Ein akutes Nierenversagen tritt bei etwa 23% der Patienten mit schwerer Sepsis und
bei 51% mit septischem Schock auf, wenn die Blutkulturen positiv sind. Die Kombination
ist mit einer Sterblichkeitsrate von bis zu 70% verbunden und damit ein ernstes medizinisches
Problem. Neuere Erkenntnisse über die pathophysiologischen Vorgänge haben zu klinischen
Interventionen geführt, die ein akutes Nierenversagen bei einer Sepsis abmildern bzw.
verhindern können. In einem Übersichtsartikel beschreiben Robert W. Schrier und Wei
Wang von der University of Colorado, Denver, USA, die Therapiemöglichkeiten (NEJM 2004; 351: 159-169).
So wurde nachgewiesen, dass Arginin- Vasopressin bei Patienten mit septischem vasodilatatorischen
Schock den Blutdruck anhebt, auch wenn andere vasopressorisch wirkende Hormone wie
Norepinephrin und Angiotensin II nicht ausreichend wirken. Arginin-Vasopressin kann
den Blutdruck um 25 bis 50 mmHg steigern und somit eine renale Ischämie bei Hypotonie
verhindern helfen.
Glukokortikoide verstärken den Effekt der Katecholamine. In einer Studie wurden Patienten
mit septischem Schock und druckresistenter Hypotonie 7 Tage mit i.v. Hydrocortison
50 mg als Bolus alle 6 Stunden plus Fludrocortison 50 µg oral pro Tag behandelt. Die
28-Tage-Mortalitätsrate nahm im Vergleich zur Plazebogruppe signifikant ab (63 vs.
53%). In dieser Studie wurde nichts über die Nierenfunktion berichtet. Es ist jedoch
bekannt, dass ein septischer Schock bei 38% der Patienten mit negativen Blutkulturen
und bei etwa der Hälfte der Patienten mit positiven Kulturen mit einem akuten Nierenversagen
verbunden ist.
Weiter wurde gezeigt, dass eine zielgerichtete Therapie in den ersten 6 Stunden nach
Einlieferung eines Sepsis-Patienten im Vergleich zur Standardbehandlung die Multiorgandysfunktion
und die Mortalität signifikant senken kann. Zur zielgerichteten Behandlung gehörte
die frühe Volumengabe, Vasopressoren zur Anhebung des Blutdrucks über 65 mmHg und
Erythrozytentransfusionen zur Steigerung des Hämatokrits auf über 30%, wenn die zentralvenöse
Sauerstoffsättigung unter 70% lag.
Andere Studien haben ergeben, dass die Dauer der künstlichen Beatmung bei Patienten
mit Sepsis und akutem Nierenversagen im Zusammenhang mit der Sterblichkeit steht.
Die tägliche Unterbrechung einer kontinuierlichen Sedativa-Infusion bei beatmeten
Patienten verkürzte in einer Untersuchung die Beatmungszeit (7,3 vs. 4,9 Tage) und
die Verweildauer auf der Intensivstation (9,9 vs. 6,4 Tage) signifikant.
Eine weitere Methode zur Prävention eines sepsisbedingten akuten Nierenversagens ist
die Behandlung der Hyperglykämie. Hohe Blutglukosespiegel verschlechtern die Funktion
der Leukozyten und Makrophagen. In einer randomisierten Studie mit 1548 Patienten
wurde Insulin zur Aufrechterhaltung eines Blutglukosespiegels zwischen 80 und 110
mg/dl gegeben. Die Gruppe mit der engmaschigen Glukosekontrolle hatte eine signifikant
verringerte Mortalitätsrate auf der Intensivstation im Vergleich zur konventionell
therapierten Gruppe, bei der Insulin nur bei Blutglukosespiegeln über 215 mg/dl eingesetzt
wurde (4,6 vs. 8%). Weiterhin nahmen die positiven Blutkulturen um 46% ab, das akute,
dialysepflichtige Nierenversagen um 41% und ein Multiorganversagen trat bei 8 vs.
33 Patienten in der konventionell behandelten Gruppe auf. Andere Studien unterstützen
den Nutzen einer Blutglukosekontrolle, aber mit einem weniger strengen Ziel und Spiegeln
unter 145 mg/dl.
Die Studien zu einer intensivierten Dialyse sind überzeugend, führen die Autoren des
Übersichtsartikels aus. So war in einer Untersuchung eine tägliche Hämodialyse im
Vergleich zur Hämodialyse jeden 2. Tag mit einer signifikant niedrigeren Sepsis-Rate
verbunden (22 vs. 46%), einer geringeren Mortalität (28 vs. 46%) und einer kürzeren
Dauer des akuten Nierenversagens (im Mittel 9±2 vs. 16±6 Tage). In einer Untersuchung
mit kontinuierlicher venovenöser Hämofiltration konnte bei einer Ultrafiltrationsrate
von 35 oder 45 ml/kg pro Stunde im Vergleich zu 20 ml/kg pro Stunde die Überlebensrate
beim akuten Nierenversagen signifikant verbessert werden.
Fazit
Fazit
Letztendlich kann eine Verbrauchskoagulopathie zu glomerulären Mikrothromben und einem
akuten Nierenversagen führen. In der prospektiven, randomisierten Studie PROWESS (Recombinant
Human Activated Protein C Worldwide Evaluation in Severe Sepsis) konnte gezeigt werden,
dass Protein C (Drotrecogin alfa) signifikant die Überlebensrate von Patienten mit
schwerer Sepsis im Vergleich zu Plazebo verbessert (75,3 vs. 68,3%).
Dr. Ralph Hausmann, Frankfurt
Erster Kommentar
Erster Kommentar
A. Depta
In der Praxis ist ein differenziertes Vorgehen notwendig
Die Sepsis ist ein Krankheitsbild, dem allein in den USA jährlich mehr Menschen zum
Opfer fallen als dem Myokardinfarkt. Im Verlauf einer Sepsis ist die Funktion verschiedener
Organe gestört oder vollständig ausgefallen. Neben pulmonalen, hepatischen und kardiovaskulären
Komplikationen ist die Niere nahezu immer betroffen.
Schrier und Wang beschreiben in ihrem Artikel "Acute Renal Failure and Sepsis" (NEJM 2004; 351: 159-169) die Pathophysiologie und Therapie des septischen Nierenversagens. Die während einer
Sepsis charakteristischerweise gesteigerte Cytokinproduktion aktiviert die NO-Synthase
mit der Folge einer erhöhten Freisetzung von Stickoxid (NO). NO, ein potenter Vasodilatator,
führt gemeinsam mit anderen Faktoren (z.B. einer Laktazidose) zu einem Versagen der
körpereigenen Vasopressoren Noradrenalin und Vasopressin. Die konsekutive arterielle
Hypotension mit Reduktion der Organperfusion und Störung der Organfunktion, die veränderten
Starling-Kräfte und die endotheliale Dysfunktionen bewirken einen Übertritt von Flüssigkeit
aus dem Intravasalraum in das Interstitium. Besonders bemerkbar macht sich dies an
der Lunge: Der Übertritt von Flüssigkeit in das Lungengewebe verlängert die Diffusionsstrecke
ebenso wie die Compliance. Aggraviert wird diese Situation, wenn in der Anfangphase
einer Sepsis eine aggressive Volumentherapie auf eine Nierenfunktionsstörung trifft.
Die Schädigung der Niere selbst ist Folge einer renalen Vasokonstriktion bei intakter
Tubulusfunktion mit erhöhter Reabsorption von Natrium und Wasser. Dieser Vorgang führt
zu einer prärenalen Azotämie und einer erhöhten Exkretion von Natrium als Zeichen
der tubulären Dysfunktion bis hin zur tubulären Nekrose. Das in der Niere unter normalen
Bedingungen gebildete NO kann der Vasokonstriktion nicht entgegenwirken, da die in
der Niere durch cGMP vermittelte Freisetzung von NO während der Sepsis herabreguliert
ist.
Die renale Vasokonstriktion ist Folge einer gesteigerten Aktivität des Sympathikus
während der septischen Phase, eines aktivierten Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems
und einer erhöhten Vasopressin-Ausschüttung. Im weiteren Verlauf bewirken die pathologische
Freisetzung von Endothelin und die Aktivierung des Gerinnungssystems mit Bildung von
Mikrothromben eine renale Ischämie und leiten den Ausfall der renalen Funktion endgültig
ein.
Der Artikel beschreibt weiterhin, wie die durch Cytokine und Chemokine verursachte
Immunantwort während der Sepsis zu Organläsionen führt, ohne dass diese inflammatorischen
Prozesse gegenwärtig therapierbar wären.
Schrier und Wang geben im Abschnitt "Early Resuscitation" das aktuelle Prinzip der
zielgerichteten Therapie der Sepsis mit Flüssigkeitssubstitution, Katecholamintherapie
und Gabe von Erythrozyten wieder. Ausgerichtet nach den Parametern (a) mittlerer arterieller
Druck (MAP) mit einem Zielwert von mehr als 65 mmHg zur Erhaltung einer adäquaten
Organperfusion und (b) zentralvenöse Sauerstoffsättigung (SvO2) mit einem Zielwert
von mehr als 70%. Diese Therapiebeschreibung stellt jedoch nur einen groben Überblick
über Maßnahmen dar, die während einer zielorientierten Sepsistherapie vor allem in
der Anfangsphase einer Sepsis notwendig sind. Eine adäquate Volumentherapie richtet
sich nach den heutigen Empfehlungen nicht alleine nach dem MAP. Mit in die Therapieentscheidung
einbezogen wird der zentralvenöse Druck (ZVD), an dessen Zielbereich von 8-12 mmHg
sich die Volumensubstitution orientiert. Die ausschließliche Betrachtung absoluter
ZVD-Werte ist zu initialen Abschätzung der Volumentherapie nicht geeignet, da der
ZVD neben dem intravasalen Volumenstatus auch vom Widerstand des Kapazitätssystems,
dem intrathorakalen Druck und der rechtsatrialen Funktion determiniert wird. Als Verlaufsgröße
erscheint der ZVD jedoch neben anderen Parametern zur Steuerung der Volumentherapie
geeignet. Ein moderneres, wenn auch invasiveres Messverfahren rückt derzeit mehr und
mehr in den Mittelpunkt, mit dem sich der Volumenstatus, die kardiale Funktion, der
vaskuläre Widerstand, das globale enddiastolische Volumen und das extravaskuläre Lungenwasser
mittels eines Thermodilutionsverfahrens bestimmen lassen: das PICCO-Messverfahren.
Mit den erhaltenen Messwerten lässt sich bei Patienten in der Sepsis die Volumen-
und Katecholamintherapie adäquat ausrichten. Eine differenzierte Volumen- und Katecholamintherapie
gestaltet sich gerade in der für den Behandlungsverlauf so wichtigen Anfangsphase
einer Sepsis mit dem Ziel der Erhaltung der Organfunktion komplexer, als es in dem
vorliegenden Artikel Erwähnung findet.
Zudem ist die erwähnte Substitution von Erythrozyten zur Erhaltung einer SvO2 > 70%,
falls die oben erwähnten Therapiemaßnahmen nicht greifen, in den Empfehlungen zur
Sepsistherapie nicht unumstritten. Durch Bluttransfusionen wird sowohl die Mikrozirkulation,
als auch die Immunkompetenz bei kritisch Kranken ungünstig beeinflusst.
Die ansonsten beschriebenen Therapieansätze einer intensivierten Insulintherapie zur
Kontrolle der Plasmaglukosekonzentration mit Einstellung der Blutzuckerwerte innerhalb
von 100-140 mg/dl, die Gabe von aktiviertem Protein C und die supportive Infusion
von 200 mg Hydrokortison pro Tag stellen allgemeingültige Behandlungsprinzipien während
der Sepsis dar. Der Einsatz eines Nierenersatzverfahrens bei akuter Niereninsuffizienz
- zum einen zur Flüssigkeitsbilanzierung und zur Elimination der nierenpflichtigen
Substanzen, zum anderen aber auch als eine Möglichkeit Zytokine aus dem Kreislauf
zu eliminieren ist etabliert.
Insgesamt lierfert der vorliegende Artikel von Schrier und Wang eine korrekte und
aktuelle Präsentation pathophysiologischer Prozesse der Nierenschädigung bei Sepsis.
Die dargestellten Therapieprinzipien stellen einen Überblick dar, in der Praxis ist
jedoch ein differenziertes Vorgehen in der Sepsistherapie notwendig, um im Hinblick
auf eine Prävention der septischen Nierenschädigung ein Nierenversagen zu vermeiden
bzw. zu behandeln.
Literatur beim Autor
Dr. Arno Depta, Dr. Matthias David,
Prof. Dr. Christian Werner, Mainz
Zweiter Kommentar
Zweiter Kommentar
Ermutigende Ergebnisse, aber weitere Forschunge notwendig
Bei schwerer Sepsis oder septischem Schock kommt es häufig komplizierend zu Organdysfunktionen
bis hin zum Multiorganversagen. Dadurch steigt die Mortalität bis auf 70 % an, was
ein ernsthaftes intensivmedizinisches Problem darstellt, dem man nicht genug Beachtung
entgegenbringen kann. In den letzten Jahren haben sich, meist abgeleitet von tierexperimentellen
Untersuchen an Sepsismodellen, zahlreiche therapeutische Ansätze ergeben. Kritisch
muss man jedoch feststellen, dass die meist euphorisch begonnenen Untersuchungen
klinisch nicht den erwünschten Erfolg gebracht haben. Da bei der Sepsis nahezu alle
humoralen und zellulären Regulation-/Kaskadensysteme des Körpers tangiert werden,
ist es im Nachhinein nicht verwunderlich, dass man mit monokausalen Therapieansätzen
bis auf wenige Ausnahme, wie z.B. der Gabe von rekombinantem humanen aktivierten Protein
C (rhAPC), keinen signifikanten Erfolg im Sinne einer Mortalitätsreduktion erzielen
konnte.
Bei schwerer Sepsis oder septischem Schock wird oft als erstes Organ die Niere in
Mitleidenschaft gezogen. Das akute Nierenversagen (ANV) tritt bei Patienten abhängig
vom Schweregrad der Sepsis mit einer Inzidenz von 23-51 % auf und verschlechtert die
Prognose des Patienten. Im obigen Review-Artikel wird insbesondere auf das akute Nierenversagen
im Rahmen einer schweren Sepsis oder des septischen Schocks eingegangen. Es werden
tierexperimentelle Daten bezüglich der Entwicklung des ANV bei Sepsis dargestellt
und auch auf mögliche therapeutische Ansätze eingegangen. Dargestellt werden ferner
die Ergebnisse aktueller klinischer Studien zur Sepsistherapie.
Zum Pathomechanismus des ANV bei Sepsis: Durch Vasodilatation bei der Sepsis sinkt
der periphere arterielle Gefäßwiderstand und damit der Blutdruck ab. Gegenregulatorisch
wird durch vermehrte Sympathikusaktivierung das Herzzeitvolumen gesteigert. Bei schwerer
Sepsis reicht dies jedoch nicht aus, um den Blutdruck zu stabilisieren. Es kommt zum
septischen Schock. Die Niere besitzt physiologischerweise Autoregulationsmechanismen,
die es ihr gestatten in einem gewissen Rahmen die Nierendurchblutung, auch bei niedrigem
Blutdruck, aufrechtzuerhalten. Wenn diese Autoregulationsmechanismen nicht mehr ausreichen
bzw. in ihrer Funktion beeinträchtigt sind, d.h. wenn die glomeruläre Filtrationsrate
(GFR) bei fallendem Nierenperfusionsdruck nicht aufrechterhalten werden kann, kommt
es zur renalen Dysfunktion, die abhängig von der Schwere des Krankheitsverlaufes in
ein akutes Nierenversagen im Sinne eines prärenalen Nierenversagens münden kann. Beteiligt
bei den Kompensationsmechanismen sind Prostaglandine, das Renin-Angiotensin-System,
der Sympathikus und das antidiuretische Hormon. Durch den generalisierten Entzündungsprozess
bei schwerer Sepsis kommt es zu einer intrarenalen Imbalance zugunsten vasokonstriktorischer
Substanzen, wie z.B. Norepinephrin, Angiotensin II sowie Endothelin und vasodilatatorischer
Substanzen, wie z. B. Stickstoffmonoxid (NO). Dies führt im Sinne einer Ischämie zur
weiteren Nierenschädigung und begünstigt so die Entwicklung eines akuten Nierenversagens.
Ferner kann bei schwerer Sepsis ein capillary leakage mit intravasalem Flüssigkeitsverlust
und damit Volumenmangel auftreten.
Sepsisinduziert kommt es des Weiteren zur Endothelschädigung, Aktivierung der Gerinnung
bei gleichzeitig unzureichender Gegenregulation des fibrinolytischen Systems. Daraus
resultiert eine Hyperkoagulabilität mit der Gefahr der Bildung von Mikrothromben in
der terminalen Strombahn mit der Gefahr progredienter Organinsuffizienzen. Dieser
Zustand kann in eine manifeste Verbrauchskoagulopathie (DIC) münden. All diese Mechnismen
können einen Beitrag zur Entwicklung eines akuten Nierenversagens leisten. In der
frühen Phase der Sepsis ist die Nierendysfunktion noch reversibel. Maßnahmen, die
hier helfen, sind Volumentherapie, Gabe von Vasopressoren, um einen mittleren RR von
> 65 mm Hg zu erreichen. Bei einer zentralvenösen Sauerstoffsättigung < 70 % wird
die Gabe von Erythrozyten empfohlen, um den Hämatokrit auf > 30 % anzuheben. Eine
signifikante Mortalitätsreduktion konnte bei septischen Patienten mit einer Senkung
des Blutzuckers unter 145 mg/dl, durch konsequente kontinuierliche Insulininfusion,
erreicht werden. Das hämodynamische Monitoring mittels Pumonalarterien-Katheter hat
sich bei der Sepsis als nicht hilfreich erwiesen.
In dem Artikel wird auf den Einsatz von Vasopressoren bei der Sepsis eingegangen.
Breit dargestellt wird hierbei der Einsatz von Arginin-Vasopression (AVP), wobei aus
meiner Sicht die differenzierte Darstellung der Katecholamine (Norepinephrin, Dopamin)
zu kurz gekommen ist. Mit Vasopressin kann man offensichtlich bei Patienten im septischen
Schock, die nach adäquater Flüssigkeitssubstitution und der hoch dosierten Gabe von
Katecholaminen keinen ausreichenden Blutdruck aufbauen, eine Blutdruckersteigerung
von 25-50 mmHg erreichen.
Vasopressin ist ein unselektiver, direkter, systemisch wirkender Vasokonstriktor.
In höherer Dosierung sind Konstriktionen der Koronararterien möglich, wodurch Myokardischämien
ausgelöst werden können. Vasopressin besitzt keinen inotropen oder chronotropen Effekt.
Es kann unter Vasopressin zu einer Reduktion des cardiac output kommen. Bei den meisten
der bislang vorliegenden Studien wurden daher Patienten von der Vasopressingabe ausgeschlossen,
wenn der cardiac index < 2 oder 2,5l/min x m2 betrug. D.h. Vasopressin sollte bei
Patienten mit kardialer Dysfunktion, wenn überhaupt, dann nur mit Vorsicht eingesetzt
werden.
In einer Studie von Lindner et al. (Lancet 1997) wurde AVP mit Epinephrin bei der
Akutbehandlung von Patienten mit Herzstillstand bei Kammerflimmern verglichen. Hierbei
zeigte sich eine signifikant höhere 24-Stunden-Überlebensrate zugunsten der mit Vasopressin
behandelten Patienten. Aufgrund dieser Daten wurde Arginin-Vasopressin in die international
resuscitation guidlines zur Behandlung des Herzstillstandes auf dem Boden von Kammerflimmern
aufgenommen. Der Einsatz hierbei ist jedoch nur kurzzeitig. Die obigen Nebenwirkungen
könnten jedoch evident werden, wenn AVP über längere Zeit bei anderen Indikationen
eingesetzt wird. Trotz guter Ergebnisse beim Einsatz von Vasopressin oder dessen Analoga
bei verschiedenen Indikationen, so auch beim Einsatz im septischen Schock, bleibt
eine gesunde Skepsis angebracht. Weitere Studien werden belegen, ob die initialen
Ergebnisse das halten, was sie versprechen. Ob sich durch Vasopressingabe die Mortalität
im septischen Schock reduzieren lässt, gilt es in klinischen Studien noch zu beweisen.
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass es bei schwerer Sepsis/septischem Schock
häufig zum akuten Nierenversagen kommt. Damit verschlechtert sich die Prognose des
Patienten. Der pathogenetische Mechanismus des sepsisinduzierten ANV ist multifaktoriell.
Die tierexperimentellen Daten aus Sepsismodellen sind ermutigend. Inwieweit sich hieraus
Fortschritte bei der Prävention des akuten Nierenversagens ableiten lassen, muss in
klinischen Untersuchungen geprüft werden.
PD Dr. Helmut Schinzel, Mainz