Einleitung
Die Mycosis fungoides (M. f.) macht in ihrer Gesamtheit 80 - 85 % aller primär kutanen
T-Zell-Lymphome aus [1]. Sie ist eine lymphoproliferative Erkrankung mit Epidermotropie neoplastischer T-Zellen.
Wie die Histologie erkennen lässt, ist die begleitende T-Zellreaktion lange Zeit in
der Lage, die Expansion der malignen Klone zu begrenzen.
Die 5-Jahres-Überlebensrate aller Mf-Patienten liegt bei 87 % [7]. In den fortgeschrittenen Stadien ist die Prognose ernster mit einem mittleren Überleben
von 40 Monaten [1]
[3]
[6]. Eine Heilung der M.f. ist bis dato nicht möglich, so dass der Kontrolle der Erkrankung
und der möglichen Verhinderung einer Progression die größte Bedeutung im Behandlungskonzept
zukommt. Als weiterer wichtiger Aspekt ist der Erhalt der Lebensqualität anzusehen
[1].
Fallbericht
Wir berichten über einen nunmehr 71-jährigen Patienten, der im Herbst des Jahres 1983
erstmals Hautveränderungen im Bereich der rechten Augenbraue bemerkte und sich daraufhin
seiner Hausärztin vorstellte. Diese führte unter dem Verdacht einer epidermalen Zyste
eine Exzision durch. Der Histopathologe stellte die Verdachtsdiagnose eines Lymphoms.
Nach vollständiger Entfernung des auffälligen Herdes in unserer Klinik konnte die
Diagnose eines kutanen T-Zell-Lymphoms im Sinne einer Mycosis fungoides mit Mucinosis
follicularis bestätigt werden. Im weiteren Verlauf entwickelten sich wiederholt kutane
Infiltrate, die als Patches und Plaques sowie als Tumoren imponierten (Abb. [1]). In den Jahren 1988 und 1992 wurden Basalzellkarzinome an der Nase operativ entfernt.
Abb. 1 Plaque und tumoröser Herd einer Mycosis fungoides auf dem Rücken (Verlaufsbild nach
21 Jahren Krankheitsaktivität, 1 - 2005).
Histologie
Augenbraue (1983): regelrechte Parakeratose, Follikelöffnungshyperkeratose, perivasales,
vorwiegend aber um Hautanhangsgebilde lokalisiertes, vorwiegend lymphoidzellig differenziertes
Infiltrat mit mehrfachem Nachweis von Eosinophilen und mit Eindringen von Infiltratzellen
in das subkutane Fettgewebe und in die Wand von Haarfollikeln. Diese zeigen den sich
anbahnenden Befund einer so genannten Mucinosis follicularis. Einige Infiltratzellen
dringen in die Epidermis ein, hier gelegentlich unter Ausbildung so genannter Pautrierscher
Abszesse. Diagnose: Offenbar symptomatische Mucinosis follicularis bei Verdacht auf
ein kutanes Lymphom.
Arm (2002): Bei stark unregelmäßig verbreiterter Epidermis mit spongiotischer Lockerung
einerseits und ausgedehnten reichlich neutrophilen Granulozyten enthaltenen oberflächlichen
Serokrusten findet sich im gesamten überschaubaren Korium und auf das subkutane Fettgewebe
übergreifend der Befund eines relativ gemischtzelligen Infiltrats. Es imponieren relativ
kleinkernige lymphoide Zellen, massenhaft Plasmazellen, Eosinophile und teilweise
neutrophile Granulozyten. Immunhistochemisch stellt sich etwa ein Drittel der Gesamtpopulation
als CD3-positive T-Zellen dar mit einer Reihe großkerniger atypischer blastärer Zellen.
Etwa ein Drittel der CD3-positiven Zellen ist CD8-positiv. B-Zellen werden in reichlicher
Menge zum einen in Form der bereits lichtoptisch gut abgrenzbaren Plasmazellen gesehen,
darüber hinaus auch in nicht plasmazellulären T-Zellaggregaten. Umschrieben findet
sich eine kleine Ansammlung hoch proliferativer Zellen in subkutanen Infiltratanteilen,
der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einem kleinen Keimzentrum zuzuordnen
ist. Einzelne großkernige atypische lymphoide Zellen erweisen sich als CD30-positiv.
Diagnose: tumorähnliches Plaquestadium der Mycosis fungoides. Die starke Beimengung
von Eosinophilen einerseits und Plasmazellen andererseits spricht nicht gegen diese
Einordnung, da besonders in ausgedehnten Plaque- und Tumorstadien der M.f. immer wieder
diese ungewöhnliche Zellkombination zu sehen ist.
Labor: Sowohl zum Zeitpunkt der Diagnosestellung im Jahre 1983 als auch bei wiederholten
Kontrollen konnten keine pathologischen Veränderungen festgestellt werden.
Röntgen-Thorax: Unauffällig.
Diagnose: Mycosis fungoides mit Mucinosis follicularis
Therapie: Mit Ausbildung der ersten großen Plaques und Tumoren im Jahre 1984 erfolgte eine
intensive Lokaltherapie mit Clobetasol, z. T. unter Okklusion sowie eine intermittierende
UV-Therapie, in den ersten Jahren der Behandlung mit UVB, im weiteren Verlauf Creme-PUVA.
Die UV-Therapie erfolgte vorwiegend in den Herbst- und Wintermonaten, wobei im Sommer
die natürliche Sonnenstrahlung genutzt wurde.
Für stark infiltrierte Plaques und tumoröse Herde wurde eine lokale Röntgenweichstrahltherapie
eingesetzt. Dabei wurden bisher 120 Felder mit Gesamtdosen pro Feld zwischen 6 und
15 Gray bei 30 bis 80 kV bestrahlt. Die Einzeldosis lag in der Regel bei 1,5 Gray
(Abb. [2] und [3]). Einzelne Herde wurden exzidiert.
Abb. 2 Röntgenweichstrahltherapie bei Mycosis fungoides mit DARPAC-150, linkes Bein, Feld
112, 4 - 2003.
Abb. 3 DARPAC-150 Röntgenbestrahlungsgerät, Tubus 10 cm, oberes Abdomen, Feld 107, 12 - 2002.
Ergebnis: Bisher wurde kein Progress der M.f. festgestellt (1983: Stadium IIb; 2003:
Stadium IIb).
Diskussion
Patienten mit einem kutanen T-Zell-Lymphom (Tab. [1]) haben häufig bereits Jahre vor der Diagnosestellung erste Hautveränderungen bemerkt.
Die Befunde in der frühen Krankheitsphase sind häufig nicht spezifisch und weisen
bei der Biopsie keine typischen histologischen Veränderungen auf. Mittels T-Zell-Rezeptor-Rearrangement
lassen sich diese Infiltrate jedoch als klonale T-Zell-Proliferate identifizieren
[3].
Die M. f. verlangt nach einer stadiengerechten Therapie (Tab. [2]) [7]. Patienten im Stadium Ia haben eine Lebenserwartung, die der einer alters- und geschlechtsbezogenen
Vergleichsgruppe entspricht. Die mediane Überlebenszeit beträgt für Patienten mit
ausgedehnten Patches oder Plaques (Stadium Ib oder IIa) 11 Jahre. Patienten, die im
Stadium IIb der Erkrankung mit kutanen Tumoren auffallen haben eine mediane Lebenszeit
von 3,2 Jahren. Bei Patienten mit Erythrodermie (Stadium III) sowie mit extrakutaner
Manifestation im Stadium IVa oder IVb besteht eine mittlere Überlebenszeit von 4,6
Jahren (Erythrodermie) respektive 1,2 Jahren (Stadium IVa) und 0,9 Jahren beim Stadium
IVb [4].
Tab. 1 EORTC-Klassifikation für primär kutane T-Zell-Lymphome (CTCL) (Willemze et al. 1997)
Verlauf |
Histologische Entität |
indolent |
Mycosis fungoides Mycosis fungoides mit Mucinosis follicularis pagetoide Retikulose großzelliges CD30+ T-Zell-Lymphom Lymphomatoide Papulose |
aggressiv |
Sezary-Syndrom großzelliges CD30-T-Zell-Lymphom |
provisorisch |
Granulomatous slack skin klein- bis mittelgroßzelliges pleomorphes T-Zell-Lymphom subkutanes panniculitis like Lymphom |
Tab. 2 Stadien der Mycosis fungoides
Stadium I (prämykotisch): uncharakteristische Hautveränderungen ähnlich einer Schuppenflechte |
Stadium II (infiltrativ): flach erhabene bis kleinknotige Tumoren in der Haut |
Stadium III (tumorös): tomatenähnliche oder pilzförmige Tumoren der Haut mit Geschwürbildung |
Stadium IV (generalisiert): zusätzlich Befall von Lymphknoten und inneren Organen |
Unser Patient befand sich zum Zeitpunkt der Diagnosestellung in einem Stadium IIb.
Durch die stadiengerechte Behandlung mit topischen Kortikosteroiden, UV-Therapie sowie
Exzisionen und Röntgenweichstrahlentherapie konnte der weitere Progress verhindert
werden. Die mittlere Überlebenswahrscheinlichkeit für unseren Patienten lag nach den
oben angeführten statistischen Angaben bei 3,2 Jahren. Der Krankheitsverlauf spricht
allerdings gegen therapeutischen Nihilismus.
Die Weichstrahlröntgentherapie, welche seit Jahrzehnten für die M. f. verwendet wird,
hat nach wie vor ihre Berechtigung [2]. Ihr Vorteil ist die Gewebeverträglichkeit durch Fraktionierung und Schonung der
gesunden Haut.