Pneumologie 2008; 62(1): 3-4
DOI: 10.1055/s-2007-1012578
Pneumo-Fokus

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Lungentransplantation - Transplantation trotz Blutgruppenunverträglichkeit gelungen

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Publikationsdatum:
25. Januar 2008 (online)

 
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Zum ersten Mal weltweit haben Chirurgen einer Patientin erfolgreich eine Lunge bei einer geplanten Operation transplantiert, obwohl die Blutgruppe der Empfängerin und die Blutgruppe des Spenders nicht übereinstimmten. Die 21-jährige Patientin hätte ohne diese Transplantation keine Überlebenschance gehabt. "Wir sind mit dem Ergebnis der Operation sehr zufrieden", sagte Prof. Martin Strüber, Leitender Oberarzt in der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie an der medizinischen Hochschule Hannover (MHH), der mit seinem Team die Operation durchgeführt hat.

Ihre Lebenserwartung lag bei wenigen Tagen

Die Patientin hat die Operation gut überstanden und befindet sich in der Rehabilitation. Sie leidet an Mukoviszidose und musste wegen eines schweren Infektes der Lunge auf der Intensivstation einer anderen Universitätsklinik künstlich beatmet werden.

"Durch plötzlich auftretende Komplikationen bei der künstlichen Beatmung geriet die Patientin innerhalb weniger Tage in akute Lebensgefahr", erklärte Strüber. "Ihre Lebenserwartung lag nach unserer Einschätzung bei wenigen Tagen." In dieser Situation wurde eine Spenderlunge mit der seltenen Blutgruppe AB angeboten - doch für den vorgesehenen Empfänger kam die Lunge nicht in Frage. Es gab darüber hinaus auch keinen anderen passenden Empfänger.

Die Ärzte entschlossen sich, der Patientin 2 Lungenlappen des Organs zu transplantieren, obwohl sie selbst die Blutgruppe 0 hat. "Eigentlich ist das die maximale Unverträglichkeit", erläuterte Strüber.

Immunabsorption ermöglichte Operation

Durch Immunabsorption wurde eine Transplantation möglich. "Nach der Transplantation kann die Patientin ein weitgehend normales Leben führen und auch Sport treiben", sagte Pneumologe Dr. Jens Gottlieb. "Vorsichtsmaßnahmen zur Verhütung von Infektionen sind wegen der intensiv die körpereigene Abwehr hemmenden Medikamente aber notwendig." In diesem besonderen Fall würden zudem regelmäßige Proben aus der transplantierten Lunge entnommen, um eine Abstoßung des Organs frühzeitig erkennen und behandeln zu können. "Bisher ist die gemessene Organfunktion aber stabil und wir haben in der Nachsorge keine Probleme festgestellt", ergänzte Dr. Gottlieb.

Klare Richtlinien vom Gesetzgeber gefordert

"Mit der erfolgreichen Transplantation einer Lunge bei Unverträglichkeit der Blutgruppen haben wir weltweit einen Präzedenzfall geschaffen", betonte Prof. Axel Haverich, Direktor der Klinik. Das Transplantationsgesetz erlaubt zwar grundsätzlich diese Art der Transplantation, weil es aber im Fall einer Spenderlunge noch nie vorgekommen ist, war die Umsetzung sehr zeitaufwendig. "Wir wünschen uns, dass es von Seiten der Kommission der Bundesärztekammer eine neue Richtlinie gibt, um das Verfahren zu vereinfachen. Sobald nach sorgfältiger Prüfung ausgeschlossen werden kann, dass es einen anderen passenden Empfänger gibt, sollte die Vermittlung an dringliche Patienten anderer Blutgruppen vorgenommen werden. Sollte sich dieser Erfolg bei anderen Patienten und im Langzeitergebnis bestätigen, hätte dies eine erhebliche Auswirkung auf die zukünftige Organvermittlung von Lungentransplantaten", sagte Haverich.

nach einer Mitteilung der Medizinischen Hochschule Hannover