Pneumologie 2006; 60(10): 590
DOI: 10.1055/s-2006-956974
Pneumo-Fokus

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Infektiologie - TLR-Einflüsse im Immunsystem

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Publication Date:
15 November 2006 (online)

 
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Im Kampf gegen Eindringlinge hat das Immunsystem eine Vielzahl von Mechanismen entwickelt. Innerhalb der angeborenen Immunantwort stellt der sog. Toll-like-Rezeptor (TLR) einen ersten "Wachposten" dar, der eine schnelle Abwehr ermöglicht. Nicht nur beim Menschen, auch bei Tieren und wahrscheinlich sogar bei Pflanzen hält dieses transmembrane Molekül Wache. In ihrem Review schildern Schnare et al. die Schlüsselrolle der TLRs im Immunsystem. Besonders detailliert befassen sie sich mit TLR2 und TLR4, die auch als erstes entdeckt wurden, sowie dem Adaptorprotein MyD88. Int Arch Allergy Immunol 2006; 139: 75-85

TLR hat sich schon sehr früh in der Evolution entwickelt und sein Prinzip ist erfolgreich: Er erkennt krankheits-assoziierte molekulare Muster (pathogen associated molecular patterns = PAMPs) von Viren, Bakterien und Pilzen, die nicht im Wirtsorganismus vorkommen und aktiviert entsprechende Zytokine. Bisher sind 11 humane und 12 murine Rezeptoren dieser TLR-Familie genauer charakterisiert (TLR-1 bis 12).

Das Adaptorprotein MyD88 spielt eine zentrale Rolle bei der Signalübertragung nahezu aller TLRs. Jeder TLR-Typ reagiert selektiv auf bestimmte mikrobielle Komponenten. Ligand für TLR-2 ist z.B. bakterielles Peptidoglykan und Lipoprotein aus grampositiven, für TLR-4 Lipopolysaccharid aus gramnegativen Bakterien. Grampositive und -negative Bakterien sind die häufigsten Verursacher septischer Infektionen beim Menschen. Im Kampf gegen die Mikroben erkennt der jeweilige TLR Strukturen, die für das Überleben des Erregers essenziell sind und deshalb keinen Variationen unterliegen. Durch diesen Mechanismus ist es möglich, mit einer begrenzten Anzahl an Rezeptoren, auf eine große Bandbreite pathogener Keime zu reagieren. Der TLR besteht grundsätzlich aus einer extrazellulären, leucinreichen Domäne und einem zytoplasmatischen Teil, der dem Interleukin-1-Rezeptor ähnelt. Die Analyse der zugehörigen Gene ergab, dass TLR-4-Polymorphismen beim Menschen existieren, die mit einer erhöhten Empfänglichkeit für Infektionen durch gramnegative Bakterien oder Meningokokken einhergehen. Andererseits konnte auch ein TLR-2-Polymorphismus identifiziert werden, der vor Borreliose schützt. Die Autoren sind zudem überzeugt, dass durch die Untersuchung von veränderter TLR-Gen-Expression im Mausmodell noch viele wichtige Informationen zu gewinnen sind.

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Bewertung

Das Review stellt das komplexe Zusammenspiel der Toll-like-Rezeptoren mit ihren Liganden differenziert anhand aktueller Forschungsergebnisse dar. Wirkung und genetische Ausprägung der TLR zu verstehen, ist gerade im Zusammenhang mit septischen Infektionen wichtig. Die Bedeutung der Gene für das Auftreten von Infektionskrankheiten sollte jedoch nicht überbewertet werden. Studien mit TLR-defizienten Mäusen können aber zukünftig auch dazu beitragen, die TLR-unabhängige Immunantwort zu untersuchen und so letztlich bessere Behandlungsstrategien für Infektionskrankheiten zu entwickeln.

Referiert und bewertet von V. Liebers, Bochum