Kernaussagen
Nichtinvasiven Beatmungsformen kommt in der aktuellen intensivmedizinischen Therapie
eine immer größere Bedeutung zu. Die Hauptvorteile dieses Verfahrens liegen insbesondere
in der Vermeidung der mit einer invasiven Beatmung verbundenen Komplikationen wie
nosokomiale Pneumonien, hämodynamische Instabilität durch hohen Bedarf an Sedativa,
Druckläsionen und -ulzera der oberen Atemwege oder Störung der Darmmotilität.
Evidenz für NIV
Bei der akuten Exazerbation einer COPD (hyperkapnisches respiratorisches Versagen)
kann aufgrund der Studienlage eindeutig eine Empfehlung der NIV als Standardtherapie
gegeben werden. Im Vergleich zur invasiven Beatmung können das Intubationsrisiko,
die Letalität und die Komplikationsrate signifikant reduziert werden
Im Rahmen einer normokapnischen akuten respiratorischen Insuffizienz (hypoxämisches
Versagen) hängt der erfolgreiche Einsatz der NIV ab von Art (z. B. gute Prognose für
kardiales Lungenödem, Lungenkontusion, Atelektasen, nosokomiale Pneumonien; schlechtere
Prognose für ambulant erworbene Pneumonien, extrapulmonales ARDS, Lungenfibrose und
-embolie) und Schwere (SAPS-II-Score ≥ 35 ungünstig) der auslösenden Erkrankung, vom
Alter des Patienten (≥ 40 Jahre ungünstig) und vom Oxygenierungsverlauf innerhalb
der 1. Stunde (PaO2/FiO2 ≤ 146 nach 1 Stunde ungünstig).
Auch beim Einsatz der NIV im Rahmen der Entwöhnung von der maschinellen Beatmung und
in der frühen Postextubationsphase kommt der Entwicklung des Gasaustauschs eine entscheidende
Bedeutung zu. Bei einer Verschlechterung sollte eine umgehende Reintubation durchgeführt
werden, da eine Verzögerung mit einem schlechteren Outcome verbunden sein kann. Insgesamt
profitieren auch während der Entwöhnung v. a. hyperkapnische Patienten.
Praktische Anwendung der NIV
Der Einsatz ist sowohl auf der Intensivstation als auch in der Notaufnahme und im
Bereich der Intermediate Care bis hin zur Normalstation möglich, wenn adäquate Monitoringsysteme
und eine ausreichende, qualifizierte Personalstruktur verfügbar sind. Dabei ist der
Personalaufwand nicht höher als bei der invasiven Beatmung. Sehr großen Einfluss auf
den Erfolg der NIV-Behandlung hat die Erfahrung und fundierte Ausbildung des anwendenden
Teams, wobei eine klassische Lernkurve zu beobachten ist.
Sowohl Intensivventilatoren als auch Heimbeatmungsgeräte können verwendet werden,
wobei die einfacheren Heimbeatmungsgeräte oftmals einfacher in der Anwendung sind.
Das Schlauchsystem sollte möglichst leicht sein und keine Elemente enthalten, die
zu einer Totraumvergrößerung führen. Als initialer Beatmungszugang empfehlen sich
für die Intensivmedizin Mund-Nasen- oder Ganzgesichtsmasken. Als gute Alternative
bei Komplikationen wie Druckläsionen, Aerophagie oder Konjunktivitis können Beatmungshelme
eingesetzt werden.
Bei der Einstellung der NIV gilt als primäres Ziel das Erreichen der bestmöglichen
Beatmungsqualität mit möglichst niedrigem, aber ausreichendem Druck, wobei auch die
Akzeptanz durch den Patienten ein entscheidender Faktor ist.
Durch die alveoläre Minderventilation bei akut dekompensierten COPD-Patienten und
dem damit extrem hohen Druckabfall zwischen Maske und Alveole ist häufig ein Beatmungsdruck
von 20 - 25 cm H2O notwendig. Hierbei ist das Ziel, durch ein ausreichendes Atemminutenvolumen (ca.
15 - 20 l/min) eine Reduktion der Hyperkapnie zu erreichen.