Christhild Wulle zum 70. Geburtstag

Christhild Wulle

Die einzige weibliche Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie hat ihren 70. Geburtstag gefeiert. Christhild Wulle wurde am 3. November 1936 in Berlin geboren, wo sie auch nach der Scheidung der Eltern bei der Mutter, die Ärztin war, aufwuchs.

Das Haus in Berlin-Charlottenburg wurde bei einem Bombenangriff im November 1943 zerstört. Auch das Haus, in dem sie danach untergekommen war, wurde 1944 durch eine Bombe zerstört, wobei der Hausherr getötet wurde. Die nächste Unterkunft, ein Behelfsheim am Griebnitzsee zwischen Berlin und Potsdam, musste aufgegeben werden, da die inzwischen eingerückten Russen dort eine Zeltstadt errichteten. Sie wechselten sich mit den Amerikanern ab, sodass viel Unruhe entstand. Im September 1945 begleitete die Mutter eine Kindererholungsfahrt nach Ostfriesland und packte Christhild und ihren Bruder kurzentschlossen dazu. Nach einigen Zwischenstationen gelang es der Mutter, die zunächst keine Niederlassungsgenehmigung erhielt, in Aurich wieder ein Behelfsheim aufzubauen. Dort hatte die kleine Familie einen Gemüsegarten, einige Hühner, ein „hinkendes“ Schwein und eine Ziege. 1949 erhielt die Mutter eine Anstellung als Vertrauensärztin, sodass sie nach Düsseldorf umzogen, wo Christhild 1956 das Abitur ablegte. (Die Schilderung des bisherigen Lebens sei eigentlich eine Laudatio auf die Mutter, wie Christhild selbst schrieb.)

Das Medizinstudium absolvierte Christhild Wulle von 1956 bis 1961 an den Universitäten Frankfurt, München, Freiburg und Innsbruck.

Die Approbation folgte der Promotion erst nach der zweijährigen Medizinalassistentenzeit im Januar 1964. Ihre Ausbildung in der Plastischen Chirurgie am Marienhospital in Stuttgart unter Prof. Dr. Dr. Eduard Schmid, Prof. Dr. Dr. Heinz Reichert und Prof. Dr. Dr. Werner Widmaier von 1964 bis 1971 wurde unterbrochen durch zusätzliche Ausbildungen in Anästhesie, Orthopädie, Mikrochirurgie (bei Prof. Claude Verdan) sowie je einem Jahr bei Prof. Dr. Fritz-Eduard Müller in Bochum und Prof. Dr. Paul Wilflingseder in Innsbruck. Während der Weiterbildung in Allgemeiner Chirurgie und Handchirurgie durch Prof. Dr. Albrecht Wilhelm in Aschaffenburg von 1971 bis 1975 besuchte sie mehrere Spezialkliniken in Deutschland und im europäischen Ausland. 1973 wurde sie Fachärztin für Chirurgie und erhielt 1978 die Teilgebietsbezeichnung (1993 den Facharzttitel) für Plastische Chirurgie sowie 1993 die Bereichsbezeichnung Handchirurgie.

Ende 1975 begann der Aufbau der Abteilung für Handchirurgie und Plastische Chirurgie an den Kliniken Dr. Erler in Nürnberg, die sie bis März 2000 leitete. 1979 war Dr. Rolf Martin als gleichrangiger Plastischer Chirurg hinzugekommen. Die zunehmende Bürokratie und die ständigen Schwierigkeiten mit der Kassenärztlichen Vereinigung führten im März 2000 zur Aufgabe dieser Tätigkeit und zur Fortsetzung handchirurgischer Arbeit an der Euromed Clinic in Fürth bis August 2003. Bis Ende 2003 führte sie noch ambulante Operationen in Nürnberg aus, danach noch eine Gutachtertätigkeit.

Obwohl sie alle Bereiche der Handchirurgie abdeckte, waren die „Lieblingsgebiete“ von Christhild Wulle die Nervenkompressionssyndrome, die Daumensattelgelenkarthrose, die Dupuytren-Erkrankung und die Beugesehnenverletzungen. Sie hat 62 wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht, viele Vorträge gehalten und Kurse veranstaltet. In vielen deutschen und europäischen Gesellschaften für Handchirurgie und Plastische Chirurgie war sie Mitglied. Besonders engagiert hat sie sich in der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie, deren Präsidentin sie 1996/1997 war. Sie hat in dieser Position viele Projekte verfolgt, die leider mehrfach nicht zu greifbaren Ergebnissen führen konnten. 2006 wurde sie zum Ehrenmitglied ernannt. Neben der Medizin ist sie sehr an Kunst interessiert und reist häufig auf ihrer Vespa in die schöne Umgebung Nürnbergs.

Dieter Buck-Gramcko, Hamburg