Aktuelle Dermatologie 2006; 32(7): 296-302
DOI: 10.1055/s-2006-944576
Eine Klinik im Blickpunkt
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Moderne Aspekte der Aknepathogenese

Modern Aspects of Acne PathogenesisC.  C.  Zouboulis1
  • 1Hautklinik und Immunologisches Zentrum, Städtisches Klinikum Dessau (Chefarzt: Prof. Dr. C. C. Zouboulis)
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Prof. Dr. med. Christos C. Zouboulis

Hautklinik und Immunologisches Zentrum · Städtisches Klinikum Dessau

Auenweg 38 · 06847 Dessau

Email: christos.zouboulis@klinikum-dessau.de

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Publication Date:
17 July 2006 (online)

Table of Contents

Zusammenfassung

Akne ist weltweit die häufigste dermatologische Erkrankung. Um eine angesichts variierender klinischer Bilder geeignete Therapie ansetzen zu können, sind gute Kenntnisse über die Pathogenese der Erkrankung nötig. Acne vulgaris ist eine entzündliche Erkrankung, bei deren Entstehung Androgene, PPAR-Liganden, regulierende Neuropeptide und Umweltfaktoren beteiligt sein können. Diese Faktoren unterbrechen den natürlichen zyklischen Prozess im Talgdrüsenfollikel und unterstützen den Übergang von Mikrokomedonen zu Komedonen und entzündlichen Effloreszenzen. Proinflammatorische Lipide, Chemokine und Zytokine übernehmen die Vermittlerrolle bei der Entwicklung von Akneeffloreszenzen. P. acnes ist in diesem Stadium nicht beteiligt, sondern kann später die entzündlichen Phänomene verstärken.

Abstract

Acne is worldwide the most common skin disease. Suitable therapeutic regimens of the varying clinical phenotypes require good knowledge of the pathogenesis of the illness. Acne vulgaris is an inflammatory disorder at whose emergence androgens, PPAR ligands, regulating neuropeptides and environmental factors are probably involved. These factors interrupt the natural cycling process in the sebaceous gland follicle and support the transition of microcomedones to comedones and inflammatory lesions. Proinflammatory lipids, chemokines and cytokines overtake the role of mediators for the development of acne lesions. P. acnes is not involved in this initial acne stages but can potentate the inflammatory phenomena at a later stage.

Akne ist weltweit die häufigste dermatologische Erkrankung. Rund 70 bis 87 % aller Jugendlichen weisen Akneläsionen auf, 10 bis 30 % davon benötigen eine medikamentöse Therapie [1]. Bei der Mehrzahl der Patienten erfolgt nach der Pubertät eine spontane Rückbildung, davon bei 2 bis 7 % mit erheblicher Narbenbildung. In 10 % der Fälle persistiert die Erkrankung über das 25. Lebensjahr hinaus.

Akne ist nach einer amerikanischen Versorgungsstudie im Jahr 1995 die führende dermatologische Diagnose mit 10,2 Millionen Diagnosen (25,4 % der dermatologischen Diagnosen aller Ärzte) [2]. In den Jahren 1996 bis 1998 wurden niedergelassene Ärzte in den USA jährlich mehr als 6 Millionen mal aufgrund einer Akne konsultiert. Die Patienten erhielten pro Jahr 6,5 Millionen neue Rezepte mit einer systemischen Antiaknetherapie (Antibiotika oder Isotretinoin) im Wert von über eine Milliarde US-Dollar. Die weltweiten Ausgaben für die topische und systemische Aknetherapie entsprachen 1996 12,6 % der gesamten medikamentösen Kosten zur Behandlung von Hautkrankheiten weltweit.

Entstehung der Akne

Um angesichts variierender klinischer Bilder und unterschiedlicher Manifestationsalter (Abb. [1]) geeignete Therapieschemata ansetzen zu können, sind gute Kenntnisse über die Pathogenese der Erkrankung sowie Möglichkeiten zur gezielten symptomatischen oder sogar ätiologischen Therapie unabdingbare Voraussetzungen [3]. Traditionell wird behauptet, dass zur Akneentstehung verschiedene Faktoren beitragen, unter anderem eine erhöhte Talgdrüsenaktivität mit Seborrhoe, gestörte follikuläre Differenzierung und verstärkte Verhornung, weiterhin mikrobielle Hyperkolonisation sowie Entzündungsreaktionen mit den entsprechenden immunologischen Abläufen [4].

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Abb. 1 Die verschiedenen klinischen Gesichter der Acne vulgaris.

Die tatsächlichen ätiologischen Faktoren der Erkrankung sollen so vielfältig wie die klinischen Erscheinungsbilder sein [1]. Genetische Studien erbrachten Hinweise auf das Vorhandensein erblicher Faktoren. Bei Frauen üben ein unregelmäßiger Menstruationszyklus und die Schwangerschaft einen Einfluss auf den Verlauf der Akne aus [4]. Bei einigen Patienten sollen Ernährungsfaktoren die Erkrankung beeinflussen. Das Klima einschließlich Luftfeuchtigkeit und UV-Strahlung sowie andere Umweltfaktoren können im Einzelfall eine Rolle spielen. Akne kann durch zahlreiche Medikamente ausgelöst oder verschlechtert werden. Der Einfluss psychischer Faktoren wie Stress auf die Pathogenese der Akne konnte bislang nicht bewiesen werden, sie sind jedoch im Verlauf der Krankheit oftmals von Belang [5]. Aktuelle experimentelle Daten weisen auf die Beteiligung von zirkulierenden stressassoziierten Faktoren (Neuropeptide) bei der Entwicklung von entzündlichen Prozessen im Talgdrüsenfollikel hin [6]. Allerdings sind falsche Behauptungen über die Pathogenese der Erkrankungen nicht nur bei Laien, sondern auch bei fortgeschrittenen Medizinstudenten verbreitet, wie eine Studie aus Australien zeigen konnte [7].

Neue Forschungsergebnisse haben die klassische Sicht zur Aknepathogenese durch die Identifizierung übergeordneter Mechanismen, die zur Entwicklung von Akneefloreszenzen führen, deutlich geändert. Androgene, Hautlipide und regulierende Neuropeptide scheinen an diesem multifaktoriellen Prozess beteiligt zu sein [1] [2]. Erbliche Faktoren sollen eine wichtige, aber indirekte Rolle bei der Entstehung der Akne spielen [8].

Genetik

Der positive Zusammenhang von familiärer Häufigkeit und Schweregrad der Akne [9], obligates Auftreten der Akne bei homozygoten Zwillingen [10] und auffällige Häufung bei heterozygoten Zwillingen [11] sind seit längerem bekannt. Allerdings gibt es auch interessante neue Erkenntnisse über eine direkte genetische Assoziation der Akne mit Androgen- und Lipid-assoziierten Erkrankungen, beispielsweise a) tritt Neugeborenenakne bei familiärem Hyperandrogenismus auf [12]; b) sind eine abnormale Aktivität der Steroid-21-Hydroxylase sowie CYP21-Genmutationen Akne-assoziiert [13]; c) wurden identische Talgdrüsensekretionsraten bei homozygoten, aber nicht bei heterozygoten Zwillingen gemessen [10]; d) wurden bei Zwillingen mit Akne, aber nicht bei Zwillingen ohne Akne, niedriges Apolipoprotein-A1 im Serum [14], niedriger Gehalt an essentiellen Fettsäuren in den Wachsestern des Talgs und niedrige Werte von epidermalen Acetylceramiden [15] nachgewiesen.

Androgene, Talgsynthese und Akne

Wie aus klinischen Beobachtungen bekannt, spielen Androgene eine wesentliche Rolle in der Aknepathogenese - sowohl bei der Zunahme des Talgdrüsenvolumens als auch bei der Talgproduktion [16]. Geschlechtsdeterminierende Gene sind an der Entwicklung der Akne beteiligt [17]. Darüber hinaus stimulieren sie die Proliferation der Keratinozyten des Ductus seboglandularis und des Acroinfundibulums [18] [19]. Akne entwickelt sich schon während der Adrenarche und zwar mit Beginn der Synthesesteigerung von Dehydroepiandrosteronsulfat (DHEA-S), eines Vorstoffes von Testosteron, durch die Nebennierenrinde [20] [21]. Bei Hyperandrogenämie bzw. Hyperandrogenismus kommt es zu gesteigerter Talgproduktion und schwerer Akne [22]. Die befallene Haut besitzt eine höhere Androgenrezeptordichte [23] und höhere 5-alpha-Reduktase-Aktivität [24] als die nicht befallene Haut. Antiandrogene reduzieren die Synthese sebozytärer Lipide und verbessern die Akne [25]. Eine androgen-unempfindliche Haut besitzt keine funktionellen Androgenrezeptoren, produziert keinen Talg und entwickelt keine Akne [26].

Die Lipidsynthese benötigt Androgene und Peroxisom-Proliferation-aktivierende Rezeptoren (PPAR)

In-vitro-Experimente mit talgdrüsenähnlichen Zellen der Ratte (Rosenfield u. Mitarb. [27]) haben gezeigt, dass die sebozytäre Lipidsynthese in Anwesenheit von Androgenen und durch Liganden von PPAR gemeinsam stimuliert wird. Tatsächlich sind menschliche Talgdrüsen sowohl mit Androgenrezeptoren [28] als auch mit PPAR üppig ausgestattet [29] [30] [31]. Unter den verschiedenen PPAR-Subtypen sind besonders PPARalpha und PPARgamma bei der Regulation der Lipidsynthese beteiligt [30]. Einer der stärksten natürlichen PPARalpha-Liganden ist das 5-Lipoxygenase-Produkt Leukotrien-B4. Dessen Vorläufer, die Arachidonsäure, stimuliert die sebozytäre Lipogenese bei kultivierten menschlichen Sebozyten [30] [32]. Nicht nur die Behandlung mit Antiandrogenen [25], sondern auch die systemische Therapie mit 5-Lipoxygenase-Inhibitoren hemmt die Synthese sebozytärer Lipide und verbessert die Akneeffloreszenzen, wie wir in Pilotstudien mit Zileuton zeigen konnten [33] [34]. Interessanterweise sind synthetische Antidiabetika, die PPAR-Liganden Thiazolidinedione und Fibrate, in der Lage, die Talgsekretionsrate bei Diabetikern zu erhöhen [35].

Molekulare Entzündungskaskade und Startsignal

Eine Hyperproliferation des follikulären Epithels führt zur Bildung von Mikrokomedonen. Diese stellen die initiale Akneeffloreszenz dar, kommen aber auch in der normal aussehenden Haut vor [36]. Der Talgdrüsenfollikel könnte einem zyklischen Prozess unterliegen, der zu einer natürlichen Resolution der Mikrokomedonen führt [37] (Abb. [2]). Diese frühe Stufe der Entwicklung von Akneeffloreszenzen wird mit einer Aktivierung des vaskulären Endothels und mit einer Beteiligung entzündlicher Prozesse assoziiert [38]. Dies bestätigt die Hypothese, dass Akne eine entzündliche Erkrankung ist, die ohne Beteiligung von Bakterien auftreten kann [39]. Die Ergebnisse von Ingham u. Mitarb. [40] weisen in die gleiche Richtung: Sie fanden bioaktives Interleukin (IL)-1 in offenen Aknekomedonen bei unbehandelten Patienten (Abb. [3]). Darüber hinaus gab es keine Korrelation zwischen dem Zytokinniveau und der Anzahl follikulärer Mikroorganismen.

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Abb. 2 Natürlicher zyklischer Prozess im Talgdrüsenfollikel (Mikrokomedo). Unkontrollierte Überstimulation oder Fehler der negativen Feedback-Regulation können zur Entwicklung von klinisch relevanten Akneeffloreszenzen, nämlich Komedonen und entzündlichen Papeln führen (aus [2]).

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Abb. 3 Entzündung und Talgdrüsenfollikel. Expression proentzündlicher Zytokine in den Talgdrüsenzellen und Versammlung von einzelnen Lymphozyten um den Ductus seboglandularis sind bereits in gesunder Gesichtshaut nachweisbar. In den Komedonen wird eine erhöhte IL-1alpha-Konzentration gemessen, wobei die Behandlung des Acroinfundibulums ex vivo mit IL-1alpha eine Komedonen-ähnliches Bild mit Proliferation der follikulären Keratinozyten verursacht. P. acnes führt weder zur erhöhten IL-1alpha-Synthese noch zu Veränderungen des follikulären Epithels.

Interessanterweise exprimieren gesunde Talgdrüsen zahlreiche Zytokine. In unserem Labor stressten wir Sebozyten in vitro in serumfreiem Medium und konnten IL-1alpha auf mRNS- und Proteinebene nachweisen [41]. Antilla u. Mitarb. [42] zeigten, dass auch normale Talgdrüsen IL-1 exprimieren können, während Boehm u. Mitarb. [43] mRNS von IL-1alpha, IL-1beta und Tumornekrosenfaktor-alpha in normalen Talgdrüsen mittels In-situ-Hybridisierung fanden. Guy u. Mitarb. [44] zeigten, dass IL-1alpha ex vivo bei Talgdrüsenfollikelinfundibula eine gesteigerte follikuläre Keratinozytenproliferation induziert.

Unterbrechung des zyklischen Prozesses des Talgdrüsenfollikels

Eine Überstimulation des präklinischen entzündlichen Prozesses oder ein Fehler der negativen Feedback-Regulation können Hauptgründe für die Unterbrechung des normalen zyklischen Prozesses im Talgdrüsenfollikel und für die Entwicklung einer klinisch relevanten follikulären Entzündung bei Akne sein (Abb. [2]). Wie vorher erwähnt, verursachen genetische Faktoren einen Überschuss der Androgenaktivität in der Pubertät, der entzündliche Veränderungen auslösen kann (Abb. [4]). Neuroendokrine Regulationsmechanismen, follikuläre Bakterien, proinflammatorische sebozytäre Lipide sowie Nahrungslipide und Rauchen wirken dabei wahrscheinlich als Ko-Faktoren, welche die entzündlichen Prozesse verstärken können.

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Abb. 4 Moderne Aspekte der Aknepathogenese. Androgene, Liganden der Peroxisom-Proliferation-aktivierenden Rezeptoren (PPAR), regulierende Neuropeptide mit hormoneller und nicht-hormoneller Aktivität und Umweltfaktoren führen zu Hyperseborrhoe, epithelialer Hyperproliferation im Ductus seboglandularis und dem Acroinfundibulum und zur Expression von pro-entzündlichen Chemokinen/Zytokinen, die die Entwicklung von Komedonen und entzündlichen Effloreszenzen stimulieren (aus [2]).

Neuropeptide und klinisch relevante follikuläre Entzündung

Es gibt gegenwärtige Beweise, dass regulierende Neuropeptide (mit hormoneller und nicht-hormoneller Aktivität) die Entwicklung der klinischen Entzündung bei Akne kontrollieren können [6]. In der Haut von Aknepatienten lassen sich zahlreiche immunreaktive Nervenfasern nachweisen, die Substanz-P exprimieren [45]. Außerdem wird in näher stehenden undifferenzierten Talgdrüsenzellen neutrale Endopeptidase exprimiert. Ex vivo-Versuche demonstrierten, dass Substanz-P eine dosisabhängige Expression der neutralen Endopeptidase in den Talgdrüsen verursachte. Neben der neutralen Endopeptidase exprimieren Talgdrüsenzellen auch andere Ektopeptidasen, nämlich Dipeptidylpeptidase-IV (CD26) and Aminopeptidase-N (CD13), deren Hemmung Proliferation, Lipidsynthese und Freisetzung proinflammatorischer Zytokine reguliert [46].

Eine Behandlung von Sebozyten mit IL-1beta führte zu signifikanter Zunahme der IL-8-Freisetzung [47]. Eine Ko-Inkubation der Zellen mit alpha-Melanozyten-stimulierendem Hormon (alpha-MSH) hemmte dosisabhängig die IL-8-Expression [48]. Ferner konnten wir zeigen, dass das Kortikotropin-freisetzende Hormon (CRH) die Synthese von Talgdrüsenlipiden in vitro [47] und die Freisetzung von IL-6 und IL-8 [49] stimuliert, wobei wir in Akne-beteiligter Haut eine erhöhte CRH-Expression nachweisen konnten (Ganceviciene R u. Mitarb., in Vorbereitung). Andererseits fördert Adrenokortikotropes Hormon (ACTH) die Synthese und Freisetzung von adrenalem Dehydroepiandrosteron (DHEA), das eine follikuläre Entzündung stimulieren kann [50]. Diese Befunde weisen auf eine zentrale [51] oder periphere Neuroregulation [47] [52] des negativen Feedback-Mechanismus der humanen Talgdrüse hin und verstärken die Hypothese der neurogenen Induktion einer klinischen Entzündung bei Patienten mit Akne.

Lipide und Akne

Die lokale Anwendung von Linolsäure über einen Monat konnte eine fast 25-prozentige Reduktion der Mikrokomedonen erreichen [53]. Andererseits stimulieren Arachidonsäure und andere langkettige proinflammatorische Omega-6-Fettsäuren die IL-8- und IL-6-Synthese [30] sowie die Synthese sebozytärer Lipide [32] in kultivierten menschlichen Sebozyten. Eine Hemmung von Leukotrien-B4 in vivo reduziert die proinflammatorischen Talgdrüsenfettsäuren und damit die Zahl entzündlicher Akneeffloreszenzen [33] [34]. Wir konnten nachweisen, dass der Arachidonsäuremetabolismus bei Aknepatienten durch eine Aktivierung der 5-Lipoxygenase auf der gesamten Haut erhöht ist, während eine Aktivierung der Ciclooxygenase-2 lediglich bei Akneeffloreszenzen vorliegt [30]. Andererseits ist Ciclooxygenase-2 an der PPARgamma-regulierten Prostaglandin-2-Synthese in humanen Sebozyten beteiligt [54].

Interessanterweise wird bei Eskimos, den Einwohnern der Okinawa-Insel und Chinesen in Zusammenhang mit dem Wechsel ihrer Ernährungsgewohnheiten häufiger Akne beobachtet [29] [55] [56]. Die verwestlichte Ernährung schließt eine niedrige Menge an Omega-3-Fettsäuren und antioxidativen Vitaminen sowie höhere Mengen von proinflammatorischen Omega-6-Fettsäuren ein. Das Verhältnis Omega-6-/Omega-3-Fettsäuren in der westlichen Ernährung beträgt 20 : 1, im Gegensatz zu einem 1 : 1-Verhältnis in traditionellen Ernährungsschemata [57].

Insgesamt bleibt die Rolle der Ernährung bei Akne immer noch strittig. Auch wenn Cordell u. Mitarb. [58] berichtet haben, dass es bei den Kitava-Insulanern in Papua-Neuguinea und den Ache-Jägern in Paraguay keine Aknepatienten gibt [58], lässt sich nicht sagen, ob dies an den Genen oder an der Ernährung liegt [59].

Rauchen und Akne

Zwischen Akneschweregrad und täglicher Zahl an gerauchten Zigaretten wurde eine klare positive Assoziation nachgewiesen [60]. Allerdings zeigten andere Studien keinen Zusammenhang zwischen Rauchen und Akne [61] oder sogar einen negativen Zusammenhang, wobei Raucher erinnern, weniger oder leichte Akne gehabt zu haben [62] [63]. Untersuchungen ergaben, dass der Zigarettenrauch hohe Mengen an Arachidonsäure und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen enthält [64]. Diese initiieren einen Phospholipase-A2-abhängigen Signalweg, der die proentzündliche Wirkung von Arachidonsäure weiter stimulieren kann [65]. Andererseits nehmen Raucher aber auch häufiger eine Nahrung reich an gesättigten und arm an ungesättigten Fetten ein, was zu einer vergleichsweise niedrigeren Konzentration von Linolsäure-Aufnahme bei Rauchern führt [66].

Propionibacterium acnes (P. acnes) und Toll-like-Rezeptoren

Sowohl Toll-like-Rezeptoren-2 und -4 als auch CD14 werden in menschlichen Monozyten und Keratinozyten exprimiert [67] [68]. Die Chemokin-/Zytokin-Synthese wird in Keratinozyten durch Aktivierung des Toll-like-Rezeptors-2 via P. acnes stimuliert, wobei diese Aktivierung P. acnes-Subtyp-abhängig ist [69]. Diese Befunde haben die Diskussion um die Beteiligung von P. acnes an der Akne-assoziierten Entzündung erneut angefacht. Jedoch erwies sich P. acnes außerstande, die Freisetzung von IL-1 aus menschlichen Keratinozyten in vitro zu stimulieren [70] (Abb. [3]). Darüber hinaus werden Toll-like-Rezeptoren-2 und -4 und CD14 auch in Sebozyten exprimiert [71] [72]. Die Erkennung von P. acnes oder der unspezifischen bakteriellen Antigene Lipopolysaccharide führt zur Induktion der Expression des Enzyms Stearoyl-Coenzym-A-Desaturase in humanen Sebozyten und der Synthese der sebozytären Fettsäuren Palmitoleat (C16 : 1) und Oleat (C18 : 1) [73] und des humanen beta-Defensin-2 [74], die eine signifikante antibakterielle Aktivität besitzen. Dieser Mechanismus weist auf die Rolle von P. acnes als komensales Bakterium hin, dass für eine Bereitschaft der endogenen Immunität der Haut gegen pathogene Keime verantwortlich ist.

Deshalb scheint P. acnes eher an einem späteren Stadium der Akneentwicklung beteiligt zu sein, wenn es zu bedeutendem follikulärem Wachstum kommt, und nicht an der Initiation der Akneeffloreszenzen. Der erfolgreiche therapeutische Einsatz von Antibiotika bei Akne ist nicht allein auf eine antibakterielle Aktivität zurückzuführen, sondern kann auch als Ausdruck einer paraantibiotischen antientzündlichen Wirkung betrachtet werden.

Literatur

Prof. Dr. med. Christos C. Zouboulis

Hautklinik und Immunologisches Zentrum · Städtisches Klinikum Dessau

Auenweg 38 · 06847 Dessau

Email: christos.zouboulis@klinikum-dessau.de

Literatur

Prof. Dr. med. Christos C. Zouboulis

Hautklinik und Immunologisches Zentrum · Städtisches Klinikum Dessau

Auenweg 38 · 06847 Dessau

Email: christos.zouboulis@klinikum-dessau.de

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Abb. 1 Die verschiedenen klinischen Gesichter der Acne vulgaris.

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Abb. 2 Natürlicher zyklischer Prozess im Talgdrüsenfollikel (Mikrokomedo). Unkontrollierte Überstimulation oder Fehler der negativen Feedback-Regulation können zur Entwicklung von klinisch relevanten Akneeffloreszenzen, nämlich Komedonen und entzündlichen Papeln führen (aus [2]).

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Abb. 3 Entzündung und Talgdrüsenfollikel. Expression proentzündlicher Zytokine in den Talgdrüsenzellen und Versammlung von einzelnen Lymphozyten um den Ductus seboglandularis sind bereits in gesunder Gesichtshaut nachweisbar. In den Komedonen wird eine erhöhte IL-1alpha-Konzentration gemessen, wobei die Behandlung des Acroinfundibulums ex vivo mit IL-1alpha eine Komedonen-ähnliches Bild mit Proliferation der follikulären Keratinozyten verursacht. P. acnes führt weder zur erhöhten IL-1alpha-Synthese noch zu Veränderungen des follikulären Epithels.

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Abb. 4 Moderne Aspekte der Aknepathogenese. Androgene, Liganden der Peroxisom-Proliferation-aktivierenden Rezeptoren (PPAR), regulierende Neuropeptide mit hormoneller und nicht-hormoneller Aktivität und Umweltfaktoren führen zu Hyperseborrhoe, epithelialer Hyperproliferation im Ductus seboglandularis und dem Acroinfundibulum und zur Expression von pro-entzündlichen Chemokinen/Zytokinen, die die Entwicklung von Komedonen und entzündlichen Effloreszenzen stimulieren (aus [2]).