Durch neueste technische Entwicklungen auf dem Ultraschallgerätesektor ist es heute
möglich vierdimensionale Untersuchungen der Brust in Echtzeit durchzuführen. Die
vierte Dimension ist die Zeit, welche als Bewegung eines dreidimensional abgebildeten
Objektes in Erscheinung tritt. Bewegungen, die einerseits vom Ultraschallkopf ausgehen,
bedingt durch ein Gleiten des Schallkopfes über die Läsion oder durch Kompression
und Dekompression des Gewebes, kann man in der Brust vierdimensional darstellen. Andererseits
kann durch gleichzeitiges Palpieren der Brust vierdimensional sonographisch das Bewegungsverhalten
der Brustläsion und des umgebenden Gewebes untersucht werden. Bei ultraschallgezielten
Punktionen von Brustläsionen kann mit Hilfe des 4D-Ultraschalls die Bewegung der Nadel
gleichzeitig in allen drei Ebenen des Raumes dargestellt und damit die Nadel exakt
in die Läsion gesteuert werden.
Volume Contrast Imaging (VCI) kann als eine 4D-Ultraschalltechnik in einer voreingestellten
Schichtdicke, die derzeit von 2-10 mm reicht, ein gerendertes Bild der Strukturen,
die innerhalb der Schichtdicke liegen, in Echtzeit zur Darstellung bringen. Dabei
wird der Ultraschallkopf, wie bei der zweidimensionalen Untersuchung üblich, über
die Brust bewegt. Daraus ergibt sich eine dynamische vierdimensionale Abbildung normaler
Brustgewebsstrukturen oder pathologischer Brustläsionen. Im Fall einer Brustläsion
kann man diese entweder in der 2D-typischen transversalen, sagittalen oder duktparallelen
Schnittebene vierdimensional dynamisch untersuchen oder die völlig neue vierdimensionale
dynamische Abbildung der Brustläsion in der koronalen Ebene wählen. Sofern man mit
einem frei definierbaren Volume of Interest (VOI) eine Brustläsion untersuchen will,
stehen auch solche Optionen von technischer Seite bereit. Bei Makrozysten kann eine
Schichtdicke von über 10 mm zur inneren Oberflächenbeurteilung sinnvoll sein.
Wie von der 3D-Ultraschall-Darstellung einer Brustläsion bekannt, stehen auch für
die 4D-Darstellung verschiedene Rendertechniken zur Verfügung. Überwiegend bevorzugt
wird eine Mischung einer Läsionsabbildung aus oberflächenbetonter Darstellung und
einem Transparenzmodus, der es gestattet durch die Oberfläche des Schnittbildes auf
dahinterliegende Strukturen zu sehen. Dabei können beispielsweise die echoarmen, zur
Läsion in Kontakt stehenden, flüssigkeitsgefüllten Milchgangsstrukturen stärker in
den Vordergrund gerückt oder die echoreiche Punktionsnadel innerhalb des VOI bevorzugt
dargestellt werden. Zur dynamischen 4D-Darstellung einer intrazystischen Läsion wird
primär ein oberflächenbetonter Darstellungsmodus gewählt, um so die Oberfläche beispielsweise
eines intrazystischen Papilloms oder papillären intrazystischen Karzinoms zu evaluieren.
Der große Vorteil von vierdimensionaler Sonographie benigner Mammaherde liegt im Nachweis
eines verdrängenden Läsionswachstums. Dabei zeigt die koronale Ebene, die für 2D-Ultraschall
nicht zugänglich ist, deutlich die Kompression des umgebenden Brustgewebes. Zusätzlich
kann gegenüber der statischen 3D-Sonographie, die ebenfalls in der Lage ist diese
Kompressionszeichen darzustellen, ein dynamischer Faktor in die Beurteilung der Läsion
einfließen. Das bedeutet, dass man durch 4D-Sonopalpation durch rhythmisches Steigern
des Anpressdruckes des Ultraschallkopfes mit nachfolgender Entlastung die Verschieblichkeit
der Ränder der Läsion gegenüber dem Umgebungsgewebe in der koronalen Ebene im Sinne
der örtlichen Stabilität der Läsion beurteilt. Anschließend wechselt man in die transversale
Untersuchungsebene und evaluiert 4D-sonographisch die örtliche und die morphologische
Stabilität. Letztere gestattet uns eine Aussage über das elastische Verhalten der
Läsion innerhalb des VOI. Benigne Läsionen zeigen in der dynamischen 4D-Sonographie
bei Sonopalpation eine geringere örtliche und geringere morphologische Stabilität
als maligne Läsionen.
Invasive Mammakarzinome können sternförmig, knollig, diffus, intrazystisch oder aus
einer Mischung dieser vorgenannten Wuchsformen aufgebaut zur Darstellung kommen. Für
maligne Brustläsionen ist es typisch in unterschiedlich starker Ausprägung das umgebende
Brustgewebe zu infiltrieren. Eine wiederum unterschiedlich starke desmoplastische
Reaktion führt einerseits zu einer Verhärtung des befallenen Gewebebezirkes und andererseits
zu einer Zerstörung der präexistenten Harmonie in der Anordnung der Brustgewebsstrukturen.
Daraus ergibt sich auch der differenzialdiagnostische Vorteil der dynamischen 4D-Ultraschalluntersuchung
eines Mammakarzinoms. Als Ausdruck der Tumorinfiltration in die Nachbarschaft kommt
in der koronalen Ebene ein unregelmäßig sternförmiges echoarmes Zentrum mit einer
Retraktion des umgebenden Brustgewebes zur Darstellung. Bei 4D-Sonopalpation zeigt
sich eine hohe örtliche Stabilität in Folge einer Verankerung des Karzinoms mit der
Umgebung. Die Prüfung der vierdimensionalen morphologischen Stabilität ergibt eine
weitgehend fehlende Verformung und damit eine hohe morphologische Stabilität.
Ein weiterer Vorzug der dynamischen 4D-Sonographie maligner Läsionen gegenüber einer
alleinigen 2D-Ultraschalluntersuchung liegt in der Spiralscantechnik, die es dem Untersucher
erlaubt, in der koronalen Ebene mit dem Schallkopf um die Läsion zu kreisen und gleichzeitig
mit der gerenderten Schicht beispielsweise in der VCI-Technik mit 4 mm Schichtdicke
von einer hautnahen Untersuchungsposition bis zu den brustwandnahen Bereichen, den
Rand eines Karzinoms mit seinen infiltrierenden Tumorausläufern zu studieren und nach
weiteren Karzinomherden im benachbarten Brustgewebe zu suchen. Gerade der Nachweis
von Karzinommultifokalität beeinflusst die Ausdehnung der chirurgischen Resektion
wesentlich.
Im Rahmen der 4D-gesteuerten Punktion von Mammaläsionen bei gleichzeitiger dynamischer
Abbildung von Nadel und Brustläsion mittels 4D-Ultraschall in allen drei Ebenen des
Raumes lässt sich die Bewegung der Nadel auf ihrem Weg durch das Brustgewebe erkennen
und mit hoher Präzision vor oder in die Läsion steuern. Bei Stanznadelbiopsien wird
die Nadelspitze unter 4D-Ultraschallsicht an den Rand der Brustläsion herangeführt,
optimal in allen drei Raumebenen positioniert und anschließend der Auslösemechanismus
für die Hochgeschwindigkeitsstanze betätigt. Die Aufnahme eines 3D-Ultraschalldatensatzes
ermöglicht 3D-Targeting mit Überprüfung und Dokumentation der Korrektheit der Stanznadellage
in Bezug auf die Brustläsion in den drei Raumebenen. Bei präoperativer ultraschallgezielter
Drahtmarkierung einer nicht tastbaren Brustläsion setzt man in gleicher Weise, wie
für die Biopsie beschrieben, die dynamische 4D-Ultraschall-Darstellung von Nadel und
Herd ein, um den Draht durch das mittlere Drittel der Läsion hindurchzuführen und
anschließend das Häkchen oder den Anker zu öffnen. Mit 3D-Targeting wird die Korrektheit
der Drahthäkchenlage überprüft und dokumentiert.
Dr. Christian Weismann
ÖGUM-Arbeitskreisleiter für Mammasonographie