Dtsch Med Wochenschr 2005; 130(33): 1900
DOI: 10.1055/s-2005-871917
Pro & Contra
Rheumatologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Rheumatoide Arthritis: aggressive Frühtherapie unter Einschluss von Biologika - Pro

Rheumatoid arthritis: early aggressive therapy including biologicals - proA. Rubbert-Roth1
  • 1Medizinische Klinik I der Universität zu Köln
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Publication History

eingereicht: 19.5.2005

akzeptiert: 6.6.2005

Publication Date:
23 August 2005 (online)

Die rheumatoide Arthritis (RA) ist eine Erkrankung von erheblicher medizinischer und sozio-ökonomischer Relevanz. Sie betrifft vorzugsweise Erwachsene im erwerbstätigen Alter und führt im Mittel bei mehr als 50 % der Patienten nach 5 Jahren Krankheitsverlauf zur Erwerbsunfähigkeit. Darüber hinaus geht eine progressive RA häufig mit einer zunehmenden Unfähigkeit einher, die täglichen Verrichtungen und Körperpflege selbständig vorzunehmen. Angesichts dieser Daten scheint es fast überraschend, dass die RA heute als gut behandelbare Erkrankung angesehen wird. Insbesondere die Entwicklung von Zytokinantagonisten (v. a. TNFα-Inhibitoren) hat gezeigt, dass klinische Remissionen auch bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung erzielt werden können. Studien wie ASPIRE oder PREMIER, die den Einsatz von monoklonalen Antikörpern gegen TNFα in der Therapie der frühen RA untersuchen, zeigen einen eindrucksvollen Nutzen der TNF-Inhibitoren in Kombination mit Methotrexat gegenüber einer Methotrexat-Monotherapie. Dabei konnte insbesondere gezeigt werden, dass bei fast der Hälfte der Patienten eine klinische Remission erreicht werden kann, zudem war eine eindrucksvolle Verlangsamung der radiologischen Progression festzustellen. Im Vergleich dazu ergaben Studien zum Einsatz einer konventionellen Kombinationstherapie bei der Behandlung der frühen RA zwar durchaus eindrucksvolle Ansprechraten, eine 50% bzw. 70% Verbesserung (ACR50 bzw 70) oder eine klinische Remission findet sich jedoch nur selten und erfordert in der Regel ein engmaschiges und aufwändiges Patientenmonitoring .

Ein häufiges Argument gegen den frühen Einsatz von Biologika zur Therapie der RA ist der Kostenfaktor. Es muss jedoch bedacht werden, dass die direkten und indirekten Kosten mit zunehmender Immobilität nahezu exponentiell ansteigen, insbesondere bedingt durch die häufig frühzeitige Berentung. Eine Studie aus Finnland [1] zeigt klar, dass die Therapie in der Frühphase der Erkrankung den weiteren Verlauf entscheidend beeinflusst. Dies ist wenig überraschend, da mehr als 90 % der Patienten bereits innerhalb der ersten beiden Jahre radiologische Veränderungen aufweisen und die radiologische Progressionsrate in den ersten beiden Krankheitsjahren am höchsten ist. Puolakka et al. [1] untersuchten bei 195 Patienten mit RA und einem Krankheitsverlauf unter 2 Jahren den Einfluss einer konventionellen Mono- versus Kombinationstherapie mit DMARDs (Disease-Modifying Antirheumatic Drugs). Dabei konnte er zeigen, dass die RA-assoziierte Arbeitsunfähigkeit nach 5 Jahren mit dem klinischen Ansprechen nach 6 Monaten korrelierte. Eine durch die RA bedingte Berentung war bei keinem der Patienten zu verzeichnen, bei denen eine klinische Remission nach 6 Monaten vorlag. Interessanterweise war die Häufigkeit einer durch die RA bedingten Berentung mit mehr als 20 % nahezu identisch bei den Patienten mit partiellem Ansprechen, unabhängig davon, ob ein ACR20 bzw. ACR50 erreicht wurde. Angesichts der limitierten Resourcen im Gesundheitswesen ist eine Therapie aller RA-Patienten mit Biologika nicht möglich und wahrscheinlich auch medizinisch nicht erforderlich. Bessere diagnostische Möglichkeiten wie die Bestimmung der Antikörper gegen citrulliniertes cyclisches Peptid (CCP) und die Erstellung von Risikoprofilen für einen progressiven Krankheitsverlauf [2] erlauben es jedoch heute bereits im frühen Erkrankungsstadium abzuschätzen, ob ein hohes Risiko für einen ungünstigen Verlauf vorliegt. Diese Patienten sollten rasch identifiziert und dem Rheumatologen vorgestellt werden, damit das initiale Zeitfenster, auch als „Window of opportunity” bezeichnet, für ein frühzeitiges therapeutisches Eingreifen sinnvoll genutzt werden kann.

Zusammenfassend gilt daher auch für die Therapie der frühen RA: „Das Bessere ist der Feind des Guten” und hinsichtlich der Ziele einer modernen RA-Therapie, zu denen das Erreichen einer klinischen Remission, der Erhalt der Funktionsfähigkeit und eine maximale Gelenkprotektion gehören, ist somit der frühzeitige Einsatz von Biologika einer konventionellen Kombinationstherapie überlegen. Das breite Spektrum an neuen Biologika, welches sich derzeit am Horizont abzeichnet, ist ein weiterer Hinweis dafür, dass die Zukunft den zielgerichteten Interventionen gehört.

Autorenerklärung: Die Autorin erklärt, dass sie in Zusammenarbeit mit Abbott, Amgen, Centocor, Roche und Wyeth klinische Studien durchgeführt hat.

Literatur

  • 1 Puolakka K, Kautiainen H, Mottonen T. et al . Early suppression of disease activity is essential for maintenance of work capacity in patients with recent onset rheumatoid arthritis: five year experience from the FIN-RACo trial.  Arthritis Rheum. 2005;  52 36-41
  • 2 Visser H, Cessie S, Vos K. et al . How to diagnose rheumatoid arthritis early: A prediction model for persistent (erosive) arthritis.  Arthritis Rheum. 2002;  46 357-365

Priv.-Doz. Dr. med. Andrea Rubbert-Roth

Medizinische Klinik I der Universität zu Köln

Joseph-Stelzmann Straße 9

50924 Köln

Email: andrea.rubbert@uk-koeln.de

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