Einer von zehn bis 20 Patienten auf einer Intensivstation hat auch eine systemische
Mykose", konstatierte Prof. K. Rommelsheim, Bonn. "Besonders häufig betroffen sind
(hämato)onkologische oder immunsupprimierte Patienten. Auf Verbrennungsstationen weist
sogar praktisch jeder Patient zusätzlich eine Pilzinfektion auf." Noch immer stellt
diese Situation viele klinisch tätige Mediziner vor Probleme, lassen sich doch Systemmykosen
allein vom klinischen Bild von bakteriellen Infektionen kaum unterscheiden.
Gerade Patienten mit hämatoonkologischen Grunderkrankungen oder mit persistierendem
Fieber profitieren von einem frühen Einsatz antimykotischer Therapieoptionen. "Für
den Patienten kann eine frühzeitige Behandlung einer Pilzinfektion lebenswichtig sein
- auch wenn das Keimspektrum noch nicht bekannt ist", so Rommelsheim. Studienergebnissen
zufolge sei damit eine Senkung der Letalität um 40-60% möglich. Doch nur bei 15-40%
der Patienten erfolge die Therapie früh genug. Daher sei es von immenser Bedeutung,
die Bewusstseinslage der Therapeuten zu ändern, auch wenn sich in den letzten Jahren
hier schon einiges getan habe: "Früher wurde erst gar nicht nach Pilzen gescreent,
da praktisch keine Therapieoptionen zur Verfügung standen", so Rommelsheim.
Deeskalieren wie mit einem Antibiotikum
Deeskalieren wie mit einem Antibiotikum
Ähnlich wie sich die Intensivmedizin stets weiterentwickelt hat - und dadurch wiederum
mehr Lebensräume für Pilze und Hefen bietet (z.B. Katheteroberflächen) -, steht heute
auch ein größeres Spektrum an Therapeutika zur Verfügung. "Heute können wir mit den
neueren Antimykotika ebenso umgehen, wie wir das mit Antibiotika inzwischen gewöhnt
sind", meinte Rommelsheim. Ihre relativ geringe Toxizität ermögliche inzwischen eine
antimykotische Deeskalationstherapie. Damit meinen die Experten eine frühe Intervention
mit einem "Breitspektrum-Antimykotikum" wie zum Beispiel Voriconazol (Vfend®), wenn
eine systemische Mykose vermutet wird. Sind die verursachenden Keime dann zweifelsfrei
identifiziert (Selektagar), kann deeskaliert und spezifisch behandelt werden. Die
Deeskalationstherapie umfasst dabei nicht nur den Wechsel von einem Breitspektrum-
zu einem Schmalspektrum-Antibiotikum, sondern auch die Umstellung von der intravenösen
auf eine orale Applikation der Medikation oder eine Anpassung der eingesetzten Dosierung.
Zwar sind Infektionen mit Fusarien, Scedosporien oder Kryptokokken relativ selten,
viel öfter haben wir es in der Klinik mit Candidosen oder Aspergillosen zu tun. Doch
"die einzige Substanz, die durchgängig wirksam ist, ist Voriconazol", so Rommelsheim.
Seit Januar dieses Jahres spiegelt dies auch die Zulassungssituation wider. Denn inzwischen
ist die Substanz aufgrund aktueller Studiendaten neben der Behandlung invasiver Aspergillosen,
bei disseminierten Candidainfektionen und bei endemischen Erregern (Scedosporium und
Fusarium) auch zur primären Therapie der Candidämie bei nichtneutropenischen Patienten
zugelassen.
Candidämien: Breites Aktivitätsspektrum ein wichtiges Kriterium
Candidämien: Breites Aktivitätsspektrum ein wichtiges Kriterium
Welches Präparat man bei einer (vermuteten) Pilzinfektion als erstes einsetzt, diese
Frage hängt im Prinzip von drei Kriterien ab. "Von besonderer Bedeutung neben dem
Krankheitsstatus des Patienten (neutropenisch/nichtneutropenisch, hämodynamisch stabil/instabil)
sowie der Effektivität und Toxizität einer Substanz ist vor allem ihr Aktivitätsspektrum",
erklärte Prof. B.J. Kullberg, Nijmegen (Niederlande).
Wer kenne nicht das typische Szenarium am Freitag Nachmittag, wenn der Befund aus
dem mikrobiologischen Labor kommt und die Blutkultur des Intensivpatienten positiv
für Hefen ist, genauere Informationen über Spezies und Resistenzsituation jedoch noch
nicht zur Verfügung stehen. "Infektionen mit fluconazolsensiblen Candida albicans
stellen uns weniger vor Probleme", meinte Kullberg. In dem Maße jedoch, wie die Inzidenz
dieser Infektionen derzeit sinke, tauchen verstärkt problematischere Infektionen mit
anderen, zum Teil fluconazolresistenten Non-albicans-Spezies wie Candida glabrata,
Candida krusei oder Candida tropicalis auf.
"Aufgrund der Zulassungserweiterung von Voriconazol für die primäre Therapie der Candidämie
bei nichtneutropenischen Patienten können wir heute in dieser Situation zwischen verschiedenen
Therapieoptionen wählen. Dabei ist Voriconazol zumindest ebenso wirksam wie die derzeit
präferierte Therapie mit Amphotericin B (i.v.) gefolgt von Fluconazol", so Kullberg.
Ebenso effektiv, ...
Ebenso effektiv, ...
Grundlage der Zulassungserweiterung sind die Daten einer großen, bislang noch unveröffentlichten
Studie, in der 370 Patienten mit mindestens einer für Candida positiven Blutkultur
und klinischen Zeichen einer Infektion mit einer dieser beiden Optionen behandelt
wurden. Im Mittel wurden die Patienten in beiden Therapiearmen 15 Tage antimykotisch
behandelt, dabei erhielten die Patienten der Kontrollgruppe im Schnitt vier Tage lang
Amphotericin B, bevor die Behandlung auf Fluconazol umgestellt wurde.
"Aufgrund der hohen Nebenwirkungsraten der Therapie mit Amphotericin B war eine echte
Verblindung der Studie leider nicht möglich", erklärte Kullberg. Um dennoch valide
Daten zu erhalten, beurteilte ein unabhängiges, so genanntes "Datenreview-Komitee"
(DRC) die Studienergebnisse und prüfte, ob tatsächlich eine Candidämie vorlag und
wie die Patienten auf die Therapie ansprachen. Ohne Kenntnis der aufgetretenen Toxizitäten
und unerwünschten Wirkungen ermittelte das Komitee zudem die Ursachen für Therapieversagen
oder -abbruch. Primärer Endpunkt der Studie war der Anteil der erfolgreich behandelten
Patienten zwölf Wochen nach Ende der Therapie.
Die initialen Patientencharakteristika waren in beiden Behandlungsgruppen vergleichbar:
Der APACHE-II-Score der Voriconazol-Gruppe lag im Mittel bei 13,8, in der Vergleichsgruppe
bei 14,7. Etwa die Hälfte der Studienteilnehmer waren intensivpflichtig, fast 40%
der Patienten wurden beatmet - die Patienten waren also ernstlich krank. Der Anteil
der Patienten mit Candida-non-albicans-Infektionen war in der Voriconazolgruppe mit
60,5% sogar höher als im Kontrollarm (50,0%). "Da diese Studie weltweit durchgeführt
wurde, spiegelt sie vermutlich die tatsächlichen Verhältnisse - nämlich die Verschiebung
des Erregerspektrums von Candida albicans zu anderen Non-albicans-Spezies - in den
Kliniken weltweit wider", meinte Kullberg.
Zwölf Wochen nach Therapieende war die Behandlung in beiden Studienarmen bei etwa
40% der Patienten erfolgreich verlaufen (Abb. [1]). "Diese im Vergleich zu anderen Studien relativ niedrige Erfolgsrate ist einfach
zu erklären", so Kullberg. "Denn der Therapieerfolg im primären Endpunkt war sehr
stringent definiert. Sobald sich der Patient - aus welchem Grund auch immer - erneut
vorstellte, war dieser nicht erfüllt."
Abbildung 1
Von eher untergeordneter Bedeutung war, welcher Candida-Erreger die Infektion verursacht
hatte. Beide Therapieregime waren stets ähnlich effektiv - mit einer Ausnahme: Lag
eine Infektion mit Candida tropicalis, einem der drei "Player" der Non-albicans-Spezies
im Krankenhaus, vor, sprachen die Patienten signifikant besser auf Voriconazol an
als auf die Behandlung mit Amphotericin B und Fluconazol (Abb. 1). "Warum dies so
ist, können wir noch nicht beantworten", meinte Kullberg, "bislang ist dies nur eine
interessante Beobachtung!"
Der sekundäre Endpunkt, nämlich der Therapieerfolg zum letzten relevanten Zeitpunkt
zwei, sechs oder zwölf Wochen nach Ende der Behandlung war mit 65,11% unter Voriconazol
und 71,33% unter der Amphotericin B-/Fluconazoltherapie in einem Bereich, wie in früheren
Studien zu beobachten war. Der Median des Intervalls bis zur ersten negativen Blutkultur
betrug in beiden Gruppen zwei Tage, und die Überlebensrate am Tag 98 lag bei 63,3%
für Voriconazol, im Vergleichsarm bei 57,7% (relatives Risiko 0,82, 95%-Konfidenzintervall:
0,58-1,16) - also ebenfalls vergleichbar mit früheren Studien. "Man könnte sogar vermuten,
dass bezüglich des Überlebens ein leichter Vorteil für Voriconazol bestünde", sagte
Kullberg, "da die Überlebensrate unter Voriconazol immer ein wenig über der unter
der Amphotericin B/Fluconazoltherapie liegt." Zwar sei der Unterschied nicht signifikant,
ein Trend jedoch zu erkennen.
... aber weniger toxisch
... aber weniger toxisch
So ähnlich die beiden Therapieregime bezüglich der Erfolgsraten auch waren, bezüglich
der Nebenwirkungsraten gab es - erwartungsgemäß - signifikante Unterschiede. So traten
unter der intravenösen Amphotericin-B-Behandlung mehr behandlungsassoziierte (v.a.
renale), mehr schwer wiegende und mehr infusionsassoziierte unerwünschte Ereignisse
auf. Ein weiteres erfreuliches Ergebnis: "Mit 4,1% waren die vorübergehenden visuellen
Erscheinungen, die typisch für die Voriconazoltherapie sind, im Vergleich zu früheren
Studien relativ selten", konstatierte Kullberg.
Fazit
Fazit
Damit hat Voriconazol die Erwartungen der Experten, die diese aufgrund der früheren
Studienergebnisse hegten, erfüllen können. Erstmals könne man nun bei Candidämien
aus zwei äquieffektiven Therapieoptionen wählen, konstatierte Prof. M. Ruhnke, wobei
Voriconazol das bessere Toxizitätsprofil aufweise. Und PD D. Schmitt, Leipzig, meinte:
"Die neuen Werkzeuge in der antimykotischen Therapie versetzen uns immer besser in
die Lage, auch schwerste Fälle zu heilen. Wir nehmen Voriconazol gerne in Anspruch
und beginnen die Therapie mit einer intravenösen Gabe über drei bis fünf Tage. Tritt
dann eine Besserung ein, können wir die Therapie direkt auf eine orale Gabe umstellen
- ein bedeutender Vorteil. Tritt keine Besserung ein, dann starten wir eine Kombinationstherapie."
Quelle: Sondersymposium Voriconazol (Vfend®) und Pressegespräch im Rahmen des 15.
Symposiums "Intensivmedizin und "Intensivpflege", veranstaltet von der Pfizer GmbH,
Karlsruhe