Pneumologie 2006; 60(12): 734
DOI: 10.1055/s-2006-959053
Pneumo-Fokus

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

ARDS - Pulmonalarterienkatheter versus ZVK

Further Information

Publication History

Publication Date:
11 December 2006 (online)

 
Table of Contents

Eine Risiko-Nutzen-Analyse für die Anlage eines Pulmonalarterienkatheters bei der Behandlung des ARDS ist bisher nie erfolgt. In der hier vorgelegten multizentrischen, randomisierten Studie wurde erstmals das hämodynamische Management unter Verwendung eines Pulmonalarterienkatheters mit dem unter Verwendung eines zentralen Venenkatheters bei 1000 Patienten mit ARDS verglichen. N Eng J Med 2006; 354: 2213-2224

Im Vergleich zwischen Verwendung eines Pulmonalarterienkatheters (PAK) und der Verwendung eines zentralen Venenkatheters ( ZVK) unterschieden sich beide betrachteten Gruppen nicht hinsichtlich der Mortalität in den ersten 60 Tagen (PAK: 27,4%, ZVK: 26,3%, p = 0,69). Ebenso gab es keinen Unterschied bezüglich der beatmungsfreien Tage und der Tage auf Normalstation in den ersten 28 Tagen der Behandlung. Auch bei Patienten, bei denen zum Zeitpunkt des Einschlusses in die Studie ein Schock vorlag, ergab sich keine Verbesserung durch die Verwendung des PAK. Es unterschieden sich ebenso wenig die Lungen- und Nierenfunktion, die Blutdruckparameter, die Einstellungen der Beatmungsgeräte oder die Notwendigkeit von Dialyse und vasoaktiven Substanzen. Auch bezüglich der Flüssigkeitsbilanz und der Zahl der Anweisungen für Flüssigkeits- und Diuretikagabe ergaben sich keine Unterschiede. In der PAK-Gruppe kam es jedoch doppelt so häufig zu Katheter-assoziierten Komplikationen (v.a. Rhythmusstörungen).

Die Autoren folgern, dass es bei Verwendung eines PAK in der Therapie des ARDS keine Vorteile bezüglich des Überlebens oder der Organfunktionen gebe, es aber häufiger zu Komplikationen komme als bei Verwendung eines ZVK. Daher solle die Anlage eines PAK keine Routinemaßnahme bei der Behandlung des ARDS sein.

#

Bewertung

Dieser Artikel ist in eine Reihe von kürzlich veröffentlichten Untersuchungen einzuordnen, die auch für Patienten mit Herzinsuffizienz (ESCAPE-Trial, JAMA 2005: 294; 1625-1633) und für Hochrisiko-Operationen (Sandham JD et al. N Engl J Med 2003: 348; 5-14) keinen Vorteil bei der Verwendung eines PAK fanden. Allerdings waren in der vorliegenden Studie Patienten mit schwerer COPD, solche mit klinisch signifikanter pulmonaler Hypertension und Dialysepatienten ausgeschlossen, für die ein PAK im Management des ARDS auch weiterhin eine Rolle spielen wird. Außerdem ist der PAK weiter unentbehrlich bei der Diagnose und Therapie von angeborenen Herzfehlern, rechtsventrikulären Funktionsstörungen und der pulmonalen Hypertonie.

Referiert und bewertet von H. Biller, Freiburg