Pneumologie 2006; 60(10): 589-590
DOI: 10.1055/s-2006-956973
Pneumo-Fokus

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Pneumokokkeninfektionen - Impfung von Kleinkindern senkt Erkrankungsrate

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Publication Date:
15 November 2006 (online)

 
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Antibiotikaresistente Pneumokokkeninfektionen sind ein medizinisch und wirtschaftlich weltweites Gesundheitsproblem. Die meisten dieser Erkrankungen werden durch Serotypen verursacht, die in einem Konjugatimpfstoff enthalten sind, dessen Wirksamkeit nun in einer amerikanischen Studie überprüft wurde. N Engl J Med 2006; 354: 1455-1463

1998 wurden 78% der invasiven antibiotikaresistenten Pneumokokkeninfektionen durch die Serotypen 6B, 9V, 19F und 23F verursacht. Die für Kinder unter 2 Jahren seit dem Jahr 2000 empfohlene Schutzimpfung enthält diese und 2 weitere Serotypen. M. O. Kyaw et al. registrierten in 8 Regionen der Vereinigten Staaten mit einer Bevölkerung von 14,3 bis 16,9 Millionen Menschen alle Erkrankungsfälle von 1996 bis 2004. Der Pneumokokkennachweis erfolgte aus Blut, Liquor oder Pleuraexsudat. 24 825 Präparate wurden untersucht. Bis 1999 nahm die Erkrankungshäufigkeit durch antibiotikaresistente Stämme zu.

Nach Einführung der Schutzimpfung, die bei 73% der Kinder im Alter von 19 bis 35 Monaten erfolgte, kam es zu einem deutlichen Rückgang. Dies galt sowohl für penicillin- als auch erythromycinresistente Infektionen. Am deutlichsten war die Abnahme um 81% bei Kleinkindern. Doch auch in der Gesamtbevölkerung und vor allem bei älteren Menschen ging die Zahl der antibiotikaresistenten Pneumokokkeninfektionen signifikant zurück. Die Gesamtzahl der Erkrankungsfälle fiel von 66 100 in 1999 auf 36 600 in 2004. Bei über 65-Jährigen nahm die Inzidenz um 49% ab. Auch letale Verläufe kamen seltener vor (7 200 in 1999 und 4 700 in 2004).

Demgegenüber stieg die Anzahl der Fälle mit antibiotikaresistenten Infektionen durch andere Serotypen. Dabei handelte es sich überwiegend um die Typen 6A und 19A. Während für Serotyp 6A eine relative Schutzfunktion durch den im Impfstoff enthaltenen Typ 6B besteht, nahmen Infektionen mit Serotyp 19A weiter zu und waren Hauptverursacher antibiotikaresistenter Infektionen der oberen Atemwege.

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Fazit

Die Schutzimpfung von Kleinkindern gegen Pneumokokkeninfektionen senkt effektiv die Rate antibiotikaresistenter Erkrankungsfälle. Von Sekundäreffekten wie verminderte Erregerübertragung profitieren die Gesamtbevölkerung und vor allem ältere Menschen, so die Autoren.

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Kommentar zur Studie

Neben dem Therapieziel mit reduzierter Erkrankungshäufigkeit der geimpften Kleinkinder wurde durch die Untersuchung vor allem die Bedeutung des „Rudel- Effektes" deutlich, so D. M. Musher in seiner Stellungnahme. Die um fast 50% verminderte Ansteckung Erwachsener spräche für eine Verbreitung der Schutzimpfung, die sowohl medizinisch als auch gesundheitsökonomisch empfehlenswert sei. Die Studie zeige darüber hinaus die Notwendigkeit in Zeiten zunehmender Impf-müdigkeit auf die positiven Auswirkungen von Schutzimpfungen hinzuweisen und Impfprogramme auf den neuesten Stand zu bringen. Problematisch bleibe die Zunahme antibiotikaresistenter Infektionen durch andere Serotypen.

N Engl J Med2006; 354: 1522-1524

Dr. Susanne Krome, 's-Hertogenbosch