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DOI: 10.1055/s-2006-954432
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Angiogenese-Hemmung - Signifikante Lebensverlängerung beim metastasierten kolorektalen Karzinom
Publication History
Publication Date:
02 November 2006 (online)
- Zielgerichteter Therapieansatz
- Zusatzeffekt der VEGF-Hemmung: Zytostatikawirkung verbessert
- Wirksam auch bei anderen Tumorentitäten
- Literatur
Der vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktor VEGF ("vascular endothelial growth factor") ist der Hauptfaktor der Tumorangiogenese und wird von zahlreichen Tumorentitäten exprimiert. Als bislang erster und einziger Angiogenese-Hemmer - der sich spezifisch gegen eben diesen Wachstumsfaktor richtet - ist Bevacizumab (Avastin®, Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen) seit Januar 2005 in Deutschland in Kombination mit intravenösem 5-Fluorouracil (5-FU) plus Folinsäure (FS) oder 5-FU/FS/Irinotecan (i.v.) zur First-line-Therapie des fortgeschrittenen kolorektalen Karzinoms zugelassen. Patienten, die den Angiogenese-Hemmer in Kombination mit einer Standardchemotherapie erhalten, leben median fünf Monate länger als Patienten, die nur mit einer Chemotherapie allein behandelt werden.
Grundlage der Zulassung war eine Phase-III-Studie ([1]) mit 813 therapienaiven Patienten, die randomisiert und doppelblind 5-FU/ FS/Irinotecan entweder plus Plazebo (n = 411) oder plus Bevacizumab (n = 402) erhielten. Primärer Studienendpunkt war die Überlebensdauer. Unter der Kombination mit Bevacizumab lebten die Patienten im Median fünf Monate länger (Abb. [1]). Und auch das progressionsfreie Überleben wurde erstmals in einer Phase-III-Studie auf 10,6 Monate verlängert (versus 6,2 Monate; p < 0,001).

Die Kombination aus Bevacizumab und 5-FU/FS/Irinotecan verlängert das mediane Überleben beim metastasierten kolorektalen Karzinom um fünf Monate.
Zielgerichteter Therapieansatz
Wächst der Tumor über eine Größe von ein bis zwei Millimetern hinaus, reicht die Versorgung seiner Zellen mit Sauerstoff und Nährstoffen durch Diffusion nicht mehr aus. Für eine weitere Größenzunahme müssen neue Gefäße gebildet werden. Der Tumor beeinflusst daher die angiogene Balance durch eine gesteigerte Sekretion von angiogenen Faktoren zugunsten der Aussprossung neuer Kapillaren aus bestehenden Blutgefäßen.
Die Folge: Neu gebildete Kapillaren wachsen im und zum Tumor, versorgen diesen mit Sauerstoff und Nährstoffen, sodass der Tumor wachsen kann. Gleichzeitig erhalten maligne Zellen über die neu gebildeten Gefäße Zugang zum allgemeinen Blutkreislauf, wodurch die Metastasierung möglich wird. VEGF zählt zu den wichtigsten angiogenen Faktoren, die von Tumorzellen sezerniert werden.
Hier setzt die Therapie mit Bevacizumab an: Der Angiogenese-Hemmer bindet freies, nichtrezeptorgebundenes VEGF, das damit nicht mehr an die spezifischen Rezeptoren der benachbarten Blutgefäße binden kann. Tumorangiogenese, Tumorwachstum und Metastasierung können so inhibiert werden.
#Zusatzeffekt der VEGF-Hemmung: Zytostatikawirkung verbessert
Die neu gebildeten Gefäße im Tumor unterscheiden sich von normalen Kapillaren durch verschiedene morphologische Veränderungen, die zu einer unorganisierten und damit ungleichmäßigen Versorgung des Tumors mit Sauerstoff und Nährstoffen führen. In zahlreichen soliden Tumoren finden sich daher hypoxische oder anoxische Areale, die durch eine verminderte Strahlen- und Zytostatikasensitivität charakterisiert sind und zudem die erneute Bildung angiogener Faktoren stimulieren.
Durch die Therapie mit Bevacizumab wird die normale Permeabilität der Gefäße wiederhergestellt. So verringert sich die kapilläre Permeabilität der Blutgefäße im Tumor, was gleichzeitig den interstitiellen Druck im Tumor reduziert. Dadurch erreichen Chemotherapeutika den Tumor in einer höheren Konzentration und können so besser wirken. Bevacizumab verstärkt demnach die Wirksamkeit der in Kombination angewendeten Chemotherapie.
#Wirksam auch bei anderen Tumorentitäten
Das Prinzip der Angiogenese-Hemmung durch Bevacizumab hat sich inzwischen auch bei der Behandlung anderer Tumorentitäten als wirksam erwiesen. So verlängerte sich das Gesamtüberleben von Patienten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom unter Bevacizumab - in Kombination mit Paclitaxel und Carboplatin - in der First-line-Therapie signifikant auf 12,5 Monate. Bei Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom verdoppelte die zusätzliche Gabe von Bevacizumab zu Paclitaxel in der First-line-Therapie die objektive Ansprechrate und verlängerte das progressionsfreie Überleben signifikant von sechs auf über elf Monate.
#Literatur
Literatur

Die Kombination aus Bevacizumab und 5-FU/FS/Irinotecan verlängert das mediane Überleben beim metastasierten kolorektalen Karzinom um fünf Monate.