Der Klinikarzt 2006; 35(7): XIV
DOI: 10.1055/s-2006-948082
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Kopf-an-Kopf-Rennen - Beim ST-Elevationsinfarkt lysieren oder interventionell behandeln?

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Publication Date:
24 July 2006 (online)

 
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    Quelle: Armstrong PW. A comparison of pharmacologic therapy with/without timely coronary intervention vs. primary percutaneous intervention early after ST-elevation myocardial infarction: the WEST (With Early ST-elevation myocardial infarction). Eur Heart J 2006; 27: 1530-1538

    Thema: Unter Experten gilt derzeit die primäre Koronarintervention (Primär-PCI) an einem erfahrenen Zentrum als effektivste Variante zur Therapie eines ST-Elevationsinfarkts (STEMI). Selbst in Deutschland können jedoch leider nur 15-20% aller Infarktpatienten so versorgt werden. Daher ist es von besonderer Bedeutung, fibrinolytische Behandlungskonzepte - egal ob es um die reine Lysetherapie oder auch ihre Kombination mit einer späteren symptomgeleiteten Koronarintervention handelt, weiterzuentwickeln. Noch ist die Studienlage inkonsistent.

    Projekt: Eine kanadische Studiengruppe hat jetzt eben diese drei Therapieansätze in einer multizentrischen und prospektiven Pilotstudie mit 304 STEMI-Patienten evaluiert:

    • Gruppe A: körpergewichtsadjustierte Lyse mit Tenecteplase (n = 100)

    • Gruppe B: körpergewichtsadjustierte Lyse mit Tenecteplase plus zusätzliche Koronarintervention innerhalb von 24 Stunden (n = 104)

    • Gruppe C: primäre perkutane Koronarintervention (Primär-PCI) (n = 100).

    Primärer Endpunkt der Studie war ein kombinierter Endpunkt aus Tod, Re-Infarkt, refraktärer Ischämie, Herzdekompensation, kardiogenem Schock und ventrikulärer Arrhythmie nach 30 Tagen.

    Ergebnis: Mit 113 (Gruppe A), 130 (Gruppe B) und 176 Minuten (Gruppe C) war die Zeit vom Symptombeginn bis zur Randomisierung vergleichsweise kurz. Bezüglich des primären Endpunkts konnten die Autoren keinen signifikanten Unterschied zwischen den Studiengruppen feststellen (25 versus 24,6 versus 22,5%). Erfreulich niedrig waren die Mortalitätsrate und die Zahl der Re-Infarkte, wobei interessanterweise die interventionell behandelten Patienten weniger häufig betroffen waren. Ob sie zuvor noch lysiert wurden, war dabei unerheblich. Dagegen erlitten etwas mehr der rein intervenionell behandelten STEMI-Patienten einen kardiogenen Schock.

    Fazit: Diese Studie stützt erneut das Konzept "Zeit ist Myokard" und belegt die Bedeutung einer frühen Therapieentscheidung noch vor der Hospitalisierung. WEST weist auch dem Konzept der späteren, symptomgeleiteten Koronarintervention wieder einen Platz unter den Therapieoptionen bei ST-Elevationsinfarkt zu - eine frühe Lyse und eine optimale antithrombotische und plättchenhemmende Therapie im Rahmen der Koronarintervention vorausgesetzt.

    Key Words: ST-Elevationsinfarkt - Revaskularisierung - Lyse - Koronarintervention