Der Nuklearmediziner 2006; 29(3): 133-134
DOI: 10.1055/s-2006-942130
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Funktionell-morphologische Kombinationsbildgebung: ein Update

Functional Morphological Combined Imaging: An UpdateS. Dresel1
  • 1HELIOS Klinikum Berlin, Nuklearmedizinische Klinik, Berlin
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Publication Date:
15 September 2006 (online)

Die Kombination funktioneller und morphologischer Bildinformation, sei es durch Entwicklung kombinierter Geräte wie PET/CT, SPECT/CT oder auch die Zusammenführung der Informationen bildgebender Verfahren durch „software fusion”, ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert.

Noch vor wenigen Jahren beschränkte sich der Einsatz bildgebender Verfahren insbesondere in der Onkologie auf die Suche nach einer Läsion oder nach Metastasen, gefolgt von sofortiger chirurgischer oder anderweitiger Intervention zur Entfernung derselben. Derzeit sind derartige therapeutische Strategien vollständig im Umbruch und die Charakterisierung molekularer Prozesse, wie sie klassischerweise von nuklearmedizinischen Methoden erbracht werden, haben erheblichen Anteil daran. Noch vor 20 Jahren waren für die damals Studierenden solche Ansätze weitgehend unbekannt und ein möglichst aggressives therapeutisches Vorgehen gegen den „Feind” Mittel der Wahl.

Heute tragen moderne bildgebende Verfahren maßgeblich dazu bei zu entscheiden, welche Form der Therapie, lokal oder systemisch, chirurgisch oder interdiszplinär den größten Nutzen für den Patienten bringt. In manchen Fällen mag dies auch „watch and wait” sein, auch wenn diese Strategie für den klinisch tätigen Arzt noch immer ein gewisses Unwohlsein mit sich bringt. Um diese Entscheidungen herbeizuführen, sind anatomisch-morphologische Information über Lage und Beschaffenheit einer Läsion ebenso vonnöten wie die funktionell-metabolische Charakterisierung und überhaupt die Information über die Ausbreitung einer Erkrankung im Körper. Mehr noch, die Beurteilung des Ansprechens auf eine Therapie wie auch die Rezidivdiagnostik erfordern detaillierte Informationen über die Eigenschaften eines Tumors selbst wie auch seine Beziehungen zur Umgebung. Wenn diese zur Strategie der Behandlung führenden Informationen korrelativ zur Verfügung gestellt werden können, umso besser.

Dieses Heft vermag keinen vollständigen Überblick über die vielfältigen Einsatzgebiete der kombinierten Bildgebung zu vermitteln. So sind die Indikationen zum Einsatz besonders der PET in Kombination mit der CT, z. B. bei Tumoren der Lunge und des Dickdarms, in vielen Arbeiten bereits solide dokumentiert. Die ersten drei Manuskripte dieses Heftes beschäftigen sich mit dem Einsatz der PET/CT in der Gynäkologie, der Urologie und der Strahlentherapie. Besonders für die Strahlentherapie setzt sich die zusätzliche Nutzung der durch die PET zur Verfügung gestellten Information für die Therapieplanung zunehmend durch. Dies führt nicht nur zu einer effektiveren Therapie der zu bestrahlenden Läsion, sondern auch zur Verminderung unerwünschter Nebeneffekte. Auch dies mag als Beispiel gelten für die Änderung der Denkweise in der Therapieplanung, die nicht nur die Beseitigung des Tumors berücksichtigt, sondern zunehmend auch die Lebensqualität und die Gesamtprognose für den Patienten in den Vordergrund stellt. Moderne bildgebende Verfahren leisten hierzu einen wichtigen Beitrag.

Dass ähnliche Ergebnisse - wenn auch mit mehr Aufwand - auch durch Software-basierte Zusammenführung der einzelnen Modalitäten erzielt werden können, macht in eindrucksvoller Weise der vierte Artikel deutlich. Auch wenn hier sicherlich noch einige Aufklärungsarbeit notwendig ist; der Einsatz nuklearmedizinischer Methoden in der Pädiatrie hat eine lange Tradition. Es ist daher nur sinnvoll, die Möglichkeiten der PET auch hier zu nutzen. Dass der Einsatz der MRT im Vergleich zur CT in der Pädiatrie überwiegt, ist nicht nur durch die fehlende Strahlenexposition zu begründen, sondern vielmehr in der besonders hohen Aussagekraft der Methodik bei kindlichen onkologischen Erkrankungen zu sehen. Hier wird die zukünftige Entwicklung kombinierter PET/MRT-Geräte mit Spannung zu verfolgen sein.

Vier weitere Arbeiten berichten über den aktuellen Einsatz der SPECT/CT mit unterschiedlichen Geräten. Zwar mag manchem das Potenzial der SPECT/CT nicht annähernd vergleichbar zur PET/CT erscheinen, aber diese Arbeiten zeigen sehr deutlich, wie auch im Bereich der konventionellen Nuklearmedizin die zusammenfassende Beurteilung der Verfahren die diagnostische Aussagekraft verbessert. Besonders eindrucksvoll wird dies in der folgenden Arbeit zum Einsatz der Methodik in der Diagnostik der koronaren Herzerkrankung, hier liegt vielleicht das größte Potenzial für die SPECT/CT. Zudem zeigt diese Arbeit erneut, dass eine mentale und Software-basierte Korrelation der Methoden bei entsprechender Zusammenarbeit der beteiligten Disziplinen ebenfalls zum Ziel führen kann.

Eine Betrachtung zu den Konsequenzen hinsichtlich der Strahlenexposition der Patienten durch Kombinationsgeräte soll den Blick schärfen für die Entwicklung klarer Abläufe und Pfade im klinischen Alltag, um Mehrfachuntersuchungen durch suffiziente Planung zu vermeiden. Hier liegt sicher eine wesentliche Herausforderung für die neuen Verfahren, die die Kooperation gerade mit den klinischen Zuweisern hinsichtlich des optimalen Einsatzes der Methoden fördern müssen. Abgeschlossen wird diese Ausgabe von „Der Nuklearmediziner” durch eine bei den Autoren gewohnt pointierte Darstellung des Nutzens der Kombinationsgeräte am Beispiel des PET/CT sowie die Konsequenzen, die sich hieraus nicht nur für die Krankenhäuser und den stationären Bereich, sondern auch die ambulante Patientenversorgung ergeben.

In einem kürzlich veröffentlichten Heft einer anderen Zeitschrift ähnlicher Thematik haben die Herausgeber das Editorial mit der Überschrift „1 + 1 = 3” versehen. Dieses Zitat findet sich an dieser Stelle, da es wohl keine bessere Umschreibung dafür gibt, was wir derzeit in Nuklearmedizin und Radiologie beobachten. Besonders für die nuklearmedizinisch Tätigen unter uns wird die Radiologie und deren feste Integration in die klinischen Abläufe bisweilen als Bedrohung empfunden. Aus guter Zusammenarbeit mit unseren radiologischen Kollegen wissen wir aber auch, dass gerade die offene Diskussion und auch die Empfehlung zur Durchführung nuklearmedizinischer Verfahren durch den Radiologen beispielsweise in klinischen Konferenzen sehr zur Vermittlung der Nützlichkeit und der Aussagekraft nuklearmedizinischer Methodik beitragen. Es ist deutlich zu beobachten, dass das Interesse und auch das Verständnis für die PET durch Einführung der PET/CT-Geräte bei den radiologisch tätigen Kollegen gewachsen ist, ja auch die Faszination des Verfahrens spürbar wird. Wenn dies zur zusätzlichen Kommunikation des hohen Stellenwertes nuklearmedizinscher Verfahren durch unsere Kollegen beiträgt, so ist das für alle Beteiligten, nicht zuletzt auch die klinischen Zuweiser und unsere Patienten, von großem Nutzen und stärkt weiter die Bedeutung der Nuklearmedizin in Klinik, Lehre und Forschung.

PD Dr. med. S. Dresel

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