Pneumologie 2006; 60(9): 523
DOI: 10.1055/s-2006-951428
Pneumo-Fokus

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Asthma - Telithromycin bessert Symptome, Peak-flow-Wert bleibt gleich

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Publication Date:
27 September 2006 (online)

 
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Die antibakterielle Wirksamkeit der Ketolide gegen Erreger wie Chlamydophila pneumoniae oder Mycoplasma pneumoniae ist erwiesen. Zudem werden diesen Wirkstoffen, die mit den Makroliden chemisch verwandt sind, immunmodulatorische Eigenschaften attestiert. Unklar ist jedoch, ob Ketolide wie etwa Telithromycin den Verlauf akuter Exazerbationen eines Asthma bronchiale positiv beeinflussen können. Lancet 2006; 367: 1145-1154

S. L. Johnston et al. untersuchten Wirksamkeit und Verträglichkeit von Telithromycin bei akuten Asthma-Exazerbationen in einer randomisierten, plazebo-kontrollierten, doppelblind geführten Multicenterstudie ("Telithromycin, Chlamydophila, and Asthma Trial", TELICAST). In die Untersuchung (Januar 2003 bis März 2004) wurden 278 Asthmatiker (Alter 18-55 Jahre) aufgenommen, die innerhalb von 24 Stunden nach akuter Exazerbation ihrer Erkrankung ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mussten. Die Hälfte der Patienten erhielt 10 Tage lang 2-mal täglich eine Kapsel Telithromycin (Tagesdosis 800 mg), die andere Hälfte Plazebo; die Basistherapie mit Bronchodilatatoren, inhalativen Kortikosteroiden und/oder Antileukotrienen wurde bei allen Teilnehmern fortgeführt. Jeder Patient wurde aufgefordert, 6 Wochen lang morgens den Peak-flow-Wert zu messen und sowohl diesen Wert als auch Häufigkeit und Schwere der Asthmasymptome in ein Tagebuch einzutragen. Die Symptome beurteilte jeder Patient anhand einer 7-Punkte-Skala von 0 (keine Symptome) bis 6 (schwere Symptome). Zusätzlich wurden in der Klinik Lungenfunktionstests, etwa die Bestimmung des FEV1, durchgeführt. Keime wie Chlamydophila pneumoniae oder Mycoplasma pneumoniae wurden serologisch, per Polymerase-Kettenreaktion (PCR) oder mittels Bakterienkultur nachgewiesen. Primäre Endpunkte waren die Veränderung der Symptome und des Peak-flow-Wertes unter der Therapie.

Die Behandlung mit Telithromycin erbrachte einen Teilerfolg: Zwar bildeten sich unter dieser Therapie die Asthmasymptome von 3,0 Punkten zu Beginn auf 1,7 Punkte am Ende der Behandlung (entsprechend 40,4%) signifikant besser zurück als in der Plazebogruppe (von 2,8 auf 2,0 entsprechend 26,5%). Auch was die durchschnittliche Symptombesserung, ebenfalls gemessen am Punkte-Score, über den gesamten Beobachtungszeitraum von 6 Wochen betrifft, war das Ketolid (mit 1,3 Punkten) dem Plazebo (1,0 Punkte) überlegen. Doch verbesserten sich die morgendlichen Peak-flow-Werte in beiden Gruppen, also auch unter Einfluss von Telithromycin, nicht signifikant. Was die Häufigkeit von Nebenwirkungen betrifft, ergab sich ebenfalls kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Behandlungsgruppen. Allerdings hatten mehr Patienten unter Übelkeit zu leiden, wenn sie mit dem Ketolid behandelt worden waren. Bei 61% der Untersuchten lag eine Infektion mit Chlamydophila pneumoniae, Mycoplasma pneu-moniae oder beiden Erregern vor. Ob eine bakterielle Besiedelung der Atemwege bestand oder nicht, hatte allerdings keine Auswirkungen auf den Therapieerfolg.

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Mycoplasma pneumoniae (MP). Die bakterielle Besiedlung der Atemwege scheint keine Auswirkung auf den Therapieerfolg zu haben (Bild: Allgemeine und spezielle Pathologie, Thieme 1995).

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Fazit

Die TELICAST-Studie belegt, dass Telithromycin Patienten mit akuten Asthma-Exazerbationen nutzen kann, indem es die Asthmasymptomatik ver-bessert. Der Peak-flow-Wert verändert sich unter der Therapie jedoch nicht. Der Wirkmechanismus der Substanz bleibt unklar. Hier müssen weitere Studien folgen, so die Autoren.

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Kommentar zur Studie

Da die bakterielle Besiedlung der Atemwege keine Auswirkung auf den Therapieerfolg habe, spreche dies dagegen, dass die Wirkung von Telithromycin auf einen antibakteriellen Effekt zurückzuführen sei, schreibt F. F. Little in seinem Editorial. Dass das Ketolid - wie für Makrolide erwiesen - die Hyperreagibilität der Atemwege herabsetzen kann, bleibt Spekulation. Denn ob die Ergebnisse auf antibakteriellen, immunmodulatorischen oder anderen, noch unbekannten Mechanismen beruhen, konnte die vorliegende Untersuchung nicht klären. Die Empfehlung, Telithromycin in die Liste der Medikamente zur Therapie akuter Asthma-Exazerbation aufzunehmen, wäre zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht, so Little. Zunächst müssten weitere klärende Untersuchungen folgen.

N Engl J Med 2006; 354: 1632-1634

Dr. Barbara Weitz, München

 
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Mycoplasma pneumoniae (MP). Die bakterielle Besiedlung der Atemwege scheint keine Auswirkung auf den Therapieerfolg zu haben (Bild: Allgemeine und spezielle Pathologie, Thieme 1995).