Z Orthop Ihre Grenzgeb 2006; 144(4): 349-350
DOI: 10.1055/s-2006-951409
Orthopädie aktuell

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Harmonie der starken Frauen - Frau Edelgard Bulmahn stellt ein Buch über Frauen mit rheumatoider Arthritis im Berliner Reichstag vor

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Publication Date:
01 September 2006 (online)

 
Table of Contents #

Funktionstraining und Rehabilitationssport Gemeinsamkeiten und Unterschiede Auszüge aus den "Rahmenvereinbarungen"

Funktionstrainingsarten sind insbesondere Trockengymnastik, Wassergymnastik.

Rehabilitationssportarten sind: Gymnastik, Leichtathletik, Schwimmen, Bewegungsspiele in Gruppen, soweit es sich um Übungen handelt, mit denen das Ziel des Rehabilitationssports erreicht werden kann.

Funktionstraining und Rehabilitationssport im Sinne dieser Vereinbarung sind nicht Übungen ohne medizinische Notwendigkeit, die lediglich der Erzielung oder Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens des behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen dienen (z.B. freies Schwimmen an so genannten Warmbadetagen).

Funktionstraining:

In der gesetzlichen Krankenversicherung beträgt der Leistungsumfang des Funktionstrainings 12 Monate. Bei schwerer Beeinträchtigung der Beweglichkeit/Mobilität durch chronisch bzw. chronisch progredient verlaufende entzündlich rheumatische Erkrankungen (rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew, Psoriasis-Arthritis), schwere Polyarthrosen, Kollagenosen, Fibromyalgie-Syndrome und Osteoporose beträgt der Leistungsumfang 24 Monate.

Beim Funktionstraining kommen für die Leitung der Trainingsgruppen vor allem Physiotherapeuten/-innen/Krankengymnasten/-innen mit speziellen Erfahrungen und spezieller Fortbildung für den Bereich der rheumatischen Erkrankungen einschließlich Wassergymnastik und Atemgymnastik und mit Kenntnissen und Erfahrungen in der psychischen und pädagogischen Führung in Betracht.

Rehabilitationssport:

In der gesetzlichen Krankenversicherung beträgt der Leistungsumfang des Rehabilitationssports 50 Übungseinheiten, die in einem Zeitraum von 18 Monaten in Anspruch genommen werden können.

Bei schwerer Beeinträchtigung der Beweglichkeit/Mobilität (Zerebralparese, Querschnittlähmung, Doppelamputation, schwere Lähmung, schwere Schädel-Hirn-Verletzung), organischer Hirnschädigung, geistiger Behinderung, schwerer chronischer Lungenkrankheit, Morbus Parkinson, Morbus Bechterew, Multipler Sklerose und in den letzten 12 Monaten vor Antragstellung erworbener Blindheit beträgt der Leistungsumfang 120 Übungseinheiten, die in einem Zeitraum von 36 Monaten in Anspruch genommen werden können.

Grundsätzlich erfolgen die ärztliche Betreuung und Überwachung des einzelnen behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen auch im Hinblick auf den Rehabilitationssport durch den behandelnden/verordnenden Arzt/die behandelnde/verordnende Ärztin.

Die Betreuung der Rehabilitationssportgruppen erfolgt durch einen Arzt/eine Ärztin, der/die die Teilnehmer/-innen und die/den Übungsleiter/-in bei Bedarf während der Übungsveranstaltung berät.

"Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining vom 1. Oktober 2003" als ergänzende Leistungen nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB IX (im Rahmen der für die einzelnen Rehabilitationsträger geltenden Vorschriften) der gesetzlichen Krankenkassen, der gesetzlichen Unfallversicherungsträger, der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung und der Alterssicherung der Landwirte, der Träger der Kriegsopferversorgung und des Deutschen Behindertensportverbands e.V., der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauf-Erkrankungen e.V. und der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband e.V.

Während im Plenarsaal des Reichstags über die Eckpunkte der Gesundheitsreform gestritten wurde, trafen sich am 29. Juni 2006 Politikerinnen und an rheumatoider Arthritis erkrankte Patientinnen zur Pressekonferenz im Fraktionssaal der SPD. Die Deutsche Gesellschaft für rheumatoide Arthritis hatte die Bundestagsabgeordneten und Betroffene zu Gesprächen an einen Tisch gebracht und das Ergebnis in einem Buch zusammengefasst. Frau Edelgard Bulmahn, Vorsitzende des Bundeswirtschaftsausschusses und frühere Bundesforschungsministerin, erläuterte als Schirmherrin das Buchprojekt "Starke Frauen, voll im Leben - Leben mit rheumatoider Arthritis".

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Hinten v.l.: Prof. Dr. Christine Jakob, Prof. Dr. Elisabeth Märker-Hermann, Judith Yang und Antje Blumenthal MdB

Im Mittelpunkt des Projekts stehen Gespräche zwischen betroffenen Frauen und Politikerinnen aus CDU, SPD, FDP und Bündnis 90 / Die Grünen. Die Patientinnen berichten über ihre Erfahrungen mit der Krankheit. "Das Buch macht Mut", sagt die Schirmherrin Bulmahn, "weil es Frauen zeigt, die mit der rheumatoiden Arthritis leben, aber ihren Alltag nicht von der Erkrankung beherrschen lassen. Diese Frauen brauchen aber noch mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung, um ihr Leben aktiver gestalten zu können als bisher." Mangelt es an öffentlichem Interesse, weil vorwiegend Frauen von der Krankheit betroffen sind?, mutmaßt eine Betroffene.

Frau Prof. Dr.-Ing. Christine Jakob, Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga, sieht Handlungsbedarf: "Die Schwere der Erkrankung wird oft noch immer unterschätzt. Menschen, die an rheumatoider Arthritis erkrankt sind, können trotz der Unterstützung und Hilfe anderer oftmals nicht mehr so leben wie sie es möchten." Politik, Gesellschaft und Wirtschaft, meint Jakob, müssen den Einzelnen noch mehr unterstützen; sie fordert daher für die Erkrankten lebenslanges Funktionstraining auf Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung (siehe Kasten).

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Regionale Versorgungsnetzwerke für Patienten mit rheumatoider Arthritis

Über 20 regionale Rheumazentren gründeten sich in Deutschland seit 1992. Ziel dieser Versorgungsnetzwerke aus Ärzten, Therapeuten, Kliniken und Universitäten ist es, Rheumapatienten optimal und wohnortnah zu betreuen und die Erforschung rheumatischer Erkrankungen voranzutreiben.

Bis 1996 förderte das Bundesministerium für Gesundheit finanziell den Aufbau regionaler Rheumazentren im Rahmen eines Modellprogramms. Eine Übersicht aller Rheumazentren findet sich unter http://www.rheumanet.org

In einem regionalen Rheumazentrum arbeiten niedergelassene Ärzte, Krankengymnasten, Ergotherapeuten, Psychologen mit Rheumakliniken, Rheumafachabteilungen, Rehabilitationskliniken und Selbsthilfegruppen zusammen. Zudem sind die Zentren untereinander und mit Forschungsinstitutionen verknüpft. Ziel der Vernetzung ist eine optimale, umfassende, möglichst wohnortnahe Langzeitbetreuung rheumakranker Patienten.

Frau Professor Dr. Elisabeth Märker-Hermann, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), versteht das Buch als Teil der Öffentlichkeitsarbeit der DGRh, deren Anliegen es ist, Öffentlichkeit und Patienten, aber auch Ärztekollegen über das Krankheitsbild aufzuklären. Mehr als 800000 Betroffene und jährlich 25000 neu Erkrankte in Deutschland zeigen die Dimensionen der rheumatoiden Arthritis. Das Buch soll einen umfassenden Einblick in die unterschiedlichen Aspekte des Leidens geben; es finden sich für Laien verständlich geschriebene Informationen zum Thema rheumatoide Arthritis, Berichte über die Gespräche von betroffenen Frauen mit den Politikerinnen und ein Überblick über die Kosten der Erkrankung.

Vor dem Hintergrund der aktuell diskutierten Gesundheitsreform fordert Märker-Hermann die Erhaltung der ärztlichen Autonomie, sie befürwortet die unterschiedlichen Möglichkeiten der Zusammenarbeit, insbesondere Modelle der integrierten Versorgung und weist auf die regionalen Rheumanetzwerke hin. "Eine ausreichende Versorgung mit qualifzierten Fachärzten und der Zugang zu jeweils optimalen Therapien muss im Mittelpunkt unserer Bemühungen stehen", betonte die Präsidentin der DGRh. Darin waren sich alle einig: Die Politikerinnen wurden nun zur namentlichen Abstimmung in den Plenarsaal gerufen.

Das Projekt "Starke Frauen, voll im Leben - Leben mit rheumatoider Arthritis" wurde von der Firma Abbott unterstützt; das Buch kann bei der DGRh bezogen werden: Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie, Geschäftsstelle, Luisenstraße 41, 10 117 Berlin; www.dgrh.de

Dr. Rita Engelhardt, Berlin

 
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Hinten v.l.: Prof. Dr. Christine Jakob, Prof. Dr. Elisabeth Märker-Hermann, Judith Yang und Antje Blumenthal MdB