiriert, gewonnene Kumulus-Oozytenkomplexe über 24 - 32 h kultiviert und mittels intrazytoplasmatischer Spermatozoeninjektion (ICSI) fertilisiert. Falls vorhanden, wurden 3 Embryonen unter kombinierter Östrogen- und Progesterongabe zur Lutealphasensubstitution transferiert. Der hCG-Nachweis im Serum erfolgte 12 bis 14 Tage nach Transfer. Bestandteil der Aufklärung war die Durchführung eines neuropädiatrischen Nachsorgeprogramms der nach IVM geborenen Kinder. Ergebnisse: Wir führten insgesamt 81 Follikelpunktionen bei 77 Patientinnen mit einem Durchschnittsalter von 34,3 ± 4,8 Jahren durch. Im Mittel konnten 8,9 ± 6,1 Eizellen pro Punktion aspiriert werden, die Maturationsrate betrug 56,0 % und die regelrechte Fertilisationsrate 45 %. In 57 Zyklen (70,3 %) erfolgte ein Embryotransfer. Insgesamt wurden 7 klinische Schwangerschaften erzielt, davon endete eine als Frühabort in der 9. SSW. Aus diesem Kollektiv stammt auch das erste IVM-Kind, das in Deutschland geboren wurde. Schlussfolgerung: Die Daten belegen die Machbarkeit des Verfahrens. Dessen Effizienz ist allerdings noch gering. Es ist zu erwarten, dass sich die noch junge Methode der In-vitro-Maturation langfristig zu einer sinnvollen Ergänzung der konventionellen assistierten Reproduktion entwickeln wird.

Abstract

Purpose: The development of new methods for follicle aspiration in combination with innovative culture techniques for immature oocytes (in-vitro maturation, IVM) offers interesting perspectives for assisted reproduction. IVM aims at maturing oocytes from the germinal vesicle stage to the metaphase II stage in vitro, avoiding intensive ovarian hyperstimulation. This new technique was established and evaluated in a feasibility study at the Department of Obstetrics and Gynecology of the University Hospital of Lübeck. Material and Methods: The study population was treated in accordance with a uniform protocol with low dose FSH priming and ovulation induction until the leading follicle reached a diameter between 10 - 12 mm. All antral follicles were aspirated using high resolution ultrasound. Retrieved cumulus-enclosed oocytes were matured for 24 - 32 hours in vitro and fertilized by intracytoplasmic sperm injection (ICSI). If available 3 embryos were transferred and a combined estradiol plus progesterone scheme was administered for luteal phase substitution. Serum hCG was determined 12 to 14 days later. A neuropediatric follow-up of all children born was part of the study. Results: A total of 81 follicle aspirations was performed in 77 patients with a mean age of 34.3 ± 4.8 years. A mean of 8.9 ± 6.1 oocytes was retrieved per aspiration. The maturation rate was 56.0 %; regular fertilization occurred in 45 %. An embryo transfer was performed in 57 cases (70.3 %). 7 clinical pregnancies were obtained, one ended as an early abortion in the 9th gestational week. The first German IVM birth derives from this study population. Conclusion: The data confirms the feasibility of IVM - however its efficacy is still low. In the long term it is expected that IVM will become an additional option in conventional assisted reproduction.

Literatur

Dr. med. Sören von Otte

Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Bereich für Reproduktionsmedizin und gynäkologische Endokrinologie
Universität Schleswig-Holstein, Campus Lübeck

Ratzeburger Allee 160

23538 Lübeck

Email: svonotte@gmx.de