Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) starben im Winter 2004/2005 in Deutschland
zirka 20000 Menschen an Influenza. Dies übertrifft die Zahl der Verkehrstoten um das
Vierfache (ca. 5000 in 2005) und die Zahl der Todesfälle aufgrund anderer Infektionskrankheiten,
wie zum Beispiel AIDS (ca. 500 in 2005) um das 40-fache. Was die Influenza so gefährlich
macht: die Infektion bleibt nicht auf die Atemwege beschränkt, sondern kann auf andere
Organe übergreifen. Dies wird besonders bei Kindern deutlich, die einen weitaus schwereren
Krankheitsverlauf haben können: die Symptomatik unterscheidet sich zum Teil so stark
von der Erwachsener, dass eine sichere Diagnose erschwert wird.
Wie Prof. Dr. Heino Skopnik aus Worms bestätigt, sind Kinder von der jährlichen Influenza-Epidemie
besonders betroffen. Mit einer Infektionsrate von bis zu 30% erkranken sie etwa doppelt
so häufig wie Erwachsene. Insbesondere Kinder in den ersten zwei Lebensjahren sind
gefährdet, da sie zuvor häufig noch nie Kontakt zu Influenza-Viren hatten und oft
auch nicht gegen Influenza geimpft werden. Meist ist das infizierte Kind der erste
Patient in der Familie. Es ist deshalb als ein Risikofaktor für andere Familienangehörige
zu sehen, die auch zu einer Risikogruppe gehören, zum Beispiel ältere Menschen mit
Grunderkrankungen und jüngere Geschwister im Säuglingsalter, so der Chefarzt der Pädiatrischen
Abteilung am Stadtkrankenhaus Worms.
Grippe bei Kindern - Symptomatik und Diagnose
Grippe bei Kindern - Symptomatik und Diagnose
Das klinische Krankheitsbild der Influenza unterscheidet sich bei Säuglingen und Kleinkindern
mitunter stark von dem bei älteren Kindern und Erwachsenen. Bei Kindern beginnt die
Influenza meistens ganz plötzlich und drastisch. Oft beschreiben es die Eltern so:
"Das Kind wurde aus heiterem Himmel plötzlich schwer krank!" Fieber gehört fast immer
dazu. Typische Symptome sind außerdem: Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Reizhusten,
Müdigkeit und - im Gegensatz zu Erwachsenen - Bauchschmerzen. Weil der Krankheitsanfang
so typisch ist, hat die Anamnese zu Beginn der Erkrankung einen sehr hohen Stellenwert.
Bei vielen Kindern kommt es in Folge einer Grippe zu lebensbedrohenden Sekundärinfektionen
wie etwa einer Lungenentzündung, der Verschlechterung von bereits bestehendem Asthma
oder zu anderen Komplikationen, wie beispielsweise Fieberkrämpfen. "Eine weitere ernstzunehmende
Komplikation bei Grippe ist die Otitis media. Diese tritt bei bis zu 40% der jüngeren
Kinder auf, die mit dem Virus infiziert sind", erklärt PD Dr. Terho Heikkinen vom
finnischen Turku Hospital. "Sie kann Hörprobleme verursachen, die zu einer verzögerten
Sprachentwicklung führen - deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass bei Kindern
so bald wie möglich eine Behandlung gegen Grippe vorgenommen wird." Erst beim älteren
Kind verläuft die Influenza ähnlich wie beim Erwachsenen.
Die Diagnosestellung Influenza im Kindesalter wird zusätzlich erschwert durch vergleichbare
Krankheitsbilder, die durch andere Viren hervorgerufen werden. Zur Unterscheidung
müssen in diesen Fällen Schnelltests zum Influenza-Nachweis eingesetzt werden. Die
schnelle Diagnosestellung ist wichtig, um eine spezifische Therapie einzuleiten und
die Häufigkeit von Krankenhauseinweisungen und Verschreibung von Antibiotika nach
Möglichkeit zu vermeiden.
Risiken der Grippe für Kinder werden unterschätzt
Risiken der Grippe für Kinder werden unterschätzt
Die Wahrscheinlichkeit einer Grippeinfektion ist bei Kindern dreimal höher als bei
Erwachsenen. Dennoch werden die Risiken für Kinder unterschätzt. In dem 2003 veröffentlichten
Bericht "Grippe: Wissen wir genug? - Eine Studie zu den Auswirkungen der Grippe auf
Kinder" betonen führende Grippeexperten aus verschiedenen europäischen Ländern die
Notwendigkeit eines umfassenderen Verständnisses der Grippe bei Kindern. Der Bericht
zeigt eindrucksvoll die Auswirkungen einer Grippe im Kindesalter auf [1]. Außerdem stellt er die Ergebnisse einer Umfrage unter Klinikärzten vor. Danach
zeigen sich deutliche Unterschiede bezüglich der Einschätzung der Kliniker in verschiedenen
Ländern: Während 71% der Kinderärzte in Frankreich und Allgemeinärzte in Deutschland
in der Grippe eine ernst zu nehmende Bedrohung für die Gesundheit der Kinder sahen,
waren in Großbritannien 57% der Ansicht, dass sie kein ernsthaftes Problem darstelle.
Für Kliniker in allen drei Ländern hat die Grippe als Kinderkrankheit eine geringere
Bedeutung als Asthma, Allergien und Masern; die Befragten waren sich jedoch dahingehend
einig, dass die Grippe für Kinder und Kleinkinder ein schwerwiegenderes Problem darstellt
als Windpocken.
Wie die Umfrage ergab, kann sich die Diagnose einer Grippe bei Kleinkindern jedoch
schwierig gestalten, da das Kind seine eigenen Symptome meist nicht richtig schildern
kann. Trotz dieser erschwerten Diagnose-Bedingungen zeigte sich, dass mehr als 90%
der praktischen Ärzte, die Kinder mit Grippe behandeln, keinen Abstrich zum Nachweis
des Virus durchführen. "Dieser Bericht ist ein wichtiger Schritt in Richtung auf ein
zunehmendes Bewusstsein bezüglich der unterschätzten Gefahr, die eine Grippe für unsere
Kinder darstellt. Wir appellieren an alle Ärzte, bei Kindern verstärkt auf Symptome
einer Grippe zu achten und diese umgehend zu behandeln, um ernsthaften Komplikationen
vorzubeugen", so der abschließende Kommentar von Prof. Robert Booy, Royal London Hospital,
London.
Neuraminidasehemmer als Therapie der Wahl
Neuraminidasehemmer als Therapie der Wahl
Den besten, aber nicht hundertprozentigen Schutz vor Influenza, bietet die Impfung.
Trotz verschiedener Bemühungen, die Impfraten zu steigern und eine Ausbreitung der
Infektion zu verhindern, bedrohen Grippe-Epidemien jedes Jahr aufs Neue die Gesundheit
von Kindern. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, während der Epidemie auch
bei untypischem Verlauf schnell auf Influenza zu testen, um frühestmöglich die spezifische
Behandlung zu beginnen. Bei Auftreten von Influenza in der Familie muss außerdem die
vorbeugende Behandlung gefährdeter Familienangehöriger erwogen werden.
Mit Einführung der sogenannten Neuraminidasehemmer (z. B. Oseltamivir) besteht erstmals
die Möglichkeit, Influenza kausal zu therapieren. Diese Medikamente verhindern, dass
sich das Grippe-Virus im Körper ausbreitet und können gegen alle klinisch relevanten
Stämme von Influenza-Viren eingesetzt werden.
Die Neuraminidase ist ein Virus-Protein, das es dem Virus ermöglicht weitere Wirtszellen
zu infizieren. Wird diese gehemmt, kann das Virus nicht mehr aus der Wirtszelle austreten
und stirbt ab. Im Gegensatz zu älteren antiviralen Arzneimitteln, den sogenannten
M2-Hemmern, sind Neuraminidasehemmer sowohl gegen Influenza-Viren vom Typ A als auch
vom Typ B wirksam. Oseltamivir (Tamiflu®) ist für die Behandlung von Erwachsenen und
Kindern ab einem Jahr sowie zur Influenza-Prophylaxe zugelassen. Für Kinder ab einem
Jahr steht es auch als Suspension zur Verfügung.
Prof. John Oxford, St. Barts and The London, Queen Mary's School of Medicine and Dentristry,
London, erklärt dazu: "Da Kinder bei der Ausbreitung einer Grippe als Überträger eine
zentrale Rolle spielen, indem sie andere Kinder und Familienmitglieder anstecken,
ist es sehr ermutigend, dass Oseltamivir offensichtlich die Übertragung einer Grippeerkrankung
von Kindern unter zwölf Jahren wirksam verhindern kann."
Frühwarnsystem RealFluTM unterstützt Ärzte bei der Diagnose
Frühwarnsystem RealFluTM unterstützt Ärzte bei der Diagnose
Grundlegender Schritt, um den Ausbruch einer Influenza-Epidemie zu vermeiden, ist
es die Influenza-Symptome rechtzeitig zu erkennen. Das Grippe-Frühwarnsystem RealFluTM unterstützt Ärzte bei der Diagnose. Tagesaktuell zeigt es die Häufigkeit der Influenza-Infektionen
in den Bundesländern an. Ist dem Arzt bekannt, dass ein lokaler Influenza-Ausbruch
vorliegt, kann er allein aufgrund der klinischen Symptomatik mit einer Wahrscheinlichkeit
von 70-80% die richtige Diagnose stellen. Außerhalb einer Grippe-Welle haben die gleichen
Symptome einen prädiktiven Wert von 30-40% [2].
"RealFlu ermöglicht uns eine sofortige und sichere Differenzialdiagnostik bei viralen
Atemwegsinfektionen und somit einen rechtzeitigen Therapiebeginn, sodass schweren
Verläufen vorgebeugt werden kann", bewertet Dr. Petra Sandow, Fachärztin für Allgemeinmedizin
aus Berlin das von der Roche Pharma AG entwickelte Frühwarnsystem.
Die Grippekarte kann unter www.grippe-online.de eingesehen und kostenlos auf die eigene Website heruntergeladen werden.
Grippekarte vom 31.01.2005: Grüne Flächen = Bundesländer mit keiner oder geringer
Grippeaktivität, orange/gelbe Flächen = erhöhte Grippe-Aktivität, rote Flächen = hohe
Grippe-Aktivität.
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