Ob Nieren-, Leber-, Pankreas oder Lungentransplantation - es hat sich viel getan in
der Transplantationsmedizin: Angefangen von der Organentnahme bis hin zur Akutbetreuung
und der internistischen Nachbehandlung der Transplantierten verläuft heute die Akutphase
einer Transplantation weitestgehend standardisiert. Insbesondere lebensbedrohliche
Komplikationen sind inzwischen selten, sodass nur noch wenige Ausschlusskriterien
für den Transplantatempfänger vorhanden sind.
"Aus heutiger Sicht stellen sich der Transplantationsmedizin drei neue, große Herausforderungen",
erklärte Prof. K.W. Jauch, München. Hierzu zählte er zum einen den zunehmenden Organmangel,
der unter anderem auch durch die immer breiter gefassten Indikationsspektren zu immer
längeren Wartezeiten für mögliche Transplantatempfänger führt. "Dazu kommen der Funktionsverlust
transplantierter Organe im Langzeitverlauf und die Nebenwirkungen der Immunsuppression,
wozu sicherlich auch die Entstehung von Tumoren unter Einfluss der chronischen immunsuppressiven
Therapie nach der Transplantation zählt", so Jauch.
Karzinomrisiko reduzieren
Karzinomrisiko reduzieren
Neuere klinische Untersuchungen gehen für Transplantierte von einem 20-40fach erhöhten
Malignomrisiko im Vergleich zur Normalbevölkerung aus, konstatierte PD Chr. Graeb,
München. Neben der Dauer oder der Intensität scheint insbesondere die Art der Immunsuppression
ein Einflussfaktor für maligne Veränderungen zu sein.
Calcineurin-Inhibitoren zum Beispiel steigern die Expression von TGF-b ("transforming
growth factor b"), was wiederum zelluläre Veränderungen induziert, die für Infiltrationsprozesse
charakteristisch sind, so Graeb. mTOR-Inhibitoren ("mammalian target of rapamycin")
wie Sirolimus (Rapamune®) können das Wachstum maligner Zellen anscheinend sogar hemmen.
Sie inhibieren die Expression von TGF-b ebenso wie die Expression von VEGF ("vascular
endothelial growth factor") und die Tumorangiogenese.
Schon im letzten Jahr haben erste retrospektive Daten nach der Umstellung der immunsuppressiven
Behandlung von Ciclosporin oder Tacrolimus auf Sirolimus eine Reduktion des Krebsrisikos
während der zweijährigen Nachbeobachtungszeit um fast 60% dokumentiert (1,47 versus
0,5%). Die Ein-Jahres-Daten der bislang größten prospektiven Multizenterstudie zur
Umstellung der Immunsuppression von einem auf einen Calcineurin-Inhibitor basierten
Schema auf Sirolimus nach einer Nierentransplantation, die Prof. F.P. Shena, Bari
(Italien), auf dem diesjährigen American Transplant Congress (ATC) präsentierte, konnten
jetzt diese Ergebnisse bestätigen.
Insgesamt 830 nierentransplantierte Patienten aus 111 Zentren weltweit erhielten im
Rahmen dieser Studie randomisiert zwei Jahre lang entweder eine Immunsuppression mit
Sirolimus (n = 555) oder Ciclosporin bzw. Tacrolimus (CNI-Gruppe; n = 275). Vor der
Randomisierung bestand die immunsuppressive Therapie entweder aus Ciclosporin oder
Tacrolimus und Glukokortikoiden bzw. aus Azathioprin oder Mycophenolat Mofetil. Bereits
nach zwölf Monaten unterschied sich die Rate aller dokumentierten Malignome signifikant:
Entwickelten unter Sirolimus nur 1,4% der Patienten ein Malignom, waren dies in der
CNI-Gruppe 5,1%.
Bessere Transplantatfunktion
Bessere Transplantatfunktion
Hauptanliegen der Studie war jedoch herauszufinden, wie sich die Umstellung der immunsuppressiven
Therapie auf die Transplantatfunktion auswirkt. Während die Patienten mit einer anfänglichen
glomerulären Filtrationsrate von 20-40 ml/min nicht eindeutig von der Konversion profitierten,
führte die Umstellung der Therapie auf Sirolimus bei den Transplantierten mit einem
GFR-Ausgangswert von über 40 ml/min zu signifikant besseren Resultaten (p = 0,0005):
In der Sirolimus-Gruppe verbesserte sich die glomeruläre Filtrationsrate nach einem
Jahr um 1,8 ml/min gegenüber dem Ausgangswert. In der Kontrollgruppe hingegen reduzierte
sich die glomeruläre Filtrationsrate um 0,66 ml/min.
Je besser der Ausgangs-GFR-Wert der Patienten war, desto stabiler blieb die Filtrationsrate
unter der Sirolimus-Therapie übrigens auch im weiteren Verlauf, so das Ergebnis einer
zusätzlichen Analyse der Studiendaten. Während sich bei den Patienten in der CNI-Gruppe
mit einer initialen glomerulären Filtrationsrate von = 59,8 ml/min - dem medianen
GFR-Wert zu Studienbeginn der Patientengruppe mit einem GFR-Ausgangswert von mehr
als 40 ml/min - die Transplantatfunktion signifikant verschlechtere, blieb die Filtrationsrate
in der Konversionsgruppe stabil oder besserte sich sogar.
Nur geringe und keineswegs signifikante Unterschiede bestanden in dem Patientenkollektiv
mit einem GFR-Ausgangswert von mehr als 40 ml/min bezüglich der Abstoßungsrate oder
des Patienten- bzw. Transplantatüberlebens. In beiden Therapiearmen war die Rate akuter
Abstoßungen bis zum Ende der Nachbeobachtungsphase niedrig (Sirolimus 1,4%; Calcineurin-Inhibitoren:
1,6%). Auch das Patientenüberleben fiel in beiden Gruppen sehr gut aus (98,8 versus
99,6%).