Jeder Patient hat einen Anspruch auf eine adäquate Schmerztherapie ([3]), denn starke Schmerzen machen krank: Werden postoperative Schmerzen nicht adäquat
gelindert, besteht nicht nur die Gefahr von kostenintensiven Komplikationen, die die
Liegedauer der Patienten im Krankenhaus verlängern können. Darüber hinaus können postoperative
Schmerzen chronifizieren, und es kann sich ein so genanntes "Schmerzgedächtnis" entwickeln.
Mit einer effizienten Strategie zur Schmerztherapie, wozu in der Regel die Einrichtung
eines Akutschmerzdienstes zählt, kann man diesen Effekten zwar entgegenwirken. Häufig
sind dies jedoch kostenintensive Behandlungsansätze, die mit einem relativ hohen Personalaufwand
verbunden sind. Auch einfache, günstige und insbesondere klinisch umsetzbare Konzepte
können jedoch eine adäquate postoperative Schmerztherapie sicherstellen. Dazu zählt
zum Beispiel der postoperative Einsatz von retardierten Opioiden wie Oxycodon (Oxygesic®,
Mundipharma GmbH, Limburg), eine Option, die mindestens ebenso effektiv ist wie derzeit
übliche klinische Standards der postoperativen Schmerztherapie, wie aktuelle Studiendaten
belegen.
Bessere Schmerzkontrolle heißt schnellere Mobilisation
Bessere Schmerzkontrolle heißt schnellere Mobilisation
So war das oral-retardierte Oxycodon in einer Pilotstudie einem intravenösen bedarfsgesteuerten
Regime mit Piritramid - einem vor allem in der Kombination mit Metamizol bei starken
Schmerzen bewährten Analgetikum - bei der Schmerzbehandlung von 30 Patienten nach
einer elektiven Totalhüftendoprothetik überlegen ([2]). Bezüglich des Bewegungsschmerzes waren beide Optionen ähnlich effektiv.
Den Ruheschmerz der Patienten konnte die orale Gabe von Oxycodon jedoch deutlich besser
lindern, insbesondere am ersten und zweiten postoperativen Tag (numerische Ratingskala:
3,1 versus 4,7 am Tag 1 bzw. 1,4 versus 2,2 am Tag 2). Auch am dritten Behandlungstag
blieb die Schmerzstärke unter der oralen Therapie auf konstant niedrigem Niveau. Dementsprechend
war es nach der Gabe von Oxycodon möglich, mehr mobilisierende therapeutische Eingriffe
durchzuführen. Als zusätzlichen Vorteil werteten die Autoren, dass die orale Medikation
für die Pflegenden besser praktikabel war.
Das Nebenwirkungsspektrum macht den Unterschied
Das Nebenwirkungsspektrum macht den Unterschied
Einen anderen Ansatz wählten Wirz et al. in ihrer Studie ([4]): Sie verglichen mit Oxycodon (20 mg täglich) und Tramadol (200 mg täglich) zwei
retardierte µ-Rezeptor-Opioidagonisten unterschiedlicher WHO-Stufen in vergleichbarer
Wirkstärke bei 57 Patienten, die sich verschiedenen orthopädischen Operationen unterzogen
hatten.
Aufgrund der adaptierten Wirkstärke erlaubten beide Therapieregime eine suffiziente,
sichere Reduktion der Schmerzen. Im Schnitt wurden dabei 21 mg Oxygesic analog zu
212 mg Tramadol pro Tag eingesetzt. Ein Wirkungs-Unterschied zwischen den beiden Behandlungsgruppen
bestand dennoch: Unter Oxycodon war der Bedarf an Rescue-Medikationen und zusätzlichen
nichtsteroidalen Antirheumatika geringer.
Signifikante Unterschiede waren bei der Verträglichkeit der Therapie zu verzeichnen.
Die mit Tramadol behandelten Patienten litten deutlich häufiger und auch stärker an
Übelkeit und Erbrechen. Dementsprechend war in diesem Behandlungsarm der Verbrauch
an Antiemetika deutlich höher. Zudem waren unter Oxycodon Effekte wie Sedierung oder
Schlaflosigkeit geringer ausgeprägt. Aufgrund dieses günstigeren Nebenwirkungsprofils
empfehlen die Autoren, zur postoperativen Schmerztherapie bevorzugt das Stufe-3-Opioid
einzusetzen.
Vorteile, die die Patienten wertschätzen
Vorteile, die die Patienten wertschätzen
Dass Oxycodon im Vergleich zu anderen Schmerztherapie-Regimen bei mindestens gleicher
Effektivität geringere zentrale Nebenwirkungen verursacht, belegten zuvor schon Kaufmann
et al. ([1]). Sie behandelten insgesamt 35 Patienten nach einer Netzhautoperation entweder mit
zweimal täglich 10 mg Oxycodon oder intravenös mit 100 mg Tramadol plus 1 g Metamizol
(alle vier Stunden bis 24 Stunden post-OP).
Bereits nach vier Stunden war unter Oxycodon eine suffiziente Schmerzreduktion festzustellen.
Zwar reduzierte sich der Ruheschmerz auch unter der Tramadol-Metamizol-Therapie im
Verlauf über 24 Stunden, allerdings deutlich langsamer. Dabei war die Verträglichkeit
von Oxycodon der Vergleichsmedikation klar überlegen: Nur jeweils 6% der Patienten
klagten unter Oxycodon über Übelkeit oder Erbrechen. In der Gruppe der Patienten,
die Tramadol und Metamizol erhielten, litten mit 53 bzw. 26% deutlich mehr Patienten
an diesen zentralen Nebenwirkungen. Dementsprechend brachen sechs von 19 Patienten
die Therapie mit Tramadol und Metamizol ab, während unter Oxycodon kein einziger Therapieabbruch
zu verzeichnen war.
Die höhere analgetische Wirksamkeit in Kombination mit der besseren Verträglichkeit
spiegelt sich auch im Urteil der Patienten wider: Sie bewerteten die Qualität der
Analgesie unter Oxycodon signifikant besser als unter der Tramadol-Metamizol-Kombination,
wobei sich die Zufriedenheit unter Oxycodon - im Unterschied zur Vergleichsmedikation
- über den Verlauf von 24 Stunden sogar noch erhöhte.
sts