ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2005; 114(11): 491
DOI: 10.1055/s-2005-922464
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zahnmedizin total

Cornelia Gins
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Publication Date:
17 November 2005 (online)

Da war was los in Berlin. Über 5000 Zahnärzte waren im Oktober in die Stadt geströmt, um an der DGZMK-Gemeinschaftstagung der Superlative teilzunehmen. Einmal alle wissenschaftlichen zahnmedizinischen Fachgesellschaften zu einem interdisziplinären Kongress zusammenzuführen, war der ehrgeizige Wunsch der DGZMK. Dem fachlichen Meinungsaustausch sollte vor allem durch das Überschreiten der Disziplingrenzen auf diese Weise ein ganz neues Forum gegeben werden.

In alle Fachgebiete hinschauen zu können, auch einmal einen Vortrag zu besuchen, der nicht gerade auf der fachlichen Ausrichtung liegt, ist sicherlich eine optimale Möglichkeit, sein medizinisches Spektrum zu erweitern. Über 800 Studien aus allen Gebieten, präsentiert in Vorträgen und auf Postern, sollten dazu reichlich Gelegenheit gegeben. Auch die Industrieausstellung hatte mit über 200 Ausstellern Mini-IDS-Ausmaße. Ja, das Angebot war wirklich überwältigend. Das Problem: Man konnte an den vielen interessanten Orten nicht gleichzeitig sein!

Ist so ein Mega-Event wirklich ein gutes Modell, um optimale Fortbildung anzubieten? Da gehen die Meinungen wohl auseinander. Ich bin kein Freund von diesen Veranstaltungen, wie man unschwer aus diesen Zeilen entnehmen kann. Wissenschaftliche Fortbildungen sind mehr denn je ein Must. Allerdings interessiert sich der Tagungsbesucher in erster Linie für s e i n Fachgebiet. Der Implantologe möchte primär wissen, was es auf seinem Gebiet für neue Erkenntnisse gibt, dito der Kieferorthopäde oder der Prothetiker. Ist dann noch Gelegenheit, sich für etwas anderes zu interessieren, warum nicht. Doch möglichst ohne Stress mit zu viel Parallelveranstaltungen und dem damit verbundenen Entscheidungsdruck. Oft ist die Zeit zu knapp, von Raum A nach Raum B zu kommen, und dann ist dieser oft wegen Überfüllung geschlossen. Großkongresse dieser Art sind für mich vergleichbar mit einem Warenhaus. Selbstverständlich ist es anregend und sehr informativ, durch alle Abteilungen zu schlendern und sich inspirieren zu lassen. Doch heutzutage muss noch mehr als früher zielgerichtet gedacht und gearbeitet werden. Den Luxus des Schlenderns kann man sich leider nicht mehr wirklich leisten. Und so verpufft viel Wissenswertes ungehört und unbeachtet.

Fachübergreifend zu informieren und fortzubilden, halte ich vor allem anbetracht der zunehmenden Spezialisierung für immens wichtig. Doch ob sich Veranstaltungen in der Größenordnung wie die diesjährige Jahrestagung der DGZMK dafür wirklich eignen, möchte ich infrage stellen. Gemeinschaftstagungen zwischen 2 Fachgesellschaften, wie in der Vergangenheit schon oft durchgeführt, auch einmal in unkonventionellen Fachkombinationen, sind bestimmt effektiver. Eier legende Wollmilchsäue bleiben dagegen immer ein Kompromiss.

Dr. med. dent. Cornelia Gins

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