Health-Care Costs Associated with Amputation or Reconstruction of a Limb-Threatening
Injury. J Bone Joint Surg Am 2007; 89: 1685-1692
Einleitung
Einleitung
Die Behandlung komplexer Frakturen mit ausgedehntem Weichteilschaden an der unteren
Extremität stellt eine chirurgisch aufwändige und anspruchsvolle, für den Patienten
zeitintensive und Geduld erprobende Situation dar. Lässt man das grundsätzliche Recht
auf Respekt der körperlichen Integrität des Patienten außen vor und fragt nach den
Kosten, welche bei einer Extremität erhaltenden Behandlung im Vergleich zu einer verletzungsgerechten
Amputation entstehen, ist man je nach persönlicher Erfahrung und Vertrautheit mit
der Studienlage geneigt, beide Therapieoptionen als gleichrangig oder die Amputation
als unter Umständen vorteilhaft anzusehen. In der hier vorgestellten Arbeit wird der
Versuch unternommen der Vielschichtigkeit dieser Fragestellung in einer komplexen
statistischen Analyse gerecht zu werden.
Material und Methode
Material und Methode
Anhand der Behandlungsverläufe von 545 Patienten (384 Rekonstruktionen, 161 Amputationen)
mit einer einseitigen, die Vitalität der unteren Extremität bedrohenden Verletzung,
wurde aus dokumentierten Behandlungskosten die finanzielle 2-Jahres-Belastung und
die Belastung auf Lebenszeit geschätzt. Dabei wurden die komplette akute stationäre
Behandlung auch mehrzeitig, sämtliche Rehabilitationsmaßnahmen, die ambulante ärztliche
Betreuung sowie die Prothesenversorgung berücksichtigt. In der Publikation werden
inhaltliche Überlegungen zu den einzelnen Posten dargelegt, sowie die statistische
Berechnung der verwendeten Durchschnittswerte bei unvollständiger Kostendokumentation
in einigen Fällen verständlich erläutert. Die Herangehensweise zur Abschätzung der
finanziellen Belastung auf Lebenszeit für beide Behandlungsoptionen orientiert sich
an objektiven nachvollziehbaren Kriterien. Die Abschätzung der Lebenserwartung (USA,
2003), die Hochrechnung der Frequenz regelmäßiger stationärer und ambulanter Behandlung,
sowie die geschätzte Preisentwicklung in der Prothesenversorgung waren Basis zur Beurteilung
der Langzeitbelastung. Indirekte Veränderungen mit finanzieller Auswirkung wie Einkommensverluste,
Kosten für Umbau der Häuslichkeit sowie die primäre medikamentöse Behandlung und sekundäre
Erkrankungen sowie deren Therapie wurden nicht berücksichtigt.
Ergebnisse
Ergebnisse
Sowohl bei der 2-Jahres-Belastung als auch bei der Langzeitbelastung sind die Kosten
für die untere Extremität erhaltende Behandlung ($ 81,316 und $ 163,282) niedriger
verglichen mit der verletzungsgerechten Amputation ($91,105 und $509,275). Die rekonstruktive
Behandlung von Verletzungen der distalen Tibia ("Pilon") und des Tibiaschaftes sowie
Amputationen oberhalb des Kniegelenkes waren die aufwändigsten und kostenintensivsten
Therapieverfahren.
Kommentar
Kommentar
Zum grundsätzlichen Vorgehen eine Extremitäten erhaltende Behandlung auch bei schweren
Verletzungen der unteren Extremität anzustreben besteht sicher weitestgehend Einigkeit.
Im individuellen Fall kann das chirurgische Abwägen zwischen beiden Behandlungsformen
(Amputation und Rekonstruktion) schwierig sein. Zunehmend wird die chirurgische Behandlung
auch unter ökonomischen Gesichtspunkten betrachtet, was möglicherweise zur Zurückhaltung
bei anfangs sehr aufwändigen und kostenintensiven Behandlungsformen führen kann. Aus
diesem Grunde sind die Ergebnisse der Untersuchung besonders ermunternd, bleibt doch
nach den vorliegenden Erkenntnissen die Entscheidung über Rekonstruktion oder Amputation
in der Hand von Patienten und Chirurgen. Beide Verfahren sind kostenintensiv und die
Amputation bietet keinen ökonomischen Vorteil. Auch wenn die allumfassende Analyse
von Kosten zur unteren Extremität erhaltenden- und entsprechenden Amputationsbehandlung
schwierig bis unmöglich scheint und sicher Unterschiede im Gesundheitssystem der USA
und der EU-Länder bestehen, werden doch die offensichtlichen Vorteile einer rekonstruktiven
Behandlung verdeutlicht und um das Argument der Kostenoptimierung ergänzt.
Dr. med. Albrecht Dietze
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Dr. med. Albrecht Dietze
Chirurgische Klinik und Poliklinik der Universität Rostock
Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie