Der Klinikarzt 2006; 35(9): XIV
DOI: 10.1055/s-2006-954768
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Niedermolekulare Heparine - Breites Einsatzspektrum für die Thromboseprophylaxe nutzen

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Publication Date:
29 September 2006 (online)

 
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Nicht nur perioperativ sind thromboembolische Komplikationen zu befürchten - ebenso betroffen sind internistische Patienten. Bei hohem Risiko lässt sich durch eine geeignete Thromboseprophylaxe die Thrombosegefahr deutlich verringern. Auch onkologische Patienten sind erheblich thrombosegefährdet, weil Tumoren Gerinnungsveränderungen induzieren können.

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Thromboembolierisiko von Krebspatienten reduzieren

Dass Tumorzellen gerinnungsaktive Substanzen bilden können und somit bei Malignomen das Risiko thromboembolischer Ereignisse erhöhen, ist wohlbekannt. Daneben finden sich aber bei Tumorpatienten vielfach weitere Risikofaktoren, wie die Immobilisation, venöse Verweilkatheter sowie unter der Chemotherapie zerfallende große Tumormassen, die "tissue factor" freisetzen. Insgesamt tragen Tumorpatienten nach Aussage von Prof. E. Hiller, München, ein Thromboembolierisiko von rund 8%.

Wie wirksam die Thromboseprophylaxe mit niedermolekularen Heparinen (z.B. Dalteparin, Fragmin®) in dieser Situation ist, belegt unter anderem die CLOT[1]-Studie. Hier erhielt eine Patientengruppe über sechs Monate Dalteparin - zunächst 200 I.E./kgKG subkutan über vier Wochen, danach wurde die Dosis auf 150 I.E./kgKG reduziert. Die Patienten der Vergleichsgruppe mit Warfarin erhielten ebenfalls initial 200 I.E./kgKG Dalteparin täglich, zusätzlich jedoch Warfarin bis eine Ziel-INR von 2,5 erreicht war. Dann wurde das niedermolekulare Heparin abgesetzt und nur die Warfarintherapie fortgesetzt.

Innerhalb des Beobachtungszeitraums traten bei dem Dalteparinkollektiv mit 8,8% deutlich weniger rezidivierende tiefe Venenthrombosen auf als bei den Patienten aus der Warfaringruppe (17,4%). Als Vorteile der niedermolekularen Heparine zeigten sich zudem eine bessere Steuerbarkeit, keine erforderliche Laborüberwachung und keine Unverträglichkeiten mit Nahrungsmitteln oder anderen Medikamenten.

Die Thromboseprophylaxe ist bei Tumorpatienten indiziert, wenn operative Eingriffe anstehen, passagere Zentralvenenkatheter liegen, eine Chemo- bzw. Strahlentherapie bei immobilisierten Patienten durchgeführt wird und bei Radiatio des kleinen Beckens.

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Beeinflussen niedermolekulare Heparine auch den Tumor?

Wenngleich es noch nicht wissenschaftlich bestätigt ist, könnten niedermolekulare Heparine neben ihrer antithrombotischen Wirkung auch Antitumoreffekte entwickeln. Einen Hinweis darauf lieferte die FAMOUS[2]-Studie, in der 382 Patienten mit fortgeschrittenem Gastrointestinaltumor, Pankreas-, Ovar- oder Brustkrebs Dalteparin (5000 I.E. subkutan täglich) oder Plazebo erhielten. Die durchschnittliche Behandlungsdauer unter Dalteparin betrug 10,3 Monate, die Vergleichsgruppe wurde im Schnitt neun Monate behandelt.

Nach zwölf Monaten zeigte sich hinsichtlich der Überlebensrate ein positiver Trend in der Patientengruppe, die mit dem niedermolekularen Heparin behandelt wurden (45 verus 42%). Im weiteren Zeitverlauf vergrößerte sich diese Differenz sogar noch, sie erreichte jedoch trotzdem keine Signifikanz. Besonders profitierten die Tumorpatienten mit besserer Prognose von der Dalteparintherapie im Sinne eines deutlichen Überlebensvorteils.

Gabriele Henning-Wrobel, Erwitte

01 randomised Comparison of Low molecular weight heparin vs. Oral anticoagulant Therapy for long term co-agulation in cancer patients with venous thromboembolism

02 Fragmin Advanced Malignancy OUtcome Study

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