Geburtshilfe Frauenheilkd 2005; 65(9): 873-880
DOI: 10.1055/s-2005-872836
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Geburtsängste in der Schwangerschaft - Frauenfelder Geburtenstudie

Fear of Childbirth During Pregnancy - Ongoing Observational StudyV. Geissbühler1 , K. Zimmermann1 , J. Eberhard1
  • 1Frauenklinik, Kantonsspital, Spital Thurgau AG, Frauenfeld, Schweiz
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Publication History

Eingang Manuskript: 24. Mai 2005 Eingang revidiertes Manuskript: 26. Juli 2005

Akzeptiert: 19. August 2005

Publication Date:
18 October 2005 (online)

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Zusammenfassung

Fragestellung: In der westlichen Industriegesellschaft sind im 20. Jahrhundert die perinatale Morbidität und Mortalität von Mutter und Kind auf sehr tiefe Werte gesunken. Die Geburtsschmerzen können mit moderner Analgesie - vor allem Periduralanästhesie - und Komplementärmedizin bekämpft werden. Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, welche Ängste Schwangere trotz der allseits bekannten medizinischen Fortschritte heute noch begleiten. Die Art der Geburtsängste sowie deren Intensität werden untersucht und Erst-, Zweit- und Mehrgebärende miteinander verglichen. Material und Methodik: In einer prospektiven Beobachtungsstudie konnten an der Frauenklinik Frauenfeld/CH vom 1. November 1991 bis 31. Oktober 2004 bei 13 362 Schwangeren die Art und Intensität der Geburtsängste erfasst und verglichen werden. Die Schwangeren erhielten zwischen der 24. und 28. SSW einen standardisierten Fragenbogen. Ergebnisse: Die nach Parität getrennte Auswertung der Intensität der Geburtsschmerzen ergeben folgendes: Mit steigender Parität verspüren immer mehr Schwangere „keine Angst“, immer weniger haben „etwas Angst“. „Sehr große Angst“ vor der Geburt haben ca. 6 % aller Schwangeren, unabhängig von der Parität. Am häufigsten wurde die Angst, ob das Kind gesund ist (59,7 %), und die Angst vor Schmerzen (50,3 %) genannt. Ängste vor medizinischen Eingriffen, wie Kaiserschnitt oder Narkose, und Angst vor dem Ausgeliefertsein liegen zwischen 17 % und 20 %. Schlussfolgerung: Die heutige Schwangere hat trotz moderner, sicherer und natürlicher Geburtshilfe weiterhin Ängste vor der bevorstehenden Geburt. Der mögliche Nutzen von geburtsvorbereitenden Kursen konnte nicht nachgewiesen werden.

Abstract

Purpose: In 20th century western industrial society perinatal morbidity and mortality of mother and neonate have become extremely rare. Labor pains can be effectively managed using modern anesthesia - especially epidural anesthesia - and alternative medicine. This work pursues the question of which kind of childbirth fears today's pregnant women still have, despite all well-known medical progress. The quantity and quality of childbirth-related fear will be examined and compared between primi, secundi and multiparous women. Material and Methods: In a prospective study carried out at the Women's Clinic in Frauenfeld/Switzerland from the 1st of November 1991 until the 31st of October 2004, we collected and compared data on the type and intensity of childbirth fears in 13 362 pregnant women. Usually between 24th and 28th gestational week the pregnant women are sent a prenatal questionnaire. Results: With increasing parity the answer “no fear” increases and “some fear” decreases. For the entire group of pregnant women 6 % admit to having “intense fear”. The most frequent fears mentioned are fear for the child's health (59.7 %) and fear of pain (50.3 %). Fears dealing with medical intervention, such as operative delivery or anesthesia, and fear of being at the mercy of obstetrics all lie between 17 % and 20 %. Conclusion: Even in the era of modern, safe and natural obstetrics, today's pregnant women still have birth fears. The possible benefit of birth preparation classes could not be established.

Literatur

Dr. med. Verena Geissbühler Leitende Ärztin Frauenklinik

Kantonsspital
Spital Thurgau AG

8501 Frauenfeld

Schweiz

Email: verena.geissbuehler@stgag.ch