Pneumologie 2005; 59(10): 739-740
DOI: 10.1055/s-2005-915553
Promotionsstipendien
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Interaktion zwischen pulmonalen dendritischen Zellen und Nerven bei der allergischen Entzündung des Asthma bronchiale

A.  Gillissen1
  • 1
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Publication Date:
14 October 2005 (online)

Table of Contents #

Projektleiter und Institution

Prof. Dr. Dr. Uwe Heinrich, Fraunhofer Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin, Hannover

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Stipendiat

Tibor Veres

Die Integrität der Atemwegsschleimhaut bei Kontakt mit potenziell schädlichen Substanzen (wie z. B. Allergenen, Umweltverschmutzungen) und Mikroorganismen, die sich in der eingeatmeten Luft befinden, wird durch diverse physiologische Mechanismen aufrechterhalten. Die erste Abwehrlinie wird durch die sehr effektive mechanische Barriere von Zilienepithelzellen und Atemwegssekret gebildet. Schädliche Substanzen, die diese Barriere überwinden, müssen vom Organismus detektiert werden, um angepasst aktive Eliminierungsmechanismen zu induzieren. Diese Aufgabe wird im Wesentlichen von zwei verschiedenen sensorischen Netzwerken der Atemwegsschleimhaut erfüllt.

Das erste Netzwerk bilden die sensorischen Nerven, deren Endigungen bis ins Epithel reichen. Sie werden von verschiedenen unspezifischen Reizen, wie z. B. kalter oder verschmutzter Luft, aktiviert. Neben den resultierenden zentralen Reflexen, die z. B. zu Husten führen, werden durch den so genannten Axonreflex auch lokale Effekte hervorgerufen. Hierbei werden lokal wirksame Neuropeptide wie Substanz-P (SP) und Calcitonin-Gene Related Peptide (CGRP) aus benachbarten Nervenendigungen freigesetzt. Das Ergebnis ist eine Permeabilitätssteigerung der Blutgefäße, erhöhte Schleimproduktion, Bronchokonstriktion und eine verstärkte Entzündung. Dieses Phänomen wird auch als „neurogene Entzündung” bezeichnet. Der Atemwegshyperreaktivität beim Asthma bronchiale liegt unter anderem eine dauerhafte Hyperaktivität sensorischer und motorischer Nervenfasern zugrunde [1].

Das zweite Netzwerk, das eine sensorische Funktion in der Atemwegsschleimhaut erfüllt, wird von den pulmonalen dendritischen Zellen gebildet. Auch diese Zellen nehmen Umweltinformationen (-antigene) auf, die nach ihrer Prozessierung in den drainierenden Lymphknoten T-Lymphozyten präsentiert werden [2]. Damit fungieren sie als „sensorische Zellen” des Immunsystems. Dendritische Zellen spielen eine entscheidende Rolle in der Pathogenese des Asthma bronchiale [3], da sie nicht nur für die allergische Sensibilisierung verantwortlich sind, sondern auch zur Aufrechterhaltung der allergischen Entzündung beitragen.

Da sich Nerven und dendritische Zellen im selben anatomischen Kompartiment der Atemwegsmukosa befinden und teilweise ähnliche Funktionen erfüllen, lässt sich vermuten, dass es zwischen den beiden sensorischen Netzwerken eine direkte Interaktion gibt. Forschungen der letzten Jahre zeigen tatsächlich, dass dendritische Zellen in vitro dem Einfluss neuronaler Signale unterliegen, und gleichzeitig selber mit Neuronen kommunizieren können. Neuropeptide wie CGRP wirken auf unreife dendritische Zellen chemotaktisch und können ihre Ausreifung fördern [4]. Umgekehrt können von dendritischen Zellen freigesetzte Botenstoffe, z. B. Neurotrophine wie Nerve Growth Factor (NGF), auf Neurone wirken und ihre Aktivität modulieren. Unklar ist aber, ob und wie diese Interaktion in situ im Lungengewebe funktioniert.

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, erstmals die Interaktion von dendritischen Zellen mit Neuronen in der allergisch entzündeten Lunge zu beleuchten. Hierzu sollen zunächst sowohl morphologische als auch funktionelle Untersuchungen im murinen Tiermodell des allergischen Asthma bronchiale durchgeführt werden. Die anatomische Charakterisierung der räumlichen Interaktion zwischen Nerven und dendritischen Zellen erfolgt durch immunhistologische Färbungen von so genannten Whole-Mount Präparaten (Abb. [1]). Diese Technik ermöglicht die Erhaltung der dreidimensionalen Struktur des Lungengewebes durch eine Mikropräparation der intrapulmonalen Atemwege. Die mit entsprechenden fluoreszenzgekoppelten Antikörpern markierten Präparate werden mittels konfokaler Laserscanmikroskopie analysiert, wobei Multikanal-Z-Serien von aufeinanderliegenden optischen Schnitten aufgenommen werden. Die Z-Serienaufnahmen von dendritischen Zellen und Nerven werden mit der Software IMARIS (Bitplane) mittels Oberflächen- und Volumenrendering dreidimensional rekonstruiert. Anschließend werden verschiedene quantitative Analysen, wie z. B. die Messung der Länge der Nervenfasern und die Bestimmung der Größe kolokalisierter Areale, in einem definierten Volumen durchgeführt. Die Methode ermöglicht darüber hinaus die in situ Charakterisierung dendritischer Zellen bezüglich der Expression von Neuropeptidrezeptoren und Neurotrophinen.

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Abb. 1 Pulmonale dendritische Zellen befinden sich im engen Kontakt mit Nervenfasern. Die dendritischen Zellen (grau) sind gegen das Antigenpräsentationsmolekül MHC II und die Nerven (weiß) gegen den Pan-Neuronalmarker PGP 9.5 gefärbt. Dargestellt ist eine Projektion von laserscanmikoskopischen Z-Serienaufnahmen.

Für die funktionellen Untersuchungen der Interaktion zwischen pulmonalen dendritischen Zellen und Nerven werden lebende Lungenschnitte (Precision Cut Lung Slices, PCLS) verwendet. Die Schnitte werden aus den Lungen von CD11c-EYFP transgenen Mäusen angefertigt [5], in denen die dendritischen Zellen das Fluoreszenzprotein EYFP exprimieren. Nach Beladung der Schnitte mit einem fluoreszierenden Calcium-Indikator werden die sensorischen Nerven stimuliert und die Aktivation der dendritischen Zellen durch die Messung der intrazellulären Ca-Konzentration in den CD11c-EYFP+ dendritischen Zellen mittels konfokaler Laserscanmikroskopie untersucht.

Unsere Strategie ist es, während des Projektes Methoden zu etablieren, die eine Charakterisierung der Interaktion zwischen pulmonalen dendritischen Zellen und Nerven morphologisch und funktionell in situ ermöglichen. Die in dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse könnten entscheidend zur Entwicklung eines genaueren pathophysiologischen Konzeptes des Asthma bronchiale beitragen.

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Literatur

  • 1 Undem B J, Kajekar R, Hunter D D. et al . Neural integration and allergic disease.  J Allergy Clin Immunol. 2000;  106 213-220
  • 2 Havenith C E, Miert P P van, Breedijk A J. et al . Migration of dendritic cells into the draining lymph nodes of the lung after intratracheal instillation.  Am J Respir Cell Mol Biol. 1993;  9 484-488
  • 3 Lambrecht B N, Hammad H. Taking our breath away: dendritic cells in the pathogenesis of asthma.  Nat Rev Immunol. 2003;  3 994-1003
  • 4 Dunzendorfer S, Kaser A, Meierhofer C. et al . Cutting edge: peripheral neuropeptides attract immature and arrest mature blood-derived dendritic cells.  J Immunol. 2001;  166 2167-2172
  • 5 Lindquist R L, Shakhar G, Dudziak D. et al . Visualizing dendritic cell networks in vivo.  Nat Immunol. 2004;  5 1243-1250
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Literatur

  • 1 Undem B J, Kajekar R, Hunter D D. et al . Neural integration and allergic disease.  J Allergy Clin Immunol. 2000;  106 213-220
  • 2 Havenith C E, Miert P P van, Breedijk A J. et al . Migration of dendritic cells into the draining lymph nodes of the lung after intratracheal instillation.  Am J Respir Cell Mol Biol. 1993;  9 484-488
  • 3 Lambrecht B N, Hammad H. Taking our breath away: dendritic cells in the pathogenesis of asthma.  Nat Rev Immunol. 2003;  3 994-1003
  • 4 Dunzendorfer S, Kaser A, Meierhofer C. et al . Cutting edge: peripheral neuropeptides attract immature and arrest mature blood-derived dendritic cells.  J Immunol. 2001;  166 2167-2172
  • 5 Lindquist R L, Shakhar G, Dudziak D. et al . Visualizing dendritic cell networks in vivo.  Nat Immunol. 2004;  5 1243-1250
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Abb. 1 Pulmonale dendritische Zellen befinden sich im engen Kontakt mit Nervenfasern. Die dendritischen Zellen (grau) sind gegen das Antigenpräsentationsmolekül MHC II und die Nerven (weiß) gegen den Pan-Neuronalmarker PGP 9.5 gefärbt. Dargestellt ist eine Projektion von laserscanmikoskopischen Z-Serienaufnahmen.