Das Potenzial für unerwünschte Arzneimittelinteraktionen in der Behandlung und Prävention
von Infektionen hat mit der wachsenden Anzahl verschiedener Substanzklassen und der
immer größeren Komplexität der Pharmakotherapie schwer kranker Patienten erheblich
zugenommen. Die Kenntnisse um solche Interaktionen sind in den letzten Jahren gestiegen
- nicht zuletzt durch eindrucksvolle Beispiele aus der klinischen Praxis. Unerwünschte
Arzneimittelinteraktionen erfordern nicht selten eine Neubewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses
und können letztendlich zu einer Rücknahme der Marktzulassung führen, wie in der jüngeren
Zeit an den Beispielen des Prokinetikums Cisaprid, des Kalzium-Antagonisten Mibefradil
und des Lipid-Senkers Cerivastatin deutlich wurde.
Für den ärztlichen Therapeuten ist es nahezu unmöglich, alle klinisch relevanten Interaktionen
am Patienten zu überblicken. Ziel der vorliegenden Arbeit ist, dem Behandelnden die
Mechanismen von Arzneimittelinteraktionen, allgemeine Grundsätze zu ihrer Vermeidung
in der klinischen Praxis (Tab. [1] und [2]) sowie die Kenntnis von Substanzklassen und Einzelsubstanzen mit hohem Interaktionspotenzial
zu vermitteln. Sie berücksichtigt die gängigsten Arzneistoffe ohne einen Anspruch
auf Vollständigkeit zu erheben.
Tab. 1 Grundsätze zur Vermeidung unerwünschter Arzneimittelinteraktionen
-
Vermeidung von Substanzen mit Interaktionspotenzial wenn nicht unbedingt erforderlich
-
Auswahl von Substanzen mit dem niedrigsten Potenzial für bekannte Interaktionen
-
Berücksichtigung von Grunderkrankung und eventuelle Organfunktionseinschränkungen
-
Vermeidung von Substanzen mit Potenzial für schwere unerwünschte Wirkungen
-
Vermeidung der Koadministration von Substanzen mit überlappendem Nebenwirkungsprofil
|
Tab. 2 Einteilung von Mechanismen von Arzneimittelinteraktionen
physikochemische (In-vitro)-Interaktionen |
pharmakokinetische Interaktionen |
pharmakodynamische Interaktionen |
bei Verwendung von:
-
Mischspritzen, Mischinfusionen
-
Infusionsmischungen im Schlauchsystem
-
Mischlösungen mit parenteraler Ernährung
-
Mischungen mit enteraler Ernährung
|
Resorption Aufnahme aus dem Magen-Darm-Trakt
Distribution Verteilung in Kompartimenten, Plasma-Proteinbindung
Elimination Induktion/Inhibition der Metabolisierung/Exkretion |
am Rezeptor/Erfolgsorgan, im Regelkreis:
Synergismus
Antagonismus |
Mechanismen von Arzneimittelinteraktionen
Mechanismen von Arzneimittelinteraktionen
Bei gleichzeitiger Applikation zweier oder mehrerer Arzneistoffe sind zahlreiche Effekte
möglich, die sowohl die qualitative als auch die quantitative Wirkung der Einzelstoffe
beeinflussen können. Die Folgen sind entweder ein unzureichender Effekt (bei verminderter
Exposition) oder Toxizität (bei erhöhter Exposition). Grundsätzlich können physikochemische
sowie pharmakokinetische und pharmakodynamische Wechselwirkungen unterschieden werden
[3]
[11] (Tab. [2]).
Physikochemische Interaktionen
Wechselwirkungen von Arzneimitteln sind bereits vor Aufnahme in den Körper möglich,
wenn Medikamente zur parenteralen oder enteralen Verabreichung gleichzeitig über denselben
Zugang bzw. über eine Sonde miteinander vermischt verabreicht werden. Im günstigeren
Fall resultieren physikalische Veränderungen wie Ausflockung, Trübung, Phasentrennung
oder Gasbildung, die mit bloßem Auge gut erkennbar sind. Chemische Reaktionen wie
Oxidation, Reduktion, Komplexbildung verlaufen hingegen in den meisten Fällen unsichtbar.
Das Ausmaß physikalisch-chemischer Wechselwirkungen ist unterschiedlich und wird von
Variablen wie Kontaktzeit und Konzentration bzw. Stabilität der Trägerlösung beeinflusst.
Mögliche pharmakologische Konsequenzen sind die Inaktivierung oder Veränderung der
therapeutischen Wirkung einschließlich toxischer Effekte [3]
[11].
Pharmakokinetische Interaktionen
In vivo können Arzneimittelinteraktionen die Pharmakokinetik der Einzelsubstanzen
(Resorption, Verteilung, Abbau sowie Ausscheidung) betreffen. Grunderkrankung, Alter,
Geschlecht, pH-Wert-Verschiebungen im Magen oder im Urin, Veränderungen im Säure-Basen-Haushalt,
Veränderungen der Plasmaproteine oder Interaktionen mit Enzymen können das Auftreten
von Wechselwirkungen zusätzlich begünstigen. Pharmakokinetische Wechselwirkungen sind
während der gesamten Passage eines Arzneistoffs möglich und werden unterteilt in Resorptions-,
Verteilungs- und Eliminationsinteraktionen.
Resorptionsinteraktionen. Bei peroraler Gabe haben Änderungen der Kinetik der Aufnahme
bzw. der insgesamt resorbierten Menge eines Arzneistoffs Auswirkungen auf den Plasmaspiegel.
Potenziell besteht die Gefahr, dass wirksame Zielkonzentrationen zu langsam aufgebaut
bzw. gar nicht erreicht werden.
Der pH-Wert im Magen beeinflusst die Resorptionsquote mancher Substanzen, da er ihren
Dissoziationsgrad und ihren passiven Transport in die Zellen bzw. die Blutbahn bestimmt.
Schwach dissoziierte (ionisierte) Substanzen werden besser aufgenommen als stark dissoziierte.
Um zum Beispiel eine möglichst umfassende Resorption von Penizillin, einer schwachen
Säure, zu erzielen, ist es notwendig, die Substanz minimal eine Stunde vor einer Mahlzeit
und in Abwesenheit von Arzneistoffen, die den pH-Wert im Magen erhöhen, einzunehmen,
damit ein möglichst großer Teil der applizierten Dosis im stark sauren Milieu des
nüchternen Magens in undissoziierter Form vorliegt. Die gleichzeitige Applikation
von Antazida, H2-Antagonisten oder insbesondere Protonenpumpenhemmern vermindert die Resorption von
Itraconazol; ist eine gleichzeitige Medikation unumgänglich, kann die zeitlich versetzte
Einnahme (Antazida) bzw. die Einnahme mit einem sauren Cola-Getränk (H2-Antagonisten, Protonenpumpenhemmer) die Resorptionsquote erhöhen. Das Ulkusmittel
Sucralfat hemmt die Resorption von Fluorochinolonen wie Ciprofloxacin und sollte daher
zeitlich versetzt appliziert werden.
Eine Beschleunigung der Magen-Darm-Passage, z. B. durch das Prokinetikum Metoclopramid,
kann Einfluss auf Geschwindigkeit und Ausmaß der Resorption von Arzneistoffen haben
und muss gegebenenfalls berücksichtigt werden.
Ein wichtiges Beispiel für Interaktionen durch Komplexierung mit Schwermetallen ist
die gleichzeitige orale Applikation von Fluorochinolonen mit polyvalenten Kationen
wie Al3+, Ca2+, Fe2+ oder Mg2+. So binden di- und trivalente Kationen an die 4-Oxo- und 3-Carboxyl-Gruppen der Chinolone
und führen so zu einer klinisch relevanten Verminderung ihrer Plasmakonzentrationen
um bis zu 50 % [3]
[11].
Verteilungsinteraktionen. Nach der Resorption eines Arzneistoffs erfolgt seine Verteilung
im Körper. Die chemische Struktur des Arzneistoffes entscheidet über seine Affinität
zu Proteinen in Plasma und Gewebe. Bei Arzneistoffen mit hoher Plasmaproteinbindung
kommt es zu einer Art Depoteffekt, da nur die ungebundene Substanzmenge zum pharmakologischen
Effekt beiträgt. Es herrscht ein Gleichgewicht zwischen ungebundener und gebundener
Substanz; wird Arzneistoff aus dem Körper ausgeschieden, so verlässt gebundene Substanz
die Proteinbindung und steht in wirksamer Form zu Verfügung. Konkurrieren zwei Arzneistoffe
um das im Plasma vorhandene Albumin oder andere Plasmaproteine, kann der Arzneistoff
mit höherer Affinität den mit schwächerer Affinität aus seiner Plasmaproteinbindung
verdrängen. Dadurch wird dessen ungebundener Anteil erhöht, was mit stärkeren erwünschten
oder unerwünschten pharmakologischen Wirkungen sowie einer rascheren Metabolisierung
und Exkretion verbunden sein kann. Antimikrobielle Substanzen mit ausgeprägter Plasmaproteinbindung
sind z. B. die Penizilline. Von besonderem Interesse sind solche Interaktionen bei
Arzneistoffen mit steilen Dosis-Wirkungskurven und geringer therapeutischer Breite
sowie bei Patienten mit Leber- oder Niereninsuffizienz sowie bereits vorgeschädigten
Zielorganen [11].
Eliminationsinteraktionen. Wird der Metabolismus eines Arzneistoffs beeinflusst, so
verändert sich seine Halbwertszeit. Ein beschleunigter Abbau führt zu einer Verkürzung
der Wirkdauer, während ein verlangsamter Metabolismus eine Kumulation der Substanz
auslösen kann.
Arzneistoffe können die Aktivität zahlreicher Enzyme im Körper verändern oder als
deren Substrate auftreten. Häufig wird die Synthese solcher Enzyme in Gegenwart von
Arzneistoffen angeregt oder gehemmt. Das Phänomen tritt insbesondere an mikrosomalen
Enzymen der Leber, aber auch an anderen Organen auf. Häufig erfolgt die Induktion
über die Aktivierung eines Rezeptors. Dieser verbindet sich mit dem Induktor und wandert
als Komplex zum Zellkern, um dort eine vermehrte Synthese verschiedener Enzyme auszulösen.
Je nach Induktionstyp werden dann unterschiedliche Enzyme verstärkt angeboten.
Von großer Bedeutung für zahlreiche Interaktionen und die Wirkung von Arzneistoffen
sind die Enzyme des Cytochrom-P450-Systems (CYP450). Das insbesondere in der Leber
angesiedelte mischfunktionelle Monooxygenase-System dient der Biotransformation (Hydroxylierung)
von Substanzen und der Synthese körpereigener Verbindungen wie z. B. den Steroiden.
Die Zahl der dem CYP450 zugeordneten Isoenzyme ist hoch. Sie werden nach ihrer Aminosäure-Sequenz
und ihren Substrat- und Inhibitoreigenschaften in Familien und Unterfamilien klassifiziert.
Die Subfamilie CYP3A gilt derzeit als wichtigste Enzym-Gruppe zur oxidativen Metabolisierung
lipophiler Arzneistoffe in Leber und Dünndarm. Häufig werden diese bereits vor Erreichen
der systemischen Zirkulation degradiert (First-pass-Effekt). Daher ist der im Darm
absorbierte Anteil der Dosis (Absorptionsquote) größer als der in der systemischen
Zirkulation ankommende (Bioverfügbarkeit). Beeinflussungen dieses Systems verändern
die Bioverfügbarkeit und/oder Elimination vieler peroral applizierter, vor allem lipophiler
Substanzen. Von den vier bekannten Cytochromen der Subfamilie CYP3A ist CYP3A4 das
Wichtigste. Da die übrigen drei Cytochrome jedoch sehr ähnlich sind, werden sie häufig
global als CYP3A-Enzyme bezeichnet.
Beispiele für Enzyminduktoren sind u. a. Rifampicin (CYP1A2, CYP2C19, CYP2C9, CYP2D6,
CYP3A4), Rifabutin (CYP3A) und Isoniazid (CYP2E1). Klassische Inhibitoren sind unter
anderen die antimykotischen Azole (CYP2C19, CYP2C9, CYP3A4), verschiedene HIV-Virustatika
(CYP3A4) und Isoniazid (CYP2C19, CYP2E1, CYP3A4) [8]
[12]
[13]
[14]
[18]. Eine kontinuierlich aktualisierte Auflistung der bekannten CYP450-Substrate, Induktoren
und Inhibitoren ist unter der URL http://medicine.iupui.edu/flockhart/ zu finden [5].
Interaktionen können auch durch Wechselwirkungen mit membranständigen Transportern
wie dem P-Glykoprotein (P-gp) ausgelöst werden [11]. Deren Funktion besteht darin, Xenobiotika, die das Zellinnere durch passive Diffusion
erreicht haben, in einem gerichteten Transport aus der Zelle zu entfernen. Sie sind
integrale Bestandteile biologischer Barrieren bzw. Organschranken und wurden erstmals
in Zusammenhang mit primärer und sekundärer Zytostatikaresistenz beschrieben. Sie
sind jedoch nicht nur in Tumoren, sondern auch in apikalen/luminalen Membranen zahlreicher
Epithel- und Endothelzellen lokalisiert. Bei gleichzeitiger Gabe von zwei oder mehreren
Arzneistoffen, die über denselben Transporter befördert werden, können Interaktionen
auftreten. Clarithromycin, Itraconazol u. a. Substanzen können als Substrate dieser
Transporter zu Interaktionen am P-gp führen. Ebenso besteht die Möglichkeit der Induktion
oder Inhibition der Expression von Transportermolekülen durch bestimmte Arzneistoffe.
Da P-gp Affinität zu vielen Substraten besitzt, kann die Beeinflussung seiner Aktivität
zahlreiche Arzneimittelwirkungen verändern.
Viele Arzneistoffe, die durch CYP3A4 metabolisiert werden, sind auch Substrate für
P-gp. Dies erklärt pharmakokinetische Wechselwirkungen mit Arzneistoffen wie z. B.
Ranitidin, die nicht oder kaum biotransformiert werden. Die meisten CYP3A4-abhängigen
Arzneistoffe oder deren Abbauprodukte werden allerdings transportiert und metabolisiert.
Besonders betroffen sind Arzneistoffe mit hohem First-pass-Effekt wie Immunsuppressiva
oder stark metabolisierte HIV-Proteaseinhibitoren: Da der First-pass-Effekt sowohl
durch Biotransformation als auch durch P-gp verursacht ist, können bereits geringe
Funktionsänderungen große Variationen von Bioverfügbarkeit und Elimination bedingen.
Die gleichzeitige Gabe dieser Substanzen mit Induktoren (z. B. Rifampicin) oder Inhibitoren
(Azole, Makrolide) des P-gp birgt daher ein besonders hohes Interaktionsrisiko.
Substanzen mit überwiegend renaler Elimination können sich durch unterschiedliche
Mechanismen gegenseitig in ihrer Elimination beeinflussen. So führt eine pH-Verschiebung
des Harns zu einer Veränderung der tubulären Rückresorption (passive Diffusion) von
Arzneistoffen. Schwache Säuren wie Penicilline werden in undissoziierter Form (niedriger
pH-Wert) besser rückresorbiert und verbleiben dadurch länger im Organismus. Bei hohem
pH-Wert, zum Beispiel nach Alkalisierung, wird ihre Rückresorption hingegen vermindert
und ihre Elimination beschleunigt. Weitere Mechanismen für Interaktionen auf renaler
Ebene sind die kompetitive Nutzung von aktiven tubulären Exkretionssystemen (Beispiel:
Kombination von Probenecid und Penicillin) sowie die in ihrer Bedeutung noch nicht
vollständig verstandene Inhibition von tubulären P-gp Transportern (Beispiele: Chinolone,
Makrolide, Azole) [3]
[11].
Pharmakodynamische Interaktionen
Unter pharmakodynamischen Interaktionen werden solche Interaktionen verstanden, die
in einer direkten Wechselwirkung an der molekularen Endstrecke des pharmakologischen
Effektes resultieren. Unterschieden werden synergistische von antagonistischen Effekten;
beim Synergismus werden Wirkungen additiv oder überadditiv (überproportional) verstärkt,
beim Antagonismus kommt es zu einer Abschwächung bzw. Aufhebung der Wirkung. Beim
Angriff am gleichen Rezeptor spricht man von kompetitiven (konkurrierenden), bei unterschiedlichen
Rezeptortypen von funktionellen Synergismen bzw. Antagonismen. Beim funktionellen
Antagonismus lösen zwei Agonisten an unterschiedlichen Rezeptoren gegensinnige Antworten
(Effekte) aus.
Pharmakodynamische Interaktionen etablierter Substanzen sind in der Regel gut untersucht
und dokumentiert. Sie unterliegen weniger interindividuellen Schwankungen und sind
meist gut vorhersehbar [3]
[11].
Interaktionen antibakterieller Substanzen
Interaktionen antibakterieller Substanzen
Bezüglich des Potenzials von Arzneimittelinteraktionen sind antibakteriell wirksame
Arzneistoffe aus den Gruppen der Makrolide, der Fluorochinolone und Rifampicin besonders
hervorzuheben. Aber auch andere Antibiotika können mit häufig verwendeten anderen
Arzneistoffen in unerwünschter Art und Weise interagieren [1]
[3]
[9]
[10]
[14]
[15]
[16].
Fluorochinolone
Chinolone wirken bakterizid über die Hemmung der bakterienspezifischen DNA-Gyrase
(Topoisomerase II). Bei oraler Einnahme sollte die zeitgleiche Nahrungsaufnahme, die
Einnahme zwei- und dreiwertiger Kationen und von Multivitaminpräparaten vermieden
werden, da sie die Resorption der Chinolone stark beeinträchtigen. Bei der gleichzeitigen
Therapie mit oralen Antikoagulanzien muss die Prothrombinzeit, bei gleichzeitiger
Gabe von Theophyllin der Theophyllinspiegel engmaschig überwacht werden. Bei gleichzeitiger
Therapie mit nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR) wird eine Erhöhung zentralnervöser
unerwünschter Wirkungen (psychische Störungen, Krämpfe) diskutiert. Für neuere Chinolone
ist eine Verlängerung des QT-Intervalles bekannt; deshalb ist bei Patienten mit verlängertem
QT-Intervall bzw. bei gleichzeitiger Gabe von Substanzen, die zu einer Verlängerung
der QT-Zeit führen können, auch bei den Fluorochinolonen Vorsicht geboten [1]
[3]
[4]
[8]
[15]
[16] (Tab. [3]).
Tab. 3 Wichtigste Interaktionen von Fluorochinolonen
Arzneistoff |
Interaktionspartner |
Ursache |
Folge |
Maßnahmen |
Ciprofloxacin, Levofloxacin, Ofloxacin, Norfloxacin |
Kalziumsalze, Aluminium- oder Magnesiumhydroxid-haltige Antazida, Eisen, Sucralfat,
Multivitaminpräparate |
Chelatbildung der Fluorochinolone mit 2- und 3-wertigen Ionen |
↓ Chinolon-Blutspiegel |
gleichzeitige Gabe vermeiden, mindestens 2 h Abstand einhalten |
Ciprofloxacin |
Theophyllin |
CYP-Hemmung |
↑ Theophyllin-Blutspiegel |
Monitoring der Theophyllin-Blutspiegel, Dosisanpassung |
alle Fluorochinolone |
Vitamin A-Analoga (Isotretinoin) |
|
↑ Phototoxizität |
gleichzeitige Gabe vermeiden |
|
Ciclosporin A |
|
↑ Nephrotoxizität |
Monitoring der Cyclosporin-Blutspiegel, Dosisanpassung |
|
Antiarrhythmika Triazole Tacrolimus u. a. |
Verlängerung der QT-Zeit |
Torsade de pointes |
Kombination vermeiden, Überwachung |
Makrolide
Makrolid-Antibiotika wirken über eine Hemmung der Proteinsynthese empfindlicher Bakterien
durch Anlagerung an die 50 S-Untereinheit bakterieller Ribosomen. Die Makrolide hemmen
die CYP450-Isoenzyme CYP3A4 und CYP1A2 durch Bildung eines stabilen Komplexes. Dabei
nimmt die Stärke der Hemmung in der Reihenfolge Erythromycin, Clarithromycin, Roxithromycin
ab. Azithromycin zeigt kaum klinisch relevante Interaktionen. Aufgrund dieser Eigenschaften
können Makrolide potenziell mit allen Arzneistoffen, die über eines der beiden Isoenzyme
metabolisiert werden (z. B. Carbamazepin, Natriumvalproat, Phenytoin, Methylprednisolon,
Theophyllin, Terbinafin, Cyclosporin A, Tacrolimus, Midazolam, Triazolam, Antikoagulantien
vom Coumarintyp u. a.) interagieren. Makrolide können zu einer Verlängerung des QT-Intervalles
führen; deshalb ist bei Patienten mit verlängertem QT-Intervall bzw. bei gleichzeitiger
Gabe von Substanzen, die zu einer Verlängerung der QT-Zeit führen können, Vorsicht
geboten. Erythromycin hemmt zusätzlich die membranständige Effluxpumpe P-gp, was einen
erhöhten Auswärtstransport von Xenobiotika aus Zellen zur Folge hat. Makrolide wirken
funktionell antagonistisch gegenüber den bakteriziden Penizillinen und Cephalosporinen,
mit Lincomycin und Chloramphenicol konkurrieren Makrolide um die gleiche Angriffsstelle
[1]
[3]
[8]
[13]
[15]
[16] (Tab. [4]).
Tab. 4 Wichtigste Interaktionen von Makroliden
Arzneistoff |
Interaktionspartner |
Ursache |
Folge |
Maßnahmen |
Erythromycin, Clarithromycin, Roxithromycin |
Antiarrhytmika Triazole u. a. |
Hemmung von CYP3A4 |
QT-Zeit Verlängerung, Arrhythmien |
gleichzeitige Gabe vermeiden |
|
Carbamazepin, Valproat, Phenytoin |
Hemmung von CYP3A4 |
↑ Blutspiegel der Antikonvulsiva |
Monitoring der Blutspiegel, ggf. Dosisanpassung |
Erythromycin, Clarithromycin |
Theophyllin |
Hemmung von CYP3A4 |
↑ Theophyllin-Blutspiegel |
Monitoring der Theophyllin-Blutspiegel, ggf. Dosisanpassung |
|
Chinidin |
Hemmung von CYP3A4 |
↑ Chinidin-Blutspiegel |
gleichzeitige Gabe vermeiden |
|
Diltiazem, Felodipin, Verapamil |
Hemmung von CYP3A4 |
Wirkungsverstärkung |
Überwachung des Patienten |
|
Ciclosporin A, Tacrolimus |
Hemmung von CYP3A4 |
↑ Nephrotoxizität v. Ciclosporin |
Monitoring der Ciclosporin A-Blutspiegel, ggf. Dosisanpassung |
Erythromycin |
Vinblastin (Vincristin?) |
Hemmung von CYP3A4 und P-Glykoprotein |
↑ Vinblastin-Toxizität |
gleichzeitige Gabe vermeiden |
Aminoglykoside
Aminoglykoside (Amikacin, Gentamicin, Tobramycin, Netilmicin) wirken u. a. über eine
Hemmung der Proteinbiosynthese durch irreversible Bindung an die 30 S-Untereinheit
der Ribosomen und sind bakterizid. Sie sind in Lösung wenig stabil und inkompatibel
mit Lösungen, die den pH-Wert verändern. Bei der Mischung mit Betalactam-Antibiotika
bzw. N-Acetylcystein oder Gabe über den gleichen Zugang tritt eine gegenseitig physikochemische
Inaktivierung auf; daher sollte bei gleichzeitiger Gabe dieser Substanzen mit Aminoglykosiden
ein zeitlicher Abstand von mindestens einer Stunde eingehalten werden. Die nephro-
und ototoxischen Wirkungen der Aminoglykoside werden durch gleichzeitig gegebene nephrotoxische
(Amphothericin B, Cyclosporin A, Furosemid, etc.) bzw. ototoxische (Schleifendiuretika)
Arzneistoffe verstärkt [1]
[3]
[15]
[16] (Tab. [5]).
Tab. 5 Wichtigste Interaktionen von Aminoglykosiden
Arzneistoff |
Interaktionspartner |
Ursache |
Folge |
Maßnahmen |
Amikacin, Gentamicin, Tobramycin, Netilmicin |
Curare-ähnliche Muskelrelaxantien |
|
↑ muskel-relaxierende Wirkung |
Dosisanpassung |
|
Aciclovir, Amphotericin B, Carboplatin, Cidofovir, Cisplatin, Ciclosporin A, Schleifendiuretika,
Vancomycin |
|
↑ nephro- und ototoxische Wirkung der Aminoglykoside |
gleichzeitige Gabe nur bei zwingender Indikation Aminoglykoside 7 Tage vor Cidofovir-Therapie absetzen |
|
Betalactam-Antibiotika, N-Acetylcystein |
Physiko-chemische Interaktion |
gegenseitige Inaktivierung bei Mischung der Infusionslösungen bzw. Gabe über den gleichen
Zugang |
zeitlich getrennte Infusion; unmittelbarer Transport und Bearbeitung von Proben zur Spiegelbestimmung |
Betalactam-Antibiotika
Betalactam-Antibiotika (Penizilline, Cephalosporine, Carbapeneme) assoziieren mit
Penizillin-bindenen Proteinen, hemmen die Zellwand-Synthese und wirken bakterizid
auf proliferierende Mikroorganismen. Betalactam-Antibiotika haben ein geringes Interaktionspotenzial.
Es bestehen jedoch physikalische Inkompatibilitäten mit Aminosäuren, Ascorbinsäure,
Vitamin-B-Komplexen, Heparin sowie N-Acetylcystein. Die Resorption der meisten Penizilline
und Cephalosporine wird durch Nahrung beeinträchtigt. Arzneistoffe wie Acetylsalicylsäure
verdrängen bei wiederholter Gabe Penizilline/Cephalosporine aus ihrer Plasmaeiweißbindung,
was einen erhöhten Serumspiegel des freien Anteils zur Folge hat. Ebenfalls zur Erhöhung
der Plasmakonzentration führen Arzneistoffe, die die renale Exkretion der Penizilline
und Cephalosporine hemmen (Probenecid, Salicylate, Indometacin).
Die antibakterielle Wirksamkeit wird potenziell durch Chemotherapeutika mit bakteriostatischer
Wirkung (Chloramphenicol, Tetrazykline, Makrolide, Rifampicin) beeinträchtigt, da
die Keime nicht in die Wachstumsphase gelangen, in der sie durch Betalactame angreifbar
sind. Betalactame wirken zwar synergistisch mit Aminoglykosiden, jedoch verursachen
sie in vitro deren Inaktivierung. Wie alle Antibiotika mit breitem Wirkungsspektrum
können auch Betalactam-Antibiotika die Darmflora schädigen und somit den enterohepatischen
Kreislauf anderer Arzneistoffe unterbrechen (z. B. Digitoxin, Östrogene) [1]
[3]
[15]
[16] (Tab. [6]).
Tab. 6 Wichtigste Interaktionen von Betalactamen
Arzneistoff |
Interaktionspartner |
Ursache |
Folge |
Maßnahmen |
Amoxicillin, Ampicillin |
Betablocker |
Verminderung der Resorption des Betablockers |
↓ Wirksamkeit des Betablockers |
Kombination vermeiden |
Penizilline |
Methotrexat |
Hemmung der renalen tubulären Sekretion von Methotrexat |
↑ HWZ von Methotrexat |
Kombination vermeiden |
alle Betalactame |
Aminoglykoside |
Physiko-chemische Interaktion |
gegenseitige Inaktivierung bei Mischung der Infusionslösungen bzw. Gabe über den gleichen
Zugang |
zeitlich getrennte Infusion; unmittelbarer Transport und Bearbeitung von Proben zur Spiegelbestimmung |
Aminopenizilline |
Allopurinol |
unbekannt |
gehäuft Hautreaktionen |
Kombination vermeiden |
Imipenem/Cilastatin |
Ganciclovir, Theophyllin |
unbekannt |
generalisierte Krampfanfälle |
Kombination vermeiden |
Glykopeptide
Die nephro- und ototoxischen Wirkungen der Zellwand-aktiven Glykopeptide (Vancomycin,
Teicoplanin) werden durch andere Arzneistoffe mit gleichen unerwünschten Wirkungen
verstärkt. Wegen der Gefahr einer Komplexbildung sollte Vancomycin nicht mit Colestyramin
oder Colestipol gemeinsam verabreicht werden [1]
[3]
[15] (Tab. [7]).
Tab. 7 Wichtigste Interaktionen von Glykopeptiden
Arzneistoff |
Interaktionspartner |
Ursache |
Folge |
Maßnahmen |
Vancomycin, Teicoplanin |
Aciclovir, Aminoglykoside, Amphotericin B, Ciclosporin A, Cisplatin, Colistin, Polymyxin
B, Schleifendiuretika, Indomethacin |
überlappende Nebenwirkungsprofile |
↑ nephro- und ototoxische Wirkung |
Kombination vermeiden |
|
Muskelrelaxantien |
|
↑ neuromuskuläre Blockade |
Kombination vermeiden, Dosisanpassung |
Tetrazykline
Tetrazykline binden an die 30 S-Untereinheit bakterieller Ribosomen und wirken bakteriostatisch.
Bekannte chemisch/physikalische Inkompatibilitäten bestehen mit Penizillin G, Polymyxin
B, Amphotericin B, Heparin und Kortisol. Aufgrund von Komplexbildung mit mehrwertigen
Kationen (Milch, Eisenpräparate, Antazida) muss ein zeitlicher Abstand von mindestens
zwei Stunden bei der Einnahme eingehalten werden. Ebenfalls beeinträchtigen Cimetidin,
Sucralfat und Colestyramin die Resorptionsrate, wohingegen Metoclopramid diese erhöht.
Die bakterizide Wirkung von Betalactam-Antibiotika wird durch Tetrazykline reduziert
(Mechanismus s. o.). Tetrazykline können die Darmflora schädigen und somit den enterohepatischen
Kreislauf, die Degradierung (Digoxin) bzw. Biosynthese (Vit. K) anderer Arzneistoffe
beeinflussen [1]
[3]
[15] (Tab. [8]).
Tab. 8 Wichtigste Interaktionen von Tetrazyklinen
Arzneistoff |
Interaktionspartner |
Ursache |
Folge |
Maßnahmen |
Doxycyclin, Tetrazyklin |
Kalziumsalze, Aluminium- oder Magnesiumhydroxid-haltige Antazida, Eisen, Sucralfat
|
↓ Resorption durch Komplexbildung |
↓ Blutspiegel |
Einnahmeabstand von 1-2 h |
|
Natriumhydrogencarbonat |
Resorption der Tetrazykline ist pH-abhängig |
↓ Blutspiegel |
Einnahmeabstand von 1-2 h |
|
Barbiturate, Phenytoin, Carbamazepin, Rifampicin |
Induktion von CYP450 |
↓ HWZ der Tetrazykline |
gleichzeitige Gabe vermeiden |
|
Ciclosporin A, Methotrexat, Theophyllin |
nicht bekannt |
↑ Toxizität |
Kombination vermeiden |
Cotrimoxazol
Cotrimoxazol (Sulfamethoxazol/Trimethoprim) blockiert sequenziell die Folsäuresynthese
empfindlicher Bakterien und ist in der Kombination bakterizid. Cotrimoxazol weist
eine Reihe von potenziellen Interaktionen auf. So vermindern Antazida und Eisen die
Resorption; Arzneistoffe, die den Harn alkalisieren, erhöhen die renale Ausscheidung
des Sulfonamids. Werden Folsäureantagonisten zusammen mit anderen Substanzen mit potenziell
toxischer Wirkung auf die Hämatopoese (Virustatika, Zytostatika) gegeben, ist eine
Verstärkung der Hämatotoxizität möglich. Die gleichzeitige Gabe mit Cyclosporin A
kann zu einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion führen. Cotrimoxazol kann die Darmflora
schädigen und somit den enterohepatischen Kreislauf anderer Arzneistoffe beeinflussen
[1]
[4]
[18] (Tab. [9]).
Tab. 9 Wichtigste Interaktionen von Cotrimoxazol
Arzneistoff |
Interaktionspartner |
Ursache |
Folge |
Maßnahmen |
Cotrimoxazol |
Folsäureantagonisten (Virustatika, Zytostatika) |
synergistische Wirkung |
↑ Toxizität |
Kombination möglichst vermeiden |
|
Phenytoin, Methotrexat |
Verdrängung aus der Serumeiweißbindung |
↑ Wirkdauer und/oder ↑ tox. Nebenwirkungen |
Dosisanpassung |
|
Probenecid |
↓ renale Ausscheidung |
↑ Wirkdauer und/oder ↑ tox. Nebenwirkungen |
Dosisanpassung |
|
Antazida, Eisen |
↓ Resorption von Cotrimoxazol |
↓ Wirksamkeit |
Kombination vermeiden |
|
Harn-alkalsisierende Medikamente |
↑ renale Ausscheidung |
↓ Wirksamkeit |
Kombination vermeiden |
|
Benzocain, Procain |
kompetetiver Antagonismus (p-Amino-Benzoesäure) |
↓ Wirksamkeit |
Säureamid-Lokalanästhetika verwenden |
|
Ciclosporin A |
unbekannt |
↓ Ciclosporin-A-Spiegel, Beeinträchtigung der Nierenfunktion |
Dosisanpassung |
|
Mercaptopurin |
↓ Resorption |
↓ Wirksamkeit |
Einnahmeabstand von 2 Stunden |
Metronidazol
Metronidazol wirkt durch Interaktion intrazellulär gebildeter, DNA-toxischer Intermediärprodukte
und ist bakterizid gegenüber Anaerobiern. Wegen seiner kompetitiven Hemmung der Aldehyd-Dehydrogenase
sollte der gleichzeitige Genuss von Alkohol vermieden werden (Antabus-Effekt). In
diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass zahlreiche flüssige Darreichungsformen
zur peroralen Anwendung (Tropfen) Alkohol enthalten und daher auch bei Kindern zu
Problemen führen können [1]
[3]
[15] (Tab. [10]).
Tab. 10 Wichtigste Interaktionen von Metronidazol
Arzneistoff |
Interaktionspartner |
Ursache |
Folge |
Maßnahmen |
Metronidazol |
Phenobarbital Prednison Rifampicin |
unbekannt |
↓ Metronidazol-Konzentration |
gleichzeitige Gabe vermeiden |
|
Antazida |
↓ Resorption |
↓ Metronidazol-Konzentration |
gleichzeitige Gabe vermeiden |
|
Cholestyramin |
↓ Bioverfügbarkeit |
↓ Metronidazol-Konzentration |
gleichzeitige Gabe vermeiden |
Lincosamide
Die Lincosamide hemmen die Proteinsynthese durch Interaktion mit der 50 S-Untereinheit
bakterieller Ribosomen. Wegen der reduzierten Resorption von Lincosamiden (Clindamycin,
Lincomycin) bei gefülltem Magen sollte ein zeitlicher Abstand zur Nahrungsaufnahme
von mindestens zwei Stunden eingehalten werden. Lincosamide konkurrieren mit Makroliden
und Chloramphenicol um die gleiche Bindungsstelle, eine gleichzeitige Gabe ist daher
nicht sinnvoll [1]
[3]
[15] (Tab. [11]).
Tab. 11 Wichtigste Interaktionen von Lincosamiden
Arzneistoff |
Interaktionspartner |
Ursache |
Folge |
Maßnahmen |
Clindamycin, Lincomycin |
Makrolide, Chloramphenicol |
Verdrängung aus der Bindung an die 50 S-Ribosomen-Untereinheit |
Antagonisierung der Wirkung |
gleichzeitige Gabe vermeiden |
|
stabilisierende Muskelrelaxantien, Opioide, Inhalationsnarkotika |
|
↑ neuromuskuläre Blockade |
Dosisanpassung |
Streptogramine
Streptogramine hemmen wie die Makrolide und Lincosamide die bakterielle Proteinsynthese.
Quinupristin/Dalfopristin sind Substrate und Inhibitoren von CYP3A4. Demzufolge führt
eine gleichzeitige Gabe von Substraten dieser Isoform der CYP-Familie zu erhöhten
Serumspiegeln dieser Substanzen und potenziell erhöhten Serumspiegeln von Quinupristin/Dalfopristin
[2].
Oxazolidinone
Oxazolidinone (Linezolid) sind reversible, nicht-selektive Monoaminooxidase(MAO)-Hemmer.
Untersuchungen zu Interaktionen, bei denen eine Hemmung der Monoaminooxidase relevant
sein könnten, liegen nur in beschränktem Ausmaß vor. Linezolid ist weder Substrat
noch Inhibitor von CYP450 Isoenzymen [6].
Interaktionen antimykotischer Substanzen
Interaktionen antimykotischer Substanzen
Antimykotische Azole
Eine für zahlreiche Interaktionen im Bereich des oxidativen Metabolismus verantwortliche
Substanzgruppe ist die der antimykotischen Azole. Dies beruht im Wesentlichen auf
ihrem Wirkmechanismus, der Hemmung des pilzspezifischen CYP-Enzyms Lanosterol-14α-Demethylase
in der Biosynthese von Ergosterol, dem wichtigsten Sterol in der Zellmembran von Pilzen.
Die Azole gelten als Breitspektrum-Inhibitoren der CYP450; Vertreter ohne Interaktionspotenzial
sind derzeit noch nicht verfügbar. Durch Inhibition von humanem CYP3A4 kommt es zu
einer Reihe von Interaktionen mit Substanzen, die über diese Enzyme metabolisiert
werden; da Azole selbst CYP-abhängig metabolisiert werden, können ihre Plasmaspiegel
bzw. antimykotische Wirksamkeit ebenfalls betroffen sein [7]
[11]
[18].
Fluconazol ist Substrat und Inhibitor von CYP3A4, CYP2C9 und nachgeordnet, CYP2C10,
CYP1A2, und CYP2C19. Fluconazol selbst wird nur in geringem Ausmaß hepatisch metabolisiert,
zwischen 80 und 90 % der applizierten Dosis werden in unveränderter Form mit dem Urin
ausgeschieden. Daher wird seine Wirkung weniger durch andere Substanzen beeinflusst
als die von Itraconazol und Voriconazol. Klassische Enzyminduktoren (insbes. Rifampicin)
können jedoch zu subtherapeutischen Plasmaspiegeln von Fluconazol führen. Als Inhibitor
ist Fluconazol für eine Reihe von Interaktionen verantwortlich; insgesamt ist die
Zahl relevanter Interaktionen jedoch niedriger als die von Itraconazol oder Voriconazol
[7]
[11]
[18] (Tab. [12]).
Tab. 12 Wichtigste Interaktionen der Triazole Itraconazol und Fluconazol
Mechanismus/Substanzen |
Triazol |
Konsequenzen |
↓ Triazol-Plasmakonzentration |
↓ Resorption des Triazoles Antazida, H2-Antagonisten, Omeprazol, Sucralfat, Didanosin, Grapefruit-Saft |
ITC** |
getrennte Einnahme mit mindestens 2 Stunden Abstand |
↑ Metabolisierung des Triazoles Isoniazid, Rifampicin, Rifabutin, Phenytoin, Phenobarbital, Carbamazepin |
ITC**, FLC |
Therapieversagen möglich; gesteigertes Potenzial der Lebertoxizität |
↑ Konzentrationen gleichzeitig verabreichter Substanzen durch Hemmung ihrer Metabolisierung |
Vincristin, Vinblastin, Vindesine Phenytoin
Benzodiazepine Carbamazepin
Rifampicin, Rifabutin Clarithromycin Busulfan
All-trans-Retinsäure Nifedipin, Felodipin Cyclosporin, Tacrolimus
Coumarine; Prednisolon
Digoxin; Chinidin
Theophyllin |
ITC
FLC**, ITC**
FLC*, ITC* FLC*
FLC*, ITC* ITC* ITC*
FLC* ITC*, FLC* FLC*, ITC*
FLC*, ITC*
ITC*
FLC* |
gleichzeitige Gabe kontraindiziert Drug-Monitoring (Phenytoin) klinisches Monitoring Drug-Monitoring (Carbamazepin) klinisches Monitoring klinisches Monitoring vermeide gleichzeitige Gabe klinisches Monitoring klinisches Monitoring Drug-Monitoring (Immunsuppressiva) Monitoring Prothrombinzeit Drug- bzw. klinisches Monitoring Drug-Monitoring |
** beträchtliche und * moderate klinische Relevanz; ITC, Itraconazol, und FLC, Fluconazol
|
Itraconazol ist Inhibitor und Substrat von CYP3A4, und, nachgeordnet, CYP2C9 und CYP1A2.
Die Substanz wird extensiv in der Leber metabolisiert, weniger als 1 % der applizierten
Dosis erscheinen in unveränderter Form im Urin. Daher können starke CYP3A4-Inhibitoren
wie Clarithromycin und Erythromycin die Bioverfügbarkeit von Itraconazol erheblich
steigern. Klassische Enzyminduktoren (insbes. Rifampicin) können jedoch auch zu subtherapeutischen
Plasmaspiegeln von Itraconazol führen. Als Inhibitor ist Itraconazol für eine Reihe
relevanter Interaktionen verantwortlich, die ein sorgfältiges Monitoring erforderlich
machen (Tab. [12]). Für den pädiatrischen Onkologen von besonderer Wichtigkeit ist die Potenzierung
der neurotoxischen Wirkungen von Vincristin [12], deren exakter Mechanismus bislang noch nicht aufgeklärt ist. Die Absorption von
Itraconazol aus der Kapselform ist abhängig von einem niedrigen Magen-pH und unvorhersehbar;
die orale Cyclodextrin-Formulierung resultiert in einer besseren Bioverfügbarkeit,
die durch Gabe im Nüchternzustand noch verbessert werden kann. Generell wird jedoch
zur Sicherstellung adäquater systemischer Exposition nach oraler Verabreichung ein
Monitoring der Itraconazol-Talspiegel empfohlen (Target: > 0,5 µg/ml) [7]
[11]
[18].
Die intravenöse Cyclodextrin-Formulierung von Itraconazol ist nur mit der zum Fertigarzneimittel
gehörenden physiologischen Kochsalz-Lösung 50 ml kompatibel und darf nur in dem mitgelieferten
Infusionsbeutel über die dafür vorgesehene Verbindungsleitung appliziert werden. Bei
Verwendung anderer Lösungen oder Medizinprodukte kann Itraconazol ausfallen.
Voriconazol ist ein CYP2C19-, CYP2C9- und CYP3A4-Inhibitor und -Substrat. Seine eigene
Metabolisierung erfolgt im Wesentlichen durch CYP2C19, für welches ein genetischer
Polymorphismus besteht. Voriconazol wird größtenteils in metabolisierter Form (78
% der Dosis) über den Urin ausgeschieden, nur etwa 2 % einer Dosis erscheinen in unveränderter
Form im Urin. Voriconazol erhöht u. a. die Plasmakonzentrationen von Cyclosporin,
Tacrolimus, Benzodiazepinen, Omeprazol/Esomeprazol, Phenytoin mit der Notwendigkeit
der Dosisanpassung bzw. des Drug-Monitoring. Insbesondere bei gleichzeitiger Applikation
der Immunsuppressiva Cyclosporin und Tacrolimus mit Voriconazol sind die Empfehlungen
der Fachinformationen zur Dosisreduktion auf die Hälfte (Cyclosporin) bzw. ein Drittel
(Tacrolimus) der Ausgangsdosis aufmerksam zu befolgen. Da die gleichzeitige Applikation
von Voriconazol und Sirolimus zu einer signifikanten Erhöhung der Plasmakonzentration
des Immunsuppressivums führen und dadurch eine massive Toxizität auslösen kann, unterliegt
diese Kombination einer absoluten Kontraindikation. Plasmakonzentrationen von Voriconazol
können bei gleichzeitiger Gabe von Phenytoin, Rifabutin, Rifampicin, Carbamazepin,
und Phenobarbital erniedrigt sein; die Gabe der drei letztgenannten Substanzen ist
wegen der Möglichkeit der subtherapeutischen systemischen Exposition kontraindiziert,
ebenso wie die gleichzeitige Gabe von Astemizol, Cisaprid (beide in Deutschland nicht
mehr zugelassen), Terfenadin, Chinidin und Pimozid (Risiko der Verlängerung des QT-Intervalles
durch erhöhte Plasmakonzentrationen der genannten Substanzen) [8]. Eine Erhöhung der Dosis von Voriconazol ist erforderlich, wenn es zusammen mit
Rifabutin oder Phenytoin verabreicht werden muss [7].
Amphotericin B
Der Wirkmechanismus von Amphotericin B besteht im Wesentlichen in einer pilzspezifischen
Interaktion mit Ergosterol, die konzentrationsabhängig zum Zelltod führt. Da Amphotericin
B nur parenteral appliziert, keinem Metabolismus unterliegt und extrem protrahiert
aus dem Körper eliminiert wird, sind pharmakokinetische Interaktionen nicht bekannt.
Bei gleichzeitiger Gabe von Amphotericin B mit anderen Arzneimitteln ist auf eine
Aggravierung von Hypokaliämie und Hypomagnesiämie zu achten. Durch eine Einschränkung
der glomerulären Filtrationsrate kann Amphotericin B zu erhöhten Plasmakonzentrationen
glomerulär filtrierter Medikamente und einer Verstärkung unerwünschter Wirkungen dieser
Medikamente führen. Klassisches Beispiel hierfür ist die vorhersehbare Entwicklung
einer Niereninsuffizienz bei gleichzeitiger Gabe von konventionellem Amphotericin
B und Cyclosporin [7] (Tab. [13]).
Tab. 13 Wichtigste Interaktionen von Amphotericin B
Arzneistoff |
Interaktionspartner |
Ursache |
Folge |
Maßnahmen |
Amphotericin B |
Aminoglykoside, Vancomycin Aciclovir, Foscarnet, Ciclosporin A, Alkylanzien, Cisplatin,
Schleifendiuretika |
Wirkungsverstärkung durch ↑ Kreatinin |
↑ Nephro- bzw. Ototoxizität der gelisteten Substanzen |
Kombination vermeiden, engmaschige Kontrolle der Nierenfunktion |
|
Antiarrhythmika, Muskelrelaxantien |
Hypokaliämie durch Amphotericin |
↑ Wirkung der Antiarrhythmika und Muskelrelaxantien |
Kombination vermeiden, evtl. ↓ Dosis |
|
ACTH, Glukokortikoide, Diuretika |
Wirkungsverstärkung |
↑ Inzidenz für Hypokaliämie |
engmaschige Kontrolle des Serumkaliums |
Eine unbedingt zu vermeidende physikochemische Interaktion tritt bei Rekonstitution
Amphotericin B-haltiger Zubereitungen in elektrolythaltigen Lösungsmitteln auf. Auch
Konservierungsmittel wie Benzylalkohol führen zur Ausfällung von Amphotericin. Die
Zubereitung Amphotericin B-haltiger Infusionslösungen muss daher streng nach Vorschrift
der Hersteller unter Verwendung von 5 % Glukose als Lösungsmittel erfolgen.
Flucytosin
Flucytosin, eine in Deutschland nur parenteral verfügbare pilzspezifische Prodrug
des Zytostatikums 5-Fluorouracil, ist in der Regel gut verträglich. Die Substanz ist
weder Substrat noch Inhibitor von CYP450-Isoenzymen. Unerwünschte Wirkungen (Myelosuppression,
Transaminasenerhöhungen, gastrointestinale Beschwerden) sind dosisabhängig und mit
Plasmakonzentrationen > 100 µg/ml assoziiert. Da die Substanz wie Fluconazol zu >
90 % in überwiegend in unveränderter Form über den Urin ausgeschieden wird, können
Substanzen, die zu einer Einschränkung der glomerulären Filtrationsrate führen (vor
allem Amphotericin B, Aminoglykoside, Cyclosporin) zu einer Akkumulation von Flucytosin
und potenzieller Toxizität führen. Ein Drug-Monitoring mit Anpassung der Dosis wird
daher empfohlen [7].
Caspofungin
Das Echinocandin Caspofungin hemmt die Synthese von Glucan, einem wichtigen Bestandteil
der Zellwand vieler Pilze. Es ist ein schwaches Substrat für CYP450-Enzyme und kein
Substrat für P-gp. Es kann daher in Gegenwart von CYP450-Induktoren (Phenytoin, Rifampicin,
Carbamazepin, Dexamethason) schneller metabolisiert werden, führt jedoch bei Kombination
mit anderen Arzneimitteln im Vergleich zu den Azolen erheblich seltener zu Interaktionen.
Caspofungin hat keine klinisch relevanten pharmakokinetische Interaktionen mit Tacrolimus
und Cyclosporin; wegen vorübergehender Erhöhung der Lebertransaminasen in Interaktionsstudien
wird die gleichzeitige Gabe von Caspofungin und Cyclosporin jedoch derzeit nicht empfohlen.
Bei unvermeidlicher Kombination mit CYP450-Induktoren wie Dexamethason, Carbamazepin
oder Phenytoin sollte die Fortsetzung der antimykotischen Behandlung mit der Initialdosis
vom ersten Behandlungstag auch an den Folgetagen in Erwägung gezogen werden [7]. Wegen der Instabilität von Caspofungin in glukosehaltigen Lösungen darf das Antimykotikum
nicht mit diesen rekonstituiert oder gemischt werden.
Interaktionen antiviraler Substanzen
Interaktionen antiviraler Substanzen
Aciclovir und Valaciclovir
Aciclovir und sein durch Veresterung mit Valin peroral besser verfügbares Prodrug
Valaciclovir sind im Allgemeinen gut verträglich. Da die Infusionslösung einen pH-Wert
> 11 aufweist, darf wegen der Gefahr der Auskristallisierung keine Mischung oder Gabe
über das gleiche Infusionssystem mit anderen Arzneistofflösungen erfolgen. Pharmakokinetische
Wechselwirkungen können u. a. mit Mycophenolatmofetil (Plasmaspiegelerhöhung) auftreten.
Die gleichzeitige Gabe anderer potenziell nephrotoxischer Arzneistoffe hat eine deutliche
Erhöhung des Auftretens von Nierenfunktionsstörungen zur Folge [1]
[15]
[16]
[17] (Tab. [14]).
Tab. 14 Wichtigste Interaktionen von antiviralen Substanzen
Arzneistoff |
Interaktionspartner |
Ursache |
Folge |
Maßnahmen |
Aciclovir, Valaciclovir |
Interferone |
|
neurologische Störungen |
Kombination vermeiden |
|
nephrotoxische Arzneistoffe |
pharmakodynamisch |
↑ Nephrotoxizität |
Kombination vermeiden, Überwachung |
|
Mycophenolatmofetil (MMF) |
pharmakokinetisch |
↑ Plasmakonz. von MMF |
Dosisanpassung |
Ganciclovir |
Imipenem-Cilastatin |
pharmakodynamisch |
generalisierte Krampfanfälle |
Kombination vermeiden |
|
potenziell hämatotoxische Arzneistoffe |
synergistisch |
↑ Knochenmarktoxizität |
Überwachung des Blutbildes |
|
nephrotoxische Arzneistoffe |
pharmakodynamisch |
↑ Nephrotoxizität |
Kombination vermeiden, Überwachung |
Cidofovir |
nephrotoxische Arzneistoffe |
pharmakodynamisch |
↑ Nephrotoxizität |
Kombination vermeiden, Überwachung |
Foscarnet |
Pentamidin |
pharmakodynamisch |
Hypokalzämie, -magnesiämie, Nephrotoxizität |
Kombination vermeiden, Überwachung |
|
nephrotoxische Arzneistoffe |
pharmakodynamisch |
↑ Nephrotoxizität |
Kombination vermeiden, Überwachung |
Ganciclovir
Im Vordergrund der unerwünschten Wirkungen von Ganciclovir stehen die Granulozytopenie
und Thrombozytopenie, welche durch andere knochenmarktoxische Arzneistoffe verstärkt
werden. Die gleichzeitige Gabe von Imipenem/Cilastatin wurde mit dem Auftreten von
Krampfanfällen assoziiert; Urikosurika wie Probenecid können durch eine Hemmung der
renalen tubulären Elimination die Plasmaspiegel von Ganciclovir signifikant erhöhen
[1]
[15]
[16]
[17] (Tab. [14]).
Foscarnet
Das Pyrophosphat-Analogon Foscarnet kann reversible tubulo-interstitielle Schäden
mit Einschränkung der Nierenfunktion verursachen; deshalb sollte insbesondere die
Kombination mit anderen nephrotoxischen Arzneistoffen vermieden werden. Störungen
des Elektrolythaushaltes können durch gleichzeitige Verabreichung u. a. von Pentamidin
verstärkt werden [1]
[15]
[16]
[17] (Tab. [14]).
Ausblick
Ausblick
Die Reduktion bzw. Vermeidung von Arzneimittelinteraktionen ist ein zunehmend wichtiges
Ziel der Pharmakotherapie von Patienten mit komplexen Grunderkrankungen [3]
[4]
[11]. Die Kenntnis des Therapeuten über Mechanismen von Arzneimittelinteraktionen, von
Substanzklassen und Einzelsubstanzen mit hohem Interaktionspotential sowie die in
Tab. [1] dargelegten allgemeinen Grundsätze zu ihrer Vermeidung im klinischen Alltag sind
ein wesentlicher Schritt, um unerwünschte Arzneimittelinteraktionen zu erkennen und
nach Möglichkeit zu vermeiden.