Pneumologie 2005; 59(11): 754
DOI: 10.1055/s-2005-921991
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Lungenkrebs - Natürliches Radongas steigert das Erkrankungsrisiko

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Publication Date:
15 November 2005 (online)

 
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Das im Boden und in Wohngebäuden vorkommende Gas Radon ist radioaktiv. Wie sich zunehmend zeigt, stellt es ein relevantes Karzinogen dar. Der genaue Zusammenhang zwischen Radoninhalation und Lungenkrebsrisiko wurde nun untersucht (BMJ 2005; 330: 223-226).

Um Aussagen über das Krebsrisiko durch Radon zu ermöglichen, sammelten Darby et al., Oxford/Großbritannien, die Daten von 13 europäischen Studien, die sich mit der Gefährdung durch das Gas beschäftigt hatten. Sie untersuchten, welcher Zusammenhang zwischen den aufgetretenen Konzentrationen und dem Krebsrisiko bestand. Insgesamt standen die Angaben von 7 148 Lungenkrebspatienten und einer gleich strukturierten Kontrollgruppe ohne Lungenkrebs (n = 14 208) zur Auswertung bereit. Bei allen war die häusliche Belastung mit dem Gas gemessen worden. Aufgrund der hohen Fallzahl der Studie wurden erstmalig zuverlässige Aussagen zu dem Fragenkomplex rmöglicht.

Zwischen der Radonbelastung und dem Lungenkrebsrisiko besteht ein statistisch signifikanter Zusammenhang. Patienten mit einem Lungenkarzinom waren im Mittel einer Konzentration von 104 Bq/m³ ausgesetzt. In der Kontrollgruppe betrug die durchschnittliche Luftbelastung nur 97 Bq/m³. Die Auswertung belegte, dass jeder Anstieg der häuslichen Radonkonzentration um 100 Bq/m³ das relative Lungenkrebsrisiko um 11% erhöhte. Besonders Raucher sind durch Radon gefährdet. Nach 75 Lebensjahren betrug das radonspezifische Krebsrisiko (Durchschnittsbelastung 400 Bq/m³) bei Nichtrauchern 0,7%. Bei Rauchern dagegen lag das kumulative Krebsrisiko bei 16%. Somit hatte sich bei Rauchern das Risiko um den Faktor 25 potenziert.

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Bronchialkarzinom des linken Lungenoberlappens (Bild: Archiv)

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Tumorzellen im Sputum (Bild: Differenzialdiagnose, Thieme 2005).

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Fazit

Epidemiologische Daten belegen ein relevantes Lungenkrebsrisiko durch das natürliche radioaktive Radon. Der Zusammenhang zwischen Gaskonzentration und Lungenkrebsrisiko ist linear. Besonders gefährdet sind Raucher. Die Autoren vermuten, dass rund 2% aller Krebsfälle in Europa durch die natürliche Radonbelastung verursacht werden.

Dr. Horst Gross, Berlin

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Kommentar zur Studie

In seinem Editorial weist G. Watts darauf hin, dass das Radonproblem immer noch verharmlost wird (BMJ 2005; 330: 226-227). Die Annahme, dass natürliche Radioaktivität per se harmlos sei, wurde durch die vorliegende Studie widerlegt. Radon scheint in einer Größenordnung gefährlich zu sein, die man sonst nur vom Nikotinabusus kennt. Zudem ist diese Gefahr unnötig, da die moderne Gebäudetechnik suffiziente Belüftungssysteme zur Verfügung stellt. Ihr Einsatz könnte die Radonbelastung erheblich reduzieren.

H.G.

 
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Bronchialkarzinom des linken Lungenoberlappens (Bild: Archiv)

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Tumorzellen im Sputum (Bild: Differenzialdiagnose, Thieme 2005).