Zusammenfassung
Fragestellung: Sind unmittelbar und nach einem Jahr Effekte einer speziell für Osteoporosepatientinnen
konzipierten Orthese ohne starre, passiv aufrichtende Elemente, nachweisbar, die den
Krankheitsverlauf neben einer Medikation mit Bisphosphonat positiv beeinflussen könnten?
Material und Methode: Die Einflüsse der Orthese wurden bei 54 Osteoporosepatientinnen im Abstand von ca.
12 Monaten evaluiert. Die randomisiert einer Versuchsgruppe zugeteilten Teilnehmerinnen
wurden aufgefordert, die Orthese fortlaufend zu tragen. Patientinnen der Kontrollgruppe
trugen mit Ausnahme von zwei Messterminen im gesamten Untersuchungszeitraum keine
spezifische Orthese. Es erfolgten ultraschalltopometrische Messungen von Wirbelsäulenrelief
und Brustwirbelsäulenkyphose. Die Untersuchungen wurden zusätzlich mit Erhebungen
zur Schmerzentwicklung (Schmerztagebuch) und Sturzhäufigkeit ergänzt. Parallel erfolgte
im Rahmen der Nachuntersuchung bei zwölf zufällig ausgewählten Patientinnen die Ermittlung
von Auswirkungen einer mehrstündigen Dauertragephase auf die Wirbelsäulenhaltung.
Ergebnisse: Ausgehend von der Spontanhaltung führt das Tragen der Orthese unbewusst zur muskulären
Aufrichtung bzw. aktiven Streckung der Wirbelsäule von wenigstens 60 % der aktiv willentlich
maximal möglichen. Während des Tragens wurde von ca. 80 bzw. 90 % der Befragten die
Körperhaltung als aufrechter und der Rumpfbereich als stabiler empfunden. Diese Aufrichtung
ist beim längeren Tragen dauerhaft ohne Wirkungsverlust nachweisbar. Gleichzeitig
werden Schmerzlinderung, Leistungssteigerung und ein gesteigertes Sicherheitsgefühl
beschrieben. Schlussfolgerung: Die nachgewiesenen Hilfsmitteleffekte bestätigen eindeutig die Wirkung der zugrunde
gelegten Reaktions- und Anpassungsmechanismen sowie die Richtigkeit der gewählten
Konstruktions- und Fertigungsprinzipien. Wesentliche Elemente einer effektiven Osteoporosebehandlung
werden durch das einfache Tragen der Orthese gewährleistet. Aufrichtung, Schmerzminderung,
Aktivitätssteigerung und Kraft-Koordinationsoptimierung bei bester Compliance sollten
im Kontext einer komplexen Therapie helfen über Entlastung der Brustwirbelkörper ventral
und Reduzierung der Sturzneigung die Frakturrate zu senken.
Abstract
Purpose: The current study determined the immediate and one year follow-up effects of a multifunctional
osteoporosis orthosis, manufactured without rigid elements. Materials and methods: The study evaluated 54 osteoporosis patients before and after a 12 months time interval.
Patients were randomly assigned to two study groups. The participants of the test
group were asked to wear the orthosis throughout the one year test period. Patients
of the control group carried no specific device. First and second measurements evaluated
the thoracic kyphosis as well as the spinal curvature during upright standing. The
study also investigated the experienced pain level and the number of falls. During
the second examination the spinal posture of twelve randomized selected subjects was
evaluated before and after a three hours orthosis wearing period. Results: The immediate effects, obtained during the first examination, demonstrated a substantial
amount of spine straightening facilitated by orthosis wearing. During the orthosis
condition the subjects accomplished at least 60 % of their maximum active thoracic
erection. Almost 80 % to 90 % of all participants experienced an increase in spinal
erection and trunk stability. Subjects were able to maintain the straightened position
over extended time periods. Conclusions: The results point to a direct use of the examined orthosis. Facilitating sensomotor
effects are achieved without rigid elements. The effects induced by air pads improve
the relief of pain by gate control mechanisms. Erect posture, pain inhibition, enhanced
activity along with improved coordination and more effective physiotherapy should
reduce the frequency of falls and the fracture incidence.
Schlüsselwörter
Osteoporosetherapie - Orthese - Brustkyphose - Propriozeption - Luftkammerpelotten
- Compliance
Key words
Osteoporosis - orthosis - thoracal kyphosis - proprioception - air pad - compliance
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2 Das als Messunsicherheitsbereich bezeichnete Areal definiert sich in Anlehnung an
Verfahrensprüfungen von Dalichau [17 ]. Die Bestimmung der individuellen Veränderbarkeit der Wirbelsäulenform bei Wiederholungsmessungen
wird mit einem Messfehler von 1,18 - 1,44 beschrieben.
Dr. Lutz Vogt
Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt/Main · Abteilung Sportmedizin
Ginnheimer Landstraße 39
60487 Frankfurt am Main
Email: L.Vogt@sport.uni-frankfurt.de