Einzelne Zytostatika beim Bronchialkarzinom
Klassifikation Zytostatika
Teilt man die Zytostatika nach Angriffspunkt und Herkunft ein [26]
[27], unterteilt man in Alkylanzien (Cyclophosphamid, Ifosfamid, Mitomycin), Platinanaloga,
Antimetabolite (Methotrexat, Gemcitabine), Topoisomerase-I-Hemmer Camptothecine (Irinotecan,
Topotecan), und Topoisomerase-II-Hemmer (Etoposid) Antimikrotubulus-Stoffe (Vinca-Alkaloide
und Taxane) und Anthrazykline: (Adriamycin und Epirubicin). Gemeinsam haben die Substanzen
gleicher Stoffklassen in der Regel Wirkmechanismus und Toxizitätsspektrum. Langfristig
problematisch ist die Entwicklung von primären oder erworbenen Resistenzen gegen einzelne
Zytostatika, weshalb dann in der Regel die Stoffklasse gewechselt wird.
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Alkylanzien [28]: Zu ihnen gehören Cyclophosphamid und seine Schwestersubstanz Ifosfamid, sowie Mitomycin.
Alkylanzien hemmen Tumorzellen zyklusunabhängig, indem sie eine kovalente Bindung
mit der DNS eingehen. Störungen der Reduplikation der DNS werden mit Einzelstrangbrüchen
und folgender Störungen der DNA- und Eiweißsynthese induziert. Alkylanzien habe eine
zytotoxische, aber auch eine mutagene und kanzerogene Wirkung. Sie wirken hämatotoxisch,
z. T. auch mit verzögerter Knochenmarkserholung (z. B. Mitomycin), sind in der Regel
emetogen und haben eine Schleimhauttoxizität mit Mukositis, Diarrhoe und Stomatitis.
Interstitielle Pneumonien sind von Mitomycin und Cyclophosphamid bekannt. Cyclophosphamid
wirkt immunsuppressiv.
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Cisplatin und Analoga: Platine sind eine besondere Klasse von Antitumormedikamenten.
Neben Cisplatin (Cis-diamminedichloroplatin: CDDP) wurden als Analoga Carboplatin
und Oxaliplatin entwickelt. Cisplatin interagiert alkylierend mit der DNS unter andrem
durch Bildung von DNS-Addukten und Crosslinks.
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Antimetabolite: Pemetrexed als Multi-Target-Antifolat und Raltitrexed sind Metotrexat-Verwandte,
auch die 5-Fluoropyrimidine (5-FU) und Capecitabine, sowie Gemcitabine wirken als
Antimetabolite. Sie ähneln in ihrer Struktur physiologischen Substraten und führen
über eine kompetitive Hemmung wichtiger Enzymreaktionen zu einer Störung des Zellstoffwechsels,
letztlich zu einer Störung der DNS- oder RNS-Synthese. Antimetaboliten wirken nur
in der S-Phase des Zellzyklus, wenn die zur DNS Replikation notwendigen Enzyme aktiv
sind. Antimetabolite wirken auch immunsuppressiv, teratogene Nebenwirkungen sind anzunehmen,
kanzerogene Wirkungen sich nicht sicher ausgeschlossen, im Vergleich zu den Alkylanzien
aber von untergeordneter Bedeutung.
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Topoisomerase-Hemmer: Camptothecine, Epipodophyllotoxine, Anthrazykline, wirken durch
eine Synthesehemmung der DNA und der molekularen RNA. Sie wirken durch eine Fragmentierung
der zellulären DNA und Schädigung der Zellmembran, bewirken weiterhin DNA-Strangabbrüche
und bilden freie Radikale.
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Antimikrotubulus-Stoffe: Vinca-Alkaloide und Taxane beeinflussen den Spindelapparat.
Einzelsubstanzen
Cisplatin, Carboplatin
Cisplatin [29] ist das Standard- und Basismedikament beim kleinzelligen und nicht-kleinzelligen
Bronchialkarzinom. Hauptnachteil ist eine zum Teil intensive Toxizität und das Problem
der Resistenzentwicklung.
Wirkmechanismus: Cisplatin ist eine Schwermetallkomplexverbindung mit antineoplastischer Wirksamkeit,
strukturell ist Cisplatin ein Diamino-dichloro-Platin (DDP). Es wirkt alkylierend
mit der zellulären DNS durch Bindung an alle DNS-Basen mit Monostrangaddukten und
Ausbildung von Quervernetzungen („Crosslinks”), in deren Folge DNS, RNS und Proteinsynthese
gestört werden.
Pharmakokinetik: Cisplatin geht nach i. v.-Infusion rasch in eine hohe Proteinbindung, es wird biphasisch
renal durch glomeruläre Filtration und tubuläre Sekretion eliminiert, die Halbwertszeit
für freies Platin liegt unter einer Stunde und dauert für das Gesamtplatin 5 Tage.
Im Liquor finden sich nur 4 % des Plasmaspiegels.
Zulassung: SCLC: Bei kleinzelligen Bronchialkarzinomen im Rahmen einer Polychemotherapie; in
Abhängigkeit vom Krankheitsstadium im Rahmen kurativer Therapiekonzepte in Verbindung
mit chirurgischen oder radiologischen Therapien oder zur palliativen Therapie. NSCLC:
Zur palliativen Kombinationschemotherapie beim fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen
Bronchialkarzinom (bei lokal fortgeschrittenen, inoperablen Tumoren auch in Verbindung
mit Radiotherapie).
Anwendung und Dosierung: Dosierung: Allgemein werden 50 - 120 mg Cisplatin/m2 Körperoberfläche (KO) in 0,9 % Chlorid-enthaltender (Na Cl-) Lösung über 0,5 - 2
Stunden in 3 - 4-wöchigen Abständen oder 15 - 20 mg Cisplatin/m2 KO an den Tagen 1 - 5 in 3 - 4-wöchigen Abständen gegeben. Cisplatin darf nie ohne
Prähydratation, forcierte Diurese und Posthydratation [30] zur Vermeidung der Nephrotoxizität gegeben werden. Voraussetzungen sind: normale Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance > 60 ml pro Minute), keine Harnabflussbehinderung,
keine Begleiterkrankung, die eine Hydrierung von 2 - 3 l/Tag verhindert, keine schwerwiegenden
Vorschäden des Innenohrs oder des peripheren Nervensystems. Prähydratation: Ziel der Hydrierung ist eine Diurese von mindestens 100 ml/h. Intravenös sollte mindestens
1 l/m2 über minimal 2 - 3 h gegeben werden, oral 2 - 3 l über 8h. Bei Cisplatin-Dosen über
20 mg/m2 KO ist die i. v.-Gabe von Mannit (z. B. 125 ml 20 %ige Lösung) unmittelbar vor der
ersten Gabe von Cisplatin-obligat. Posthydratation: Nach Gabe des Cisplatins sollte eine Diurese von 100 ml/h über 24 h nach der Applikation
sichergestellt sein. Es werden 2 - 3 l/m2 isotonischer Natriumchloridlösung/m2 KO mit 5 %iger Glucoselösung im Verhältnis 1 : 1,5 gegeben. (Infusionsschemata siehe
30). Eine zweite prophylaktische Mannitapplikation 4 h nach Ende der Cisplatintherapie
wird häufig durchgeführt, sie kann auch ggf. bedarfsadaptiert bei Retention von >
1000 ml Flüssigkeit oder Abfall der Urinproduktion auf < 100 ml erfolgen. Ist die
Flüssigkeitsausscheidung nicht ausreichend, sind weitere diuretische Maßnahmen (z.
B. Furosemid 20 mg i. v. oder Torasemid 10 mg i. v.) indiziert. Wichtig sind Gewichtskontrollen
(mind. 2 × am Tag) und die Bestimmung von Serum-Kreatinin und Elektrolyten incl. Magnesium-,
Natrium-, Kalium- und Calcium. Als Antidot im Falle einer Intoxikation kann Natriumthiosulfat
in der früheren Phase der Intoxikation versucht werden.
Paravasat-Risiko: Bei versehentlich paravasaler Injektion kann es zu lokalen, in der Regel nicht schwerwiegenden
Gewebereizungen kommen. Schwere Nekrosen sind sehr selten.
Toxizität: Hämatotoxizität, Neuro- und Nephrotoxizität und eine stark emetogene Wirkung sind
die wesentlichen Cisplatintoxizitäten. Cisplatin ist hämatotoxisch mit Granulozytopenie,
Thrombozytopenie und kumulativer Anämie. Der Leukozytentiefstwert (Nadir) ist nach
14 Tagen, der Thrombozytennadir nach 21 Tagen zu erwarten. Häufig wird eine normochrome
Anämie beobachtet. Die Nephrotoxizität ist dosislimitierende Toxizität des Cisplatins,
Vorsicht bei Hyperurikämie oder Hypoalbuminämie. Eine dosisabhängige und bei Mehrfachgabe
zunehmende Beeinträchtigung der Nierenfunktion tritt bei ca. 35 % der Fälle auf, eine
Hyperurikämie wird bei 25 - 30 % beobachtet. Die Cisplatin-induzierte Nephrotoxizität
hat eine akute Phase mit einer Elektrolytverschiebung, Hypomagnesiämie und akuter
Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate, und eine chronische Phase mit Einschränkung
der Kreatinin-Clearance mit erhöhtem oder erhöhtem Serum-Kreatinin. Es können irreversible
Nierenfunktionsstörungen durch Tubulusnekrosen auftreten. Bei fehlender bzw. nicht
ausreichender Prä- und Posthydratation kann es zu einem akuten globalen Nierenversagen
kommen (s. o. obligate Prä- und Posthydratation). Bei Anwendung konventioneller Dosen
(80 - 100 mg/m2KO) und ausreichender Prä- und Posthydratation werden in der Regel aber nur geringe
und reversible Nierenfunktionsstörungen beobachtet. Eine forcierte Diurese sollte
auf keinen Fall nur mit Schleifendiuretika herbeigeführt werden (Gefahr der Tubulusschädigung
und gesteigerter Ototoxizität). Die Neurotoxizität stellt die zweitwichtigste Form
der chronischen Toxizität dar und kann z. B. mit Parästhesien durch periphere Neuropathien,
aber auch Hörverlust, Sehstörungen und epileptiformen Krämpfen oder Verlust des Tast-
und Geschmackssinnes auftreten. Die Neurotoxizität kann auch noch bis zu 3 Monate
nach Absetzen der Behandlung fortschreiten. Sie kann reversibel sein, ist jedoch sehr
häufig (bei 30 - 50 % der Patienten) irreversibel, auch nach Abbruch der Behandlung.
Die Hörschädigung ist kumulativ und irreversibel und beginnt mit einem Verlust der
Wahrnehmung im Bereich hoher Frequenzen über 2000 Hz. Wenn der Sprachbereich mit dem
normalen Hörfrequenzbereich zwischen 250 und 2000 Hz eingeschränkt wird, sollte möglichst
auf Carboplatin umgestellt werden. Wir empfehlen ein Audiogramm vor Behandlungsbeginn
und auch wiederholt unter der Cisplatin-Therapie. Selten (0,1 - 1 % der Patienten)
wurden Sehstörungen, Arrhythmien, akute ischämische Ereignisse, Glukoseintoleranz
oder Pankreatitis beobachtet. Cisplatin zählt zu den stark emetogen wirkenden Zytostatika
und verursacht eine akute (1 - 4 Stunden nach Cisplatin-Gabe) und eine verzögerte
(1 - 2 Tage, bis zu 1 Woche) Übelkeit. Wesentlich ist eine vorbeugende effektive antiemetische
Therapie, ev. unter zusätzlicher Gabe von Sedativa bzw. Neuroleptika in der Kombination
von Serotoninantagonisten, kombiniert mit Dexamethason, ev. mit zusätzlichem NK-1-Hemmer.
Anaphylaktische Reaktionen mit Hautausschlag, makulopapulöse Hautausschläge, Urtikaria,
Erytheme, Pruritus, erhöhter Herzfrequenz, Blutdruckabfall, Atemnot, Bronchospasmus,
Ödemen und Fieber kommen selten (in 0,1 - 1 % der Fälle) vor.
Stellenwert beim Bronchialkarzinom: Cisplatin ist unverzichtbares Basismedikament zur Therapie des kleinzelligen und
nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms (s. o.).
MERKE
Cisplatin ist Standardmedikament beim SCLC und NSCLC.
Unter Cisplatin im Vgl. zu Carboplatin sign, höhere Ansprechraten, daher sinnvoll
bei neoadjuvanter Therapie, bei deutlichen tumorbedingten Symptomen und beim LD-SCLC
in Kombination mit Bestrahlung.
Vorsicht:
- Nephrotoxizität: nur bei normaler Nierenfunktion
- Nur mit Prä- und Posthydrierung, in chloridhaltiger Infusion
- (gute kardiale Pumpfunktion?)
- stark emetisch, immer mit guter Antiemese
- hämatotoxisch mit Leukopenie, Thrombozytopenie und kumulativer Anämie
- neurotoxisch: peripher, ototoxisch
MERKE
Carboplatin ist neben Cisplatin der Standardkombinationspartner beim SCLC und NSCLC
CARBOPLATIN:
- Dosierung nach AUC (meist AUC 5, selten 6) in chloridfreier Lösung
- Kreatinin-Clearance soll >30 ml/min sein
- Toxizität ähnlich dem Cisplatin,
- weniger emetisch
- mehr hämatotoxisch (bes. Thrombozytopenien)
- ähnlich neurotoxisch
Carboplatin [29] oder Cyclobutandicarbonsäure-Cisdiaminplatin (CBDCA) wirkt als Alkylans. Es hat
eine dem Cisplatin vergleichbare antineoplastische Aktivität. Im Vergleich zu Cisplatin
ist Carboplatin besser verträglich, besonders, da die cisplatinbedingte Hydrierung
nicht notwendig ist.
Wirkmechanismus: Carboplatin wirkt antineoplastisch und zytozid. Seine Wirkung beruht auf einer Quervernetzung
der DNA-Einzel- und -Doppelstränge durch Platinierung und Störung der Matrizenfunktion
der DNS. Es behindert die DNS-Synthese durch Brückenbildung an der DNS, wobei auch
andere Reaktionen mit der RNS, Proteinen und Zellmembran dazukommen.
Pharmakokinetik: Carboplatin wird langsamer metabolisiert und eliminiert als Cisplatin. Die Elimination
erfolgt überwiegend unverändert durch glomeruläre Filtration, eng mit der GFR korreliert.
Die terminale Plasma-Halbwertszeit für freies Carboplatin beträgt 2 - 6 h, für Gesamtplatin
7 - 40 h. Die Plasmaproteinbindung von Carboplatin beträgt nach 4 h 20 - 25 % und
nach 24 h > 90 %.
Zulassung: Carboplatin allein oder in Kombination mit anderen antineoplastisch wirksamen Medikamenten
ist zur Behandlung des kleinzelligen und nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms zugelassen.
Dosierung und Anwendung: Carboplatin wird als i. v. Kurzzeit-Infusion verabreicht und sollte im Gegensatz
zu Cisplatin in Chlorid-freier Lösung gegeben werden und nicht mit aluminiumhaltigen
Teilen in Kontakt kommen. Unvorbehandelte Erwachsene mit normaler Nierenfunktion erhalten
200 - 400 mg Carboplatin/m2 Körperoberfläche oder AUC 5 oder 6 als i. v. Kurzzeitinfusion (15 - 60 Minuten) alle
4 Wochen. Alternativ kann die Dosierung nach unten angegebener Formel zur AUC (Area
Under the Curve) berechnet werden, die die Nierenfunktion einbezieht und das Risiko
der Über- oder Unterdosierung aufgrund individueller Unterschiede der Nierenfunktion
reduziert. Bei einer glomerulären Filtrationsrate < 30 ml/min darf Carboplatin nicht
mehr angewendet werden.
Formel nach Calvert:
Gesamtdosis (mg) = Ziel-AUC (mg/ml × min) × [GFR (ml/min) + 25]
Toxizität: Die dosisbegrenzende Nebenwirkung von Carboplatin ist die Myelosuppression mit kumulative
Thrombopenie und Granulozytopenie. Der Thrombozytennadir ist am Tag 17 - 21 zu erwarten
mit Erholung am Tag 28. Eine Anämie tritt häufig auf und kann kumulativ sein. Übelkeit
und Erbrechen sind milder ausgeprägt als bei Cisplatin. Die Nephrotoxizität ist milder
als bei Cisplatin, eine Alopezie allerdings häufiger, besonders in Kombination mit
Taxanen. Die Neurotoxizität mit Polyneuropathie, Ototoxizität und Störungen des Vestibularapparates,
sowie peripherer Polyneuropathien ähnelt der Cisplatin-Toxizität, ist aber milder.
Es können Hypersensitivitätsreaktionen auftreten (bei < 2 % der Patienten) mit Urtikaria,
Juckreiz, Fieber und/oder Hautrötungen, selten mit Bronchospasmus und Blutdruckabfall.
Carboplatin wirkt strahlensensibilisierend. Ein meist reversibler Anstieg von Leberenzymen
wurde beobachtet. Carboplatin ist mittelgradig emetogen und bedarf einer antiemetischen
Therapie (Tab. [3]).
MERKE:
Cyclophosphamid gehört zum älteren Standard (ACO, EPICO) beim SCLC.
CYCLOPHOSPHAMID:
- ist mittelgradig emetogen und hämatotoxisch
- mäßiges Zystitisrisiko
- kann oral gegeben werden
Tab. 3 Platin-Toxizitäten (nach [29])
Toxizität |
Cisplatin |
Carboplatin |
Oxaliplatin |
Myelosuppression |
|
X |
|
Nephrotoxizität |
X |
|
|
Neurotoxizität |
X |
|
X |
Ototoxizität |
X |
|
|
Übelkeit/Erbrechen |
XX |
X |
X |
Cyclophosphamid
Cyclophosphamid (CPM) [26]
[28] ist als Stickstofflost-Abkömmling eins der „ältesten” Alkylanzien. CPM ist in vitro
nicht aktiv, sondern muss in vivo in mehreren Stufen aktiviert werden.
Wirkmechanismus: (siehe Ifosfamid). CPM ist während des ganzen Zellzyklus zytostatisch wirksam und
wird auch zur Immunsuppression eingesetzt.
Pharmakokinetik: CPM bei oraler Anwendung gut resorbiert. Die Serum-Halbwertszeit nach i. v.-Gabe
beträgt 4 - 10 Stunden, die Ausscheidung erfolgt überwiegend renal. Bei eingeschränkter
Leberfunktion ändert sich die Bioverfügbarkeit nicht wesentlich, bei Niereninsuffizienz
kommt es zu einer Akkumulation der zytostatisch aktiven Metaboliten, weshalb eine
50 %ige Dosisreduktion bei einer unter 25 ml/min verringerten Kreatinin-Clearance
empfohlen wird. Interaktionen: siehe Ifosfamid
Zulassung: Kleinzelliges Bronchialkarzinom.
Dosierung und Anwendung: Die gebräuchlichste Dosierung in der Kombinationstherapie ist die 3 - 4wöchige einmalige
Gabe von 750 - 1000 mg/m2 i. v.
Toxizität: Emetogenität: Cyclophosphamid ist mittelgradig emetogen und bedarf einer mittelgradig
intensiven antiemetischen Therapie (Dexamethason + Serotoninantagonist). CPM führt
zu reversibler Alopezie und führt zu Amenorrhoe und Azoospermie. Es kann selten eine
Pneumonitis auslösen und eine Zystitis, weshalb bei höheren Dosis neben reichlich
Flüssigkeitszufuhr eine Mesna-Therapie empfohlen wird. Hämatotoxizität: CPM wirkt mäßiggradig myelosuppressiv mit Leukozytopenie, Thrombozytopenie und Anämie.
Paravasat-Risiko: Bei paravenöser Injektion besteht keine Gefahr für eine Gewebsschädigung, da die
zytostatische Wirkung erst nach Aktivierung in der Leber erfolgt.
Stellenwert beim SCLC und NSCLC: beim SCLC gehört CPM, z. B. beim ACO-Schema zu den (älteren) Standard-Medikamenten.
Beim NSCLC wird CPM nicht mehr angewandt.
MERKE:
Ifosfamid ist Standardmedikament der 2. Generation beim NSCLC, gut wirksam beim SCLC.
IFOSFAMID:
- in der Regel fraktioniert über 3 - 5 Tage i. v. gegeben
- ist nephrotoxisch
- Gefahr der hämorrhagischen Zystitis, daher obligate MESNA-Begleitmedikation
- IFO-Durchgangssyndrom kennen und erkennen
- mittelgradig emetogen
- hohes Alopezierisiko
Ifosfamid (IFO)
Ifosfamid [26]
[28] als Zytostatikum der Oxazaphosphoringruppe ist ein synthetisches Analogon des Cyclophosphamids
und somit eine Schwestersubstanz des Cyclophosphamid (CPM). Es ist chemisch mit Stickstofflost
verwandt.
Wirkmechanismus: Ifosfamid wirkt als Alkylans ähnlich dem CPM ohne Kreuzresistenz zum CPM. Seine zytotoxische
Wirkung beruht auf einer Interaktion seiner alkylierenden Metaboliten mit der DNS.
Der bevorzugte Angriffspunkt sind die Phosphodiesterbrücken der DNS. Folge der Alkylierung
sind Strangbrüche und Quervernetzungen der DNS. Im Zellzyklus wird eine Verlangsamung
der Passage durch die G2-Phase verursacht.
Pharmakokinetik: Ifosfamid ist in vitro inaktiv und wird erst in der Leber durch mikrosomale Enzyme
über das Cytochrom P System aktiviert. Das renal eliminierte Abbauprodukt Acrolein
wird für die urotoxischen Effekte von Ifosfamid verantwortlich gemacht. Die Plasmaproteinbindung
ist gering. Nach i. v.-Gabe ist Ifosfamid innerhalb von wenigen Minuten in Organen
und Geweben nachweisbar. Unverändertes Ifosfamid kann die Blut-Hirn-Schranke überwinden,
während dies für die aktiven Metaboliten kontrovers diskutiert wird. Die Plasma-Halbwertszeit
von Ifosfamid und seinen 4-Hydroxy-Metaboliten liegt zwischen 4 - 7 Stunden. Die Elimination
erfolgt zu 80 % renal als Metaboliten oder unverändertes Ifosfamid.
Zulassung: Nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome zur Einzel- oder Kombinationschemotherapie
von Patienten mit inoperablen oder metastasierten Tumoren. Kleinzelliges Bronchialkarzinom
zur Kombinationschemotherapie.
Dosierung und Anwendung: Die gebräuchlichste Dosierung in der Monotherapie bei Erwachsenen ist die fraktionierte
Applikation über 3 - 5 Tage. Die Dosierung beträgt 1000 - 2400 mg/m2 Körperoberfläche (KO) täglich für 3 - 5 Tage oder 125 mg/kg Körpergewicht (KG) als
24 h Infusionen alle 3 Wochen mit ausreichender Hydratation (1 - 3 l Flüssigkeit pro
Tag). Die gleichzeitige Gabe von Mesna (je 20 % der Ifo-Dosis Stunde 0, 4 und 8 i.
v.) senkt das Risiko einer hämorrhagischen Zystitis und gehört obligat zur Ifosfamid-Therapie.
Vorsicht ist bei Nierenfunktionseinschränkungen oder Vortherapie mit nephrotoxischen Medikamenten,
Harnabflussbehinderungen oder Zystitiden geboten. Bei eingeschränkter Nierenfunktion
sollte die Dosis reduziert werden. Interaktionen: Allopurinol und Hydrochlorothiazid können die Wirkung verstärken, eine verstärkte
Wirkung oraler Antidiabetika wird diskutiert, die Wirkung von Muskelrelaxanzien (z.
B.) Suxamethonium kann verstärkt werden.
Toxizität: Emetogenität: Ifosfamid ist mittelgradig emetogen und bedarf einer intensiven antiemetischen
Therapie (Dexamethason + Serotoninantagonist). Ifosfamid hat eine renale Toxizität
und kann zu tubulären Nierenfunktionsstörungen oder auch glomulärer Nierenfunktionsstörung
mit Anstieg des Serum-Kreatinins, einer Abnahme der Kreatinin- Clearance und einer
Proteinurie führen. Mögliche Auslöser für eine glomuläre Nierenfunktionsstörung können
hohe Einzeldosen oder eine zusätzliche Behandlung mit platinhaltigen Präparaten sein.
Hämatotoxizität: Ifosfamid wirkt myelosuppressiv mit Leukozytopenie, Thrombozytopenie
und Anämie. Eine Alopezie tritt in Abhängigkeit von der Dosis und Dauer der Behandlung
in bis zu 100 % der Fälle auf. Typische Nebenwirkung in 10 - 20 % der Fälle ist das
so genannte Ifosfamid-Durchgangssyndrom mit in der Regel reversibler Enzephalopathie
(Desorientiertheit, Verwirrtheitszustände). Die Enzephalopathie kann sich innerhalb
von wenigen Stunden bis Tagen nach Therapiebeginn, typischerweise abends und nachts
an den Tagen 2 und 3 unter Therapie entwickeln. Risikofaktoren sind: schlechter Allgemeinzustand,
verminderte Nierenfunktion, und postrenale Abflusshindernisse (z. B. Tumoren im Beckenbereich),
höheres Alter, Alkoholanamnese, Hirnmetastasen, erniedrigtes Serumalbumin, hepatische
Funktionsstörung oder auch die gleichzeitige Gabe von Antiemetika in hohen Dosen.
Schläfrigkeit oder Verwirrtheit sind die häufigsten Manifestationen der Enzephalopathie.
Sie kann aber bis zur Somnolenz und Koma, depressive Psychosen und Halluzinationen
fortschreiten. Die Enzephalopathie ist im Allgemeinen reversibel und klingt spontan
innerhalb weniger Tage nach der letzten Ifosfamid-Gabe ab. Schwere Verläufe sind selten.
Im Falle einer Enzephalopathie sollte die Behandlung mit Ifosfamid abgebrochen und
auch nicht wieder aufgenommen werden. In schwersten Fällen von Ifosfamid-bedingter
Enzephalopathie kann die Anwendung von Methylenblau erwogen werden. Paravasat-Risiko: Bei paravenöser Injektion besteht keine Gefahr für eine Gewebsschädigung, da die
zytostatische Wirkung von Ifosfamid erst nach Aktivierung in der Leber erfolgt.
Stellenwert beim SCLC und NSCLC: beim SCLC gehört Ifosfamid als Cyclophosphamid-Verwandter zu den Standard-Medikamenten,
(ACO oder ADM/IFO oder ICE). In England ist das ICE-Schema ein Standard-Schema. Beim
NSCLC gehört Ifosfamid zu den Standard-Medikamenten der 2. Generation, häufig z. B.
beim MIC- oder NIP-Schema angewandt. Wir empfehlen Ifosfamid z. B. bei Mischtumoren
mit klein- und nicht-kleinzelligen Anteilen.
MERKE:
Trofosfamid (Ixoten®) ist eine orale Alternative zu Ifosfamid.
- hämatotoxisch
- ev. Zystitis
- regelmäßige Blutbildkontrollen sind nötig
Trofosfamid (TROF)
Trofosfamid Ixoten® [26] ist ein Zystostatikum aus der Gruppe der Alkylanzien. Wirkmechanismus und klinische
Tumorwirksamkeit gleichen dem Ifosfamid. Trofosfamid ist in vitro weitgehend inaktiv
und wird nach Aktivierung in der Leber hauptsächlich zu Ifosfamid, zu einem kleinen
Teil zu Cyclophosphamid umgewandelt.
Wirkmechanismus: siehe Ifosfamid
Pharmakokinetik: Gute orale Bioverfügbarkeit, aufgrund eines raschen hepatischen Metabolismus hat
Trofosfamid eine kurze terminale Halbwertzeit von 3 Stunden. Die Bioaktivierung von
Trofosfamid wird hauptsächlich durch das Cytochrom P450 Enzym CYP3A4 der Leber katalysiert.
Innerhalb kurzer Zeit ist nach oraler Gabe von Ixoten eine alkylierende Aktivität
im Urin zu messen. Die zytostatisch aktiven Metabolite von Ixoten werden durch glomeruläre
Filtration ausgeschieden. Bei Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate muss
mit einer entsprechend verzögerten Ausscheidung gerechnet werden. Vorsicht bei einer
eingeschränkten Leberfunktion mit möglichem Einfluss auf die hepatische Metabolisationsrate.
Dosierung und Anwendung: täglich 50 - 150 mg Tagesdosis als Erhaltungstherapie.
Toxizität: siehe Ifosfamid: Übelkeit und Erbrechen sind mild, Blasenreizungen können auftreten,
eine Alopezie ist möglich. Trofosfamid ist hämatotoxisch mit Leukozytopenie, seltener
Thrombozytopenie oder Anämie.
Stellenwert beim Bronchialkarzinom: Wir nutzen Trofosfamid als orale Alternative zu Ifosfamid, häufig auch in der Zweit-
oder Drittlinientherapie des SCLC oder NSCLC, sofern keine anderen Optionen zur Verfügung
stehen.
MERKE:
Mitomycin ist 2. Generationspräparat beim NSCLC.
Vorsicht:
- unbedingt Paravasate vermeiden
- hämatotoxisch, verzögerter Nadir nach ca. 4 Wochen
- Mitomycin-Alveolitis und HUS erkennen
- kaum emetisch, kaum Alopezie
Mitomycin
Das Antibiotikum Mitomycin [26] früher Mitomycin C (MMC) ist ein Zytostatikum aus der Gruppe der Alkylantien. Mitomycin
ist Standardmedikament der 2. Generation beim NSCLC.
Wirkmechanismus: Mitomycin entfaltet seine zytostatischen Eigenschaften nach Metabolisierung. Es entsteht
ein bifunktionelles Alkylans, das auch in der Lage ist, die komplementären DNS-Stränge
quer zu vernetzen. Eine weitere alkylierende Gruppe kann an der Aminogruppe des Hydrochinonringes
entstehen. Mitomycin wirkt in der späten G1-, in der S- und in der G2-Phase des Zellzyklus.
Es wird in allen Geweben durch Reduktasen aktiviert, bevorzugt unter anaeroben Bedingungen.
Somit besteht eine größere Sensitivität hypoxischer und azidotischer Zellpopulationen
gegenüber Mitomycin.
Pharmakokinetik: Die Ausscheidung erfolgt über die Galle mit Rückresorption im enterohepatischen Kreislauf
und zu 15 % über die Nieren durch glomeruläre Filtration.
Zulassung: Blasentumoren, Magen-, Bronchial-, Pankreas-, Kolon-, Rektum-, Mamma-, Leberzell-,
Zervix-, HNO-, Ösophaguskarzinom.
Anwendung und Dosierung: Die Dosierung in der Monotherapie beträgt 10 - 20 mg/m2 KOF alle 6 - 8 Wochen oder 8 - 12 mg/m2 KOF alle 3 - 4 Wochen als Bolusinjektion. In der Kombinationstherapie ist die Dosierung
deutlich geringer. Die myelosuppressive Wirkung von Mitomycin kann u. U. durch posttherapeutische
Applikation von Vitamin B6 (200 mg/10 mg Mitomycin) gemildert werden. Paravasat-Risiko: Paravasate sind gefürchtet mit schweren Nekrosen bei paravenöser Injektion. Beim
Paravasat sollte versucht werden, so viel wie möglich zu aspirieren. Eine großflächige
Unterspritzung des Paravasats mit 5000 Einheiten Heparin in 5 ml physiologischer Kochsalzlösung
kann durchgeführt werden. Eine äußerliche Anwendung von Dimethylsulfoxyd (DMSO) kann
Ulzerationen nach paravasaler Injektion vermeiden: Das betroffene Areal und seine
Umgebung werden alle 6 Stunden mit einem DMSO-getränkten Watteträger betupft.
Toxizität: Wesentliche Nebenwirkung ist die kumulative Knochenmarktoxizität. Es tritt regelmäßig
eine Leuko- und Thrombopenie auf. Sie kann sich erst verzögert mit maximaler Ausprägung
nach 4 - 6 Wochen manifestieren und nach längerer Anwendung kumulieren. Leberschäden
treten selten auf, ebenso kaum Übelkeit oder Erbrechen. Eine Alopezie ist kaum zu
erwarten, selten zeigen sich Schleimhautschäden (Stomatitis, Durchfall). Bei bis zu
10 % der Patienten muss mit einer schwerwiegenden Organtoxizität in Form einer interstitiellen
Pneumonitis (Mitomycin-Alveolitis) oder einer Nephrotoxizität als hämolytisch-urämisches
Syndrom (HUS) mit Thrombopenie, MAHA (mikroangiopathisch-hämolytische Anämie) und
Niereninsuffizienz gerechnet werden. Die Toxizität ist kumulativ, eine Dosis von 50
mg/m2 sollte nicht überschritten werden. Bei einer präventiven Gabe von Steroiden wird
das Auftreten der Lungentoxizität sehr selten beobachtet. Wir kontrollieren regelmäßig
die Diffusionskapazität und geben Mitomycin nicht bei einer DLCO/VA < 65 % Soll. Eine
Kombination mit Vinca-Alkaloiden oder Bleomycin kann die pulmonale Toxizität verstärken.
Steroide eignen sich zur Behandlung bereits bestehender Lungentoxizität.
Stellenwert beim Bronchialkarzinom: Mitomycin gehört zu den Zweitgenerationszytostatika des NSCLC und wird häufig z.
B. im MIC oder NIP-Schema angewandt. Aufgrund der langen Dosierungsintervalle ist
Mitomycin auch gut zur Palliativtherapie in 2. oder 3. Linie, ev. als Kombinationspartner
geeignet.
MERKE:
Irinotecan (Campto®) ist zugelassen für das metastasierte Kolonkarzinom und in klinischen Studien beim
SCLC vergleichbar dem Standard DDP/Etoposid. Beim NSCLC scheint Irinotecan laut Phase-II-Studien
beim NSCLC in der Kombinationstherapie wirksam zu sein.
- dosislimitierende Toxizität: Granulozytopenie und Diarrhoe
- Pat. über verzögerte Diarrhoe informieren und Loperamid und Therapieempfehlungen
mitgeben
- selten: akutes cholinerges Syndrom
- kaum Alopezie
- mäßig emetogen
Topoisomerasehemmstoffe [31]
Irinotecan, Topotecan und Etoposid
DNS Topoisomerasen sind im Zellkern lokalisierte Enzyme die zur DNS Replikation und
Translation, im Prinzip zum „Umpacken” der DNS notwendig sind. Mehrere verschiedene
Topoisomerasen sind bekannt, sie können in 2 Gruppen der Topoisomerase I und II unterteilt
werden. Beim Bronchialkarzinom werden als Topoisomerase-I-Hemmer die Camptothecin-Derivate
Irinotecan und Topotecan angewandt. Camptothecine sind natürlich vorkommende Alkaloide,
aus Rinde und Holz der chinesischen Pflanze Camptotheca acuminata gewonnen. Etoposid
(VP 16) als Epipodophyllotoxin gehört neben Teniposid (VP-26) zu den älteren Topoisomerase-II-Inhibitoren.
Irinotecan
Irinotecan (CAMPTO®) ist ein semisynthetisches Camptothecin (CPT) Derivat und wirkt durch Interaktion
mit der Topoisomerase I.
Wirkmechanismus: Die Interaktion mit der DNA-Topoisomerase-I verursacht Einzelstrang-DNA-Läsionen,
die die Replikationsgabel der DNA blockieren und für die Zytotoxizität phasenspezifisch
in der S-Phase verantwortlich sind. Neben der Antitumoraktivität ist der bedeutendste
pharmakologische Effekt von Irinotecan die Hemmung der Acetylcholinesterase.
Pharmakokinetik: Irinotecan als inaktive Prodrug wird durch die Carboxylesterase metabolisiert. Die
Pharmakokinetik kann interindividuell stark schwanken, die terminale Plasma-Halbwertszeit
und beträgt 5 - 27 h. Die Ausscheidung erfolgt über die Galle und Nieren. Interaktionen: Cytochrom p 450 Hemmer (z. B. Ketokonazol) oder Induktoren (z. B. Rifampicin, Carbamazepin,
Phenobarbital oder Phenytoin) können den Metabolismus von Irinotecan verändern.
Dosierung: Häufigste Dosierung (beim Kolonkarzinom) ist eine 90-minütige Infusion von 125 mg/m2 wöchentlich an 4 von 6 Wochen gegeben oder eine Einmalgabe von (250-)350 mg/m2 Körperoberfläche (KO) dreiwöchentlich. Bei Patienten mit höherem Therapierisiko empfiehlt
sich die wöchentliche Therapie. Dosierung beim SCLC in Studien: 80 mg/m2 Cisplatin am Tag 1 und 60 mg/m2 KO Irinotecan an den Tagen 1,8 und 15, Wiederholung alle 4 Wochen. Irinotecan wird
nicht empfohlen bei Patienten mit verminderter Nierenfunktion. Bei Patienten mit Bilirubin-Spiegeln
zwischen dem 1,5- und 3fachen des oberen Normalwertes ist die Clearance von Irinotecan
vermindert und das hämatotoxische Risiko erhöht. Irinotecan darf nicht bei Patienten
eingesetzt werden, deren Bilirubinwerte über dem 3fachen des oberen Normalwertes liegen.
Liegt das Bilirubin zwischen dem 1,5fachen und 3fachen des oberen Normalwertes, ist
die Irinotecan-Clearance um ca. 40 % zu reduzieren.
Zulassung: Irinotecan ist lediglich zur Therapie des metastasierten Kolonkarzinoms zugelassen,
(noch) nicht zur Therapie des SCLC oder NSCLC.
Toxizität: Hämatotoxizität und verspätet einsetzende Diarrhoe sind dosislimitierende Toxizitäten.
Irinotecan hat cholinerge Eigenschaften, die durch Atropin antagonisiert werden können.
Die Neutropenie ist reversibel und nicht kumulativ, mit einem Neutrophilennadir am
Tag 8. Die verzögert einsetzende Diarrhoe (> 24 Stunden nach Irinotecan) ist eine
dosisbegrenzende Toxizität, meist beginnend am Tag 5 nach Irinotecan. Die Patienten
müssen informiert sein und sofort mit der entsprechenden Therapie (Volumenersatz durch
Trinken und eine geeignete antidiarrhöische Therapie (Loperamid: 4 mg als Startdosis,
dann 2 mg alle 2 Stunden) beginnen. Ein erhöhtes Diarrhoe-Risiko besteht nach Bestrahlung
des Abdomens, bei Leukozytose und Performance-Status von > 2. Die Diarrhoe kann lebensbedrohlich
sein, besonders bei gleichzeitiger Neutropenie. Übelkeit, Erbrechen, Alopezie und
Stomatitis können auftreten. Bei schwerer Leukopenie (Neutrophile < 500 Zellen/mm3) und anhaltender Diarrhoe sollte zusätzlich antibiotisch behandelt werden, bei Fieber
und Exsikkose stationär. Ein vorübergehendes, teils schweres, akutes cholinerges Syndrom
(frühe Diarrhoe, Flush, Bradykardie, Schwitzen, Bauchkrämpfen, Tränenfluss, Pupillenenge
und erhöhtem Speichelfluss) sollte mit Atropinsulfat (0,25 mg s. c.), behandelt werden.
Diarrhoe und Gesichtsflush sind wahrscheinlich durch die Freisetzung vasoaktiver Substanzen
bedingt. Obstipation in Verbindung mit Irinotecan und oder Loperamid wurde bei weniger
als 10 % der Patienten bei der Monotherapie beobachtet. Irinotecan hat ein mittelgradig
emetogenes Potential und sollte routinemäßig mit einer antiemetischen Therapie kombiniert
werden. Pulmonale Toxizität: Unter der Therapie mit Irinotecan traten interstitielle Lungeninfiltrate auf. Interstitielle
Lungenerkrankungen können letal enden. Risikofaktoren sind der Einsatz lungentoxischer
Arzneimittel, Strahlenbehandlung und die Gabe von koloniestimulierende Faktoren.
Stellenwert beim Bronchialkarzinom: Irinotecan in Kombination mit Cisplatin hat sich beim kleinzelligen Bronchialkarzinoms
in zwei großen Studien als zumindest gleichwertig zur Standardtherapie Cisplatin Etoposid
gezeigt. Beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom ergaben einige Phase-2-Studien
in Kombination mit Platin eine Wirksamkeit beim NSCLC.
MERKE:
Topotecan ist als einziges Zweitlinienmedikament des SCLC zugelassen. TOPO ist
- hämatotoxisch
- wird über 5 Tage gegeben
- gut verträglich
Topotecan (TPT)
Topotecan [31] (Hycamtin®) ist ein semisynthetisches wasserlösliches Camptothecin (CPT)-Derivat
und ein Topoisomerase-I-Inhibitor.
Wirkmechanismus: Als Topoisomerase-I-Hemmer wird die DNS- und RNS-Synthese infolge von Einzelstrangbrüchen
gehemmt. Topoisomerase I ist an der DNA-Replikation beteiligt, indem es die Torsionsspannung
vor der sich vorwärts bewegenden Replikationsgabel löst. Topotecan hemmt die Topoisomerase
I, indem es den kovalenten Komplex aus Enzym und der in die beiden Stränge aufgespaltenen
DNA stabilisiert. Als Folgeerscheinung der Topoisomerase-I-Hemmung in der Zelle entstehen
proteinassoziierte Brüche der DNS-Einzelstränge.
Pharmakokinetik: Topotecan hat ein hohes Verteilungsvolumen und eine verhältnismäßig kurze Halbwertszeit
von 2 - 3 Stunden. Die pharmakokinetischen Parameter ändern sich während der 5 Tage
der Verabreichung nicht. Die Plasmaproteinbindung von Topotecan ist gering (35 %).
Topotecan penetriert in das ZNS, in Liquor wurden 30 % der Plasmaspiegel gemessen.
Die Elimination erfolgt hauptsächlich renal, zu einem geringen Teil auch aktiv in
die Galle. Ungefähr 51 % wurde als Gesamt-Topotecan und 3 % als N-Desmethyl-Topotecan
im Urin ausgeschieden. Die fäkale Ausscheidung von Gesamt-Topotecan betrug 18 %. Die
Elimination ist verlangsamt bei Nieren- und Leberfunktionsstörungen.
Zulassung: Patienten mit rezidiviertem kleinzelligen Bronchialkarzinom (SCLC), die für eine
Wiederbehandlung mit dem in der Primärtherapie verwendeten Behandlungsschema nicht
geeignet sind.
Dosierung und Anwendung: Die empfohlene Dosis an Topotecan beträgt 1,5 mg/m2 Körperoberfläche/Tag, verabreicht als 30minütige intravenöse Infusion an fünf aufeinander
folgenden Tagen als 30-Minuten-Infusionen, Wiederholung alle 3 Wochen, hierunter aber
deutliche Hämatotoxizität, sodass wir in der 2. Linie 1,25 mg/m2 KO empfehlen. Eine routinemäßige Prämedikation zur Vermeidung nicht-hämatologischer
Nebenwirkungen ist bei Topotecan nicht erforderlich. Bei Patienten mit mäßiger Beeinträchtigung
der Nierenfunktion war die Topotecan-Plasma-Clearance auf 34 % des Werts der Kontrollpatienten
verringert. Die empfohlene Dosis für Patienten mit einer Kreatinin-Clearance zwischen
20 und 39 ml/min beträgt 0,75 mg/m2/Tag 1 - 5. Bei einer Kreatinin-Clearance unter 20 ml/min sollte Topotecan nicht gegeben
werden. Die Plasma-Clearance von Topotecan (aktive und inaktive Form) nahm bei Patienten
mit beeinträchtigter Leberfunktion um etwa 10 % ab. Bei stark eingeschränkter Leberfunktion
(Serum-Bilirubinspiegel > 10 mg/dl) sollte Topotecan nicht gegeben werden.
Interaktionen: Topotecan sollte in der Kombination nach Cisplatin oder Docetaxel gegeben werden.
Paravasat-Risiko: Selten wurde über Extravasate berichtet, die Reaktionen bedurften keiner spezifischen
Behandlung.
Toxizität: Dosislimitierende Toxizität ist eine reversible nicht-kumulative Neutropenie mit
dem Nadir ca. am Tag 9, weniger Thrombopenie. Topotecan ist gering emetogen und verursacht
nur selten eine Alopezie. Es wurden Überempfindlichkeitsreaktionen einschließlich
Hautausschlag beobachtet. Häufig treten Mukositis, Nausea, oder Erbrechen auf, schwere
Fälle (3. oder 4. Grades) von Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Mukositis traten
in nur 4, 3, 2 bzw. 1 % auf.
Stellenwert beim Bronchialkarzinom: Topotecan ist einziges zugelassenes Medikament zur Zweitlinientherapie beim SCLC.
Es gibt Hinweise für eine gute Wirksamkeit bei Hirnmetastasen. Beim NSCLC war orales
Topotecan gleichwertig einer Docetaxel-Monotherapie und könnte somit eine, ev. auch
orale Alternative in der 2. Linie des NSCLC werden.
MERKE:
Doxorubicin ist wirksam beim SCLC.
Vorsicht:
- kumulative Gesamtdosis beachten
- kardiotoxisch
- hohes Nekroserisiko bei Paravasat
- nicht mit Bestrahlung kombinieren
Etoposid
Etoposid (VP 16) ist [31] ein halbsynthetisches schlecht wasserlösliches Podophyllotoxin-Derivat. Etoposidphosphat
ist eine neu entwickelte wasserlösliche Prodrug mit ähnlicher Pharmakokinetik, benötigt
aber v, das besser wasserlöslich, weniger Volumen zur i. v.-Gabe. Wirkmechanismus: Etoposid beeinträchtigt die Funktion der Topoisomerase II als DNS-„Entwindungsenzym”
und verhindert die Wiederverbindung der DNS. Hierdurch kommt es zu Einzel- und Doppelstrangbrüchen
der DNS. Etoposid ist phasenspezifisch und blockiert in den S- und frühen G2-Phasen
des Zellzyklus.
Pharmakokinetik: Etoposid benötigt zur besseren Löslichkeit Trägersubstanzen wie Cremophor EL oder
Polysorbate (Tween), die allergen wirken können. Bei einer Bioverfügbarkeit von ca.
50 % ist eine orale Gabe möglich. Etoposid wird über das hepatische Cytochrom P 450
System aktiviert, über Dehydrogenasen metabolisiert und überwiegend renal, aber auch
hepatisch eliminiert. Die terminale Halbwertszeit beträgt 3 - 11h. Die Plasmaproteinbindung
von Etoposid ist mit ca. 95 % hoch. Interaktionen: Phenylbutazon, Natriumsalizylat
und Azetylsalizylsäure können Etoposid aus der Plasmaproteinbindung verdrängen.
Dosierung und Anwendung: Die Dosierung ist intravenös 100 - 120 mg/m2 KO täglich für 3 Tage alle 3 - 4 Wochen. Etoposid wird als streng intravenöse Infusion
langsam über einen Zeitraum von 30 - 120 Minuten infundiert. Die Infusion sollte nicht
schneller erfolgen, da es sonst zu Blutdruckabfall kommen kann. Etoposid kann auch
oral mit der doppelten der i. v.- Dosis gegeben werden. Etoposid-Lösung enthält Ethanol!
(30 Vol.-%). Bei deutlicher Einschränkung der Nierenfunktion sind Dosisreduktionen
nötig. (25 % Dosisreduktion bei Clearance 10 - 50 ml/min, 50 % Dosisreduktion bei
GFR < 10 ml/min.), auch bei Bilirubinerhöhung (1,5 - 3 mg) wird eine Dosisreduktion
um 50 % empfohlen. Interaktionen: Die Wirkung oraler Antikoagulanzien kann erhöht
werden. Phenylbutazon, Natriumsalizylat und Salizylsäure können Etoposid aus der Plasmaproteinbindung
verdrängen.
Zulassung: Kombinationstherapie des SCLC, palliative Therapie des fortgeschrittenen NSCLC bei
Patienten in gutem Allgemeinzustand.
Toxizitäten: Dosislimitierende Nebenwirkung ist die dosisabhängige und reversible Myelosuppression,
vor allem Leukopenie und Thrombozytopenie, seltener eine Anämie. Der Leukozytennadir
ist am Tag 7 - 14, der der Thrombozyten am Tag 9 - 16 zu erwarten. Weitere Toxizitäten
sind Alopezie, Diarrhoe, neurotoxische Störungen und allergische Reaktionen (durch
den Lösungsvermittler?). Auch ein „Hand-Fuß-Syndrom” ist möglich. Nach Etoposid wurden
vereinzelt sekundäre maligne hämatologische Erkrankungen (Leukämien, Lymphome) als
Spätfolge beobachtet. Etoposid ist mäßiggradig emetogen.
Paravasat-Risiko: Nach Extravasation traten gelegentlich Irritationen des Weichteilgewebes sowie Entzündungen
auf; allgemeine Ulzerationen werden nicht beobachtet.
Etoposid ist Standardmedikament der 2. Generation beim kleinzelligen (DDP/ETO, CEV,
ACE) und nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom (DDP/ETO).
Anthrazykline
Doxorubicin
Doxorubicin (Adriblastin®) ist ein Fermentationsprodukt des Pilzes Streptomyces peucetius
und gehört zur Gruppe der Anthrazyklinantibiotika mit antineoplastischen Eigenschaften
[32]. Es ist direkt wirksam und bedarf keiner metabolischen Aktivierung.
Wirkmechanismus: Der genaue Wirkmechanismus ist unklar. Doxorubicin ist in allen Phasen des Zellzyklus
aktiv und zeigt maximale zytotoxische Effekte in der S- und G2-Phase des Zellzyklus.
Der exakte antineoplastische Wirkungsmechanismus ist nicht vollständig geklärt, beruht
jedoch höchstwahrscheinlich auf der Fähigkeit, durch Interkalation zwischen DNA-Basenpaaren
Komplexe mit der DNA zu bilden. Dies führt zu einer sterischen Behinderung der DNA-
und RNA-Synthese, es werden freie Radikale gebildet, eine direkte Membranwirkung vermutet
und eine Hemmung der Topoisomerase-II-Aktivität.
Pharmakokinetik: Die Metabolisierung und Elimination von Doxorubicin erfolgt hepatisch, wichtigster
Metabolit ist das ebenfalls zytotoxisch aktive Doxorubicinol. Die Elimination erfolgt
hauptsächlich via Leber und Galle, mit denen 40 - 50 % der verabreichten Dosis binnen
7 Tagen ausgeschieden werden. Lediglich 5 - 15 % der applizierten Dosis werden über
die Nieren ausgeschieden. Eingeschränkte Leberfunktion oder Gallenabflussbehinderungen
haben eine verzögerte Elimination und damit eine Toxizitätssteigerung zur Folge. Bei
einem Bilirubin zwischen 1,2 und 3 sollte die Dosis um 50 % reduziert werden. Die
Plasmaproteinbindung von Doxorubicin beträgt ca. 75 %. Doxorubicin verteilt sich rasch
im Aszites und erreicht dort Konzentrationen über dem Plasmaspiegel („third space”;
Toxizitätssteigerung!)
Zulassung: kleinzelliges Bronchialkarzinom (SCLC)
Dosierung und Anwendung: Anthrazykline werden als Bolus oder als Kurzinfusion gegeben, selten als Dauerinfusion
bis zu 96 Stunden. Die lebenslange maximale kumulative Gesamtdosis für Doxorubicin
beträgt 400 bis maximal 550 mg/m2 KOF. Bei einer Gesamtdosis <400 mg/m2 beträgt das Kardiomyopathie-Risiko 0,14 %, einer kumulativen Gesamtdosis von 550
mg/m2 hingegen 7 %, und 18 % bei einer Gesamtdosis von 700 mg/m2. Vor und während der Therapie mit Doxorubicin wird ein engmaschiges Monitoring der
linksventrikulären Funktion empfohlen, das LVEF sollte > 45 % bleiben, ein Abfall
von 20 % im Verlauf sollte die Indikation zur Anthrazyklingabe überdenken lassen.
Im EKG kann eine 30 %ige Verkleinerung des QRS-Komplexes auf eine beginnende Kardiomyopathie
hinweisen.
Kontraindikationen: Bei kardialen Vorschädigungen, wie Herzinsuffizienz Grad IV, Herzinfarkt, entzündlichen
Herzerkrankungen, eingeschränkter Hämodynamik oder stark eingeschränkter Leberfunktion
sollten Anthrazykline nicht gegeben werden.
Paravasat-Risiko: Eine paravenöse Applikation muss unbedingt ausgeschlossen werden, da hierbei regelmäßig
schwerste Gewebsnekrosen erfolgen. Therapie von Paravasaten: Es wird empfohlen, DMSO
99 % über ein Areal zweifach so groß wie das betroffene Areal lokal zu applizieren
(4 Tropfen auf 10cm2 Hautoberfläche) und dies 3 × täglich über einen Zeitraum von mindestens 14 Tagen
zu wiederholen. Gegebenenfalls sollte ein Debridement in Erwägung gezogen. werden.
Bei Niereninsuffizienz mit einer GFR < 10 ml/min sollten 75 % der kalkulierten Dosis
appliziert werden. Bei eingeschränkter Leberfunktion erfolgen Dosismodifikationen:
Serumbilirubin: 1,2 - 3 mg/100 ml: 50 % Dosis, bei Serumbilirubin: 3,1 - 5 mg/100
ml: 25 % der Dosis; bei Bilirubin über 5 mg/100 ml: keine Anwendung von Doxorubicin.
Besondere Vorsicht ist bei Patienten mit vorangegangener, gleichzeitiger oder geplanter
Radiotherapie geboten. Interaktionen: Doxorubicin bindet an Heparin; es kann zu Präzipitationen und Wirkungsverlust beider
Wirkstoffe kommen. Über Inkompatibilitäten mit folgenden Substanzen wurde berichtet:
Allopurinol, Aluminium, Cephalotin, Dexamethason, Diazepam, Fluorouracil, Furosemid,
Galliumnitrat, Heparin, Hydrocortison, Methotrexat, parenterale Ernährungslösungen,
Piperacillin, Theophyllin, Vincristin. Kardiotoxizität von Doxorubicin. Das Vermeiden
von hohen Konzentrationen, wie sie nach i. v. Bolusinjektion auftreten, reduziert
die Kardiotoxizität. Es wird daher empfohlen, Doxorubicin vorzugsweise als Kurzinfusion
zu applizieren.
Toxizität: Dosislimitierend sind Kardiotoxizität und Myelosuppression. Die kardiotoxische Wirkung
von Doxorubicin kann als Sofort- oder Spättyp manifestieren: Die Kardiotoxizität vom
Soforttyp tritt innerhalb von 24 - 48 Stunden nach Doxorubicin auf, ist dosisunabhängig
und äußert sich meist mit unbedeutenden Rhythmusstörungen. Innerhalb von 1 - 2 Tagen
nach Anthrazyklingabe kann ein Perikarditis-Myokarditis-Syndrom auftreten. Die gefürchtete
Kardiotoxizität vom Spättyp ist eine dosisabhängige irreversible kongestive (dilatative)
Kardiomyopathie. Sie ist irreversibel und häufig lebensbedrohlich und tritt innerhalb
weniger Monate, aber auch noch 1 Jahr nach Beendigung der Therapie auf. Ihre Inzidenz
steigt mit Höhe der kumulativen Gesamtdosis, das Risiko steigt bei zusätzlicher Thoraxbestrahlung
oder Kombination mit Cyclophosphamid, Paclitaxel oder Trastuzumab (Herceptin®). Das
emetogene Potenzial von Doxorubicin ist hoch, eine routinemäßige intensive antiemetische
Therapie ist nötig. Regelmäßig tritt eine Alopezie auf. Innerhalb von 24 Stunden nach
Anwendung von Doxorubicin kommt es häufig zu einer bedeutungslosen Rotfärbung des
Urins, welche auf die Farbe des Anthrazyklins zurückzuführen ist. Doxorubicin ist
ein starker radiosensibilisierender Wirkstoff („Radiosensitizer”), und die hierdurch
induzierten Recall-Phänomene können lebensbedrohlich sein. Eine vorangegangene, gleichzeitige
oder spätere Bestrahlungstherapie kann die Kardio- oder Hepatotoxizität von Doxorubicin
verstärken.
MERKE:
Vincristin (VCR) ist eines der Standardmedikamente des SCLC.
Dosislimitierende Toxizität ist die Neurotoxizität mit Polyneuropathie.
- VCR ist kaum hämatotoxisch,
- VCR ist kaum emetisch,
- bei Paravasat hohes Nekroserisiko!
Epirubicin
Epirubicinhydrochlorid (Farmorubicin®) ist ein 4-Epimer des Anthrazyklin-Antibiotikums
Doxorubicin mit insgesamt sehr ähnlichen Eigenschaften, aber deutlicher verringerter
Kardiotoxizität. Die pharmakologischen Eigenschaften entsprechen denen des Doxorubicins.
Wirkmechanismus und Pharmakokinetik: siehe Doxorubicin.
Zulassung: kleinzelliges Bronchialkarzinom
Dosierung und Anwendung: In der Intervall-Therapie werden 75 - 90 mg Epirubicinhydrochlorid/m2 Körperoberfläche als Einzeldosis jede 3. Woche gegeben, aber auch eine wöchentliche
Verabreichung von 20 - 30 mg/m2 Körperoberfläche ist möglich. Die lebenslange maximale kumulative Gesamtdosis für
Epirubicin sollte 900 mg/m2 KOF nicht überschreiten. Das Paravasat-Risiko ist ähnlich dem Doxorubicin, daher
sollte es bevorzugt in den Schlauch einer laufenden i. v.-Infusion mit 0,9 %iger Natriumchloridlösung
gegeben werden. Therapie von Paravasaten: (sieh Doxorubicin). Epirubicin kann den
Urin 1 - 2 Tage nach Verabreichung rot färben, was keine Bedeutung hat. Epirubicin
wird hauptsächlich in der Leber metabolisiert; jede Begleitmedikation, die die Leberfunktion
beeinflusst, kann auch die Verstoffwechselung oder die Pharmakokinetik von Epirubicin
beeinflussen. Interaktionen: Die gleichzeitige Anwendung von Verapamil, Cimetidin
vermeiden. Empfehlungen für die Dosisverringerung bei beeinträchtigter Leberfunktion
richten sich nach den Plasma-Bilirubinspiegeln: bei Bilirubin 1,2 - 3,0 mg/100 ml
Dosisreduktion um 50 % Bilirubin: 3,1 - 5,0 mg/100 ml Dosisreduktion um 75 %. Im Falle
einer sehr schweren Niereninsuffizienz (glomeruläre Filtrationsrate < 10 ml/min oder
Serum-Kreatinin < 5 mg/dl) kann im Einzelfall eine initiale Dosissenkung auf 75 %
erwogen werden.
Toxizität: (siehe Doxorubicin) mit Myelosuppression und Kardiotoxizität.
Antimikrotubuläre Substanzen: Paclitaxel, Docetaxel, Vinca-Alkaloide
Zwei große Stoffklassen [33] wirken antimikrotubulär: Die Vinca-Alkaloide und die Taxane. Antimikrotubuläre Substanzen
interagieren mit dem Tubulin und stören die Reorganisation des mikrotubulären Netzwerkes
durch die Hemmung oder Verstärkung ihrer Polymerisation. Vinca-Alkaloide hemmen die
Assoziation der Mikrotubuli, Taxane wirken mikrotubulinstabilisierend.
Vincaalkaloide
Vincaalkaloide sind Extrakte aus der Immergrünpflanze, sie bewirken eine Arretierung
der Metaphase. Die Vincaalkaloide Vincristin, Vindesin und Vinorelbine weisen eine
komplexe Grundstruktur auf und unterscheiden sich untereinander nur in 3 Seitengruppen.
Sie binden an zytoplasmatische Vorkäufer des Spindelapparates und rufen dadurch eine
Blockierung der Mitose hervor.
Wirkmechanismus, Pharmakokinetik, Interaktionen und Paravasat-Risiko der Vincaalkaloide:
Wirkmechanismus: Vincaalkaloide interagieren mit dem Tubulin und stören so die Mikrotubulinbildung,
die für den mitotischen Spindelapparat nötig wäre. Vincas binden sich an mikrotubuläre
Proteine, besonders an das Tubulin, bewirken eine Depolymerisation und dadurch eine
tubuläre Dysfunktion, verhindern die Spindelformation und arretieren die Mitose in
der Metaphase. Vincas führen zu einer Blockierung der Mitose in der G2- und M-Phase,
wobei es in der Interphase oder der darauf folgenden Mitosephase zum Zelltod kommt
und wirken somit als Mitosehemmer.
Pharmakokinetik: Vincaalkaloide werden in der Regel als Kurzinfusion oder Bolus gegeben. Vincaalkaloide
haben gemeinsam eine triphasische Pharmakokinetik, ein großes Verteilungsvolumen,
und eine lange terminale Halbwertszeit von ca. 20 - 24 Stunden. Die Plasmaproteinbindung
ist hoch. Sie werden hepatisch metabolisiert und biliär eliminiert. Die Liquorgängigkeit
ist gering.
Interaktionen: Eine Kombination mit Mitomycin und Vincaalkaloiden sollte wegen der Gefahr eines
Bronchospasmus vermieden werden. Es besteht eine mögliche Interaktion zwischen Vincas
und Cytochrom P450 abhängigen Medikamenten, wie Calcium-Antagonisten, speziell Nifedipin,
Phenhydan und Itrakonazol. Vincas können den Digoxin-Plasmaspiegel senken und die
renale Exkretion beeinträchtigen.
Paravasat-Risiko: Die Anwendung muss streng intravenös erfolgen. Bei einer versehentlichen Paravasation
von Vincaalkaloiden bei intravenöser Verabreichung kann es zu schweren bis schwersten
lokalen Gewebeirritationen mit entzündlichen und nekrotisierenden Veränderungen und
schlecht heilenden Ulzerationen kommen. Nach Paravasation sollte sofort eine Unterspritzung
des umgebenden Gewebes mit Hyaluronidase erfolgen und die Injektionsstelle leicht
erwärmt werden.
Toxizität: obwohl sie sich strukturell sehr ähneln, unterscheiden sich die Vincaalkaloide deutlich
bezüglich ihrer Toxizität untereinander. Alle haben eine Neurotoxizität, am stärksten
Vincristin, die Hämatotoxizität ist hingegen bei VCR am geringsten, aber deutlich
bei VRB und VDS. Alle Vincas können ein SIADH (Syndrom der gestörten ADH-Sekretion)
oder Schwartz-Bartter-Syndrom) mit Hyponatriämie und Wasserretention, besonders in
Kombination mit einer Hydrierungsbehandlung, auslösen. Selten wurden akute kardiale
Ischämien, Brustschmerz ohne Ischämienachweis oder Fieber beobachtet.
Vincristin
Vincristin ist ein aus Catharantus roseus (Vinca rosea) extrahiertes Alkaloid mit
antineoplastischer Wirkung.
Dosierung und Anwendung: Erwachsene: 1,4 mg Vincristinsulfat/m2 Körperoberfläche, i. v., 1-mal wöchentlich als Bolus innerhalb einer Minute. Die
maximale Gesamtdosis ist 2 mg pro Patient/Woche. Eine routinemäßige Obstipationsprophylaxe
wird empfohlen.
Paravasat-Risiko: (s. o.)
Kombination mit der Strahlentherapie: Vincristin sollte bei gleichzeitiger Leberbestrahlung nicht gegeben werden. Bei Leberinsuffizienz
können die Nebenwirkungen infolge verlangsamter Metabolisierung und verzögerter biliärer
Ausscheidung verstärkt auftreten.
Zulassung: Vincristin ist zugelassen zur Therapie des SCLC.
Toxizität: Dosislimitierend ist die Neurotoxizität. Vincristin verursacht eine typische periphere,
symmetrische sensomotorische Polyneuropathie mit typischen Parästhesien der distalen
Extremitäten in Finger- und Zehenspitzen, aber auch eine autonome Polyneuropathie.
Man beobachtet einen Verlust der tiefen Sehnenreflexe bis zur Ataxie. Hirnnerven können
selten befallen sein. Die Neurotoxizität kann nach Gesamtdosen von 5 - 6 mg beginnen
und wird nach 15 - 20 mg meist so schwer, dass die Therapie beendet werden muss. Eine
etablierte Therapie besteht nicht: Thiamine, Vitamin B12, Folsäure und Pyridoxin wurden
getestet, konnten eine Wirksamkeit aber nicht belegen. Weiterhin ist die (reversible)
Alopezie wesentlich. Gastrointestinale Nebenwirkungen treten durch neuroviszerale
Schädigung in Form von Obstipation, abdominellen Krämpfen, Appetitlosigkeit, Durchfällen
und Gewichtsverlust auf. Das emetogene Potenzial von Vincristin ist gering. Renale
Nebenwirkungen: Es wurden Polyurie und Dysurie, Harnverhaltung und Harnblasenatonie
beobachtet. Knochenmarktoxizität: Die Myelosuppression ist selten und dosisabhängig.
MERKE:
Vinorelbine ist Standard-Kombinationspartner beim NSCLC.
Vorsicht:
Hämatotoxizität und Neurotoxizität
- Paravasate vermeiden
- gut adjuvant beim NSCLC
Vinorelbine (VRB)
Vinorelbine (Navelbine®) ist ein Tubulinhemmstoff aus der Gruppe der Vincaalkaloide
der 3. Generation und hat beim NSCLC das Vindesin praktisch abgelöst.
Wirkmechanismus: (s. o.)
Pharmakokinetik: (s. o.)
Dosierung und Anwendung: Monotherapie: 25 - 30 mg/m2 Körperoberfläche einmal wöchentlich als 6 - 10-Minuteninfusion. Streng intravenös
über ein Infusionssystem nach vorheriger Verdünnung und 50 - 100 ml Vorlauf und Nachspülung
der Vene. Bei Leberfunktionsstörungen Dosisreduktion. Bei oraler Gabe beträgt die
Bioverfügbarkeit etwa ein Drittel der intravenöse in Gabe.
Paravasat-Risiko: (s. o.)
Interaktionen: (s. o.)
Bei mittelgradiger Leberinsuffizienz wird eine Dosisreduktion um ⅓ und eine enge Überwachung
der hämatologischen Parameter bei Patienten empfohlen. Eine schwere Leberinsuffizienz
ist eine Kontraindikation für Vinorelbine. Aufgrund der geringen renalen Ausscheidung
ist die Notwendigkeit einer Dosisreduzierung bei Niereninsuffizienz nicht gegeben.
da Vinorelbine nur zu einem sehr geringen Teil über die Nieren ausgeschieden wird.
Zulassung: Zur Anwendung als Monotherapie oder in Kombination mit Cisplatin zur Behandlung des
fortgeschrittenen nicht kleinzelligen Bronchialkarzinoms (Stadium III oder IV) bei
Patienten in gutem Allgemeinzustand.
Toxizität: Dosislimitierend ist die nicht kumulative Neutropenie mit stärkster Ausprägung zwischen
dem 7. und 14. Tag. Dosisabhängig und reversibel besteht eine Neurotoxizität mit Polyneuropathie
und Ausfall der Sehnenreflexe und selteneren schwereren Parästhesien. Zusätzlich besteht
eine gastrointestinale Neurotoxizität. (Obstipation, paralytischer Ileus). Eine Alopezie
kann bei Vinorelbine vorkommen, häufig ist die Alopezie nur leichter Ausprägung. Vinorelbine
ist mäßiggradig emetogen. Venenreizungen im Sinne einer Thrombophlebitis kommen vor
und können durch zusätzliche Volumengabe zum Teil verringert werden. Die sofortige
intravenöse Gabe von Glukokortikoiden kann das Risiko einer Phlebitis verringern.
Vinorelbine wirkt strahlensensibilisierend.
Stellenwert beim Bronchialkarzinom: Vinorelbine ist eines der Drittgenerationsmedikamente zur Standardtherapie des NSCLC.
Die meisten Studien zur adjuvanten Therapie wurden mit Vinorelbine durchgeführt.
MERKE:
Carboplatin/Paclitaxel ist US-amerikanischer Standard in der Therapie des NSCLC.
- Prämedikation wg. Hypersensitivität beachten
- hämatotoxisch
- hohes Alopezierisiko
- neurotoxisch
- typische Myalgien am Tag 3 - 4, Paracetamol-sensibel
Vindesin (VDS)
Vindesin (Eldisine®) ist ein Mitosehemmer der 2. Generation.
Wirkmechanismus: (s. o.)
Pharmakokinetik: (s. o.)
Zulassung: Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom.
Dosierung und Anwendung: 3 mg/m2 KO. Bei Leberfunktionsstörung: Dosisanpassung!
Toxizität: Dosislimitierend sind die Hämatotoxizität und die Neurotoxizität, auch mit intestinaler
Neuropathie mit Obstipation bis zum Ileus. Eine routinemäßige Obstipationsprophylaxe
wird empfohlen.
Paravasat-Risiko: (s. o.). Bei Leberfunktionsstörungen sollten Dosisanpassung in erfolgen. Interaktionen
Strahlensensibilisierung, Verstärkung der Warfarin-Wirkung.
Stellenwert beim Bronchialkarzinom: Vindesin gehört zu den Zweit-Generations-Kombinationspartnern beim NSCLC und wurde
jetzt überwiegend durch das Vinorelbine abgelöst.
Taxane [33]
Paclitaxel wurde ursprünglich aus der Rinde von Taxus brevifolia hergestellt und Docetaxel,
aus den Nadeln und anderen Eibenbestandteilen. Mittlerweile werden beide Substanzen
semisynthetisch hergestellt. Die chemische Struktur der beiden Taxane unterscheidet
sich nur gering, das Wirkungsspektrum ist ähnlich, dennoch gibt es klinische und pharmakologische
Unterschiede zwischen beiden Taxanen.
Wirkmechanismus: Durch Bindung an die Mikrotubuli (an anderen Bindungsstellen als Epipodophyllotoxine
und Vincaalkaloide) und Störung der Polymerisation der intrazellulären Mikrotubuli
kommt es zur Akkumulation stabiler funktionsgestörter Tubuli und dadurch zu einer
Störung des Spindelapparates, wodurch die Mitose durch eine deutliche Abnahme an freiem
Tubulin führt blockiert. Das mikrotubuläre Netzwerk der Zellen wird gestört, das für
lebenswichtige Zellfunktionen der Mitose- und Interphasen essenziell ist.
Pharmakokinetik: beide Taxane haben ein großes Verteilungsvolumen, eine starke Plasmaeiweißbindung,
eine rasche Bindung an alle Gewebe mit Ausnahme des ZNS, lange terminale Halbwertszeiten
und eine hepatische Metabolisierung und biliäre Exkretion. Der Metabolismus von Taxanen
erfolgt teilweise über das Cytochrom-P450-System.
Interaktionen: Die Metabolisierung von Taxanen kann durch die gleichzeitige Gabe von Substanzen,
die Cytochrom P450 induzieren, inhibiert oder von ihm metabolisiert werden (dies kann
eine kompetitive Hemmung auslösen), wie z. B. Cyclosporin, Terfenadin, Ketokonazol,
Erythromycin und Troleandomycin.
Anwendung: beide Taxane bedürfen einer Prämedikation zur Vermeidung von Hypersensitivitätsreaktionen.
Toxizität: Myelosuppression und periphere Polyneuropathie sowie Hypersensitivitätsreaktionen
sind gemeinsame Toxizitäten der Taxane.
Paclitaxel
Paclitaxel wurde anfangs aus der Rinde der nordamerikanischen Eibe (Taxus brevifolia),
heute halbsynthetisch gewonnen.
Wirkmechanismus: s. o.
Pharmakokinetik: Als Detergens des schwer wasserlöslichen Paclitaxel wird ein polyäthoxyliertes Rizinusöl
(Cremophor EL) verwendet. Es scheint die Ursache der nicht seltenen allergischen Reaktionen
zu sein, aber auch zur Wirkungsverstärkung beizutragen.
Dosierung und Anwendung: Intravenös als 3 Stunden-Infusion in 175(-225) mg/m2 KO einmal alle 3 Wochen oder, früher häufiger angewandt, intravenös als 24-Stunden-Infusion
mit 135 mg/m2 an Tag 1. Möglich ist auch eine wöchentliche (weekly) Gabe mit 80(-100) mg/m2 als 1 Stunden-Infusion. Gegen Hypersensitivitätsreaktionen ist eine Prämedikation
mit Dexamethason (20 mg oral ca. 12 und 6 Stunden vor Paclitaxel), und H1-(Clemastin)
und H2-Antagonisten (Cimetidin oder Ranitidin) obligat. Die Infusionssysteme müssen
polyvinylchlorid-frei und mit einem Mikroporen-Filter, Porendurchmesser 0,22 µm (In-Line-Filter)
versehen sein. Eine Ausrüstung für die Notfallbehandlung sollte vorhanden sein und
der Patient sollte während der ersten Stunde engmaschig überwacht werden. Paravasat-Risiko: Extravasation kann zu einer mäßiggradigen Cellulitis führen. Ein Wiederauftreten
von Hautreaktionen (Recall) an der Stelle einer vorhergegangenen Extravasation, wenn
Paclitaxel an einer anderen Stelle injiziert wird ist möglich. Bei Leberfunktionsstörungen
ist das Toxizitätsrisiko, vor allem einer Myelosuppression der Stufe III-IV, erhöht.
Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung sollten Paclitaxel nicht erhalten.
Zulassung: Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom (NSCLC) in Kombination mit Cisplatin bei Patienten,
für die potenziell kurative chirurgische Maßnahmen und/oder Strahlentherapie nicht
angezeigt sind.
Toxizität: Dosislimitierend sind die Hämatotoxizität mit nicht kumulativer Neutropenie, weniger
Thrombozytopenie und Anämie und die neuromuskuläre Toxizität. Periphere symmetrisch
strumpfartige Neuropathien mit Verlust der tiefen Sehnenreflexe kommen häufig vor.
Vorsicht bei vorbestehender Polyneuropathie, z. B. bei Diabetes oder Alkoholkrankheit.
Arthralgie oder Myalgie traten bei 60 % der Patienten auf und waren bei 13 % der Patienten
schwer, weshalb eine obligate Paracetamol- oder Dexamethasontherapie an den Tagen
3 und 4 sinnvoll ist. Schwere Überempfindlichkeitsreaktionen mit Dyspnoe und Hypotonie,
Angioödem und generalisierte Urtikaria, sind unter Paclitaxel treten nach Prämedikation
bei < 1 % der Patienten auf. Paclitaxel, 3-wöchentlich gegeben, führt regelmäßig zur
Alopezie. Herzrhythmusstörungen und seltene Pneumonitiden wurden beobachtet. Paclitaxel
wirkt radiosensibilisierend.
Stellenwert beim Bronchialkarzinom: Paclitaxel gehört in der Kombination mit Carboplatin zu Standarderstlinientherapie
des NSCLC. Paclitaxel in der Kombination mit Carboplatin und Etoposid zeigte sich
zumindest gleich effektiv wie die Standarderstlinien Kombination Carboplatin/Etoposid/Vincristin
bei SCLC.
MERKE:
Docetaxel ist Standard-Kombinationspartner in der 1. und Monotherapeutikum in der
2. Linie des NSCLC.
Vorsicht:
- hämatotoxisch
- Prämedikation zur Vermeidung von Hypersensitivitätsreaktionen
- neurotoxisch
- haut- und nageltoxisch
Docetaxel
Docetaxel (Taxotere®) wird semisynthetisch aus einem Extrakt den Nadeln der Europäischen
Eibe (Taxus baccata) hergestellt. Es wird hepatisch über Cytochrom P 450 abhängige
Enzyme metabolisiert.
Wirkmechanismus: s. o.
Pharmakokinetik: s. o.
Dosierung und Anwendung: Docetaxel wird in einer Dosierung von 75(-100) mg/m2 über eine Stunde i. v. gegeben und alle 3 Wochen wiederholt. Beim NSCLC beträgt die
Dosierung in der Kombination 75 mg/m2 Docetaxel gefolgt von 75 mg/m2 Cisplatin. In der 2. Linie beim NSCLC werden 75 mg/m2 dreiwöchentlich als Monotherapie empfohlen. Alternativ können auch 30 - 40 mg/m2 KOF wöchentlich (weekly) gegeben werden [39]. Soweit nicht kontraindiziert, sollte eine Begleitmedikation aus einem oralen Kortikosteroid
wie z. B. Dexamethason 16 mg pro Tag (z. B. 8 mg 2 × täglich) über 3 Tage, beginnend
einen Tag vor der Gabe von Docetaxel, verabreicht werden. Überempfindlichkeitsreaktionen:
Die Patienten sollten vor allem zum Beginn der 1. und 2. Infusion streng überwacht
werden. Bei Patienten, deren Serumbilirubin größer als der obere Normalwert ist oder
deren Transaminasenwerte (ALT und AST) > 3,5fach der oberen Normalwerte und deren
alkalische Phosphatase das 6fache der oberen Normalwerte betragen, sollte Docetaxel
nicht angewandt werden. Es liegen keine Daten von Patienten mit stark eingeschränkter
Nierenfunktion vor, die mit Docetaxel behandelt wurden. Das Auftreten schwerer peripherer
Neuropathien erfordert eine Dosisreduktion.
Zulassung: Docetaxel ist zur Behandlung von Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem,
nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom nach Versagen einer vorausgegangenen Chemotherapie
angezeigt. Docetaxel ist in Kombination mit Cisplatin zur Behandlung von Patienten
mit nicht-resezierbarem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem, nicht-kleinzelligen
Bronchialkarzinom ohne vorausgegangene Chemotherapie angezeigt.
Toxizität: Dosislimitierend ist die Myelosuppression mit vorwiegender Neutropenie. Der Nadir
der Neutrophilen wird im Median nach 7 Tagen erreicht. Bei wiederholter Anwendung
kann eine reversible Flüssigkeitsretention, offenbar auf dem Boden einer erhöhten
Kapillarpermeabilität, mit Ödemen, Pleuraergüssen, Perikardergüssen, Aszites und Gewichtszunahme
auftreten. Docetaxel verursacht eine Neurotoxizität, ähnlich der des Paclitaxel mit
peripherer Polyneuropathie und bei dreiwöchiger Anwendung eine hohe Alopezierate.
Es können Haut- und Nagelveränderungen mit Hypo- oder Hyperpigmentierung bis zur Onycholyse
und Erytheme, besonders an den Extremitäten (Handflächen oder Fußsohlen) verbunden
mit Ödem und gefolgt von Abschuppungen oder auch Stomatitiden und Geschmacksveränderungen
auftreten. Docetaxel ist strahlensensibilisierend. Da Docetaxel hepatisch eliminiert
wird, muss bei Transaminasenerhöhung die Dose reduziert werden. Ist das Bilirubin
deutlich erhöht, kann Docetaxel nicht gegeben werden. Docetaxel besitzt eine selten
auftretende pulmonale Toxizität mit interstitielle Pneumonien und Lungenfibrosen (Tab.
[4]).
MERKE:
Pemetrexed: mit Cisplatin Standard beim MPM, in der Monotherapie zugelassen zur 2.
Linie beim NSCLC
Vorsicht:
Vitaminsupplementation (B12 und Folsäure) eine Woche vorher beginnend, beachten
Tab. 4 Vergleich Paclitaxel und Docetaxel
|
Paclitaxel |
Docetaxel |
Standarddosis |
175 - 225 mg/m2 KO |
75 - 100 mg/m2 KO |
Metabolismus |
Hepatische Metabolisierung, biliäre Elimination |
Hepatische Metabolisierung, biliäre Elimination |
Haupttoxizität |
Neutropenie |
Neutropenie |
Weitere Toxizität |
Alopezie, Neurotox., Myalgie, Hypersensitivität |
Alopezie, Haut- und Nageltoxizität, Myalgie, Flüssigkeitsretention, Neurotox., Hypersensitivität |
Antimetabolite
Antifolate [34]
Methotrexat, erster häufig genutzter Antimetabolit wirkte durch Hemmung der Dihydrofolat-Reduktase,
einem wesentlichen Enzym im Folatmetabolismus. Raltitrexed (Tomudex®) als Antifolat-Analogon
und Fortentwicklung ist eine Quinazolon-Antifolat und hemmt vorzugsweise die Thymidilat-Synthase
(TS) im Folsäurestoffwechsel. Pemetrexed wirkt als „Multi-Target-Antifolat” gegen
mehrere Enzyme im Folsäurestoffwechsel.
Pemetrexed
Pemetrexed (Alimta®) ist ein antineoplastisches Antifolat, das seine Wirkung als sog.
Multi-Target-Antifolat ausübt,
Wirkmechanismus: Pemetrexed unterbricht folsäureabhängige metabolische Prozesse unterbricht, die für
die Zellreplikation notwendig sind. Es hemmt 3 Schlüsselenzyme Folsäurestoffwechsel:
die Thymidilatsynthase (TS), die Dyhydrofolatreduktase (DHFR) und die Glycinamid-Ribonukleotid-Formyltransferase
(GARFT). Die Biosynthese von Thymidin und Purinnucleotiden wird gehemmt.
Pharmakokinetik: Pemetrexed wird über aktive Mechanismen aufgenommen, in der Zelle polyglutamiert
und damit „gegiftet”, die terminale Plasma-Halbwertszeit beträgt ca. 3 - 4 Stunden,
auch in der Kombination mit Cisplatin. Die Plasmaproteinbindung beträgt 80 %. Pemetrexed
wird zu 80 - 90 % innerhalb von 24 Stunden unverändert mit dem Urin ausgeschieden
[3]. die Kreatinin-Clearance sollte über 45 ml pro Minute liegen. Pemetrexed wird in
eingeschränktem Maße hepatisch metabolisiert.
Dosierung und Anwendung: Bei Patienten mit malignem Pleuramesotheliom beträgt die empfohlene Dosis von ALIMTA
500 mg/m2 KOF verabreicht als intravenöse Infusion über einen Zeitraum von 10 Minuten am ersten
Tag jedes 21-tägigen Behandlungszyklus. Die empfohlene Dosis von Cisplatin beträgt
75 mg/m2 KOF als Infusion über einen Zeitraum von 2 Stunden etwa 30 Minuten nach Abschluss
der Pemetrexed-Infusion am ersten Tag jedes 21-tägigen Behandlungszyklus. Bei Patienten
mit NSCLC beträgt die empfohlene Dosis von ALIMTA 500 mg/m2 KOF verabreicht als intravenöse Infusion über einen Zeitraum von 10 Minuten am ersten
Tag jedes 21-tägigen Behandlungszyklus. Vitaminsupplementation: Standardbegleittherapie
ist die tägliche orale Folsäuregabe (350 - 1000 µg) und die dreimonatige Gabe von
Vitamin B12 II (1000 µg). Das Gesamtbilirubin sollte < 1,5fache des oberen Grenzwertes betragen.
Die alkalische Phosphatase (AP), Aspartat-Transaminase (AST oder SGOT) und Alanin-Transaminase
(ALT oder SGPT) sollte < 3fache des oberen Grenzwertes, bei Vorliegen von Lebermetastasen
Werte < 5fache des oberen Grenzwertes liegen. Die Datenlage bei Patienten mit einer
Kreatinin-Clearance von unter 45 ml/min ist nicht ausreichend; daher wird die Anwendung
nicht empfohlen. Die Wirkung von Flüssigkeit im transzellulären Raum, wie z. B. Pleuraerguss
oder Aszites, auf Pemetrexed ist nicht beobachtet worden. Daher soll bei Patienten
mit klinisch signifikanter Flüssigkeitsansammlung im transzellulären Raum eine Drainage
des Ergusses vor der Pemetrexed-Behandlung erwogen werden. Paravasat-Risiko: Es gibt
nur wenige Berichte über Extravasate von Pemetrexed, welche nicht als schwerwiegende
eingestuft wurden. Interaktionen: Patienten mit leichter bis mittlerer Niereninsuffizienz
(Kreatinin-Clearance 45 - 79 ml/min) müssen die gleichzeitige Einnahme nichtsteroidaler
Antiphlogistika (NSAIDs) für mindestens 2 Tage vor der Therapie, am Tag der Therapie
und mindestens 2 Tage nach der Therapie mit Pemetrexed vermeiden. Eine gleichzeitige
Anwendung nephrotoxischer Arzneimittel (z. B. Aminoglykoside, Schleifendiuretika,
platinhaltige Arzneimittel, Cyclosporin) könnte zu einer verzögerten Ausscheidung
von Pemetrexed führen. Diese Kombination sollte mit Vorsicht angewendet werden.
Zulassung: Pemetrexed in Kombination mit Cisplatin zur Behandlung von chemonaiven Patienten
mit inoperablem malignem Pleuramesotheliom. Pemetrexed in Monotherapie ist angezeigt
zur Behandlung von Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem NSCLC
in 2. Linie.
Stellenwert beim NSCLC und beim malignen Pleuramesotheliom: Neben Docetaxel zur 2. Linie beim NSCLC zugelassen, Standard mit Cisplatin beim malignen
Pleuramesotheliom.
MERKE:
Gemcitabine ist Standardmedikament der 3. Generation beim NSCLC. Nach Phase-II-Studien
ist Gemcitabine auch wirksam beim SCLC und beim malignen Pleuramesotheliom.
Vorsicht:
- hämatotoxisch
- flu-like-Syndrom
- selten: pulmonale tox.
- selten: HUS
Gemcitabine
Gemcitabinhydrochlorid, [34] ein Pyrimidin-Antimetabolit ist ein Pyrimidinnukleosidanalog zum Deoxycytidin.
Wirkmechanismus: wird durch Nukleosidkinasen intrazellulär zu dem wirksamen Diphosphat-Nukleosid (dFdCDP)
und Triphosphat-Nukleosid (dFdCTP) metabolisiert. Die DNS Synthese wird durch die
Hemmung von den DNS Polymerasen und durch den Einbau als falsche Base gehemmt.
Pharmakokinetik: Gemcitabine wird erst nach intrazellulärer Aktivierung zytostatisch wirksam. Der
Hauptmetabolit wird biphasisch eliminiert mit einer terminalen Halbwertszeit von 14
Stunden. die Plasmaproteinbindung: vernachlässigbar gering. Gemcitabine wird durch
die Cytidindeaminase rasch in der Leber, den Nieren, im Blut und weiteren Organen
metabolisiert. Bei Bilirubinerhöhungen fand sich eine erhöhte Hepatotoxizität, bei
Niereninsuffizienz eine erhöhte, besonders kutane Toxizität.
Dosierung und Anwendung: Die empfohlene Dosierung sind in der Monotherapie 1000(-1250) mg/m2 KO als 30 Minuten Infusionen 3 × im Abstand von je einer Woche, WH Tag 29. Längere
Infusionszeiten erhöhen die Toxizität. In der Kombination mit Cisplatin wurde entweder
ein dreiwöchiges oder ein vierwöchiges Dosierungsschema verwendet: Während des dreiwöchigen
Behandlungszyklus beträgt die empfohlene Dosis für Gemcitabine 1250 mg/m2 Körperoberfläche an den Tagen 1 und 8. Gemcitabine darf Patienten mit mäßig bis stark
eingeschränkter Leber- oder stark eingeschränkter Nierenfunktion nicht, bei eingeschränkter
Nierenfunktion nur mit Vorsicht gegeben werden. Zulassung: Lokal fortgeschrittenes oder metastasiertes NSCLC in Kombination mit anderen Zytostatika.
Toxizität: Dosislimitierend ist die Myelosuppression mit Leukozytopenie und Thrombozytopenie.
Eine spezielle Nebenwirkung ist das die Gruppe ähnliche („flu-like”) Syndrom mit Fieber,
Kopfschmerz, Arthralgien und Myalgien, beobachtet bei bis zu 45 % aller behandelten
Patienten. Selten werden pulmonale Symptome mit Dyspnoe und Husten berichtet. Gemcitabine
ist mäßiggradig emetogen. Allergische Hautausschläge treten bei etwa 25 % der Patienten
auf und sind bei etwa 10 % der Patienten mit Juckreiz verbunden. Eine seltene, in
0,015 % auftretende, aber schwerwiegende Komplikation kann ein Nierenversagen, einschließlich
eines hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) sein. Die Therapie soll bei den ersten
Anzeichen einer mikroangiopathischen hämolytischen Anämie abgebrochen werden. Eine
Alopezie tritt durch Gemcitabine praktisch nicht auf (Grad 3 < 1 %). Pulmonale Toxizität:
Bei < 1 % der Patienten wurde eine interstitielle Pneumonitis mit ARDS-ähnlichen Lungeninfiltraten
festgestellt, beginnend am Tag 2 - 40 nach der ersten Gemcitabine-Dosis, was unbedingt
zu einem Therapieabbruch führen muss, da lebensgefährliche Komplikationen drohen.
Steroide können die Symptome bessern. Gemcitabine hat eine strahlensensibilisierende
Wirkung. Es ist möglich, Gemcitabine in niedrigerer Dosierung (ca. 50 %) gleichzeitig
zur Strahlentherapie zu geben.
MERKE:
Etoposid ist Standardmedikament der 2. Generation beim kleinzelligen (DDP/ETO, CEV,
ACE) und nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom (DDP/ETO). Eto ist
- hämatotoxisch
- wird über 3 Tage gegeben