Einleitung
Einleitung
Cyclodextrine sind zyklische Oligosaccharide, die über α-(1,4)-glykosidische Bindungen
verknüpft sind. Cyclodextrine bilden stabile Ringe mit einem hydrophoben Inneren,
was die Bildung von Einschlusskomplexen mit einer großen Anzahl an chemischen Substanzen
ermöglicht. Diese Einschlusskomplexe sind durch hydrophobe Wechselwirkungen und Wasserstoffbrückenbindungen
stabilisiert. Cyclodextrin-Einschlusskomplexe finden in zunehmendem Maße Anwendung
im medizinischen und pharmakologischen Bereich.
So werden Cyclodextrine derzeit zur Verbesserung von Stabilität und Löslichkeit von
Wirkstoffen für orale [1 ], intranasale [2 ], okulare [3 ] und intravenöse [4 ] Anwendungen sowie als transdermale Transportsysteme (TTS) [5 ]
[6 ] genutzt. Zudem kommen cyclodextrin-veredelte Textilien auf den Markt [7 ]
[8 ], die entweder auf eine Aufnahme von Substanzen aus dem Schweiß oder eine langsame
Abgabe der eingeschlossenen Substanzen an die Hautoberfläche abzielen.
Anwendungen im dermatologischen oder kosmetischen Bereich machen eine Abklärung der
Hautverträglichkeit der verwendeten Cyclodextrine notwendig. Zu diesem Zweck wurde
der Einfluss gelöster Cyclodextrine und chemisch modifizierter Derivate auf das Proliferationsverhalten
epidermaler Zellen (HaCaT-Keratinozyten) untersucht. Dazu kamen verschiedene In-vitro- Testverfahren zum Einsatz.
Material und Methoden
Material und Methoden
Zellkultivierung
HaCaT- (H uman a dult low Ca lcium high T emperature) Keratinozyten (Prof. Dr. N. E. Fusenig, DKFZ, Heidelberg) wurden in Dulbecco’s
modified Eagle’s Medium (DMEM, PromoCell) supplementiert mit 10 % FCS (Biochrome)
und 1 % antibiotisch-antimykotischer Lösung (GibcoBRL) bei 37 °C und 5 % CO2 kultiviert. Für Experimente wurden die Zellen mit Trypsin/EDTA suspendiert und in
96-well-Mikrotiterplatten gesät (20 000 - 40 000 Zellen/cm2 ) und in der Regel 48 h vorinkubiert.
Bestimmung des intrazellulären ATP-Gehaltes
Die Messung des intrazellulären ATP-Gehaltes (ATPLite, Perkin Elmer) beruht auf dem
D-Luciferin/Luciferase-System des Glühwürmchens (Photinus pyralis). Dazu werden die
Zellen nach der Inkubation mit Cyclodextrinen lysiert und ATP zur Umsetzung von D-Luciferin
zu Oxyluciferin genutzt. Bei dieser Reaktion werden Lichtquanten frei. Die Intensität
der Lichtentwicklung ist direkt proportional zur vorhandenen ATP-Konzentration. Zur
Messung des Lumineszenz-Signals wurde der Plattenreader LUMIstar der Firma BMG Labtech
genutzt [9 ].
Fluoreszenz-Mikroskopie
SYTO-13 und Ethidiumhomodimer-2 (Molecular Probes) sind Fluoreszenzfarbstoffe, die
an Nukleinsäuren in den Zellen binden, wobei ihre Fluoreszenzintensität verstärkt
wird. SYTO-13 ist ein grün fluoreszierender Farbstoff, der passiv durch die Zellmembranen
diffundiert und alle Zellen färbt. Das rot fluoreszierende EthD-2 ist nicht membranpermeabel
und kann nur in Zellen gelangen, deren Membranintegrität gestört ist. Dies ist bei
Zellen mit nekrotischen Schäden der Fall. Auf Grund der höheren Affinität von EthD-2
zu DNA verdrängt dieser Farbstoff das gebundene SYTO-13, weshalb tote Zellen rot bzw.
orange fluoreszieren.
HaCaT-Keratinozyten wurden auf Deckgläschen 48 h kultiviert. Anschließend wurde das
Medium entfernt und durch Medium (Negativ-Kontrolle) bzw. je 1mL 1 %ige Cyclodextrin-Lösung
ersetzt. Anschließend wurden die Zellen für 24 h bei 37 °C/5 % CO2 bebrütet und mit beiden Farbstoffen gefärbt. Die Fluoreszenz-Anregung am Mikroskop
(Olympus) erfolgte bei 470 - 490 nm. Die Emission wurde oberhalb 500 nm gemessen.
Ergebnisse
Ergebnisse
Proliferation von HaCaT-Keratinozyten unter dem Einfluss von Cyclodextrinen
Die natürlichen Cyclodextrine beeinflussen das Wachstum der HaCaT-Zellen in unterschiedlicher
Weise. Während es unter der Einwirkung von α- und γ-Cyclodextrin nur zu geringfügigen
Änderungen des Wachstumsverhaltens bezogen auf Kontrollzellen kommt, führt die Inkubation
mit β-Cyclodextrin zu deutlich antiproliferativen Erscheinungen. So nimmt der intrazelluläre
ATP-Gehalt mit zunehmender Inkubationsdauer signifikant ab, was ein Indiz für einen
gestörten Metabolismus der Zellen ist (Abb. [1 a ]). Die beobachtete Wirkung ist konzentrationsabhängig.
Ein ähnliches Ergebnis ergibt die Inkubation der HaCaT-Keratinozyten mit methylierten
Cyclodextrin-Derivaten (Abb. [1 b ]). Im Falle der methylierten Abkömmlinge des α- und γ-Cyclodextrins ist keine signifikante
Abnahme der untersuchten Proliferationsparameter gegenüber der Kontrolle feststellbar.
Anders das methylierte β-Cyclodextrin. Die Inkubation mit dieser Substanz hemmt das
Zellwachstum signifikant.
Hydroxy-Propyl-Derivate aller drei Cyclodextrine üben nur einen geringen Effekt auf
das Proliferationsverhalten der Zellen aus (Abb. [1 c ]). Im Falle dieser Modifizierung wird auch das β-Cyclodextrin gut von den Keratinozyten
toleriert.
Abb. 1 Bestimmung des intrazellulären ATP-Gehaltes in HaCaT-Keratinozyten unter dem Einfluss
von Cyclodextrinen und Cyclodextrin-Derivaten mittels Lumineszenz Assay (ATP-Lite,
Perkin Elmer) nach 24 h. Blaue Balken - Cyclodextrinkonzentration 0,5 % (w/v), graue
Balken - Cyclodextrinkonzentration 1,0 % (w/v).
Zelltod unter dem Einfluss von Cyclodextrinen
Die beobachtete antiproliferative Wirkung von β-Cyclodextrin und Methyl-β-Cyclodextrin
geht einher mit dem Verlust der Integrität der Zellmembranen. Dies lässt sich fluoreszenz-mikroskopisch
nachweisen. Die Lebend-Tot-Färbung der HaCaT-Zellen nach 24-stündiger Inkubation mit
1 %iger Cyclodextrin-Lösung zeigt für α- und γ-Cyclodextrin, Methyl-α- und Methyl-γ-Cyclodextrin
sowie sämtliche Hydroxy-Propyl-Cyclodextrine ausschließlich lebende Zellen (grüne
Fluoreszenz) (Abb. [2 ]).
Abb. 2 Lebend-Tot-Färbung mit SYTO-13/EthD-2 von HaCaT-Keratinozyten nach 24-stündiger Inkubation
mit Cyclodextrinen und Cyclodextrin-Derivaten (1,0 % w/v).
Die Einwirkung von β-Cyclodextrin und Methyl-β-Cyclodextrin führt jedoch zu einem
dramatischen Verlust an intakten Zellen. Dies zeigt sich zum einen in einem stark
ausgedünnten Zellrasen und zum anderen überwiegt die Anzahl der toten Keratinozyten
(rote Fluoreszenz) deutlich.
Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassung und Ausblick
Cyclodextrine und ihre chemisch modifizierten Abkömmlinge unterscheiden sich hinsichtlich
ihres Einflusses auf HaCaT-Keratinozyten deutlich voneinander. So werden α- und γ-Cyclodextrin
und ihre modifizierten Derivate auch in hoher Konzentration (1 % w/v) gut von den
Zellen toleriert. Hingegen weisen β- und Methyl-β-Cyclodextrin eine starke zytotoxische
Wirkung auf. Diese Wirkung ist dosisabhängig. Während 0,5 %ige Lösungen nur einen
geringen antiproliferativen Effekt hervorrufen (vergl. ATP), führt die Inkubation
mit 1 % β- und Methyl-β-Cyclodextrin nach 24 h zum Zelltod. Durch die Einführung einer
Hydroxy-Propyl-Gruppe am β-Cyclodextrin kann der zytotoxische Effekt jedoch aufgehoben
werden. Diese Eigenschaften sollten beim In-vivo-Einsatz von Cyclodextrinen im dermatologischen
Bereich unbedingt berücksichtigt werden.