Diabetes aktuell 2007; 5(6): 269-270
DOI: 10.1055/s-2007-1019479
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Aus der Forschung in die klinische Praxis - Physiologische Blutzuckerregulation mit Sitagliptin

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Prof. Dr. med. Baptist Gallwitz

Med. Klinik IV der Eberhard-Karls-Universität

Otfried-Müller-Str. 10

72076 Tübingen

Email: baptist.gallwitz@med.uni-tuebingen.de

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Publication Date:
18 January 2008 (online)

 
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Baptist Gallwitz, Medizinische Klinik IV der Eberhard-Karls-Universität Tübingen

Der erste zur Behandlung des Typ-2-Diabetes zur Verfügung stehende Inhibitor des Enzyms Dipeptidyl-Peptidase-4 (DPP-4) war das Sitagliptin. Sitagliptin hemmt den Abbau der Inkretinhormone Glucagon-Like-Peptide-1 (GLP-1) und Glucose-dependent Insulinotropic Peptide (GIP) und verstärkt so die Wirkung der physiologischen Inkretine. Der DPP-4-Hemmer führt zu einer Senkung der Plasmaglukosewerte nüchtern und postprandial sowie der HbA1C-Werte.

Wirkmechanismusbedingt verursacht Sitagliptin keine Hypoglykämien und hat weitere Effekte, die bei der Behandlung des Typ-2-Diabetes erwünscht sind: Es hemmt die Glukagonsekretion und trägt so zur Verminderung der hepatischen Gukoseproduktion bei. Die Behandlung ist gewichtsneutral. Ferner lässt sich unter Sitagliptin eine Verbesserung von Parametern der Betazellfunktion beobachten.

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Umfangreiches klinisches Studienprogramm

Seine Wirksamkeit und Verträglichkeit hat Sitagliptin in einem umfangreichen klinischen Forschungsprogramm unter Beweis gestellt. Dieses umfasste u. a. Studien zur Monotherapie, zur Kombinationstherapie mit Metformin und mit Pioglitazon sowie eine 52-Wochen Vergleichsstudie mit dem Sulfonylharnstoff Glipizid, jeweils in Kombination mit Metformin.

Wie für andere orale Antidiabetika bekannt, ist die Stärke der Blutzuckersenkung durch Sitagliptin von der Höhe des HbA1C-Ausgangswertes anhängig. In einer Monotherapiestudie über 24 Wochen sank der HbA1C von einem durchschnittlichen Ausgangswert von 8 % um 0,79 %. In einer Subgruppenanalyse für Patienten mit einem HbA1C-Ausgangswert ≥ 9 % wurde eine Absenkung um im Mittel 1,5 % erzielt (Abb. [2]).

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Abb. 2 Sitagliptin bewirkt HbA1C-Senkung

In Studien zur Kombinationstherapie mit Metformin (Abb. [3]) oder Pioglitazon erwies sich der DPP-4-Hemmer als wirkstarkes und gut verträgliches additives Antidiabetikum. Im Vergleich zu Placebo kam es unter Sitagliptin zu einer weiteren signifikanten Senkung der HbA1C-Werte sowie zu einer Verbesserung der Nüchternplasmaglukosewerte und der postprandialen Glukosekonzentrationen. Die Zahl der Patienten auf HbA1C-Zielwert konnte mit Sitagliptin in etwa verdoppelt werden. Darüber hinaus ließ sich eine Verbesserung von Messgrößen der Betazellfunktion nachweisen: Die HOMA-β-Werte waren unter Sitagliptin im Placebovergleich signifikant erhöht und die Proinsulin/Insulin-Verhältnisse signifikant vermindert. Die Häufigkeit von Hypoglykämien lag unter dem DPP-4-Inhibitor auf Placeboniveau. Die Behandlung mit Sitagliptin erwies sich als gewichtsneutral mit einer vergleichbaren Gewichtsentwicklung wie in der Placebogruppe.

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Abb. 3 Zusätzliche Senkung des HbA1C durch Sitagliptin in Kombination mit Metformin

In einer Vergleichsstudie wurden 1172 Patienten mit unzureichender Blutzuckerkontrolle unter Metformin über 52 Wochen zusätzlich entweder einmal täglich mit 100 mg Sitagliptin oder mit bis zu 20 mg des Sulfonylharnstoffs Glipizid behandelt. Der mittlere HbA1C-Wert lag zu Studienbeginn bei mäßig erhöhten 7,5 %. Beide Vergleichssubstanzen zeigten eine ähnlich gute Wirksamkeit mit einer durchschnittlichen zusätzlichen Senkung der HbA1C-Werte um 0,7 %. Patienten mit einem Ausgangswert ≥ 9 % zeigten eine HbA1C-Absenkung um etwa 1,7 %. In beiden Studienarmen erreichten 29 % der Patienten einen HbA1C-Zielwert von < 6,5 %.

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Deutliche Vorteile bei der Verträglichkeit und beim Gewicht

Deutliche Vorteile zeigte die Behandlung mit Sitagliptin hinsichtlich der Verträglichkeit. Unter Sitagliptin trat im Beobachtungszeitraum nur bei 4,9 % der Patienten mindestens ein Hypoglykämieereignis auf, unter Glipizid bei 32,0 % (p < 0,001). Im Körpergewicht unterschieden sich die Vergleichsgruppen nach 52 Wochen Therapiedauer um etwa 2,5 kg (p < 0,001), wobei die Patienten unter Sitagliptin im Durchschnitt 1,5 kg abnahmen.

Tierexperimentell zeigte Sitagliptin vorteilhafte Effekte auf die Entwicklung der Betazellmasse und der Inselzellarchitektur. Beim Menschen ist dies bisher noch nicht nachgewiesen worden.

Sitagliptin (Januvia®) ist zur Behandlung des Typ-2-Diabetes in Kombination mit Metformin oder einem Glitazon zugelassen, wenn durch Diät und Bewegung in Kombination mit Metformin oder dem Glitazon keine ausreichende Kontrolle des Blutzuckerspiegels erzielt werden konnte.

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Prof. Dr. med. Baptist Gallwitz

Med. Klinik IV der Eberhard-Karls-Universität

Otfried-Müller-Str. 10

72076 Tübingen

Email: baptist.gallwitz@med.uni-tuebingen.de

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Prof. Dr. med. Baptist Gallwitz

Med. Klinik IV der Eberhard-Karls-Universität

Otfried-Müller-Str. 10

72076 Tübingen

Email: baptist.gallwitz@med.uni-tuebingen.de

 
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Baptist Gallwitz, Medizinische Klinik IV der Eberhard-Karls-Universität Tübingen

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Abb. 2 Sitagliptin bewirkt HbA1C-Senkung

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Abb. 3 Zusätzliche Senkung des HbA1C durch Sitagliptin in Kombination mit Metformin