Auch wenn inzwischen bei vielen Patienten mit Atherosklerose die Errungenschaften
der modernen antithrombotischen Therapie eingesetzt werden und Früchte tragen, noch
sind nicht alle Betroffenen ausreichend versorgt. Besonders bedroht sind Patienten
mit Manifestationen in mehreren Gefäßgebieten - und das waren vor zehn Jahren, so
die Daten der CAPRIE[1]-Studie, immerhin etwa ein Viertel, genauer 26 %, der Betroffenen. Die neuen Daten
des weltweiten REACH[2]-Registers schätzen den Anteil der Patienten mit polyvaskulärer Erkrankung auf 16
%.
Unter den deutschen Patienten im REACH-Register fand sich ein Anteil von 3,9 % mit
einer Atherosklerose in allen drei wichtigen Gefäßgebieten, Patienten also, die neben
einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) auch eine koronare Herzkrankheit
(KHK) und gleichzeitig eine zerebrovaskuläre Erkrankung aufwiesen, führte Prof. Uwe
Zeymer, Ludwigshafen, aus. Diese Gruppe war im deutschen Subkollektiv übrigens dreimal
größer als im Gesamtkollektiv. Und das ist nicht zu unterschätzen, denn die Mortalität
der Patienten nimmt mit der Zahl der Atherosklerosemanifestationen zu.
Aktiv nach einer PAVK suchen
Aktiv nach einer PAVK suchen
Eine besonders schlechte Prognose haben Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit
- vor allem aufgrund ihrer hohen kardiovaskulären Ereignisrate. Diese betrug im REACH-Register
fast 20 % pro Jahr. Daten des ACOS[3]-Registers zeigen, dass PAVK-Patienten auch nach einem akuten Koronarereignis schlechtere
Karten haben als Patienten ohne peripheren Gefäßbefall (Abb. [1]).
Abb. 1 Ereignisse bei KHK-Patienten nach stattgehabtem akuten Koronarsyndrom
Wenn man sucht, findet man bei 11 % aller KHK-Patienten auch eine Karotisstenose,
bei 8-9 % eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (Knöchel-Arm-Index (ABI) <
0,9). Diese Zusatzerkrankungen sind allerdings bei der Hälfte der Männer und bei zwei
Dritteln der Frauen gar nicht bekannt, warnte Zeymer. "Wir unterschätzen den Gefäßbefall",
so der Kardiologe. Prof. Curt Diehm, Karlsbad, betonte ebenfalls, dass "die PAVK keine
Atherosklerosemanifestation zweiter Klasse" sei. Dennoch suchen nur 10-50% der Betroffenen
jemals einen Arzt auf, unter anderem, weil nur jeder zehnte PAVK-Patient auch Symptome
zeigt.
In der Überlebenswahrscheinlichkeit unterschieden sich symptomatische und asymptomatische
PAVK-Patienten in der getABI-Studie[4] allerdings kaum, so Diehm. Vielmehr hing das Überleben eindeutig von der Höhe des
Knöchel-Arm-Index ab. Daher der Rat der Experten: Nach einer PAVK muss man bei Gefäßpatienten
im klinischen Alltag aktiv suchen.
PAVK zweitklassig behandelt
PAVK zweitklassig behandelt
Doch damit nicht genug. Leider wird die PAVK wie eine Krankheit zweiter Klasse behandelt,
wie ebenfalls aus der getABI-Studie hervorgeht: Thrombozytenfunktionshemmer zum Beispiel
erhielten zwar rund drei Viertel der Patienten mit zerebrovaskulärer Erkrankung oder
koronarer Herzerkrankung, aber nur etwas über 50 % der PAVK-Patienten. Noch schlechter
sah die Versorgung mit CSE-Hemmern und Betablockern aus.
Alle Substanzen gehören jedoch selbstverständlich zur Sekundärprävention - und zwar
für asymptomatische PAVK-Patienten gleichermaßen wie für symptomatische. Patienten
mit Atherosklerose in drei Gefäßgebieten sollten zudem eine duale Plättchenhemmung
mit Clopidogrel (z.B. Iscover®) plus Acetylsalicylsäure (ASS) erhalten. Aber auch
das bekommt nur etwa jeder Zweite.
Facetten der antithrombozytären Therapie
Facetten der antithrombozytären Therapie
Die Antithrombotikatherapie beim akuten Koronarsyndrom (ACS) wird immer weiter optimiert,
spann Prof. Harald Darius, Berlin, den Faden weiter. "ASS ist ein gesetzter Spieler
in der ACS-Therapie", so der Kardiologe. Clopidogrel senkt die Ereignisrate nach akutem
Koronarsyndrom ebenfalls signifikant und zwar kurzfristig (30 Tage) um 21 % und langfristig
(ein Jahr) um 18 %, wie die Daten der CURE[5]-Studie dokumentieren. Der Effekt war dabei unabhängig von der Art der akuten Therapiestrategie.
Im Rahmen einer perkutanen Intervention kann eine Vorbehandlung der ACS-Patienten
mit einem Clopidogrelbolus die kumulative Ereignisrate innerhalb von 30 Tagen signifikant
senken, so eine aktuelle Studie von Szuk et al. Es gibt auch Hinweise darauf, dass
ein Bolus von 600 mg die Plättchenfunktion noch etwa vier Stunden länger hemmt als
300 mg. In der CURRENT-OASIS-7[6]-Studie werden deshalb jetzt ein Hochdosis- und ein Normaldosis-Regime bei Patienten
mit Nicht-ST-Elevationsinfarkt (NSTEMI) und instabiler Angina pectoris verglichen,
die für eine Intervention in den ersten 24 Stunden vorgesehen sind.
Dr. Angelika Bischoff, München
Quelle: Wissenschaftliches Symposium "Atherothrombose als generalisiertes Krankheitsbild"
auf der 31. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, veranstaltet
von der Bristol-Myers Squibb GmbH, München