Z Orthop Ihre Grenzgeb 2005; 143(4): 382-385
DOI: 10.1055/s-2005-915945
Orthopädie aktuell

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Perioperative Schmerzbehandlung in der Schulterchirurgie

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Publication Date:
26 August 2005 (online)

 
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Prof. Dr. Frank Gohlke

Innerhalb der letzten 15 Jahre hat sich auch in Deutschland die Schulterchirurgie zu einem Schwerpunkt in der orthopädischen Chirurgie entwickelt. Das operative Spektrum erstreckt sich von minimal-invasiven, endoskopischen Methoden über offene Verfahren, wie die Rekonstruktion der Rotatorenmanschette (RM) oder Stabilisierungen bis hin zu Osteosynthesen und komplettem Gelenkersatz. Bei nicht rekonstruierbaren RM-Defekten können sogar komplexe Transpositionen von Muskeln aus dem Thorax- und Rückenbereich notwendig werden. Damit haben sich auch die Anforderungen an die Schmerztherapie erhöht.

Mit steigender Anzahl operativer Eingriffe an der Schulter und dem Bedürfnis nach größtmöglicher perioperativer Schmerzbefreiung sind die Ansprüche an die Leistungserbringer (Kliniken, Operateure, Anästhesisten) erheblich gestiegen. Dies liegt nicht nur an der schulterspezifisch engen Korrelation zwischen einer möglichst schmerzfreien, frühzeitigen Mobilisierung und dem späteren funktionellen Ergebnis sondern auch an den gestiegenen Erwartungen seitens der Patienten.

Trotz erhöhtem Kostendruck und verschärfter Konkurrenzsituation werden daher zunehmend regionale Anästhesieverfahren eingesetzt, die eine zuverlässige Schmerzbefreiung innerhalb der ersten 48 Stunden nach Eingriffen an der Schulter gewährleisten. Die Dauer, Erfolgsrate und Komplikationshäufigkeit der interskalenären Plexusblockade kann durch die Verwendung neuartiger Wirkstoffe, das Einlegen von Kathetern und die Verwendung technischer Hilfsmittel, wie z.B. Nervenstimulationsgeräte und den Einsatz der sonografischen Kontrolle bei der Punktion verbessert werden.

Anhand der Erfahrungen mit jährlich ca. 1000 Eingriffen an der Schulter wurde ein Algorithmus entwickelt, der einen Kompromiss zwischen den vorhandenen Ressourcen (Zeitaufwand, Kosten, Personalbedarf) und der Zielvorgabe, eine "schmerzfreie Klinik" zu schaffen, darstellt. Das Vorgehen beruht auf dem Konzept einer abgestuften, individuell angepassten Schmerztherapie, die in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Orthopäden und Anästhesisten erfolgt.

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Hohe Dichte von Schmerzrezeptoren im Subakromialraum

Trotz moderner Operationstechniken lässt sich das hohe Schmerzniveau der Patienten, insbesondere innerhalb des kritischen Zeitraumes von 48 Stunden nach einem Eingriff mit parenteraler Schmerzmittelgabe nur unzureichend reduzieren - selbst dann, wenn Opioide unter Eigenkontrolle der Patienten (PCA: Patient Controlled Analgesia) kontinuierlich verabreicht werden (Borgeat 1998). Sowohl arthroskopische als auch offene Schulteroperationen sind prinzipiell mit starken Schmerzen verbunden (Tuominen 1987, Wilson 2004). Als Ursache werden die umfangreiche sensible Versorgung des Gelenkes und die hohe Dichte terminaler Nervenendigungen im periligamentären Fett- und lockeren Bindegewebe vor allem im Subakromialraum diskutiert (Gohlke et al. 1998, Ide et al.1996). Insbesondere die hohe Dichte von so genannten Nozizeptoren ist bei Eingriffen im Subakromialraum von besonderer Bedeutung, da diese durch mechanische oder chemische Irritation, also z.B. bei Entzündungsreizen oder Bewegungsübungen aktiviert werden und nicht adaptieren (Heppelmann 1997). Deren neurosekretorische Funktion (z.B. CRGP und Substanz P) ist zudem zur Unterhaltung einer Entzündungreaktionen und der Schmerzmodulation von Bedeutung. Daher ist es auch nicht erstaunlich, dass gerade am Schultergelenk der Zusammenhang von Schmerz mit periartikulären Fibrosen besonders evident ist. So ist für die sog. "frozen shoulder", die idiopathische Schultersteife, eine vorausgehende, auslösende Schmerzphase charakteristisch. Sekundäre Gelenksteifen und begleitende regionale Schmerzsyndrome sind nach Schulteroperationen mit schmerzhafter Nachbehandlung als Komplikation gefürchtet.

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Reflektorische Ruhigstellung

Angst vor Schmerzen und dadurch gesteigerte Schmerzempfindung kann darüber hinaus durch humorale Einflüsse im Rückenmark und im peripheren Gewebe zu einer reflektorischen Ruhigstellung und verzögerten Mobilisierung führen. Hieraus kann eine weitere Verschlechterung des Bewegungsumfanges und Einschränkung der Funktion resultieren. Da es sich oft um chronische Schmerzpatienten mit langdauernder Anamnese handelt, müssen sowohl eine sekundäre Bahnung im Sinne eines "Schmerzgedächtnis" als auch psychogene Einflüsse berücksichtigt werden Basbaum 1999, Raja und Dougherty 2000).

Frühzeitige Mobilisation und krankengymnastische Übungsbehandlung können Muskelatrophien und sekundären Schultersteifen vorbeugen und die Rehabilitationsphase verkürzen. Unter dem Einfluss verminderter Einnahmen nach Einführung der DRG und zunehmendem Konkurrenzdrucks der Leistungsträger wird eine mögliche Reduktion der Hospitalisations- und Rehabilitationsdauer, die sich mittels suffizienter Schmerztherapieverfahren erzielen lässt (Capdevila et al. 1998), zunehmend von Bedeutung.

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Periphere Nervenblockade im Vorteil

Im Zuge des erhöhten Aufkommens schulterchirugischer Eingriffe und einer Erweiterung des operativen Spektrums wurde daher eine Vielzahl von neuen Substanzen, Methoden und Konzepten erprobt. So wurden nicht nur Verbesserungen in der oralen und intravenösen patientenkontrollierten Schmerzmedikation erzielt, sondern auch die Wirksamkeit von peripheren Nervenblockaden gezeigt (Long et al. 2002, Syngelyn et al. 2004). Die Blockade von Nerven bietet die Möglichkeit, nozizeptive afferente Reize zu unterbinden und für die Dauer der Blockade Schmerzfreiheit zu erzielen. In den letzten Jahren haben mehrere Studien den Vorteil der interscalenären Plexusanästhesie bei Schultereingriffen aufgezeigt (Borgeat and Ekatodramis 2002). Daraus resultiert die Einschätzung des Verfahrens als etablierter anästhesiologischer Standard in der Schulterchirugie.

Der interscalenäre Zugang ermöglicht die Blockade aller für eine Analgesie in der Schulterchirurgie wesentlichen Anteile des Plexus brachii. Winnie beschrieb 1970 erstmals diesen Zugang zum Plexus (Winnie et al. 1970). Allerdings ergaben sich aus der geforderten Stichrichtung potenzielle Risiken. So war mit der sehr senkrecht zur Haut geführten Stichrichtung die akzidentelle Punktion der A. vertebralis und auch des Spinalkanals nicht auszuschließen. Versehentliche Punktionen und Injektionen in die Arteria vertebralis oder die Arteria carotis haben bereits nach wenigen Millilitern Lokalanästhetikum schwerste zerebrale Nebenwirkungen zur Folge. Auch akzidentelle Punktionen des Rückenmarkes wurden beschrieben (Benumof et al. 2000). In den letzten Jahren haben sich mehrere Modifikationen der Punktion etabliert, wobei der Zugang nach Meier breite Akzeptanz erlangte (Meier et al. 1997). Mit der nach distal und lateral gerichteten Punktion wird ein Eindringen in den Bereich der Wirbelsäule vermieden. Auch Borgeat et al. (2002) favorisieren eine nach lateral gerichtete Punktionsrichtung, um die potenziellen Risiken des interscalenären Zugangs zu minimieren.

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Mehr Sicherheit durch Nervendetektoren und Ultraschall

Zur Lokalisation von Nervenstrukturen für Plexusblockaden wurden ursprünglich bewusst Parästhesien mit der Kanüle ausgelöst. Die mechanische Irritation war für die Patienten unangenehm und beinhaltete die Gefahr einer Verletzung der Struktur. Mit der Entwicklung moderner Nervenstimulatoren hat sich die Sicherheit der Nervendetektion deutlich erhöht. Die Messung der verwendeten Stromstärke und die exakte Dosierbarkeit ermöglichen eine kontrollierte Annäherung zum Nerven (Kaiser et al. 1990). Heute gilt die Nervenstimulation als Standard bei der Anlage peripherer Nervenblockade und hat die Methode der gezielten Suche nach Parästhesien an den Zielnerven abgelöst. Allerdings können damit nur Nerven detektiert werden. Verletzungen von Gefäßen oder die Punktion von Lungengewebe können damit nicht sicher verhindert werden.

Kapral untersuchte daher bereits 1994 den supraklavikulären paravaskulären Zugang unter Ultraschallführung. Die potenziellen Risiken des Zugangs wie Gefäßpunktionen oder Pneumothoraces wurden durch den Einsatz des Ultraschalls verhindert (Kapral et al. 1994). Hochauflösende Schallköpfe erlauben derzeit die sichere Darstellung der Leitstrukturen in ihrem Verlauf. Gefäße und Pleura können geschont werden. Die Medikamentengabe wird unter der Punktion sichtbar. Daraus ergeben sich Vorteile für die Sicherheit bei der Durchführung der Blockade sowohl hinsichtlich der Trefferquote als auch der Vermeidung von Komplikationen. Portable Ultraschallgeräte ermöglichen den Einsatz im OP-Saal ohne zusätzlichen Aufwand. An der eigenen Klinik kommt ein SonoSite® 180plus (Sono Site Inc., Bothell, USA) mit einer 5-10-MHz-Linearsonde, 38-mm-Apertur zum Einsatz.

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Abb. 1: Präoperative technische Anordnung der interscalenären Plexusanästhesie unter Ultraschallkontrolle.

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Pilotstudie Ultraschall geführter Interscalenusblockade

In einer Pilotstudie an 50 Patienten der orthopädischen Klinik König-Ludwig-Haus Würzburg, wurden bereits die Möglichkeiten und Risiken der Ultraschall geführten Interscalenusblockade (ISB) überprüft (Schwemmer et al. 2004). Dabei wiesen 41 (82%) aller Patienten intra- und postoperativ eine komplette Anästhesie im Schulterbereich auf. Weitere sieben Patienten hatten eine komplette Analgesie im Bereich der Schulter. Lediglich distal des Ellenbogengelenkes waren Nervenblockaden teilweise inkomplett. Die erste analgetische Medikation wurde erst mit Abklingen des Lokalanästhetikum (LA) nach 10-14 h angefordert. Eine ISB-Anlage (2%) war ohne Erfolg. Als Komplikation wurde eine temporäre Bradykardie durch Irritation des Glomus caroticum beobachtet. Bei 13 Patienten trat ein ipsilaterales Horner-Syndrom, bei drei Patienten klinische Zeichen einer Phrenikusparese auf, wobei der Zwerchfellhochstand in einem Fall auch radiologisch nachgewiesen wurde. Bei drei Patienten zeigten sich temporäre neurologische Veränderungen (Parästhesien in Arm oder Hand, höchstens bis zum 3. Tag anhaltend), bei denen die Plexusblockade als Ursache nicht sicher ausgeschlossen werden konnte. Vergleichsweise dazu fanden Borgeat et al. (2001) in einer umfangreichen prospektiven Studie noch zehn Tage nach dem Eingriff ein neurologisches Defizit in dem betroffenen Arm.

Das Auftreten einer passageren Parese des N. phrenicus und dadurch bedingte respiratorische Insuffizienz wurde im Vergleich zur PCA in einer prospektiven Studie von Borgeat et al. (2000) untersucht. Bei deutlichen Vorteilen hinsichtlich Schmerzkontrolle sowie Übelkeit und Erbrechen ergaben sich hierbei keine Nachteile des ISP-Katheters bei der Messung von Atemexkursionen und Vitalkapazität. Bei insgesamt vier von 35 Patienten konnten paradoxe halbseitige Zwerchfellbewegungen beobachtet werden. Die Inzidenz kompletter halbseitiger Zwerchfellparesen als temporärer, unerwünschter Nebeneffekt einer ISB wird in der Literatur je nach verwendeter Technik und LA-Dosierung mit 20- 85% angegeben, wobei die "Single-shot"-Methode ohne Verwendung ei-nes Nervenstimulators deutlich schlechter abschneidet.

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Abb. 2: Ultraschallbild bei Anlage einer interscalenären Plexusanästhesie. Der Pfeil markiert im anterioren Transversalschnitt interskalenär gelegen den Plexus brachialis.

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Blockade des N. suprascapularis als Alternative

Eine mögliche Alternative zur interscalenären Plexusblokade, die in unserer Klinik jedoch keinen großen Stellenwert hat, stellt die Blockade des N. suprascapularis dar (Ritchie et al. 1999, Vecchio et al. 1993, Bruns et al. 1989). Auch hierbei können die Lokalanästhetika nicht nur in der "Single-shot-Technik", sondern auch in Katheterverfahren als kontinuierliche oder diskontinuierliche Infusion über einen längeren Zeitraum zugeführt werden(Meier et al. 1997). Neben den allgemein bekanten Nebenwirkungen und Komplikationen hinsichtlich der Regionalanästhesie, sind auch hier die möglichen Komplikationen der Regionalanästhesie, wie z.B. Fehllage des Katheters, zu berücksichtigen (Kefalianakis et al. 2003).

Das Vorhandensein von peripheren Opioidrezeptoren in entzündetem Gewebe (Keates et al. 1999, Stein et al. 1989 und 1993) und die Vermehrung von freien Nervenendigungen bei Entzündungen im Bereich des Subakromialraumes (Santavirta et al. 1992) lassen die Vermutung zu, dass intraartikulär oder subakromial injizierte Morphine und Lokalanästhetika (LA) zu einer Schmerzreduktion in der postoperativen Nachbehandlung führt. Bisher durchgeführte klinische Untersuchungen im Bereich der Schulter zeigen für die perioperative Applikation von Lokalanästhetika (z.B. Lidocain, Bupivacain) sowohl intraartikulär als auch intrabursal eine Verbesserung des postoperativen Schmerzniveaus (Niiyama et al. 2001). Die Kombination von LA und Morphin zeigt eine noch höhere Wirkung als LA alleine, wohingegen die Wirksamkeit einer alleinigen Gabe von Morphin noch nicht endgültig bewiesen ist (Tetzlaff et al. 2000, Henn et al. 2000, Uysalal et al. 1995). Diese Methode kann auch in Form einer patientenkontrollierten Analgesie mittels Dauerkatheter angewandt werden (Mallon et al. 2000).

Die subkutane Infiltration und Wundspülung mittels Ropivacain stellt eine weitere Alternative in der peri- und postoperativen Schmerztherapie dar. Hierbei ist die Wirksamkeit sowohl der einmaligen Infiltration, als auch der kontinuierlichen Applikation in das Subkutangewebe über 48 Stunden belegt. Dabei kommt es bei keinem der genannten Verfahren zu einer toxischen Konzentration des applizierten Lokalanästhetikums im Serum. Nicht nur die Schmerzintensität, sondern auch der postoperative Schmerzmittelverbrauch können deutlich gesenkt werden (Gottschalk et al. 2003, Horn et al. 1999). Als Nachteile gelten die mangelnde Steuerbarkeit, der schnelle Wirkungsverlust und die Gefahr einer Wundkontamination.

Ob die beiden letztgenannten Verfahren, adjuvant zur Plexusanästhesie angewandt, eine zusätzliche Schmerzreduktion bewirken, muss noch gezeigt werden. Sicherlich stellen sie jedoch schon jetzt Alternativen dar.

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Algorithmus in der Schmerzbehandlung

Anhand der Erfahrungen mit einer hohen Anzahl von Eingriffen an der Schulter an unserer Klinik (insgesamt ca. 1000 Operationen jährlich: davon 150 primäre Endoprothesen und Wechseloperationen, 250 Rekonstruktionen der Rotatorenmanschette, 150 Stabilisierungen, 50 Frakturversorgungen und 400 endoskopische und kleinere offene Eingriffe) wurde der in Tab. [1] dargestellte Algorithmus entwickelt. Dieser stellt einen Kompromiss dar, zwischen den vorhandenen Ressourcen (Zeitaufwand, Kosten, Personalbedarf) und der Zielvorgabe, eine "schmerzfreie Klinik" im Rahmen des kürzlich eingeführten Qualitätsmanagements zu etablieren.

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Tab. 1 Schmerztherapie bei Schulteroperationen. Als "große" Eingriffe in der Schulterchirugie werden nach Borgeat et al. bereits offene Rekonstruktionen der Rotatorenmanschette und Endoprothesen verstanden. Erstere werden von uns eher der "mittleren" Kategorie zugerechnet, Dennoch sind auch bei diesen Eingriffen Plexuskatheter zu bevorzugen, da die klinischen Beobachtungen eine deutliche Schmerzzunahme nach Abklingen der interskalenären Blockade, 12 bis 18 Stunden nach der Operation, gezeigt haben.

Unser Vorgehen beruht auf dem Konzept einer abgestuften, individuell angepassten Schmerztherapie, die in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Orthopäden und Anästhesisten erarbeitet, durchgeführt und regelmäßig auf ihre Wirksamkeit überprüft wird.

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VAS als Messinstrument

Als Messinstrument des Schmerzverlaufs dient die visuelle Analogskala, welche ausreichend validiert ein verlässliches und sensitives Instrument zur Erfassung des postoperativen Schmerzes darstellt (Gallagher et al. 2001). Die Anwendung ist einfach und es zeigt eine hohe Korrelation zwischen der Schmerzeinschätzung des Patienten und des Therapeuten (Salo et al. 2003). Leitlinien zur postoperativen Schmerztherapie empfehlen den Beginn einer Therapie bei einem VAS-Wert von 3 (0 = kein Schmerz, 10 = der am stärksten vorstellbare Schmerz).

Die sonographiegestützte interscalenäre Plexusblockade mittels Ropivacain nimmt an unserer Klinik zwischenzeitlich in der Schulterchirurgie eine zentrale Rolle ein. Perioperativ erfolgt die Analgesie bevorzugt in Kombination mit einer Intubationsnarkose. Größere Eingriffe und die Annahme einer prolongierten und erschwerten Mobilisierung (z.B. bei primären oder sekundären Schultersteifen) indiziert das Einlegen eines Katheters.

Opioide allein sind in der akuten postoperativen Schmerztherapie in der Regel nicht ausreichend. Die Gabe von Piritramid führt nach Schultereingriffen auch nach hohen Dosen im Aufwachraum nicht zur ausreichenden Schmerzreduktion. Borgeat konnte in einer Vergleichsuntersuchung bei Schulteroperationen zeigen, dass die kontinuierliche Interskalenusanalgesie über Katheter einer single-shot Interscalenusblockade überlegen ist (Borgeat et al. 1997). Beide Gruppen hatten primär eine Interscalenusblockade, die von einer kontinuierlichen Plexusanalgesie oder einer i.v. PCA mit Opioiden gefolgt war. Hier wurde ebenso wie in einer späteren Studie (2000) der hohe Prozentsatz an unerwünschten Nebenwirkungen (60% klagten über Erbrechen und Übelkeit) durch die hochdosierte, kontinuierliche Opiodgabe beschrieben - eine Erfahrung, die wir aus prospektiv gewonnenen Daten einer Patientenbefragungen nur bestätigen können.

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"Würzburger Schmerztropf"

Bei der Verwendung von Patienten-Kontrollierten Schmerzpumpen (PCA) muss die Bolusgröße und das Zeitintervall individuell festgelegt werden. In Verbindung mit Interscalenusblockaden ist jedoch der Einsatz von PCA insbesondere nach Muskeltranspositionen (z.B. Latissimus dorsi) gut geeignet. Bei kleineren Eingriffen ist nach Abklingen der Interscalenusblockade die Kombination von Tramadol, Metamizol und Triflupromazin ("Würzburger Schmerztropf") aufgrund der nicht zu gewährleistenden Überwachung der Vitalparameter zur Fortsetzung der Schmerztherapie auf der peripheren Station indiziert. Im weiteren postoperativen Verlauf hat sich die Gabe von NSAID etabliert. Neben der guten analgetischen Wirkung werden diese auch zur Prävention von heterotopen Ossifikationen empfohlen (Berg et al. 1995).

Es hat sich an unserer Klinik bewährt, ein einheitliches standardisiertes Konzept in schriftlicher Form festzulegen und in internen Schulungen allen Abteilungen zu vermitteln. Als Organisationsstruktur wird von uns ein interdisziplinärer Akutschmerzdienst favorisiert.

Prof. Dr. Frank Gohlke, Dr. S. Goebel, Orthopädische Klinik König-Ludwig-Haus der Universität Würzburg

Dr. U. Schwemmer, Klinik für Anästhesiologie der Universität Würzburg

 
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Prof. Dr. Frank Gohlke

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Abb. 1: Präoperative technische Anordnung der interscalenären Plexusanästhesie unter Ultraschallkontrolle.

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Abb. 2: Ultraschallbild bei Anlage einer interscalenären Plexusanästhesie. Der Pfeil markiert im anterioren Transversalschnitt interskalenär gelegen den Plexus brachialis.

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Tab. 1 Schmerztherapie bei Schulteroperationen. Als "große" Eingriffe in der Schulterchirugie werden nach Borgeat et al. bereits offene Rekonstruktionen der Rotatorenmanschette und Endoprothesen verstanden. Erstere werden von uns eher der "mittleren" Kategorie zugerechnet, Dennoch sind auch bei diesen Eingriffen Plexuskatheter zu bevorzugen, da die klinischen Beobachtungen eine deutliche Schmerzzunahme nach Abklingen der interskalenären Blockade, 12 bis 18 Stunden nach der Operation, gezeigt haben.