intensiv 2006; 14(2): 98-101
DOI: 10.1055/s-2006-926471
Recht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fortbildungskosten - Erstattungspflicht bei Arbeitgeberkündigung bei Zumutbarkeit

Werner Schell1
  • 1Neuss
Further Information

Publication History

Publication Date:
06 April 2006 (online)

Ein Arbeitnehmer kann sich wirksam zur Rückzahlung von Fortbildungskosten verpflichten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist endet. Die Kostenerstattung muss ihm allerdings bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls nach Treu und Glauben zumutbar sein. Sie muss einem begründeten und billigenswerten Interesse des Arbeitgebers entsprechen. Daran fehlt es in der Regel, wenn die Rückzahlungspflicht auch bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung vereinbart ist. Wird einem Arbeitnehmer vorzeitig aus einem Grund gekündigt, auf den er keinen Einfluss hat, liegt es nicht an ihm, dass sich die Bildungsinvestition des Arbeitgebers nicht amortisiert. Eine Rückzahlung ist dem Arbeitnehmer dann nicht zumutbar. Diese Rechtsauffassung vertrat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil vom 24.6.2004, mit dem zwei Streitsachen abgeschlossen wurden.

Auf Erstattung von Fortbildungskosten geklagt hatte eine Arbeitgeberin, die einer Krankenschwester eine berufsbegleitende Weiterbildung „Leitung/Management von ambulanten Pflegediensten” finanzierte und das Arbeitsverhältnis bereits während der sechsmonatigen Probezeit kündigte sowie ein Arbeitgeber, der die Kosten einer „CATIA-Schulung” eines Maschinenbauingenieurs übernahm und das Arbeitsverhältnis nach siebeneinhalb Monaten wegen fehlender Eignung des Arbeitnehmers beendete. Beide Arbeitgeberklagen hatten vor dem BAG keinen Erfolg. Zwar bedurfte im ersten Fall die Kündigung zu ihrer Wirksamkeit keines Kündigungsgrundes. Für ihren Erstattungsanspruch musste die Arbeitgeberin jedoch ein vertragswidriges Verhalten der Krankenschwester als Grund für die Beendigung der Zusammenarbeit belegen. Einen solchen Nachweis hatte sie nicht führen können. Im zweiten Fall hatte der Arbeitgeber das Risiko der mangelnden Eignung des Maschinenbauingenieurs trotz Fortbildung zu tragen. Dieser hatte es nicht in der Hand, durch eigene Betriebstreue einer Rückzahlungspflicht zu entgehen.

Urteil des BAG vom 24.6.2004 - 6 AZR 320 und 383/03 -

Werner Schell
Dozent/Dipl.-Verwaltungswirt

Harffer Straße 59

41469 Neuss

Email: team@wernerschell.de

URL: www.gesetzeskunde.dehttp://www.pflege-shv.de

    >