Pneumologie 2005; 59(8): 517
DOI: 10.1055/s-2005-915492
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Pneumokokkenimpfung - Besonders Kleinkinder profitieren

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Publication Date:
18 August 2005 (online)

 
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Seit 2000 steht ein neuer, sehr potenter Impfstoff gegen Pneumokokken zur Verfügung, der sich auch für Kleinkinder eignet. Durch prophylaktische Impfprogramme könnte die Zahl der schweren Pneumokokken-Pneumonien auch bei diesen jungen Patienten stark gesenkt werden. Dies wurde nun anhand des Pneumokokken-Impfprogramms von Atlanta/USA überprüft (Lancet 2005; 365: 855-863).

Die Resistenz von Streptococcus pneumoniae gegen Makrolide hat in den letzten Jahren weltweit stetig zugenommen. In Atlanta stieg die Resistenz zwischen Januar 1994 und Dezember 1999 auf mehr als 25% an. Ein ähnlicherAnstieg war auch in Kanada, Europa, Afrika und Asien zu beobachten. Die Zunahme ging einher mit der Einführung der neuen Makrolide (Azithromycin, Clarithromycin) und ihrem Einsatz vor allem bei Kindern unter 5 Jahren.

D. S. Stephens und Mitarbeiter erfassten in ihrer prospektiven Studie die Inzidenzraten von Pneumokokken-Pneumonien in Atlanta im Zeitraum von 1994 bis 2002. Dabei wurden nur schwere Pneumoniefälle registriert. Die Autoren sammelten auch Informationen darüber, ob geimpft worden war und eine Resistenz gegen Antibiotika vorlag, insbesondere gegen die bei Kindern bevorzugten Makrolide. Im Februar 2000 startete Atlanta ein umfassendes Impfprogramm gegen Pneumokokken. Im Rahmen der Studie sollte geklärt werden, ob sich seit Einführung des Impfprogramms die jährlichen Inzidenzraten für Pneumokokken-Pneumonien verringert hatten, und ob es zu günstigen Auswirkungen auf die Rate der Pneumoniefälle mit antibiotikaresistenten Pneumokokken kam.

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Infektionsraten sanken drastisch

Im Beobachtungszeitraum wurden 6 695 Pneumokokken-Pneumonien ermittelt. Der Durchimpfungsgrad der Bevölkerung war hoch, bei Kleinkindern lag er bei über 80%. Nach Einsatz des Impfprogramms reduzierten sich die Infektionsraten drastisch. Vor dem Impfprogramm kam es im Mittel bei 30 von 100 000 Einwohnern/Jahr zu einer Pneumokokken-Pneumonie. Die Inzidenz fiel im Jahr 2000 auf 22 Fälle/100 000 Einwohner/Jahr und im Jahr 2001 auf 18 Erkrankte/100 000 Einwohner/Jahr. Im Jahr 2002 fiel diese Rate schließlich auf 13 Fälle/100 000 Einwohner/Jahr. Dies entspricht einer insgesamten Abnahme um 57% in 2002 verglichen mit der durchschnittlichen jährlichen Inzidenz in den Jahren 1994 bis 1999.

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Vor allem Kinder unter 2 Jahren erkrankten seltener

Besonders Kleinkinder (unter 2 Jahren) profitierten von dem Impfprogramm. In diesem Alterssegment verminderte sich die Pneumonierate durch die Impfung um 82%. Bei älteren Patienten kam es immerhin zu einer Reduzierung um 39%. Die Zahl der Makrolid-Antibiotika-Resistenzen hatte sich unter der Impfung von 9 Erkrankten/100 000 Einwohner/Jahr auf rund 3 Erkrankte/100 000 Einwohner/Jahr vermindert.

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Gramfärbung von Pneumokokken aus Kultur. Eine Impfung kann die Pneumonierate bei kleinen Kindern um 82% senken (Bild: Medizinische Mikrobiologie, Thieme 2005).

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Fazit

Durch eine Impfung gegen Pneumokokken kann die Inzidenz von schweren Pneumonien, besonders bei Kleinkindern, drastisch reduziert werden. Auch das Auftreten von Resistenzen gegen Makrolid-Antibiotika wird nach Ansicht der Autoren erheblich vermindert.

Dr. Horst Gross, Berlin

 
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Gramfärbung von Pneumokokken aus Kultur. Eine Impfung kann die Pneumonierate bei kleinen Kindern um 82% senken (Bild: Medizinische Mikrobiologie, Thieme 2005).