Zentralbl Chir 2006; 131: 157-159
DOI: 10.1055/s-2006-921500
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

V.A.C.®-Instill - Erste Erfahrungen bei einem entzündlichen Prozess am proximalen Oberschenkel 3 Jahre nach Hüft-TEP

V.A.C.® Instill - First Experiences on an Inflammatory Process of the Proximal Femur 3 Years after Hip-Joint OperationG. Riepe1 , M. Schneider1
  • 1Zentrum für Gefäßmedizin und Wundbehandlung, Stiftungsklinikum Mittelrhein Boppard
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
30. März 2006 (online)

Die V.A.C.®-Instill ist ein weiter entwickeltes ATS-V.A.C.®-System, das die Instillation von Flüssigkeiten (z. B. Antiseptika) in einen Vakuumverband ermöglicht. Dieser softwaregesteuerte kontinuierliche Reinigungszyklus ist besonders für infizierte Wunden geeignet. Der zyklusmäßige Wechsel zwischen Instillation, Einwirkphase und Vakuumphase erreicht die gesamte Wunde und verhindert die bei kontinuierlichen Spülverbänden bekannte Spülstraßenbildung. Wir berichten über unsere ersten Erfahrungen beim Einsatz des noch nicht in Deutschland am Markt eingeführten V.A.C.®-Instill-Systems.

Unser Patient ist ein 63-jähriger Patient mit einer geröteter, überwärmter und schmerzhafter Schwellung rechts lateral am rechten Oberschenkel im proximalen Drittel. Die Schwellung bestand seit der Implantation einer Druckscheibenprothese der rechten Hüfte vor 3 Jahren (09.2002). Unmittelbar postoperativ hatte sich ein ausgedehntes Hämatom und eine flächige Rötung mit leichter Überwärmung ventral am Oberschenkel ausgebildet. Während der postoperativen Reha waren das CRP mit 44 mg/l und die BSG mit 110 erhöht. Seit 02.2005 dehnte sich die Rötung nach lateral aus. Die CRP betrug 43,5 mg/l, die BSG 37. Im Mai 2005 wurden vom Dermatologen ein Haut-PE entnommen und differenzialdiagnostisch eine kutane Vaskulitis erwogen. Im August entwickelte sich rasch ein oberflächlicher Abszess proximal ventrolateral am Oberschenkel. Dieser wurde gespalten und gemäß des Abstriches mit Flucloxacillin behandelt. Im MR des Oberschenkels zeigte sich ein 30 × 10 × 5 cm großer, längs, in unmittelbarer Nähe zum Femur verlaufender Prozess ohne sichere Beteiligung der Hüftprothese. Die Knochenszintigraphie wies eine seitendifferente, deutliche Knochenstoffwechselleistung rechts auf, ohne Anhalt für eine Endoprothesenlockerung. Eine unter Antibiose blande, osteomyelitische Infiltration des Femurs konnte nicht ausgeschlossen werden. In der Leukozytenszintigraphie (Abb. [1]) stellte sich eine umschriebene, deutliche Aktivitätssteigerung im Weichteilgewebe des Oberschenkels proximal lateral am Oberschenkel da. Dieser war deutlich größer als im MRT beschrieben. Eine Infiltration des Gelenkraumes und des Femurs wurde ausgeschlossen.

Abb. 1 Entzündungsszinthigraphie mit 99mTc-markierten Leukozyten-AK-Fab-Fragmenten (Leukoscan). In der a.-p.-Projektion zeigt sich eine deutlich vermehrte Aktivität rechts lateral im Oberschenkelweichteilgewebe.

Wir entschieden uns zum chirurgischen Debridement in Intubationsnarkose mit Anlage einer V.A.C.®-Instill mit Lavasept-Lösung. Präoperativ wurde eine echoarme Höhle im Oberschenkelmuskel sonographisch markiert (Abb. [2]). Intraoperativ fand sich subfaszial eine narbig begrenzte bis an den Femur angrenzende Höhle, aus dieser entleerte sich reichlich zähflüssige, leicht trübe, bernsteinfarbene, teils weißflockige Flüssigkeit (Abb. [3]). Das Narbengewebe wurde reseziert. Es wurden Abstriche aus dem Sekret und aus der Tiefe der Höhle und eine PE des Narbengewebes gewonnen. Die Höhle wurde mit 3 PVA-Schwämmen mit je einer eingelegten Drainage ausgefüllt.

Abb. 2 Rechter Oberschenkel mit Narbe nach TEP, flächiger Rötung distal davon nach ventral reichend und Markierung der sonografisch dargestellten Flüssigkeitsansammlung.

Abb. 3 Subfaszial gelegener narbiger Prozess mit zähem, bernsteinfarbenem leicht trübem Inhalt.

Nach 2 Tagen wurde revidiert. Der PVA-Schwamm (Abb. [4]) war verstopft und wurde durch einen PU-Schwamm (Abb. [5]) ersetzt. Nach 5 Tagen wurde dieser verschmälert (Abb. [6]) und nach weiteren 4 Tagen konnte die sauber granulierende Wunde nach Mobilisation des Subkutangewebes schichtweise verschlossen werden. Alle 3 Abstriche aus der Tiefe der Wundhöhle blieben ohne Keimnachweis. Die Histologie der Fasziennarben bot das Bild einer partiell eitrig-infizierten, chronischen Narbenreaktion ohne Anhalt für Malignität. Die CRP schwankte während des stationären Aufenthaltes zwischen 4,3 mg/dl präoperativ 7,8 mg/dl während der V.A.C.®-Instill-Therapie und 2,8 mg/dl unmittelbar postoperativ. Die BSG war bei Aufnahme 35/61, die Leukozyten waren mit 5,9-8,2-4,4/nl stets im Normbereich.

Abb. 4-6 V.A.C.®-Instill-Anlage zunächst mit PVA-Schwamm, dann mit PU-Schwamm und schließlich verschmälert mit PU-Schwamm.

Retrospektiv handelte es sich um ein gefangenes altes Hämatom und Serom nach der Hüftoperation vor 3 Jahren. Die nahe liegende Befürchtung einer Beteiligung der Hüftprothese machte den zweizeitigen Wundverschluss mit einer V.A.C.®-Instill erforderlich. Der Patient war mit der am Infusionsständer befestigten ATS-V.A.C.® mobilisierbar. Bis auf die Unterbrechung der Instillation durch das Verstopfen des PVA-Schwammes traten keine Probleme seitens des Verbandes oder des Therapiesystems auf. Die Bedienung der Software war nach anfänglicher Verwirrung in der Menüführung schnell erlernbar. Als sehr vorteilhaft ist die Darstellung des Ausmaßes der Undichtigkeit in der Software herauszustellen[7].

Abb. 7 Abgeschwollener Oberschenkel ohne Rötung 4 Wochen nach V.A.C.®-Instill.

PD Dr. med. G. Riepe
Dr. med. M. Schneider

Leitende Ärzte des Zentrums für Gefäßmedizin und Wundbehandlung · Stiftungsklinikum Mittelrhein Boppard

eMail: griepe@stiftungsklinikum.de

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