Pneumologie 2005; 59(11): 761-762
DOI: 10.1055/s-2005-915638
Brennpunkt
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Von der WHO empfohlenes Tuberkulin PPD RT 23 SSI in Deutschland zugelassen

WHO-Recommended Tuberculin PPD RT 23 SSI Now Approved in GermanyD.  Sagebiel1 , K.  Magdorf1 , R.  Loddenkemper1
  • 1Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose, Berlin
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Prof. Dr. R. Loddenkemper

Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) · HELIOS Klinikum Emil von Behring · Lungenklinik Heckeshorn

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Publication History

Publication Date:
15 November 2005 (online)

Table of Contents

Mit der Zulassung und Chargenfreigabe von Tuberkulin PPD RT 23 SSI des Statens Serum Instituts (Kopenhagen, Dänemark) im August/September 2005 steht nun in Deutschland wieder ein Tuberkulin zur Testung nach Mendel-Mantoux zur Verfügung. Das PPD RT 23 SSI wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der International Union against Tuberculosis and Lung Disease (IUATLD) als Standardtuberkulin für den Mendel-Mantoux-Test empfohlen. Somit ist das weltweit am längsten angewandte Tuberkulin [1] [2] und in der Mehrzahl der europäischen Länder bereits eingeführt. Somit steht jetzt wieder ein einheitliches Tuberkulin für alle Regionen in Deutschland zur Verfügung, wodurch ein standardisiertes Vorgehen und die Vergleichbarkeit auf nationaler Ebene gewährleistet werden. Weitere Informationen zum PPD RT 23 sind auf der Homepage des Statens Serum Instituts (www.ssi.dk) und des Paul-Ehrlich-Instituts (www.pei.de) abrufbar.

Nachdem Chiron Vaccines Behring, der Hersteller des einzigen bisher in Deutschland für Intradermaltests nach Mendel-Mantoux verwendeten und zugelassenen Tuberkulins, im vergangenen Jahr überraschend die Produktion des GT Behring Tuberkulins gänzlich eingestellt hat, waren die Restbestände bereits Anfang 2005 erschöpft (ursprünglich plante Chiron die Versorgung Deutschlands durch in Großbritannien produziertes Tuberkulin (PPD Evans) ab Sommer 2006 sicherzustellen [1]; eine Wiederaufnahme der Tuberkulinproduktion ist nach Mitteilung von Chiron jetzt nicht mehr geplant). Seitdem verfügte Deutschland über kein zugelassenes Tuberkulin, und es war der Import anderer Tuberkuline aus dem Ausland per Einzelverordnung nach § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz (AMG) erforderlich. Dies führte zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten und bei vielen Ärztinnen und Ärzten zu großer Verunsicherung [1].

Die Stempelteste sind seit Sommer 2004 in Deutschland nicht mehr verfügbar. Diese wurden aufgrund mangelnder Standardisierbarkeit der Methode nach Mendel-Mantoux in Sensitivität und Spezifität unterlegen.

Das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) hat seit Herbst 2004 zusammen mit dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und dem Robert Koch-Institut (RKI) intensiv an der Sicherstellung der kontinuierlichen Tuberkulinversorgung Deutschlands zu diagnostischen Zwecken und auch im Rahmen von Umgebungsuntersuchungen gearbeitet.

Es wird angenommen, dass die Tuberkuline folgender Dosen bioäquivalent sind: 5 TU PPD-S mit 2 TU RT 23 (SSI) sowie 10 TE Behring (TU = Tuberculin Units = TE = Tuberkulineinheiten). Bioäquivalenz der Tuberkulinreaktion bedeutet nach Hirtl, dass ein hochgereinigtes Tuberkulin eine Hautreaktion hervorruft, die die gleiche Größe ± 20 % der Hautreaktion auf 5 TU PPD-S aufweist [2].

Das PPD RT 23 wurde 1955 entwickelt und weiter standardisiert [2] [3]. In Übereinstimmung mit UNICEF und der WHO wurde 1958 das PPD RT23 vom Statens Serum Institut in Kopenhagen, Dänemark hergestellt, und zwar unter Zusatz von Phosphatpuffer und Polysorbat 80 (Tween 80) aus einer Kultur sieben verschiedener M. tuberculosis-Stämme [2] [4] [5]. Seit 1963 wird es von der WHO als Standardtuberkulin für den Mendel-Mantoux-Test empfohlen [2] [6].

Sowohl die WHO als auch die IUATLD empfehlen 2 TE PPD RT 23 SSI, das auch für die individuelle Diagnostik angewandt werden kann [2], für alle epidemiologischen Untersuchungen/Studien [2] [5]. Die von der WHO und IUATLD empfohlene Standarddosis beträgt 2 TE in 0,1 ml von PPD RT 23. Das Tuberkulin sollte im Idealfall bei 2 - 8 °Celsius gelagert werden (nur kurzfristig über 20 °Celsius), nicht gefroren und vor direkter Sonnenbestrahlung geschützt sein. Entsprechend den Empfehlungen der IUATLD sollen geöffnete Ampullen in Studien nicht länger als 2 Tage verwendet und nicht länger als 1 Jahr gelagert werden [5]. Nach Herstellerangaben können geöffnete Ampullen, nach Vorschrift aufgelöst und gekühlt, normalerweise nicht mehr als 24 Stunden nach Entnahme der ersten Dosis verwendet werden, und die Lagerdauer beträgt 36 Monate. Das SSI liefert 1,5 ml-Ampullen (evt. auch 5 ml-Ampullen). Da stets Tröpfchen in der Kanüle und Ampulle verbleiben, gelingt nach Herstellerangaben schätzungsweise die Entnahme von mindestens zehn Testdosen aus den 1,5 ml SSI-Ampullen. Die Tuberkulinreaktion sollte etwa 3 Tage nach der intradermalen Tuberkulininjektion abgelesen werden. Nach Herstellerangaben wird für das PPD RT 23 SSI ein Indurationsdurchmesser von 0 - 5 mm als negativ, von 6 - 14 mm als positiv und von 15 mm oder mehr als stark positiv bewertet [7]. Das DZK weist ergänzend darauf hin, dass ein Durchmesser von mindestens 15 mm als Starkreaktion bezeichnet wird. Die Bewertung der Induration unter Berücksichtigung des individuellen Risikos (Interventions-Cut-off) sollte nach den bisherigen Empfehlungen des DZK [8] [9] erfolgen.

Abweichend von der Produktinformation empfiehlt das DZK bei begründetem Verdacht auf eine falsch negative Reaktion (Durchmesser unter 6 mm) nach 72 Stunden den Test zunächst mit 2 TE umgehend zu wiederholen (Booster-Reaktion).

Zunächst sind die Beschriftungen des in Deutschland erhältlichen Tuberkulins PPD RT 23 SSI nicht in vollem Umfang auf Deutsch verfügbar, jeder Packung liegt jedoch eine deutschsprachige Produktinformation zum Tuberkulin PPD RT 23 SSI bei. Diese entspricht der Übersetzung des englischen Textes, wie er dem Präparat in zahlreichen Ländern Europas und der Welt beigepackt ist [10].

Das Präparat kann in Deutschland über alle Apotheken oder direkt über die Pharmore GmbH, den Exklusiv-Vertriebspartner des Statens Serum Instituts, bezogen werden:

Pharmore GmbH
Gildestr. 75
49479 Ibbenbüren
Tel.: 0180 - 2-74 27 66 73
Fax: 0180 - 1-74 27 66 73
E-Mail: service@pharmore.de
www.pharmore.de

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Literatur

  • 1 Sagebiel D, Hauer B, Haas W. et al . Zukünftige Tuberkulinversorgung in Deutschland.  Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz. 2005;  48 477-482
  • 2 Hirtl T. Das Tuberkulin. Schriftenreihe Gesund in Wien. Wien: Literas Universitätsverlag 2000: 1-167
  • 3 Guld J, Bentzon M W, Bleiker M A. et al . Standardization of a new batch of purified tuberculin (PPD) intended for international use.  Bull WHO. 1958;  19 845-951
  • 4 Magnusson M, Bentzon M W. Preparation of purified tuberculin RT-23.  Bull WHO. 1958;  19 829-843
  • 5 Arnadottir T, Rieder H L, Trébucq A. et al . Guidelines for conducting tuberculin skin test surveys in high prevalence countries.  Tubercle and Lung Disease. 1996;  77 (Suppl) 1-20
  • 6 World Health Organization .The WHO standard tuberculin test. WHO/TB/Technical Guide/3.22 February 1963
  • 7 Statens Serum Institut .Fachinformation PPD RT 23 SSI. http://www.ssi.dk/sw4248.asp. 
  • 8 Schaberg T, Hauer B, Haas W. et al . Latente tuberkulöse Infektion: Empfehlungen zur präventiven Therapie bei Erwachsenen in Deutschland.  Pneumologie. 2004;  58 255-270
  • 9 Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose . Richtlinien zur Tuberkulindiagnostik.  Deutsches Ärzteblatt - Ärztliche Mitteilungen. 1996;  93 (18) 1199-1201
  • 10 Paul-Ehrlich-Institut .Informationen für Ärzte und Apotheker. Zulassung und Chargenfreigabe von Tuberkulin PPD RT 23. www.pei.de. 

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Literatur

  • 1 Sagebiel D, Hauer B, Haas W. et al . Zukünftige Tuberkulinversorgung in Deutschland.  Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz. 2005;  48 477-482
  • 2 Hirtl T. Das Tuberkulin. Schriftenreihe Gesund in Wien. Wien: Literas Universitätsverlag 2000: 1-167
  • 3 Guld J, Bentzon M W, Bleiker M A. et al . Standardization of a new batch of purified tuberculin (PPD) intended for international use.  Bull WHO. 1958;  19 845-951
  • 4 Magnusson M, Bentzon M W. Preparation of purified tuberculin RT-23.  Bull WHO. 1958;  19 829-843
  • 5 Arnadottir T, Rieder H L, Trébucq A. et al . Guidelines for conducting tuberculin skin test surveys in high prevalence countries.  Tubercle and Lung Disease. 1996;  77 (Suppl) 1-20
  • 6 World Health Organization .The WHO standard tuberculin test. WHO/TB/Technical Guide/3.22 February 1963
  • 7 Statens Serum Institut .Fachinformation PPD RT 23 SSI. http://www.ssi.dk/sw4248.asp. 
  • 8 Schaberg T, Hauer B, Haas W. et al . Latente tuberkulöse Infektion: Empfehlungen zur präventiven Therapie bei Erwachsenen in Deutschland.  Pneumologie. 2004;  58 255-270
  • 9 Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose . Richtlinien zur Tuberkulindiagnostik.  Deutsches Ärzteblatt - Ärztliche Mitteilungen. 1996;  93 (18) 1199-1201
  • 10 Paul-Ehrlich-Institut .Informationen für Ärzte und Apotheker. Zulassung und Chargenfreigabe von Tuberkulin PPD RT 23. www.pei.de. 

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