Pneumologie 2005; 59(3): 160
DOI: 10.1055/s-2005-865043
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COPD - Nutzen inhalierbarer Kortikosteroide nicht bestätigt

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Publication Date:
10 March 2005 (online)

 
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Obwohl der Nutzen inhalierbarer Kortikosteroide (ICS) bei der Behandlung der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD, chronic obstructive pulmonary disease) umstritten ist, werden sie häufig verordnet. Als wichtiges Therapieziel gilt, eine erste akute Exazerbation einer COPD so lang wie möglich hinauszuzögern.

N. N. de Melo und Mitarbeiter, Montreal/Kanada, bewerteten in einer Fall-Kontroll-Studie anhand von elektronischen Krankenunterlagen einer gesetzlichen Krankenversicherung, ob ICS effektiv eine erste Exazerbation verhindern können. Als mittelschwere Verschlechterung der COPD wurde die Verschreibung eines Antibiotikums und eines ICS am gleichen Tag eingestuft, eine schwere als Krankenhauseinweisung und entsprechende Haupt-Entlassungsdiagnose (Eur Respir J 2004; 23: 692-697).

Von 4 455 Personen im Alter von über 55 Jahren verschlechterte sich der Gesundheitszustand von 995 Patienten im Beobachtungszeitraum zwischen 1990 und 1999, davon hatten 381 eine mittelschwere und 614 eine schwere COPD. Die Exazerbationsrate erhöhte sich mit dem Gebrauch eines ICS im Jahr vor der akuten Verschlechterung einer COPD und mit dem gegenwärtigen ICS-Einsatz.

Die Mehrheit der Patienten inhalierte täglich Beclomethason in einer Dosis weniger als 500 µg oder der äquivalenten Dosis eines anderen Kortikosteroids. Das Risiko einer ersten Exazerbation erhöhte sich mit zunehmender Wirkstoffmenge. Es lag bei 1,28 bei einer Dosis kleiner 500 µg und stieg bis auf 2,94 bei einer täglichen Dosis von mehr als 1500 µg. Dies bedeutet, dass für jede zusätzlich inhalierte 1000 µg Beclomethason- oder der Äquivalenzdosis eines anderen ICS das Risiko um 83% zunahm.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass inhalierbare Kortikosteroide das Risiko der ersten Exazerbation einer COPD nicht zu verringern scheinen. Diese Ergebnisse gelten der Studie zufolge jedoch nur für Patienten im Alter von mehr als 55 Jahren.

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Fazit

Die Resultate stehen im Gegensatz zu einer 2002 veröffentlichten Übersichtsarbeit, in der ein 30%-iger protektiver Effekt der ICS bei der Prävention einer akuten Exazerbation einer COPD nachgewiesen wurde. Diese Arbeit baute jedoch auf Studien auf, in denen eine akute Exazerbation nicht definiert wurde oder in denen die Definitionen sich in den einzelnen Studien grundsätzlich unterschieden. Auch untersuchten die Autoren nicht erste Exazerbationen, wie es in der vorliegenden Studie geschehen ist.

Dr. Ralph Hausmann, Frankfurt