Pneumologie 2005; 59(10): 725-729
DOI: 10.1055/s-2005-915549
Historisches Kaleidoskop
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die Erfindung der modernen Bronchoskopie

The Invention of Modern BronchoscopyR.  Kropp1
  • 1
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Dr. med. Robert Kropp

Liegnitzer Str. 5

36100 Petersberg

eMail: dr.robert.kropp@gmx.de

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
12. Oktober 2005 (online)

Inhaltsübersicht #

Einleitung

Gustav Killian war einer der großen und berühmten Ärzte der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts in Deutschland. Geboren in Mainz am 2. Juni 1860, studierte er Medizin in Straßburg, Berlin, Freiburg und Heidelberg und spezialisierte sich zum Facharzt für HNO-Krankheiten an der Charité in Berlin. Nach kurzer Tätigkeit in eigener Fachpraxis in Mannheim wurde er - mit noch nicht 27 Jahren - zum Leiter der Poliklinik für Rhino-Otologie an der Universität Freiburg im Breisgau berufen.

Die 24 Jahre in Freiburg waren seine fruchtbarste Zeit. Hier habilitierte er sich 1890 mit einer Arbeit „Über die Bursa und Tonsilla pharyngea”. 1892 wurde er von der Freiburger Fakultät zum Professor und Extraordinarius ernannt. Seine wissenschaftliche Tätigkeit, welche sich besonders um die Verbesserung der Diagnostik in seinem Fach bemühte, machte ihn weithin bekannt und berühmt. So beschrieb er eine verbesserte Methode der Kehlkopfspiegelung (Kehlkopfspiegelung nach Killian), 1902 die Radikaloperation der Stirnhöhle.

1897 publizierte er seine Untersuchungen über „directe Bronchoskopie”. Wir offerieren Ihnen anschließend keinen Nachdruck dieser Arbeit, sondern die schriftliche Fixierung eines Vortrages vom 29.5.1898, weil dieser Text in besonderem Maße die beschränkten damaligen Möglichkeiten und großen Schwierigkeiten der etablierten Endoskopie beschreibt und die überragende Bedeutung der neuen Killian'schen Methodik erkennen lässt.

Gustav Killian, der „Vater der modernen Bronchoskopie”, erhielt zahlreiche Anerkennungen und Ehrungen. Bevor über seine Nominierung für den Nobelpreis für Medizin entschieden werden konnte, starb er am 24. Februar 1921.R. Kropp

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Abb. 1 Faksimile des Beginns der Arbeit von Professor G. Killian aus der „Münchener Medicinischen Wochenschrift” von 1898.

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Ueber directe Bronchoskopie[*]

Von Prof. Dr. Gustav Killian in Freiburg i. Breisgau.

Zur Untersuchung der Bronchien standen bisher nur die verschiedenen Methoden der i n d i r e c t e n (d. h. mit Hilfe eines Spiegels vorzunehmenden) und der d i r e c t e n Tracheoskopia superior und inferior zur Verfügung.

Die frühere Normalmethode war die i n d i r e c t e obere Tracheoskopie. Ich habe mich sehr viel mit derselben beschäftigt, sowohl unter Anwendung von künstlichem als auch von Sonnenlicht und habe dabei auch die verschiedensten im Laufe der Zeit angegebenen Kunstgriffe geübt. Hinsichtlich der Bronchien ergab sich, dass man stets nur die Anfangstheile der beiden Hauptbronchien und rechts etwas mehr als links sieht. Jene günstigen Fälle, in denen der rechte Hauptbronchus in der Längsrichtung der Luftröhre verläuft und daher in grosser Ausdehnung übersehen werden konnte, waren selten. Nie hatte ich wie S c h r ö t t e r[1]) das Glück, die Theilungsstelle des fraglichen Bronchus zu erblicken.

Wo sie anwendbar ist, leistet die d i r e c t e obere Tracheoskopie, als welche man das K i r s t e i n'sche Verfahren in Rücksicht auf die Luftröhre bezeichnen kann, wesentlich mehr als die vorige Methode, wie schon der Erfinder[2]) derselben richtig erkannt hat. Ich bediene mich dieser directen oberen Tracheoskopie seit ihrer Veröffentlichung mit besonderer Vorliebe und benutze dabei die verschiedenen K i r s t e i n'schen Spatel, sowohl neueren als auch älteren Datums. Wenn es nöthig erscheint, gehe ich damit auch über den Kehldeckel hinweg und ziehe ihn nach vorn. Nicht allein bei Erwachsenen, sondern auch bei ganz kleinen Kindern, die sich nicht einmal mit dem Spiegel laryngoskopiren liessen, habe ich sehr befriedigende Resultate erzielt. Die helle, klare Beleuchtung und der directe freie Blick bis zur Bifurcation sind nicht zu unterschätzende Vortheile. Die Beurtheilung von Formanomalien der Trachea und von pathologischen Veränderungen derselben wird wesentlich erleichtert. Von den Anfangstheilen der Hauptbronchien sieht man ein wenig mehr, wenn man während der Untersuchung den Kopf des Patienten auf die Seite neigt.

Auch mit den für die Oesophagoskopie bestimmten R ö h r e n kann man die obere Tracheoskopie mit Vortheil ausführen, indem man damit etwaige Verbiegungen der Luftröhre ausgleicht.[3]) K i r s t e i n erzählt, dass R o s e n h e i m einmal versehentlich das Oesphagusrohr in die Trachea eingeführt und durch dasselbe die Bifurcation gesehen habe. Er habe darnach dasselbe Manöver m i t V o r b e d a c h t ausgeführt und sei mit der Röhre bis zur Bifurcation vorgedrungen. Nachdem ich mich von der Zweckmässigkeit dieses Verfahrens überzeugt hatte, trug ich kein Bedenken, das Rohr auch i n d e n E i n g a n g des rechten und linken Hauptbronchus einzuführen und habe dies im hiesigen Aerzteverein im Juni vorigen Jahres demonstrirt.[4] [5]) Bei schräger Einstellung des Rohres konnte ich so ein wenig tiefer als es auf andere Weise möglich gewesen wäre, in die Hauptbronchien hineinsehen. Auch R o s e n h e i m berichtet darüber[6]), dass er e i n d ü n n e s R o h r b i s i n d e n r e c h t e n B r o n c h u s e i n g e f ü h r t h a b e.

Was nun die Tracheoskopia inferior, d. h. die Untersuchung durch eine Tracheotomiewunde angeht, so leistet hier der Spiegel nicht viel, wohl aber das Verfahren, welches S c h r ö t t e r zuerst versuchte[7]) und P i e n i a z e k[8]) detailliert veröffentlichte. Ersterer führte dem liegenden Patienten bei hängendem Kopfe Röhren durch die Trachealwunde ein und beleuchtete mit dem Reflector.

P i e n i a z e k untersuchte seine Patienten in analoger Weise, machte jedoch von der liegenden Haltung nur in Narkose Gebrauch, da er fand, dass das Verfahren auch an dem sitzenden Patienten sehr wohl ausführbar war. Es kam nur darauf an, den Kopf genügend weit nach rückwärts zu beugen und eventuell nach der Seite zu drehen. Den Oberkörper liess P i e n i a z e k stark nach vorn neigen bei möglichst gerade gestreckter Wirbelsäule. Seine Röhren waren oben trichterartig erweitert, hatten den Durchmesser der Trachealcanüle und besassen je nach Bedürfniss eine verschiedene Länge bis zu 12 cm und darüber. Er untersuchte nicht allein Erwachsene, sondern insbesondere auch Kinder. Ueber seine Resultate gibt er Folgendes an (l. c. S. 212):

„Auf diese Weise kann man durch den Trachealtrichter nicht nur den unteren Abschnitt der Luftröhre, sondern auch die Bifurcation und die Eingänge in die beiden Bronchien zur Ansicht bekommen. Bei leichter Neigung des Oberkörpers auf die eine Seite bekommt man tiefere Einsicht in den Bronchus der entgegengesetzten Seite. Im linken Bronchus sieht man allerdings auch auf diese Weise nur die inneren Theile der obersten 2 - 3 Knorpelringe; den rechten übersieht man aber nicht selten in dessen ganzer Länge und wird mitunter sogar dessen Theilung in den mittleren und unteren Ast ansichtig.” Nicht zu sehen seien nur der obere Theil der vorderen Trachealwand und in den genannten günstigen Fällen die äussere Wand des rechten Bronchus.

Ich halte es für eine nicht zu unterschätzende Verbesserung der S c h r ö t t e r - P i e n i a z e k'schen Verfahrens, die Röhren mit dem C a s p e r'schen Elektroskop zu armiren[9]). So kann J e d e r untersuchen, auch wenn er mit dem Reflector nicht umzugehen versteht, und hat eine vorzügliche Beleuchtung. Die Demonstration ist ausserordentlich erleichtert.

Aus dieser historischen Uebersicht ergibt sich klar, welche Grenzen uns bisher gesteckt waren. Zwar ist man palpatorisch noch wesentlich weiter gegangen. S c h r ö t t e r[10]), L a n d g r a f[11]) und S e i f e r t[12]) gelang es, von oben her Dilatationsinstrumente nicht allein in den rechten, sondern auch in den linken Hauptbronchus einzuführen und eine Strecke weit vorzuschieben. S e i f e r t betonte dabei den Werth der Seitwärtsneigung des Rumpfes. Viel weiter ging P i e n i a z e k (l. c.) von der Trachealwunde aus. Er führte seine Instrumente im D u n k e l n in den unteren und in den mittleren Ast des rechten Hauptbronchus und tief in den linken Hauptbronchus ein. Er hatte sogar das seltene Glück, auf solche Weise Fremdkörper aus den genannten Regionen entfernen zu können.

Trotz dieses Herumtastens in den Verzweigungen des Bronchialbaumes ist man bisher bei normaler Configuration der Theile (von jenen selteneren Fällen mit g e s t r e c k t e m Verlauf des rechten Hauptbronchus abgesehen) nicht dazu gelangt, in diese entlegenen inneren Regionen direct hineinzusehen. Und doch, wie gross ist das Bedürfniss nach einem solchen Einblick, insbesondere bei eingekeilten F r e m d k ö r p e r n , ferner bei den allerdings selten vorkommenden Stenosen, Neubildungen u. dergl.! Ist ein Fremdkörper nicht zufällig so gross, dass er schon in den Eingängen der Hauptbronchien stecken bleibt, so geräth er in die Tiefe und wir haben die Aufgabe, ihn dort zu suchen. Die genugsam bekannten Sectionsresultate lehren, wo solche Fremdkörper hingelangen und welche bedenklichen Folgen für Lunge und Leben sie haben können. Es ist keineswegs immer der leichter zugängliche rechte Hauptbronchus, der hier in Frage kommt. Von 138 Fällen der P r e o b r a s c h e n s k y'schen Statistik[13]) war 54mal das linke Bronchialsystem Sitz des Fremdkörpers.

Wir müssen uns daher die Frage vorlegen: Wie lassen sich unsere Untersuchungsmethoden verbessern, um in die beiderseitigen Bronchialverzweigungen hineinsehen und dieselben nach einem Fremdkörper absuchen zu können?

Der Gedanke liegt sehr nahe, mit unseren modernen Röhrenspeculis über die bisher innegehaltenen Grenzen hinaus vorzudringen. Ob dies erlaubt und möglich sei, müsste der Versuch lehren.

Dass die Bronchien etwas mehr vertragen können, als man so ohne Weiteres anzunehmen geneigt ist, geht aus dem Obigen genügend hervor. Wer sich die Mühe nimmt, den Bronchialbaum zu präpariren, der überzeugt sich leicht, welche dicke, derbe, von soliden Knorpeln gestützte Wände die grösseren Bronchien haben. Diese Wände flössen mehr Vertrauen ein, als die weichen, leicht zu verletzenden Wände der Speiseröhre. Die Aorta liegt der letzteren nicht minder nahe als den Hauptbronchien. Und doch hat man es gewagt, starre Röhren in den Oesophagus und durch ihn hindurch selbst bis in den Magen einzuführen!

Die Bronchialröhren sind elastisch, etwas dehnbar und, was das Wichtigste ist, v e r s c h i e b l i c h . Man muss dich nicht vorstellen, dass der Bronchialbaum durchaus starr sei, wie aus Erz gegossen. Im Gegentheil, sowohl im Ganzen als auch mit allen seinen einzelnen Aesten und Aestchen führt er fortgesetzte lebhafte pulsatorische und respiratorische Bewegungen aus. Die Enden seiner Zweige sind keineswegs fixirt; das schwammige Lungengewebe lässt eine ausserordentlich freie Bewegung derselben zu.

Es ist daher klar, dass die Bronchien eine instrumentelle Lageverschiebung vertragen und derselben keinen beachtenswerthen Widerstand entgegensetzten werden. S o m u s s e s d e n n b e i v o r s i c h t i g e m V o r g e h e n u n t e r C o c a i n a n a e s t h e s i e m ö g l i c h s e i n , v o n d e r B i f u r c a t i o n a u s s t a r r e R ö h r e n v o n e n t s p r e c h e n d e m C a l i b e r i n d i e H a u p t b r o n c h i e n h i n e i n z u s c h i e b e n u n d d i e s e d a m i t s o w e i t a u s i h r e r L a g e z u v e r d r ä n g e n , d a s s u n s e r B l i c k b e q u e m b i s i n i h r I n n e r e s u n d s e l b s t i n d a s i h r e r A e s t e v o r d r i n g e n k a n n .

Von solchen Erwägungen ausgehend habe ich es für kein allzu grosses Wagniss gehalten, die directe Bronchoskopie zu versuchen. Der vollständige Erfolg, den ich erzielte, ohne dass meine Patienten allzu sehr geplagt wurden oder irgendwelchen Schaden erlitten, bewies, dass meine Voraussetzungen richtig waren. Ob man mit dem Röhrenspeculum an der Bifurcation Halt macht oder noch eine Strecke weit in einem Hauptbronchus vordringt, ist für den Patienten ganz gleichgiltig. Bei genügender Cocinisirung merkt er gar nichts davon. Die Unbequemlichkeiten der Untersuchungen sind zumeist auf den Larynx und die einzunehmende ruhige Haltung zu beziehen.

Meine ersten Versuche nahm ich im Juli vorigen Jahres vor und zwar probirte ich zuerst die B r o n c h o s k o p i a i n f e r i o r .

Fährt man mit einem Wattetupfer, der mit 10 proc. Cocainlösung getränkt ist, in der Trachea nach abwärts, so gelangt man direct in den rechten Hauptbronchus und kann beide zugleich unempfindlich machen. Das vorher gut geölte und etwas angewärmte Röhrenspeculum lässt sich bei rückwärts geneigtem und nach der Seite gedrehtem Kopfe leicht in die Trachealwunde einführen. Man beleuchtet dasselbe mit der K i r s t e i n'schen Stirnlampe oder dem C a s p e r'schen elektrischen Handgriff und schiebt es langsam vor, i n d e m m a n f o r t g e s e t z t h i n d u r c h b l i c k t u n d s i c h s o i n d e r s c h o n e n d s t e n W e i s e s e i n e n W e g s u c h t .

Bei einem von mir auf solche Weise untersuchten Patienten (dessen Körperlänge 168 cm betrug) benützte ich ein Rohr von 9 mm Durchmesser, dessen vorderer Rand bis auf 10 mm verdickt war. Ich erreichte damit die Bifurcation in einer Entfernung von 14 cm von der Trachealwunde und ging darauf in den rechten Hauptbronchus ein, von dem zunächst nur der Anfangstheil zu sehen war. Indem ich das Rohr langsam und vorsichtig vorschob, gelangte ich zunächst an die Abgangsstelle für den rechten Oberlappenbronchus. Dann sah ich medial einen kleinen Bronchus abgehen und zuletzt erblickte ich bei nach links geneigtem Rohre die Theilung in die Bronchien für Mittel- und Unterlappen und sah noch in einen derselben tief hinein. Dabei war mein Rohr von der Bifurcation aus noch 5 cm weit vorgedrungen. Sein Ende hatte nach äusserer Abmessung ungefähr bis in den vierten Intercostalraum gereicht. Beim Vordringen fühlte ich keinen Widerstand und wurde erst angehalten, als die Weite des Rohres die des Bronchiallumens zu übersteigen begann. Es blutete nicht und der Patient hatte keine Schmerzen.

Die Bronchialschleimhaut war blass und trocken. Die Bronchialringe schimmerten leicht durch. Die Theilungsstelle des rechten Hauptbronchus sah ganz analog aus wie die der Luftröhre. Das ganz Bild belebten die pulsatorischen und respiratorischen Bewegungen.

Es war also ohne Schwierigkeiten gelungen, den r e c h t e n Hauptbronchus, so weit als nöthig, aus seiner Lage zu verdrängen. Wie aber verhielt sich der in wesentlich stärkerem Winkel abzweigende linke?

Um diesen cocainisiren zu können, musste ich mein Röhrenspeculum zuerst in seinen Eingang einführen und den Tupfer durch dasselbe hindurchführen. Darauf gelang es, mit dem Rohre 4,5 cm weit in dem linken Hauptbronchus vorzudringen und seine Theilung in den Ober- und Unterlappenast, sowie diese Aeste noch eine Strecke weit bequem zu übersehen. Das Rohr musste dabei stark nach rechts geneigt werden. Auch bei diesem Vorgehen hatte ich keinen besonders auffälligen Widerstand zu überwinden. Der Patient ertrug es mit derselben Leichtigkeit.

Ganz in derselben Weise untersuchte ich einen sechsjährigen Knaben. Die Rohrweite betrug 7,5 mm. Auch hier gelang es bequem, die gesamten grösseren Verzweigungen des Bronchialbaumes zu überblicken.

Aber auch v o n o b e n , a u f n a t ü r l i c h e m W e g e liess sich die directe Bronchoskopie mit dem gleichen Resultate ausführen. Die Cocainisirung des Larynx mit 20 proc. Cocainlösung musste besonders am Kehldeckel und an der Hinterwand eine gründliche sein. Um das Cocain in die Luftröhre und den rechten Hauptbronchus zu bringen, verwandte ich einen geraden Tupfer, der auf autoskopischem Wege durch den Kehlkopf geführt wurde. Es erwies sich dabei mehrfach als zweckmässig, mit dem Spatel den Kehldeckel nach vorn zu nehmen. Mit der Röhre ging ich darauf b e i g l e i c h z e i t i g e m D u r c h b l i c k e n bis in den linken Sinus pyriformis, schob sie dann von da aus hinter die Epiglottis und drang darauf an der hinteren Larynxwand entlang in die Trachea ein, was meist leicht gelang. Einigemal blieb ich allerdings mit dem vorne gerade abgeschnittenen Rohre auf den Stimmbändern sitzen und musste den Mandrin zu Hilfe nehmen. Das mit diesem versehene Rohr kann auch unter Leitung des Fingers oder bei gleichzeitiger Autoskopie in den Kehlkopf und die Luftröhre eingeführt werden. Ist das Rohr in der letzteren, so ist die Hauptschwierigkeit überwunden. Man geht dann unter allen Umständen ohne Mandrin weiter vor.

Ich berichte über einen Patienten von 152 cm Körperlänge. Der Abstand vom Munde bis zur Bifurcation beträgt 27 cm. Wie gewöhnlich sind nur die E i n g ä n g e in die Hauptbronchien sichtbar. Weiteres Vorschieben des Röhrenspeculums (von 9 mm Durchmesser) im rechten Hauptbronchus um 5 cm. Dabei kommt die Theilung in den Mittel- und Unterlappenast zu Gesicht. Darauf Einführung des Rohres in den Eingang des linken Hauptbronchus, Cocainisirung desselben. Vom rechten Mundwinkel aus kann man 4 cm weit in dem Bronchus vordringen, was genügt, um seine Theilung zu sehen.

Dasselbe Resultat erzielte ich bei einer ganzen Reihe von Patienten. Weitere Versuche belehrten mich, dass es sich besonders bei ängstlichen Kranken empfiehlt, nicht Alles in einer Sitzung erreichen zu wollen, sondern dass man gut daran thut, sie vorher etwas an die Autoskopie und das Cocain zu gewöhnen.

Eine Beeinträchtigung der Athmung ist mir bei der oberen Bronchoskopie nie aufgefallen. Der Kranke kann offenbar sowohl durch die Röhre, als auch an ihr vorbei athmen.

Bronchialkatarrhe bedingen eine etwas grössere Empfindlichkeit der Schleimhaut. Durch die Hustenstösse kann einem Schleim in's Gesicht geschleudert werden, oder er bleibt in dem Rohre hängen und muss dann herausgewischt werden. Husten bringt dem Patienten keine Gefahr; selbstverständlich hält man dabei das Rohr möglichst leicht und gibt jedem Stosse nach.

Die Anwendung der directen oberen Bronchoskopie scheint mir auf die Fälle beschränkt zu sein, die sich überhaupt autoskopisch untersuchen lassen und die nicht zu ängstlich oder schwach und elend sind.

Vielleicht hilft die Narkose über manche Schwierigkeiten hinweg. Die untere Bronchoskopie ist immer und unter allen Umständen anwendbar, womit man rechnen sollte, wenn bei Fremdkörpern die obere nicht gelingt und wenn die einfache Tracheotomie nicht ausreicht, um den Fremdkörper zu Tage zu fördern.

Alles was die directe Laryngoskopie erleichtert oder ihr Anwendungsgebiet erweitert, muss natürlich auch der oberen Bronchoskopie zu Gute kommen. So scheint mir, dass noch etwas mehr zu erreichen sein dürfte, wenn man von der Seite aus bei stark zurückgezogenem Mundwinkel vorgeht. Ich habe in der letzten Zeit diesbezügliche Uebungen vorgenommen.

Am besten gelang mir diese laterale Autoskopie, wenn ich, mit der K i r s t e i n'schen Stirnlampe bewaffnet, mich ganz auf die Seite des Patienten stellte und mit einem breiten Wundhaken den Mundwinkel kräftig retrahirte. Der Patient musste seinen Kopf stark nach rückwärts und etwas nach der anderen Seite neigen. Die Zunge liess ich herausgestreckt festhalten. Zur Verdrängung des Zungengrundes benützte ich einen entsprechend verlängerten und verstärkten F r ä n k e l'schen Spatel, mit dem ich an der Seite der Zunge bis in die Vallecula hinabging. Um den Mundwinkelhaken zu ersparen und den mitunter in störender Weise vortretenden vorderen Gaumenbogen zurückzuhalten, versuchte ich auch Spatel, deren äusserer Theil Röhrenform besass, und die, wie sich als zweckmässig erwies, etwas stärker abgebogen waren.

Bei der lateralen Autoskopie genügt entschieden ein gelinderer Druck als bei der medianen, sie ist also leichter zu ertragen. Man kann sich mit ihr die vordere Commissur einstellen und in Fällen, die sonst nur die Arygegend zu sehen gestatten, noch einen Einblick in den Larynx gewinnen. Besonders gut sieht man die gegenüberliegende Larynxseite. Wie mir scheint, werden von den Seitentheilen der Zunge leichter Würgbewegungen ausgelöst als von der Mitte aus; es empfiehlt sich daher meist, etwas Cocain anzuwenden.

Beiläufig bemerke ich, dass ich in ganz analoger Weise, und zwar von der rechten Seite aus, auch die Oesophagoskopie vornehme. Ich lege dabei besonderen Werth darauf, dass der sitzende Patient seinen Kopf so weit nach rückwärts und links beugt, dass die rechten oberen Backenzähne über den linken Sinus pyriformis zu liegen kommen. Seinen Oberkörper muss er militärisch gerade halten. Auf seiner rechten Seite stehend führe ich das Röhrenspeculum ein. Zum Beweise, wie schonend dieses Verfahren ist, erwähne ich die mehrfach gemachte Beobachtung, dass die am Ringknorpel vorbeigeführte Röhre durch ihre eigene Schwere vor meinen Augen allmählich in die Tiefe sank. Ich habe hinzuzufügen, dass ich dünnen Röhren, weil sie zur Orientirung vollständig genügen, den Vorzug gebe. Bei Männern verwandte ich solche von 9 mm Durchmesser.

Die praktische Bedeutung der directen Bronchoskopie lässt sich gegenwärtig keineswegs genau abschätzen. Von den Fremdkörpern und Bronchialerkrankungen abgesehen, hoffe ich, dass sie sich auch zur Diagnose und Therapie von Lungenaffectionen heranziehen lässt.

3 Schrötter: Krankheiten der Luftröhre, 1896, S. 13 u. 18.

4 Kirstein: Berliner klin. Wochenschr. 1895, No. 22 uns Autoskopie 1896, No. 31.

5 Vergl. K o l l o f r a t h : Münchener med. Wochenschr. 1897, No. 38

6 Berliner klin. Wochenschr. 1895, No. 22

7 Vergl. K o l l o f r a t h l. c.

8 Ich entnehme diese Worte einem Brief R o s e n h e i m's an mich. Seine officielle Mittheilung machte dieser Autor in der laryngoskopischen Section des Moskauer Congresses, deren Bericht noch nicht gedruckt ist. Die bisher erschienenen Referate sprechen sich nicht präcis genug aus.

9 Krankh. D. Luftröhre, 1896, S. 20.

10 Archiv f. Laryngologie, Bd. 4, S. 210.

11 K o l l o f r a t h l. c.

12 Laryngologische Mittheilungen 1875, S. 118

13 Berliner klin. Wochenschr. 1887, S. 85

14 Münch. Med. Wochenschr. 1895, Bericht der 2. Versammlung des Vereins süddeutscher Laryngologen in Heidelberg

15 Krankheiten der Luftröhre 1896, S. 73

16 Vortrag, gehalten auf der V. Jahresversammlung der Vereins süddeutscher Laryngologen am 29. Mai 1898. Münch. Med. Wschr. 45, 1898, 844 - 847

Dr. med. Robert Kropp

Liegnitzer Str. 5

36100 Petersberg

eMail: dr.robert.kropp@gmx.de

3 Schrötter: Krankheiten der Luftröhre, 1896, S. 13 u. 18.

4 Kirstein: Berliner klin. Wochenschr. 1895, No. 22 uns Autoskopie 1896, No. 31.

5 Vergl. K o l l o f r a t h : Münchener med. Wochenschr. 1897, No. 38

6 Berliner klin. Wochenschr. 1895, No. 22

7 Vergl. K o l l o f r a t h l. c.

8 Ich entnehme diese Worte einem Brief R o s e n h e i m's an mich. Seine officielle Mittheilung machte dieser Autor in der laryngoskopischen Section des Moskauer Congresses, deren Bericht noch nicht gedruckt ist. Die bisher erschienenen Referate sprechen sich nicht präcis genug aus.

9 Krankh. D. Luftröhre, 1896, S. 20.

10 Archiv f. Laryngologie, Bd. 4, S. 210.

11 K o l l o f r a t h l. c.

12 Laryngologische Mittheilungen 1875, S. 118

13 Berliner klin. Wochenschr. 1887, S. 85

14 Münch. Med. Wochenschr. 1895, Bericht der 2. Versammlung des Vereins süddeutscher Laryngologen in Heidelberg

15 Krankheiten der Luftröhre 1896, S. 73

16 Vortrag, gehalten auf der V. Jahresversammlung der Vereins süddeutscher Laryngologen am 29. Mai 1898. Münch. Med. Wschr. 45, 1898, 844 - 847

Dr. med. Robert Kropp

Liegnitzer Str. 5

36100 Petersberg

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Abb. 1 Faksimile des Beginns der Arbeit von Professor G. Killian aus der „Münchener Medicinischen Wochenschrift” von 1898.