Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-2007-1022649
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Brasilien - Verschiebung des Übertragungsmodus der Chagas-Krankheit
Publication History
Publication Date:
18 January 2008 (online)
- Infektion durch Fruchtsäfte
- Australische Gesundheitsbehörden warnen vor dem Ross-River-Fieber
- Erneuter Ausbruch des Rift-Valley-Fiebers in Kenia
- Affenpocken in der Republik Kongo
- Erste Isolierung von Rickettsia conorii in Indien
- Schistosomiasis-Fälle bei Touristen in Tansania
In den brasilianischen Regionen Para, Amazonas und Amapa ist es in den letzten 15 Monaten zu 15 Ausbrüchen der Chagas-Krankheit (Trypanosomiasis) gekommen. Allein im August 2007 erkrankten in der Region Para (in den Orten Breves und Abaetetuba) 15 Menschen, wobei ein Todesfall auftrat. Die PAHO ("Pan American Health Organization") deklarierte Brasilien im Juni 2006 als frei von der normalerweise meist durch Insekten übertragenen Chagas-Krankheit. Das Besondere in diesem Zusammenhang ist, dass die in Brasilien seit 2006 weiterhin aufgetretenen Infektionen nicht durch Insekten übertragen wurden, sondern durch Lebensmittelaufnahme zustande kamen.
#Infektion durch Fruchtsäfte
Durch das Trinken von verschiedenen Fruchtsäften infizierten sich in Brasilien seit Juni 2006 116 Menschen. Als häufige Infektionsquellen haben sich hierbei beispielsweise Zuckerrohrjuice ("garapa") und die Fruchtsäfte der Acai-Palme (Kohlpalme; Euterpe oleracea, auch Jucara-Palme oder Assaipalme genannt) und der als Bacaba bezeichneten Palme Oenocarpus bacaba (auch bacaba açu, bacaba-de-leque und bacaba verdadeira genannt) erwiesen. In und an diesen Palmen leben teilweise auch die Vektoren der Chagas-Krankheit. Von 1968 bis 2005 traten in Brasilien landesweit durchschnittlich pro Jahr nur zwölf Fälle der Chagas-Krankheit auf, die durch Nahrungsmittelaufnahme zustande kamen. Die Dunkelziffer ist hier wohl sehr hoch (zirka 20-mal höher).
Es scheint zurzeit, als ob die Übertragung von Trypanosoma cruzi mit der Nahrung nicht so selten ist, wie bisher angenommen wurde. Obwohl Brasilien seit Juni 2006 frei von der urban übertragenen Chagas-Krankheit ist, bleibt das Problem der im Dschungel lebenden Vektoren. Normalerweise kommt es zur Übertragung der Erreger (Trypanosoma cruzi) durch Einreiben von erregerhaltigem Kot in die Haut oder Schleimhaut, insbesondere im Bereich der Augen oder infolge von Juckreiz und Kratzen an der Einstichstelle der Raubwanze. Potenzielle Vektoren sind im Allgemeinen Raubwanzen der Gattungen Triatoma, Rhodnius und Panstrongylus, zum Beispiel Panstrongylus megistus ("barbeiros", reduvida bug oder auch Triatomid kissing bugs genannt).
Dr. med. Raymund Lösch und
Dr. rer. nat. Mirko Dreßler, Bad Doberan
Quellen: promed, PAHO, CDC
#Australische Gesundheitsbehörden warnen vor dem Ross-River-Fieber
Australische Gesundheitsbehörden warnten Ende September 2007 vor dem Ross-River-Fieber (epidemische Polyarthritis) in der Region Queensland, da ungewöhnlich viele Mücken vorhanden sind und auch die Fallzahlen deutlich höher sind als gewöhnlich (insgesamt 300 % mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres). Normalerweise tritt das Ross-River-Fieber hauptsächlich im tropischen Norden Australiens auf, zurzeit häufen sich aber auch in anderen australischen Regionen die Fälle. Beispielsweise traten in der Region Brisbane in den letzten Wochen 450 % mehr Erkrankungen auf als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Epidemien des Ross-River-Fiebers sind in Australien mindestens seit 1927 bekannt. Der durch Moskitos (Gattungen Aedes, Culex und Mansonia) übertragene Erreger (Gattung Alphavirus, Familie Togaviridae) wurde erstmals im Jahr 1963 isoliert. Das Ross-River-Virus ist in Australien in fast allen Küstenregionen endemisch. Seit den Achtzigerjahren kam es jedoch zu einer Ausbreitung der Infektion auf viele Inseln im Südpazifik. Die Erkrankung endet beim Menschen gewöhnlich nicht tödlich und es sind auch keine Spätfolgen zu erwarten, die Symptome können aber, besonders die Arthritis, mehrere Monate anhalten. Quellen: promed, DRTM |
Erneuter Ausbruch des Rift-Valley-Fiebers in Kenia
In Kenia ist es im September 2007 zum Ausbruch des Rift-Valley-Fiebers gekommen, wobei mindestens zwei Menschen verstarben. Betroffen ist der Distrikt Nakuru. Drei weitere Verdachtsfälle, die tödlich endeten, traten in der Region Molo auf. Genaue Fallzahlen stehen momentan nicht zur Verfügung. Bereits Ende 2006 und Anfang 2007 hat es einen Ausbruch des Rift-Valley-Fiebers in Kenia (ebenso wie in den benachbarten Ländern Tansania und Somalia) gegeben, wobei allein in Kenia mehr als 600 Menschen erkrankten und 155 verstarben. Als Ursache für den vergangenen Ausbruch in Kenia, Tansania und Somalia wurden Überschwemmungen (Oktober bis Dezember 2006) in den betroffenen Gebieten nachgewiesen. Auch im September 2007 kam es in Kenia zu heftigen Überschwemmungen. Die infizierten Eier der übertragenden Moskitos werden häufig auf trockengefallene Uferbereiche von Flüssen gelegt. Dort können sie mehrere Jahre überdauern bis es zu neuerlichen Überflutungen kommt. Quelle: promed, DRTM |
Affenpocken in der Republik Kongo
In der Republik Kongo sind in diesem Jahr bisher mindestens 62 Menschen an den humanen Affenpocken erkrankt. Die Fälle traten hauptsächlich im Norden der Region Likouala in verschiedenen Orten auf, die am Fluss Oubangui liegen (im Grenzgebiet zur Demokratischen Republik Kongo und zur Zentralafrikanischen Republik). Die meisten der Erkrankten sind Flüchtlinge aus der Demokratischen Republik Kongo. Ob diese die Infektion eingeschleppt haben oder sich in der Republik Kongo infizierten, ist zurzeit nicht klar. Bei den Affenpocken handelt es sich vordergründig um eine Zoonose. Die Erreger konnten in der Vergangenheit in verschiedenen Nagetieren und seltener auch in Primaten in West- und Zentralafrika nachgewiesen werden. Nagetiere sind hierbei das Hauptreservoir (z. B. die Gattungen Cricetomys, Funisciuris und Graphiuris). Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch Kontakt zu infizierten Tieren aber auch von Mensch zu Mensch. Seit den Siebzigerjahren steigt die Zahl der humanen Erkrankungen aufgrund der Affenpocken in Zentralafrika stetig an. Quelle: promed |
Erste Isolierung von Rickettsia conorii in Indien
Als Erreger für den Ausbruch einer fieberhaften Erkrankung in dem indischen Ort Deol (Region Baijnath Tehsil, Himachal Pradesh) wurde im Juli 2007 Rickettsia conorii, der Erreger des sogenannten indischen Zeckenbissfiebers ("Indian tick typhus"), durch Laboruntersuchungen nachgewiesen. Zu den Infektionen kam es durch Stiche von Zecken, die in dieser Region verbreitet sind. Es handelt sich bei diesem Auftreten des Zeckenbissfiebers als Erkrankung beim Menschen um den ersten Nachweis dieser Infektion in Indien überhaupt. Die Betroffenen wurden mit Doxycyclin behandelt und sprachen gut darauf an. Zu Todesfällen kam es nicht. Obwohl das indische Zeckenbissfieber in seiner klinischen Erscheinung schon seit Längerem bekannt ist, konnte der Erreger bisher nicht von Patienten in Indien isoliert werden. Im Jahre 1950 wurde in Indien aus einer Hundezecke (Rhipicephalus sanguineus) eine Rickettsia-Spezies isoliert, die für den Erreger des indischen Zeckenbissfiebers gehalten wurde. Hierbei handelte es sich um Rickettsia conorii, die auch als Erreger des "Mediterranean spotted fever" bekannte Spezies, die im gesamten Mittelmeerraum vorkommt und durch Zecken übertragen wird. Obwohl sie durch den gleichen Erreger hervorgerufen werden, unterscheiden sich das indische Zeckenbissfieber und das "Mediterranean spotted fever" in ihrer klinischen Erscheinung voneinander. Dies ist möglicherweise im Auftreten verschiedener Serotypen der Erreger begründet. R. conorii besitzt vier verschiedene Serotypen mit drei Subtypen bekannt aus Frankreich, Portugal, Nordafrika, Kenia und Marokko: R. conorii Indian tick typhus; R. conorii Astrachan und R. conorii Israel. Quellen: promed, CDC, DRTM |
Schistosomiasis-Fälle bei Touristen in Tansania
In den letzten Wochen sind gehäuft Touristen an der Schistosomiasis erkrankt, die zuvor in Tansania in einem kleinen künstlich hergestellten Badeteich in einem Hotel am Lake Eyasi gebadet haben. So erkrankten beispielsweise 23 Personen einer 25-köpfigen israelischen Reisegruppe. Alle 25 untersuchten Personen badeten in dem kontaminierten Gewässer, 23 davon wurden positiv auf Schistosoma mansoni getestet. Jedoch waren zwei von diesen 23 weiterhin positiv auf S. haematobium (Co-Infektionen). Von den 23 positiv getesteten entwickelten 17 Symptome. Weitere Fälle sind in diesem Zusammenhang bekannt geworden, einer davon auch in Deutschland. Möglicherweise haben sich weitere Touristen infiziert. Viele der Infektionen verlaufen asymptomatisch. Es sollten alle Personen, die in dem betroffenen Hotel am Lake Eyasi waren und in dem Teich badeten, auf Schistosomiasis untersucht werden, besonders die mit bisher nicht näher charakterisieren Symptomen. Das verantwortliche Gewässer wurde mittlerweile zum Baden gesperrt. Quellen: promed, PAHO, CDC Dr. med. Raymund Lösch und Dr. rer. nat. Mirko Dreßler, Bad Doberan |