Einleitung
Um zu einer Gewebebeurteilung peripherer Lungenherde zu gelangen, wird häufig die
flexible Bronchoskopie angewandt. Sie stellt ein effektives und sicheres Untersuchungsverfahren
dar, das nicht selten Patienten vor operativen Prozeduren bewahrt. Die Trefferquote
nimmt allerdings bei Herden < 3 cm und im äußeren Thoraxdrittel gelegenen Läsionen
ab [1]. Techniken zur Gewinnung sowohl histologisch als auch zytologisch zu untersuchenden
Materials werden eingesetzt. Ein verbreitetes histologisches Verfahren stellt die
transbronchiale Zangenbiopsie (TBB) dar. Eine Erhöhung der Trefferquote durch Hinzunahme
von Methoden zur Gewinnung zytologischen Materials ist durch mehrere Untersuchungen
belegt ([Tab. 1]). Als Methoden zur Gewinnung zytologischen Materials sind die transbronchiale Nadelaspiration
(TBNA), der Bürstenabstrich (BB), die Bronchiallavage (BW) und die transbronchiale
Katheteraspiration (TBKA) zu nennen. In Bezug auf die Verlässlichkeit zytologischer
Verfahren besteht in der Diagnostik des Bronchialkarzinoms eine generelle Akzeptanz
[2]
[3]. Die Technik der transbronchialen Katheteraspiration wurde 1961 von Friedel eingeführt
[4]. Trotz einer hohen diagnostischen Sensitivität wurde zu diesem Verfahren 25 Jahre
lang nicht publiziert [5].
Tab. 1 Diagnostische Sensitivität der Fiberbronchoskopie bei peripheren malignen pulmonalen
Läsionen in verschiedenen Studien
|
transbronchiale Biopsie |
transbronchiale Nadelaspiration |
Bürstenabstrich |
Katheteraspiration |
Bronchiallavage |
Kombination |
Mak u. Mitarb. 1990 [11]
|
36,5 % n = 63 |
nicht erfolgt |
28,6 % n = 63 |
nicht erfolgt |
38,1 % n = 63 |
55,6 % |
Gasparini u. Mitarb. 1995 [8]
|
53,9 % n = 404 |
69,3 % n = 349 |
nicht erfolgt |
nicht erfolgt |
nicht erfolgt |
75,4 % |
Katis u. Mitarb. 1995 [16]
|
38 % n = 37 |
62 % n = 37 |
27 % n = 37 |
nicht erfolgt |
24 % n = 37 |
70 % |
Chechani 1996 [14]
|
55 % n = 40 |
50 % n = 37 |
52 % n = 48 |
nicht erfolgt |
34 % n = 51 |
77 % |
Bilaceroglu u. Mitarb. 1998 [13]
|
49 % n = 84 |
57 % n = 84 |
26 % n = 84 |
nicht erfolgt |
4 % n = 84 |
68 % |
Reichenberger u. Mitarb. 1999 [17]
|
32 % n = 28 |
46 % n = 114 |
38 % n = 58 |
nicht erfolgt |
26 % n = 126 |
nicht angegeben |
Franke u. Mitarb. 2006 [5]
|
50 % n = 26 |
nicht erfolgt |
nicht erfolgt |
77 % n = 26 |
nicht erfolgt |
88 % |
Baaklini u. Mitarb. 2000 [1]
|
57 % n = 151 |
nicht erfolgt |
48 % n = 151 |
nicht erfolgt |
45 % n = 151 |
64 % |
Unter folgender Fragestellung führten wir eine Umfrage unter erfahrenen Pneumologen
durch:
-
Wie ist die Verbreitung zytologischer Verfahren in der bronchoskopischen Diagnostik
peripherer Lungenherde in Deutschland?
-
Welchen Stellenwert hat die transbronchiale Katheteraspiration im Vergleich zur transbronchialen
Nadelaspiration und zum Bürstenabstrich?
Methodik
Wir werteten den Rücklauf von Fragebogen aus, die an alle 99 Pneumologischen Kliniken
in Deutschland mit zweijähriger Weiterbildungsermächtigung im Fach Pneumologie gesandt
worden waren. Die Antworten auf folgende Multiple-Choice-Fragen wurden notiert:
-
Kombinieren Sie in der bronchoskopischen Diagnostik peripherer Rundherde regelmäßig
zytologische und histologische Verfahren?
a) Ja b) Nein
-
Welches der folgenden zytologischen Verfahren wenden Sie am häufigsten an?
a) Bürstenabstrich b) Katheteraspiration c) Transbronchiale Nadelaspiration
-
Führen Sie regelmäßig eine Bronchiallavage zur zytologischen Diagnostik peripherer
Lungenherde durch?
a) Ja b) Nein
-
Wenden Sie regelmäßig das Verfahren der Imprintzytologie an?
a) Ja b) Nein
Ergebnisse
70 Fragebogen wurden ausgefüllt zurückgesandt (69 %). Die Antworten zu Frage 2 sind
in [Tab. 2] wiedergegeben. Auf 8 Bögen war diese Frage nicht beantwortet. 12 Befragte kreuzten
2 und 1 Befragter alle 3 Möglichkeiten an. Die Summe der Prozentzahlen ergibt deshalb
nicht 100.
Tab. 2 Umfrage an 99 pneumologischen Zentren in Deutschland mit einem Rücklauf von 70 Antworten.
Häufigst angewandtes zytologisches Verfahren in der Diagnostik peripherer pulmonaler
Herde (Mehrfachantwort möglich)
|
häufigstes zytologisches Verfahren |
|
Anzahl |
Prozent |
Bürstenabstrich |
36 |
51 % |
transbronchiale Katheteraspiration |
20 |
28 % |
transbronchiale Nadelaspiration |
20 |
28 % |
Die Fragen 1, 3 und 4 waren durchgehend mit Ja oder Nein beantwortet. Die Ergebnisse
sind in [Tab. 3] wiedergegeben.
Tab. 3 Häufigkeiten der regelmäßigen Kombination von zytologischen und histologischen Verfahren,
der regelmäßigen Anwendung einer Bronchiallavage sowie der Imprintzytologie zur bronchoskopischen
Diagnostik des endoskopisch nicht sichtbaren Bronchialkarzinoms
|
ja |
|
nein |
|
|
Anzahl |
Prozent |
Anzahl |
Prozent |
regelmäßige Kombination Zytologie/Histologie |
55 |
78,6 % |
15 |
21,4 % |
regelmäßige Bronchiallavage |
33 |
47,0 % |
37 |
52,9 % |
regelmäßige Imprintzytologie |
19 |
27,0 % |
51 |
72,9 % |
Diskussion
Bei häufiger Kombination von Zangenbiopsie und zytologischen Methoden (78,6 %) an
pneumologischen Fachkliniken in Deutschland ist der Bürstenabstrich mit 51 % die am
meisten verbreitete zytologische Technik zur Diagnostik peripherer pulmonaler Läsionen.
Die transbronchiale Katheteraspiration erfolgt gleichermaßen selten wie die transbronchiale
Nadelaspiration (in je 28 % der Kliniken häufigste zytologische Methode). Mehrfachantworten
zu Frage 2 wurden berücksichtigt, um den Stellenwert der Verfahren genauer zu erfassen.
Eine Bronchiallavage wird von etwa der Hälfte der Untersucher regelhaft durchgeführt;
das Verfahren der Imprintzytologie, bei dem das Abtupfpräparat der Zangenbiopsie zusätzlich
zytologisch untersucht wird, ist mit 27 % bei genannter Indikation in Deutschland
wenig repräsentiert ([Tab. 2]
u.
[3]).
Kombination
Die Kombination von transbronchialer Zangenbiopsie und zytologischen Methoden ist
sinnvoll, da die diagnostische Sensitivität in bezug auf das periphere Bronchialkarzinom
erhöht wird ([Tab. 1]). Gleichzeitig bestätigt eine Reihe von Arbeiten die hohe Spezifität zytologischer
Verfahren beim peripheren Lungenkarzinom; die Rate falsch positiver Ergebnisse wird
mit Werten zwischen 0 % und maximal 1,7 % angegeben [1]
[6]
[7]
[8]
[9]
[10]
[11]
[12].
Bürstenabstriche
Zangenbiopsien, Bürstenabstriche und Nadelaspirationen geben morphologische Veränderungen
unterschiedlicher anatomischer Areale wieder. So werden mit Bürstenabstrichen eher
oberflächlich gelegene Veränderungen der Bronchialschleimhaut erfasst. Die Trefferquote
beim peripheren pulmonalen Herd liegt für Bürstenabstriche zwischen 26 und 45 % und
nur selten signifikant über der der Bronchiallavage [1]
[11]
[13]
[14]
[15]
[16]. Gegenüber transbronchialer Zangenbiopsie und transbronchialer Nadelaspiration scheint
der Bürstenabstrich das größere Risiko einer schweren Blutung zu beinhalten [14].
Eine Modifikation der Technik des Bürstenabstriches in der Diagnostik des peripheren
pulmonalen Tumors stellen multiple Bürstenabstriche, kombiniert mit Sofortzytologie,
ohne Führung mittels Röntgendurchleuchtung dar [9]. Die Spitze des Bronchoskopes wird so weit wie möglich in die nach vorherigem Studium
der Röntgenbilder wahrscheinlichen Subsegmentostien vorgeschoben und sodann eine Nylonbürste
so weit wie möglich im Bronchialsystem platziert. Die Trefferquote wurde mit 86 %
als deutlich über der in anderen Untersuchungen liegend bestimmt. Neben der Führung
durch die Sofortzytologie kann als Erklärung gelten, dass die Bürste im Gegensatz
zu Zange und Feinnadel Zellen aus einem relativ großen Bereich zu sammeln vermag.
Allerdings wurde vergleichend in dieser Untersuchung keine andere Technik, insbesondere
die transbronchiale Zangenbiopsie nicht, eingesetzt.
Transbronchiale Katheteraspiration
Über den in den Rundherd vorgeschobenen röntgendichten Katheter wird mechanisch Zellmaterial
mobilisiert und aspiriert. Der Katheter kann mehrfach verwendet werden und ist dadurch
preisgünstig. Das stumpfe distale Ende macht eine geringe Komplikationsrate und eine
niedrige Gefahr einer Beschädigung des Biopsiekanales wahrscheinlich.
Das Verfahren verbindet die Möglichkeiten einer sowohl gezielten als auch ungezielten
Probeentnahme, zum einen aufgrund einer lokalisierten Verletzung der Bronchialwand
unter Röntgendurchleuchtung mit nachfolgender Zellaspiration, zum anderen durch Zellmobilisation
von der Schleimhautoberfläche durch rasches Hin- und Herbewegen des Katheters.
Außer für die transbronchiale Nadelaspiration wurde bisher nur für die transbronchiale
Katheteraspiration eine signifikant höhere Trefferquote beim peripheren Bronchialkarzinom
für eine zytologische Methode im direkten Vergleich zur transbronchialen Zangenbiopsie
beschrieben [5]
[8]
[16].
Transbronchiale Nadelaspiration
Bei der transbronchialen Nadelaspiration handelt es sich um eine technisch fortgeschrittene
und wenig invasive Methode, deren Komplikationsrate niedrig ist. Die Sensitivität
der Methode ist hoch und in Studien gut belegt, allerdings wird sie wenig genutzt
[8]
[16]
[17]. Gründe dafür sind das Fehlen technischer Fertigkeiten und die Sorge, den Arbeitskanal
des Bronchoskopes zu zerstören [18]
[19]. Zudem verursacht das Verfahren im Vergleich zu Katheteraspiration und Bürstenabstrich
höhere Kosten.
Für glatt begrenzte Läsionen ist die Trefferquote von transbronchialer Zangenbiopsie
und transbronchialem Bürstenabstrich niedriger als die der transbronchialen Nadelaspiration
[14].
In Fällen, in denen durch extrinsische Kompression der Bronchus deplatziert oder obstruiert
ist, kann mit der Nadel die Bronchialwand durchstochen und der Tumor erreicht werden.
Bronchiallavage
Die höchste Trefferquote besteht bei exophytischem und infiltrativem Tumorwachstum
im Vergleich zu submukösem oder extrabronchialem Wachstum. Bei der zytologischen Untersuchung
von Sekreten besteht methodisch bedingt ein erhebliches quantitatives Missverhältnis
zwischen der limitierten Menge der gewonnenen Proben und der Größe des Einzugsbereiches.
Die diagnostische Sensitivität liegt in Untersuchungen mit peripheren Läsionen und
Dominanz peripherer Bronchialkarzinome zwischen 4 % und 40 % [1]
[11]
[13]
[14]
[16]
[17].
Aus einer gezielten Probeentnahme mittels transbronchialer Nadelaspiration und Katheteraspiration
resultiert eine deutlich höhere unabhängige diagnostische Sensitivität [1]
[5]
[17]. Die Methode der Bronchialwaschung sollte daher ausschließlich in der Kombination
mit anderen Verfahren angewandt werden.
Imprintzytologie
Diese nimmt eine Sonderstellung ein, da histologische Präparate zusätzlich zytologisch
untersucht werden. Dabei wird die Gewebeprobe leicht auf einen Objektträger getupft
oder vorsichtig darüber gerollt, um Alterationen in der Zellmorphologie zu minimieren.
Da durch das imprintzytologische und das histologische Präparat unterschiedliche Teile
des Tumors erfasst werden, kann die Sensitivität in bezug auf Malignität gesteigert
werden [3]
[10]
[20].
Schlussfolgerung
Die Befragung zeigt, dass in einem hohen Prozentsatz (79 %) in pneumologischen Schwerpunktkliniken
in Deutschland in der bronchoskopischen Diagnostik des peripheren Bronchialkarzinoms
die histologische Probeentnahme mit zusätzlicher Zytologie erfolgt, wodurch die Sensitivität
bei gleichzeitig hoher Spezifität gesteigert werden kann. Die Methoden der Aspiration
zytologischen Materials mittels Katheter oder Feinnadel werden jeweils nur in weniger
als einem Drittel der Kliniken als häufigstes Verfahren praktiziert. Hinderungsgründe,
die bei der Nadelaspiration ins Gewicht fallen, d. h. mangelnde Fertigkeit in der
Handhabung, eine mögliche Beschädigung des Bronchoskopes sowie Materialkosten, treffen
für die Katheteraspiration nicht zu. Da es sich um die einzigen Verfahren handelt,
die eine signifikant höhere Trefferquote im Vergleich zur Zangenbiopsie aufweisen,
sollten sie vermehrt zum Einsatz kommen.